Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung in der Familie - Antrag des Freistaates Bayern -

832. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2007

A.

Zu Artikel 1 Nr. 2 ( § 1600f Satz 1 BGB), Nr. 3 Buchstabe b (§ 1628 Abs. 2 Satz 1, 2 - neu - BGB), Nr. 4 (§ 1629 Abs. 2 Satz 4 BGB)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderungen:

Begründung (nur für das Plenum):

Der Entwurf räumt den Anspruch, eine Abstammungsuntersuchung und Probengewinnung zu verlangen, den "anfechtungsberechtigten Personen im Sinne von § 1600 Abs. 1" BGB ein. Nach dessen Nummer 2 zählt hierzu auch der mögliche leibliche Vater. Das Bundesverfassungsgericht hält zwar auch die Annahme eines Mannes, er könnte Erzeuger eines ihm rechtlich nicht zugeordneten Kindes sein, für schutzwürdig und erkennt auch ihm das Recht auf Kenntnis der Abstammung dieses Kindes zu (BVerfG, Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 -, Rnr. 59). Es hat aber auch ausgeführt (BVerfG, a.a.O, Rnr. 89), dass das Fehlen einer rechtlichen Zuordnung es rechtfertige, strengere Anforderungen an das Verfahren zu stellen; von dem Putativvater könne der Vortrag von Umständen verlangt werden, die es möglich erscheinen lassen, dass er der biologische Vater des Kindes sein könne. Außerdem betont das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, a.a.O., Rnr. 99) erneut das von Artikel 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse insbesondere des Kindes, gegebenenfalls seine rechtliche und sozialfamiliäre Zuordnung zu behalten. Es erscheint daher geboten, den Anspruch des möglichen biologischen Vaters auf Kenntnis der Abstammung eines Kindes nur dann greifen zu lassen, wenn keine sozialfamiliäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater besteht. Dies wird dadurch erreicht, dass § 1600f BGB-E auf den gesamten § 1600 BGB und nicht nur dessen Absatz 1 verweist.

Der Gesetzentwurf enthält keine Hinweise, ob und welche Qualitätskriterien das einzuholende Abstammungsgutachten erfüllen muss. Es erscheint notwendig, im Interesse aller Beteiligten an einer sicheren Abstammungsdiagnostik auf die anerkannten Grundsätze der Wissenschaft abzustellen. Diese sind daher als weitere Änderung in § 1600f BGB-E aufzunehmen. Die gewählte Formulierung entspricht der des § 372a Abs. 1 ZPO. Derzeit sind als anerkannte Grundsätze der Wissenschaft die Richtlinien der Bundesärztekammer für die Erstattung von Abstammungsgutachten vom 8. März 2002 (vgl. Deutsches Ärzteblatt, 1999, Heft 10, A 665; FamRZ 2002, 1159) anzusehen. Eine ausdrückliche Erwähnung erscheint gleichwohl nicht sinnvoll, um bei weiteren wissenschaftlichen Entwicklungen nicht zu einer Änderung gezwungen zu sein.

Die Änderung in Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist redaktioneller Art und soll zu einer besseren Abstimmung auf den bisherigen Text des § 1628 BGB (§ 1628 Abs. 1 BGB-E) führen. Die Änderung in Doppelbuchstabe bb soll dem Gericht ermöglichen, Auflagen zur Durchführung der Untersuchung zu treffen, um das Recht auf Kenntnis der Abstammung schonend umzusetzen.

Der Gesetzentwurf sieht bislang im Falle einer Entscheidung nach § 1600f BGB-E bei alleiniger elterlicher Sorge einen Entzug der Vertretung nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB vor (§ 1629 Abs. 2 Satz 4 BGB-E). Entzieht das Gericht die Vertretung, hat es nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Ergänzungspfleger zu bestellen. Dieser Weg erscheint umständlich, da die Zustimmung zur gendiagnostischen Abstammungsuntersuchung und auch deren praktische Umsetzung wieder nach außen, nämlich auf den Ergänzungspfleger verlagert wird. Der zwischen den Beteiligten bestehende Konflikt wird hierdurch nicht endgültig befriedet. Gelingt es dem Ergänzungspfleger nicht, die in der Regel zu erteilende Zustimmung auch praktisch umzusetzen, muss er sich erneut an das Gericht wenden. Sinnvoller erscheint es daher, dem Gericht die Möglichkeit einer Zustimmungsersetzung einzuräumen, wie sie auch § 1666 Abs. 3 BGB kennt, da dies eher Rechtsfrieden schafft. Durch konkrete Auflagen kann eine zügige, aber auch schonende Durchführung der Abstammungsuntersuchung und Probengewinnung sichergestellt werden. Notfalls kann das Gericht zur Durchsetzung seiner Anordnungen von den Mitteln des § 33 FGG Gebrauch machen.

Im Übrigen handelt es sich um redaktionelle Anpassungen an die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2007.

B.

Der federführende Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat vor, Staatsministerin Dr. Beate Merk (Bayern) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.

C.

Der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Familie und Senioren, der Gesundheitsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten haben ihre Beratungen noch nicht abgeschlossen.*)


*) Der Freistaat Bayern hat beim Präsidenten des Bundesrates beantragt, die Vorlage auf die Tagesordnung der 832. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2007 zu setzen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.