Unterrichtung durch die Bundesregierung
Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Europäische Charta für Forscher und einen Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern KOM (2005) 576 endg.; Ratsdok. 7321/05

811. Sitzung (27.05.2005):

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 21. März 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 14. März 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

die Kommission der Europäischen Gemeinschaften -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 165,

in Erwägung nachstehender Gründe:

empfiehlt:

1. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Schritte ergreifen, damit Arbeitgeber oder Förderer von Forschern ein günstiges Forschungsumfeld und eine der Forschung zuträgliche Arbeitskultur aufbauen und aufrechterhalten, dank derer Einzelne und Forschungsgruppen geschätzt, gefördert und unterstützt sowie mit dem notwendigen Material ausgestattet werden und nicht materielle Unterstützung erhalten, das bzw. die es ihnen erlaubt, ihre Ziele und Aufgaben zu erfüllen. In diesem Zusammenhang sollte besonderes Augenmerk der Organisation von Arbeits - und Ausbildungsbedingungen im frühen Stadium der Laufbahn von Forschern gelten, da sie die künftigen Entscheidungen und die Attraktivität einer Laufbahn im FuE-Bereich beeinflussen.

2. Die Mitgliedstaaten sollten danach streben, wenn immer notwendig die entscheidenden Schritte zu ergreifen, damit Arbeitgeber oder Förderer von Forschern die Einstellungsmethoden und Laufbahnbewertungssysteme dahingehend verbessern, dass ein transparenteres, offeneres, gleichberechtigtes und international akzeptiertes System der Einstellung und Laufbahnentwicklung als Voraussetzung für einen echten europäischen Arbeitsmarkt für Forscher geschaffen wird.

3. Die Mitgliedstaaten sollten - bei der Ausarbeitung und Durchführung ihrer Strategien und Systeme zur Entwicklung stabiler Laufbahnen für Forscher - die allgemeinen Grundsätze und Anforderungen, die unter der Bezeichnung "Europäische Charta für Forscher und Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern" im Anhang aufgeführt sind, gebührend berücksichtigen und sich von ihnen leiten lassen.

4. Die Mitgliedstaaten sollten innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs diese allgemeinen Grundsätze und Anforderungen in einzelstaatliche Rechtsvorschriften bzw. sektorbezogene und/oder institutionelle Normen und Leitlinien umsetzen (Chartas und/oder Kodizes für Forscher). Dabei sollten sie die große Vielfalt von Gesetzen, Vorschriften und Verfahrensweisen berücksichtigen, die in den einzelnen Ländern und Sektoren den Verlauf, die Organisation und die Arbeitsbedingungen einer Laufbahn im FuE- Bereich bestimmen.

5. Die Mitgliedstaaten sollten solche allgemeinen Grundsätze und Anforderungen als einen integralen Bestandteil institutioneller Qualitätssicherungsverfahren behandeln, indem sie sie zur Festlegung von Auswahlkriterien für nationale/regionale Förderprogramme heranziehen und sie bei den Prüfungs-, Kontroll- und Bewertungsverfahren für öffentliche Einrichtungen einsetzen.

6. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen fortsetzen, um rechtliche und verwaltungstechnische Hindernisse für die Mobilität zu überwinden, einschließlich der Hindernisse für die sektorüberschreitende Mobilität und die Mobilität zwischen und innerhalb unterschiedlichen Aufgabenbereichen; dabei ist die erweiterte Europäische Union zu berücksichtigen.

7. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Forscher den ihrem rechtlichen Stand angemessenen Sozialversicherungsschutz genießen. In diesem Zusammenhang sollte besondere Aufmerksamkeit der Übertragbarkeit von - gesetzlichen oder zusätzlichen - Ruhegehaltsansprüchen für Forscher gelten, die innerhalb des öffentlichen und privaten Sektors im gleichen Land wechseln, und auch für solche, die innerhalb der Europäischen Union von einem Land in ein anderes wechseln. Durch solche Regelungen sollte gesichert werden, dass Forscher, die im Laufe ihres Lebens ihren Arbeitsplatz wechseln oder ihre Laufbahn unterbrechen, nicht einen ungebührenden Verlust ihrer Sozialversicherungsansprüche hinnehmen müssen.

8. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Begleitstrukturen einrichten, um diese Empfehlung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und festzustellen, inwieweit Arbeitgeber, Förderer und Forscher die Europäische Charta für Forscher und den Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern angewendet haben.

9. Die Kriterien für die Beurteilung dieses Aspekts sollten mit den Mitgliedstaaten im Rahmen der Arbeiten der Leitungsgruppe Humanressourcen und Mobilität festgelegt und vereinbart werden.

10. Die Mitgliedstaaten sollten in ihrer Rolle als Vertreter in den internationalen Organisationen, die von den Regierungen eingerichtet wurden, diese Empfehlung beim Vorschlag von Strategien und bei der Beschlussfassung über die Tätigkeiten solcher Organisationen gebührend berücksichtigen.

11. Diese Empfehlung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet, dient aber auch als Instrument zur Förderung des sozialen Dialogs sowie des Dialogs zwischen Forschern, sonstigen Beteiligten und der Gesellschaft als ganze.

12. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, die Kommission möglichst bis zum 15. Dezember 2005 und anschließend in jährlichen Abständen über die Maßnahmen zu unterrichten, die sie infolge dieser Empfehlung ergriffen haben, und sie über die ersten Ergebnisse der Umsetzung der Empfehlung zu informieren sowie Beispiele für bewährte Verfahrensweisen vorzustellen.

13. Diese Empfehlung wird in regelmäßigen Abständen von der Kommission im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode überprüft.

Brüssel, den ...
Für die Kommission
Janez Potoünik
Mitglied der Kommission

Anhang

Abschnitt 1: Die Europäische Charta für Forscher

Die Europäische Charta für Forschung ist ein Katalog allgemeiner Grundsätze und Anforderungen, die die Rollen, Zuständigkeiten und Ansprüche von Forschern wie auch die von Arbeitgebern und/oder Förderern von Forschern6 festlegt. Dank der Charta soll das Verhältnis zwischen Forschern und Arbeitgebern oder Förderern so beschaffen sein, das es für erfolgreiche Leistungen bei der Erzeugung, dem Transfer, dem Austausch und der Verbreitung von Wissen und technologischer Entwicklung sowie für den beruflichen Werdegang von Forschern förderlich ist. Die Charta würdigt außerdem alle Formen von Mobilität als Mittel zur beruflichen Weiterentwicklung von Forschern.

In diesem Sinne stellt die Charta für Forscher, Arbeitgeber und Förderer einen Bezugspunkt dar, der sie auffordert, in ihrem Arbeitsumfeld verantwortlich und professionell zu handeln und sich gegenseitig entsprechend anzuerkennen und zu achten.

Die Charta richtet sich an alle Forscher in der Europäischen Union in allen Etappen ihrer Laufbahn und betrifft sämtliche Forschungsgebiete im öffentlichen und privaten Sektor, unabhängig von der Art der Ernennung oder Beschäftigung7, der Rechtsform ihres Arbeitgebers oder der Art der Organisation oder Einrichtung, in der die Arbeiten ausgeführt werden. Sie berücksichtigt die vielfältigen Rollen von Forschern, die nicht nur damit betraut sind, Forschungsarbeiten und/oder Entwicklungstätigkeiten durchzuführen, sondern die auch Betreuungs-, Mentoring-, Management- oder Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

Diese Charta geht davon aus, dass Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern an erster Stelle dazu verpflichtet sind, die jeweiligen nationalen oder regionalen Rechtsvorschriften einzuhalten. Wenn Forscher eine Stellung und Rechte genießen, die in gewisser Hinsicht günstiger sind als die in dieser Charta vorgesehenen, so sollte ihr Wortlaut nicht geltend gemacht werden, um die Stellung und die bereits erworbenen Rechte einzuschränken.

Forscher wie auch Arbeitgeber und Förderer, die dieser Charta beitreten, beachten auch die Grundrechte und Grundsätze, die von der Charta der Grundrechte der Europäischen Union8 anerkannt wurden.

Für Forscher geltende allgemeine Grundsätze und Anforderungen

Freiheit der Forschung

Forscher sollten ihre Forschung in den Dienst der Menschheit stellen und auf die Ausweitung der wissenschaftlichen Kenntnisse ausrichten, wobei sie Anspruch auf Gedankenfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung haben sowie die Freiheit, Methoden zur Lösung von Problemen in Übereinstimmung mit anerkannten ethischen Grundsätzen und Verfahrensweisen zu finden.

Forscher sollten allerdings die Einschränkungen dieser Freiheit anerkennen, die sich aus besonderen Umständen der Forschung (einschließlich Aufsicht/Betreuung/Management) oder operationellen Sachzwängen ergeben könnten, etwa aus haushaltstechnischen oder infrastrukturbedingten oder, besonders im industriellen Sektor, aus Gründen des Schutzes von geistigem Eigentum. Solche Einschränkungen sollten allerdings nicht allgemein anerkannten ethischen Grundsätzen und Verfahrensweisen zuwiderlaufen, die von Forschern eingehalten werden müssen.

Ethische Grundsätze

Forscher sollten anerkannte ethische Verfahrensweisen und ethische Grundprinzipien ihres (ihrer) jeweiligen Fachbereichs (Fachbereiche) einhalten wie auch ethische Normen, wie sie in den verschiedenen einzelstaatlichen, sektorspezifischen oder institutionellen Ethikkodizes niedergelegt sind.

Berufsverantwortung

Forscher sollten alles daran setzen zu gewährleisten, dass ihre Forschung für die Gesellschaft relevant ist und in Bezug auf anderswo bereits durchgeführte Forschung keine Doppelarbeit darstellt.

Sie müssen Plagiarismus jedweder Art vermeiden und sich halten an den Grundsatz der geistigen Eigentums und des gemeinsamen Eigentums von Daten im Fall von Forschung, die in Zusammenarbeit mit (einem) Betreuer(n) und/oder anderen Forschern durchgeführt wurden. Die Notwendigkeit, neue Beobachtungen durch den Nachweis zu validieren, dass Experimente wiederholbar sind sollte nicht als Plagiarismus ausgelegt werden, vorausgesetzt, dass die zu bestätigenden Daten ausdrücklich genannt werden.

Forscher sollten dafür sorgen, dass Personen, die mit Teilaspekten ihrer Arbeit betraut werden, die Fähigkeit zu deren Durchführung haben.

Berufsverhalten

Forscher sollten mit den strategischen Zielen ihres Forschungsumfelds und den Finanzierungsmechanismen vertraut sein und alle erforderlichen Genehmigungen einholen, bevor sie ihre Forschung aufnehmen oder die bereitgestellten Ressourcen einsetzen.

Sie sollten ihre Arbeitgeber, Förderer oder Betreuer informieren, wenn ihr Forschungsprojekt verzögert, umgestaltet oder ergänzt wird, oder sie benachrichtigen, wenn es früher beendet oder aus irgendeinem Grund ausgesetzt werden soll.

Vertragliche und rechtliche Pflichten

Forscher aller Stufen müssen mit den einzelstaatlichen, sektorspezifischen oder institutionellen Vorschriften über Weiterbildung und/oder Arbeitsbedingungen vertraut sein. Dazu gehören Bestimmungen über Rechte an geistigem Eigentum und die Anforderungen und Bedingungen von Zuschuss oder Förderern, unabhängig von der Art ihres Vertrags. Forscher sollten solche Vorschriften einhalten, indem sie die geforderten Ergebnisse (z.B. Doktorarbeit, Veröffentlichungen, Patente, Berichte, neue Produktentwicklungen usw.) gemäß den Bedingungen des Vertrags oder gleichwertigen Textes liefern.

Rechenschaftspflicht

Forscher müssen sich bewusst sein, dass sie gegenüber ihren Arbeitgebern, Förderern oder sonstigen einschlägigen öffentlichen oder privaten Gremien wie auch - aus eher ethischen Gründen - gegenüber der Gesellschaft als ganze rechenschaftspflichtig sind. Insbesondere sind mit öffentlichen Mitteln finanzierte Forscher auch rechenschaftspflichtig für den effizienten Einsatz von Steuergeldern. Daher sollten sie sich an die Grundsätze der soliden, transparenten und effizienten Finanzverwaltung halten und sich bei berechtigten Überprüfungen ihrer Forschungsarbeiten, die ihre Arbeitgeber/Förderer oder Ethikausschüsse vornehmen, kooperativ erweisen.

Methoden der Einholung und Auswertung, Ergebnisse und gegebenenfalls Einzelheiten der Daten sollten bei internen und externen Prüfungen, die notwendig sind und von den zuständigen Behörden angeordnet werden, offen eingesehen werden können.

Bewährte Verfahrensweisen in der Forschung

Forscher sollten jederzeit in Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht sichere Arbeitsmethoden anwenden; darunter fallen auch die erforderlichen Schutzvorkehrungen für Gesundheit und Sicherheit und für die Überwindung von Ausfällen der Informationstechnologie, z.B. durch Ausarbeitung funktionstüchtiger Sicherungsstrategien. Sie sollten auch mit den geltenden rechtlichen Anforderungen an Datenschutz und Vertraulichkeit vertraut sein und die notwendigen Schritte unternehmen, um jederzeit mit ihnen Einklang zu stehen.

Ergebnisverbreitung und -verwertung

Alle Forscher sollten in Übereinstimmung mit ihren vertraglichen Vereinbarungen dafür sorgen, dass die Ergebnisse ihrer Forschung verbreitet und verwertet werden, z.B. mitgeteilt, auf andere Forschungsbedingungen übertragen oder gegebenenfalls kommerziell genutzt werden. Insbesondere erfahrene Forscher sollten Vorreiter dabei sein, zu gewährleisten, dass Forschung nutzbringend ist und die Ergebnisse entweder kommerziell genutzt oder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (oder beides), wenn immer sich die Möglichkeit dazu ergibt.

Engagement für die Gesellschaft

Forscher sollten dafür sorgen, dass ihre Forschung der Gesellschaft auf solch eine Weise bekannt gemacht wird, dass sie für Nichtfachleute verständlich ist, um der breiten Öffentlichkeit einen Zugang zur Wissenschaft zu ermöglichen. Die Pflege direkter Beziehungen zur Öffentlichkeit hilft Forschern dabei, das öffentliche Interesse an Schwerpunktthemen der Wissenschaft und Technologie und auch die Belange der Gesellschaft besser zu verstehen.

Arbeitsbeziehung zu Betreuern

Forscher in ihrer Aus-/Weiterbildungsphase sollten eine strukturierte, auf Regelmäßigkeit beruhende Arbeitsbeziehung zu ihrem (ihren) Betreuer(n) und dem (den) Vertreter(n) der Fakultät/Abteilung aufbauen und daraus vollen Nutzen ziehen.

Dazu gehören auch die Buchführung über alle Arbeitsfortschritte und Forschungserkenntnisse, die Einholung von Rückmeldungen durch Berichte und Seminare, die Umsetzung solcher Rückmeldungen und das Arbeiten gemäß vereinbarten Zeitplänen, Etappenzielen, Berichterstattungsanforderungen Teilergebnissen und/oder erwarteten Forschungsergebnissen.

Betreuungs- und Managementaufgaben

Erfahrene Forscher sollten ihrer facettenreichen Rolle als Betreuer, Mentoren, Laufbahnberater, Leiter, Projektkoordinatoren, Manager oder Wissenschaftsvermittler besondere Aufmerksamkeit schenken. Sie sollten diese Aufgaben so erfüllen, dass sie den höchsten beruflichen Standards gerecht werden. In ihrer Rolle als Betreuer oder Mentoren von Forschern sollten erfahrene Forscher ein konstruktives, positives Arbeitsverhältnis zu Nachwuchsforschern aufbauen, damit sie die Voraussetzungen für einen effizienten Wissenstransfer und für den erfolgreichen weiteren Werdegang der Forscher schaffen.

Berufliche Weiterentwicklung

Forscher in allen Etappen ihrer Laufbahn sollten sich darum bemühen, sich durch regelmäßige Aktualisierung und Erweiterung ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse stetig zu verbessern. Dies kann durch eine Vielzahl von Mitteln erreicht werden, einschließlich aber nicht beschränkt auf formelle Lehrgänge, Workshops, Konferenzen und computergestütztes Lernen.

Für Arbeitgeber und Förderer geltende allgemeine Grundsätze und Anforderungen

Anerkennung des Berufs

Alle Forscher, die eine Forschungslaufbahn eingeschlagen haben, sollten als Angehörige einer Berufsgruppe angesehen und entsprechend behandelt werden. Dies sollte bereits zu Beginn ihrer Laufbahn, d.h. nach ihrem Hochschulabschluss, der Fall sein und sämtliche Gruppen umfassen - unabhängig von ihrer Klassifizierung auf einzelstaatlicher Ebene (z.B. Angestellter, Student mit einem Hochschulabschluss, Doktorand, Postdoktoranden, Beamter).

Nichtdiskriminierung

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern diskriminieren Forscher in keinerlei Hinsicht wegen des Geschlechts, des Alters, der ethnischen, nationalen oder sozialen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, der sexuellen Ausrichtung, der Sprache, einer Behinderung, politischen Anschauung oder der sozialen oder wirtschaftlichen Umstände.

Forschungsumfeld

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern sollten dafür sorgen, dass ein höchst motivierendes Forschungs- oder Ausbildungsumfeld geschaffen wird, das geeignete Ausrüstung, Anlagen und Möglichkeiten - auch für die räumlich entfernte Zusammenarbeit über Forschungsnetze - bietet, und dass die einzelstaatlichen oder sektorspezifischen Vorschriften über Gesundheit und Sicherheit in der Forschung eingehalten werden. Förderer sollten sicherstellen, dass geeignete Ressourcen für das vereinbarte Arbeitsprogramm bereitstehen.

Arbeitsbedingungen

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen für Forscher, einschließlich behinderte Forscher, in Übereinstimmung mit dem geltenden einzelstaatlichen Recht und mit einzelstaatlichen oder sektorspezifischen Tarifverträgen bei Bedarf die Flexibilität bieten, die für eine erfolgreiche Forschungstätigkeit als erforderlich erachtet wird. Sie sollten anstreben, Arbeitsbedingungen zu bieten, die es weiblichen und männlichen Forschern ermöglichen, Familie und Arbeit, Kinder und Karriere zu verbinden9. Besonderes Augenmerk sollte unter anderem auf flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeitregelungen, Telearbeit und Urlaub zur persönlichen Weiterbildung sowie auf den erforderlichen finanziellen und verwaltungstechnischen Vorkehrungen für solche Möglichkeiten liegen.

Stabilität und Beständigkeit der Beschäftigung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass die Leistung von Forschern nicht durch die Instabilität von Arbeitsverträgen beeinträchtigt wird, und sollten sich daher so weit wie möglich dafür einsetzen, die Stabilität der Beschäftigungsbedingungen für Forscher zu verbessern und damit die in der EU-Richtlinie über befristete Arbeitsverträge niedergelegten Grundsätze und Bedingungen10 in die Praxis umzusetzen und zu beachten.

Finanzierung und Gehälter

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern sollten dafür sorgen, das Forscher faire, attraktive Finanzierungsbedingungen und/oder Gehälter beanspruchen können mit angemessenem Sozialversicherungsschutz (einschließlich Krankheits- und Elternschaftsregelungen, Ruhegehaltsansprüchen und Arbeitslosenleistungen) in Übereinstimmung mit dem geltenden einzelstaatlichen Recht und mit einzelstaatlichen oder sektorspezifischen Tarifverträgen. Dies muss für Forscher in allen Etappen ihrer Laufbahn, auch für Nachwuchsforscher, gelten und ihrem rechtlichen Stand, ihrer Leistung und dem Grad ihrer Qualifikationen und/oder Zuständigkeiten angemessen sein.

Ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern11

Arbeitgeber und/oder Förderer vom Forschern sollten ein repräsentatives ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter auf allen Ebenen ihres Personals anstreben, einschließlich auf Betreuungs- und Managementebene. Dies sollte mit Hilfe einer Chancengleichheitspolitik bei der Einstellung und bei den weiteren Laufbahnetappen erreicht werden, die allerdings nicht Qualitäts- und Fähigkeitskriterien vorgehen darf. Zur Sicherung der Gleichbehandlung sollte in Auswahl- und Bewertungsausschüssen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern bestehen.

Laufbahnentwicklung

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern sollten vorzugsweise im Rahmen ihres Humanressourcenmanagements eine spezielle Laufbahnentwicklungsstrategie für Forscher in allen Etappen ihrer Laufbahn aufstellen, und zwar unabhängig von ihrer vertraglichen Situation, auch für Forscher mit befristeten Verträgen. Darin sollten Mentoren vorgesehen werden, die Forscher in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung unterstützen und betreuen und sie dadurch motivieren und zum Abbau von Unsicherheiten in ihrer beruflichen Zukunft beitragen. Allen Forschern sollten solche Bestimmungen und Vorkehrungen nahe gebracht werden.

Wertschätzung von Mobilität

Arbeitgeber und oder Förderer müssen den Wert geografischer, sektorüberschreitender, interdisziplinärer, transdisziplinärer und virtueller12 Mobilität sowie die Mobilität zwischen dem öffentlichen und dem Privatsektor als ein bedeutendes Mittel zur Ausweitung wissenschaftlicher Kenntnisse und zur beruflichen Weiterentwicklung in jeder Etappe einer Forscherlaufbahn anerkennen. Daher sollten sie solche Optionen in die spezielle Laufbahnentwicklungsstrategie aufnehmen und Mobilitätserfahrung im Beförderungs-/Beurteilungssystem in vollem Umfang werten und anerkennen.

Dies erfordert auch, dass die erforderlichen verwaltungstechnischen Instrumente eingesetzt werden, um in Übereinstimmung mit einzelstaatlichem Recht die Übertragbarkeit sowohl von Fördermitteln als auch von Sozialversicherungsansprüchen zu ermöglichen.

Möglichkeit zur Weiterbildung in der Forschung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass allen Forscher in jeder Etappe ihrer Laufbahn unabhängig von ihrer vertraglichen Situation die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung und zur Verbesserung ihrer Beschäftigungsaussichten gegeben wird durch Zugang zu Maßnahmen für die beständige Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Kenntnissen.

Solche Maßnahmen sind in regelmäßigen Abständen auf ihre Zugänglichkeit, ihre Umsetzung und Effektivität bei der Verbesserung von Fähigkeiten, Kenntnissen und Beschäftigungsaussichten zu bewerten.

Möglichkeit einer Laufbahnberatung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass Forschern in allen Etappen ihrer Laufbahn unabhängig von ihrer vertraglichen Situation Laufbahnberatung und Hilfe bei der Arbeitsplatzvermittlung entweder in den betreffenden Einrichtungen oder durch Zusammenarbeit mit anderen Gremien angeboten werden.

Rechte an geistigem Eigentum

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass Forscher in allen Etappen ihrer Laufbahn die etwaigen Gewinne aus der Verwertung ihrer FuE-Ergebnisse erhalten durch gesetzlichen Schutz und insbesondere durch geeigneten Schutz der Rechte am geistigen Eigentum, einschließlich Urheberrechte.

In Strategien und Verfahrensweisen sollte festgelegt werden, welche Rechte den Forschern und/oder gegebenenfalls ihren Arbeitgebern oder sonstigen Parteien, einschließlich externen kommerziellen oder industriellen Unternehmen, gehören, wie dies möglicherweise in speziellen Kooperationsvereinbarungen oder sonstigen Arten von Vereinbarungen vorgesehen ist.

Koautorentum

Koautorentum sollte von den Einrichtungen bei der Beurteilung ihrer Mitarbeiter positiv gewertet werden, da es von konstruktivem Vorgehen bei der Forschungstätigkeit zeugt. Arbeitgeber und/oder Förderer sollten daher Strategien, Vorgehensweisen und Verfahren entwickeln, um Forschern, einschließlich denjenigen, die am Beginn ihrer Forschungslaufbahn stehen, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu sichern, damit sie als Koautoren von Beiträgen, Patenten usw. ihr Recht auf Anerkennung, Nennung und/oder Zitierung für ihre tatsächlichen Beiträge in Anspruch nehmen können oder damit sie ihre eigenen Forschungsergebnisse unabhängig von ihrem (ihren) Betreuer(n) veröffentlichen können.

Betreuung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass eine Person benannt wird, an die sich Nachwuchsforscher in Fragen der Erfüllung ihrer beruflichen Aufgaben wenden können, und sie sollten die Forscher darüber informieren.

Bei solchen Vereinbarungen sollte deutlich festgelegt werden, dass die vorgeschlagenen Betreuer über ausreichende Sachkenntnis verfügen, um die Forschungsarbeiten zu beaufsichtigen, und dass sie genügend Zeit, Kenntnisse, Erfahrung, Fachwissen und Einsatzbereitschaft besitzen müssen, um dem Nachwuchsforscher geeignete Unterstützung zu bieten. Des Weiteren sollten sie die notwendigen Fortschritts- und Überprüfungsverfahren sowie die erforderlichen Rückmeldungsmechanismen vorsehen.

Lehre

Die Lehrtätigkeit ist ein wesentliches Mittel zur Strukturierung und Verbreitung von Wissen und sollte daher als ein wertvoller möglicher Bestandteil des beruflichen Werdegangs eines Forschers angesehen werden. Allerdings sollten die Lehraufgaben nicht zu großen Raum einnehmen und die Forscher - insbesondere zu Beginn ihrer Laufbahn - daran hindern, ihre Forschungstätigkeit auszuüben.

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass Lehraufgaben angemessen bezahlt und in den Beurteilungssystemen berücksichtigt werden und dass die von erfahrenen Mitarbeitern für die Ausbildung von Nachwuchsforschern aufgewandte Zeit als Teil ihrer Lehrverpflichtungen gezählt wird. Fortbildungsmaßnahmen für Lehr- und Betreuungstätigkeiten sollten als Teil der beruflichen Weiterentwicklung von Forschern angeboten werden.

Beurteilungssysteme

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten für alle Forscher, einschließlich erfahrener Forscher, Beurteilungssysteme einführen, um ihre berufliche Leistung regelmäßig und auf transparente Weise durch einen unabhängigen (und im Fall von erfahrenen Forschern vorzugsweise internationalen) Ausschuss zu bewerten.

Bei solchen Beurteilungsverfahren sollten ihre generelle Kreativität in der Forschung und ihre Forschungsergebnisse, zum Beispiel Veröffentlichungen, Patente, Forschungsmanagement, Lehrtätigkeit/Vorlesungen, Betreuung, Mentoring, nationale und internationale Zusammenarbeit, Verwaltungsaufgaben, Öffentlichkeitsarbeit und Mobilität, gebührend Berücksichtigung finden und in die Aufstiegsmöglichkeiten einfließen.

Beschwerden/Einspruchsverfahren

Arbeitgeber und Förderer von Forschern sollten in Übereinstimmung mit einzelstaatlichen Regeln und Vorschriften geeignete Verfahren einführen, eventuell in Form einer unparteiischen Person (in der Art eines Ombudsmanns), um Beschwerden/Einsprüche von Forschern zu behandeln, einschließlich derer über Konflikte zwischen Betreuern und Nachwuchsforschern. Solche Verfahren sollten für sämtliches Forschungspersonal vertrauliche, informelle Unterstützung bei der Lösung von arbeitsbezogenen Konflikten, Streitigkeiten und Klagen bieten mit dem Ziel einer fairen und gleichberechtigten Behandlung innerhalb der Einrichtung und der Verbesserung der Gesamtqualität des Arbeitsumfelds.

Mitwirkung in Entscheidungsgremien

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern sollten es als vollkommen legitim und sogar wünschenswert ansehen, dass Forscher in den einschlägigen Informations-, Konsultations- und Entscheidungsgremien der Einrichtungen, für die sie arbeiten, vertreten sind, um ihre individuellen und kollektiven Interessen als Berufsgruppe zu schützen und durchzusetzen und aktiv zur Arbeit der Institution beizutragen13.

Einstellung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten dafür sorgen, dass die Aufnahme- und Zulassungsstandards für Forscher, insbesondere zu Beginn ihrer Laufbahn, eindeutig festgelegt werden. Außerdem sollten sie die Einstellungsmöglichkeiten für benachteiligte Gruppen oder für Forscher, die in eine Forschungslaufbahn zurückkehren, darunter Lehrkräfte (jeder Stufe), die wieder in die Forschung gehen, verbessern.

Arbeitgeber und/oder Förderer von Forschern sollten bei der Ernennung oder Einstellung von Forschern die im Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern niedergelegten Grundsätze einhalten.

Abschnitt 2: Der Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern

Der Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern besteht aus einer Reihe allgemeiner Grundsätze und Anforderungen, die von Arbeitgebern und/oder Förderern bei der Ernennung oder Einstellung von Forschern befolgt werden sollten. Diese Grundsätze und Anforderungen sollten die Achtung von Werten wie Transparenz des Einstellungsverfahrens und Gleichbehandlung aller Bewerber, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung eines attraktiven, offenen und stabilen europäischen Arbeitsmarktes für Forscher, gewährleisten und ergänzen die in der Europäischen Charta für Forscher enthaltenen Grundsätze und Anforderungen. Einrichtungen und Arbeitgeber, die den Verhaltenskodex einhalten, zeigen offen ihre Bereitschaft, verantwortlich und ehrbar zu handeln und Forschern faire Rahmenbedingungen zu bieten. Damit beweisen sie deutlich ihre Absicht, zur Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums beizutragen.

Allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Verhaltenskodex

Einstellung

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten Einstellungsverfahren festlegen, die offen14, effizient, transparent, unterstützend und international vergleichbar wie auch auf die Art der angebotenen Stellen zugeschnitten sind.

Anzeigen sollten eine weit gefasste Beschreibung der geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten enthalten und nicht so spezialisiert sein, dass geeignete Bewerber abgeschreckt werden. Arbeitgeber sollten eine Beschreibung der Arbeitsbedingungen und Leistungsansprüche, darunter auch Aussichten für die Laufbahnweiterentwicklung, hinzufügen. Darüber hinaus sollte der verbleibende Zeitraum zwischen der Stellenanzeige bzw. der Bewerbungsaufforderung und dem Termin für die Abgabe der Bewerbungen realistisch sein.

Auswahl

In Auswahlausschüssen sollten vielfältige Fachkenntnisse und Fähigkeiten vertreten und ein adäquates ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen gewahrt sein. Ihnen sollten - so weit angebracht und machbar - Mitglieder aus verschiedenen Sektoren (öffentlich und privat) und Fachbereichen, auch aus anderen Ländern, und mit der einschlägigen Erfahrung zur Bewertung des Bewerbers angehören. Wenn möglich sollte eine breite Palette an Auswahlmethoden eingesetzt werden, wie zum Beispiel Bewertungen durch externe Sachverständige und persönliche Bewerbungsgespräche. Angehörige von Auswahlgremien sollten entsprechend geschult sein.

Transparenz

Bewerber sollten vor der Auswahl über das Einstellungsverfahren und die Auswahlkriterien, die Anzahl der verfügbaren Stellen und die Karriereaussichten informiert werden. Ferner sollten sie nach dem Auswahlverfahren über die Stärken und Schwächen ihrer Bewerbung unterrichtet werden.

Beurteilung von Verdienst

Im Auswahlverfahren sollte das ganze Erfahrungsspektrum15 der Bewerber berücksichtigt werden. Zwar sollte der Schwerpunkt auf der generellen Befähigung zum Forscher liegen, aber auch die Kreativität und der Grad der Selbtständigkeit sind zu berücksichtigen.

Dies bedeutet, dass Verdienst sowohl qualitativ als auch quantitativ zu bewerten ist und sich dabei auf herausragende Ergebnisse in einem vielfältigen beruflichen Werdegang und nicht nur auf die Anzahl von Veröffentlichungen gestützt werden sollte. Dementsprechend sollte die Bedeutung bibliometrischer Daten innerhalb einer breiteren Palette an Bewertungskriterien wie Lehre, Betreuung, Teamarbeit, Wissenstransfer, Forschungs- und Innovationsmanagement sowie Öffentlichkeitsarbeit richtig gewichtet werden. Bei Bewerbern mit einem Hintergrund in der Industrie sollte besonders auf Beiträge zu Patenten, Entwicklungen oder Erfindungen geachtet werden.

Lebensläufe mit Abweichungen in der chronologischen Abfolge

Laufbahnunterbrechungen oder Lebensläufe mit Abweichungen in der chronologischen Abfolge sollten nicht bestraft, sondern als eine Entwicklungsstufe einer Laufbahn und daher als potenziell wertvoller Beitrag zur beruflichen Weiterentwicklung von Forschern hin zu einem mehrdimensionalen beruflichen Werdegang gewertet werden. Bewerbern sollte es daher gestattet sein, nachweisgestützte Lebensläufe einzureichen, die eine repräsentative Auswahl von für die Stelle relevanten Errungenschaften und Qualifikationen widerspiegeln.

Anerkennung von Mobilitätserfahrung

Mobilitätserfahrung wie etwa ein Aufenthalt in einem anderen Land/einer anderen Region oder in einer anderen Forschungseinrichtung (öffentlich oder privat) oder ein Wechsel von einem Fachbereich/Sektor zu einem anderen - entweder als Teil der Forschungserstausbildung oder zu einem späteren Zeitpunkt in der Forschungslaufbahn - oder aber Erfahrung mit virtueller Mobilität sollten als wertvoller Beitrag zur beruflichen Weiterentwicklung eines Forschers angesehen werden.

Anerkennung von Befähigungsnachweisen

Arbeitgeber und/oder Förderer sollten für eine angemessene Bewertung und Beurteilung der akademischen und beruflichen Qualifikationen, einschließlich nicht formaler Qualifikationen, aller Forscher insbesondere im Zusammenhang mit internationaler und beruflicher Mobilität sorgen. Sie sollten sich über die Regeln, Verfahren und Normen zur Anerkennung solcher Befähigungsnachweise erkundigen und diese im Einzelnen kennen. Deshalb sollten sie sich mit Hilfe sämtlicher verfügbaren Kanäle16 über geltende einzelstaatliche Rechtsvorschriften, Übereinkommen und spezielle Regeln über die Anerkennung dieser Befähigungsnachweise informieren.

Berufserfahrung

Das geforderte Qualifikationsniveau sollte den Anforderungen der Stelle entsprechen und keine Schranke für einen Einstieg darstellen. Anerkennung und Bewertung von Qualifikationen sollten sich schwerpunktmäßig auf die Beurteilung der Errungenschaften der Person stützen anstatt auf ihre Umstände oder den Ruf der Einrichtung, in der die Qualifikationen erworben wurden. Da berufliche Qualifikationen in einer frühen Phase einer langen Laufbahn erworben werden können, sollte auch die lebenslange berufliche Weiterentwicklung anerkannt werden.

Einstellung und Ernennung nach der Promotion

Einrichtungen sollten klare Regeln und ausdrückliche Leitlinien für die Einstellung und Ernennung von promovierten Forschern, einschließlich der Höchstdauer und den Zielen solcher Ernennungen und Einstellungen, festlegen. Solche Leitlinien sollten die Zeit, die in früheren Arbeitsverhältnissen nach der Promotion in anderen Einrichtungen verbracht wurde, mitrechnen. Sie sollten auch berücksichtigen, dass der Postdoktorandenstatus eine Übergangsphase darstellen sollte, deren Hauptziel darin besteht, im Rahmen langfristiger Karriereaussichten zusätzliche Möglichkeiten für die berufliche Weiterentwicklung in der Laufbahn eines Forschers zu bieten.

Abschnitt 3: Begriffsbestimmungen

Forscher

Für den Zweck dieser Empfehlung wird auf die international anerkannte Definition der Forschung des Frascati-Handbuches17 zurückgegriffen. Demzufolge lautet die Beschreibung von Forschern: "Spezialisten, die mit der Planung oder der Schafung von neuem Wissen, Produkten, Verfahren, Methoden und Systemen sowie mit dem Management diesbezüglicher Projekte betraut sind".

Spezieller noch bezieht sich diese Empfehlung auf alle Personen, die in Forschung und Entwicklung in jeder Laufbahnstufe unabhängig von ihrer Klassifizierung beruflich tätig sind18. Damit sind alle Tätigkeiten einbezogen, die sich auf "Grundlagenforschung", "strategische Forschung", "angewandte Forschung", "experimentelle Entwicklung" und "Wissenstransfer" beziehen, wozu auch Innovation und beratende Tätigkeiten, Leitungs- und Lehrtätigkeiten, Wissensmanagement und Management von geistigen Eigentum, die Verwertung von Forschungsergebnissen oder der Wissenschaftsjournalismus gehören.

Unterschieden wird zwischen Nachwuchsforschern und erfahrenen Forschern:

Arbeitgeber

Im Zusammenhang mit dieser Empfehlung bezieht sich "Arbeitgeber" auf all diejenigen öffentlichen oder privaten Einrichtungen, die Forscher auf vertraglicher Grundlage beschäftigen oder in denen Forscher im Rahmen anderer Arten von Verträgen oder Vereinbarungen, einschließlich solcher ohne direkte finanzielle Beziehungen, tätig sind. Letzteres bezieht sich vor allem auf Hochschuleinrichtungen, Fakultätsabteilungen, Laboratorien, Stiftungen oder private Gremien, in denen Forscher entweder ihre Forschungsausbildung absolvieren oder ihre aus Drittmitteln finanzierte Forschung durchführen.

Förderer

"Förderer" bezieht sich auf all diejenigen Gremien21, die Finanzmittel (einschließlich Stipendien, Preise, Zuschüsse und Beihilfen) für öffentliche oder private Forschungseinrichtungen, auch für Hochschuleinrichtungen, bereitstellen. In dieser Rolle könnten sie als eine Grundvoraussetzung für die Bereitstellung von Finanzmitteln festlegen, dass die bezuschussten Einrichtungen effektive Strategien, Verfahrensweisen und Mechanismen aufweisen, die in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen und Anforderungen dieser Empfehlung stehen, und diese auch anwenden.

Ernennung oder Beschäftigung

Dies bezieht sich auf jede Art von Vertrag oder auf ein Stipendium, einen Zuschuss oder einen Preis, der von einer Drittpartei finanziert wird, darunter auch Finanzierungen im Zusammenhang mit dem (den) Rahmenprogramm(en)22.

Hinweis: vgl. Drucksache 089/00 = AE-Nr. 000383, Drucksache 350/03 = AE-Nr. 031675, Drucksache 715/03 (PDF) = AE-Nr. 033137 und Drucksache 281/04 (PDF) = AE-Nr. 041219
1 KOM (2000) 6 endg. vom 18.l.2000.
2 ABl. C 282 vom 25.11.2003, S. l-2. Entschließung des Rates vom 10. November 2003 (2003/C 282/01) über den Beruf und die Laufbahn der Forscher im Europäischen Forschungsraum.
3 KOM (2003) 226 endg. und SEK(2003)489 vom 30.4.2003.
4 SEK (2005)260.
5 KOM (2004) 178 endg. vom 16.3.2004.
6 Siehe Begriffsbestimmung in Abschnitt 3.
7 Siehe Begriffsbestimmung in Abschnitt 3.
8 Amtsblatt C 364 vom 18.12.2000, S. 0001-0022.
9 vgl. SEK (2005)260, Women and Science: Excellence and Innovation - Gender Equality in Science.
10 Die Richtlinie soll verhindern, dass Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten schlechter behandelt werden, ebenso wie den Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse; ferner soll sie befristet beschäftigten Arbeitnehmern den Zugang zu angemessenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten erleichtern und dafür sorgen, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer über Dauerstellen, die im Unternehmen oder Betrieb frei werden, informiert werden. Richtlinie des Rates 1999/70/EG zu der EGB-UNICE-CEEPRahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 28.6.1999.
11 vgl. SEK (2005)260, Women and Science: Excellence and Innovation - Gender Equality in Science.
12 d.h. räumlich entfernte Zusammenarbeit über elektronische Netze.
13 Siehe hierzu auch EU-Richtlinie 2002/14/EG.
14 Sämtliche verfügbaren Instrumente sollten genutzt werden, insbesondere international oder global zugängliche webgestützte Ressourcen wie das Paneuropäische Mobilitätsportal für Forscher: http://europa.eu.int/eracareers/index_en.cfm .
15 Siehe auch: Abschnitt 1 Die Europäische Charta für Forscher: Beurteilungssysteme.
16 Nähere Einzelheiten über das NARIC-Netz (Europäisches Netz nationaler Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung) und das ENIC-Netz (Europäisches Netz der Informationszentren) siehe http://www.enic-naric.net/ .
17 In: Allgemeine Richtlinien für statistische Übersichten in Forschung und experimenteller Entwicklung, Frascati-Handbuch, OECD, 2002.
18 KOM (2002) 436 vom 18.7.2003: Forscher im EFR: Ein Beruf, vielfältige Karrieremöglichkeiten.
19 vgl. Arbeitsprogramm "Ausgestaltung des Europäischen Forschungsraums: Humanressourcen und Mobilität, Marie-Curie-Maßnahmen", Ausgabe September 2004, S. 41 (engl. Fassung).
20 idem, S. 42 (engl. Fassung).
21 Die Gemeinschaft wird sich bemühen, die in dieser Empfehlung niedergelegten Verpflichtungen auf die Empfänger von Finanzmitteln im Zusammenhang mit dem (den) Rahmenprogramm(en) für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstrationen anzuwenden.
22 Das (die) Rahmenprogramm(e) für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration.