Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Februar 2009 zu der Sozialwirtschaft (2008/2250(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305177 - vom 20. März 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 19. Februar 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich das Europäische Sozialmodell hauptsächlich durch ein hohes Niveau von in der Sozialwirtschaft entstandenen Dienstleistungen, Produkten und Arbeitsplätzen sowie durch die von seinen Organisatoren unter Beweis gestellte Antizipations- und Innovationsfähigkeit herausgebildet hat,

B. in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft auf einem sozialen Paradigma basiert, das mit den Grundprinzipien des Europäischen Sozial- und Sozialfürsorgemodells im Einklang steht, und in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft heute dadurch eine zentrale Rolle für die Aufrechterhaltung und Stärkung dieses Modells spielt, dass sie Erzeugung und Angebot zahlreicher sozialer Dienstleistungen von allgemeinem Interesse verwaltet,

C. in der Erwägung, dass Sozialwirtschaftsmodelle deshalb aufgewertet werden sollten, damit Wirtschaftswachstum, Beschäftigungsfähigkeit, Fortbildung und personenbezogene Dienstleistungen als Ziele, die alle EU-Politikbereiche durchdringen, erreicht werden können,

D. in der Erwägung, dass Reichtum und Gleichgewicht einer Gesellschaft von deren Vielfalt herrühren und dass die Sozialwirtschaft aktiv zu dieser Vielfalt beiträgt, indem sie das Europäische Sozialmodell verbessert und stärkt und ein eigenes Unternehmensmodell beisteuert, das es der Sozialwirtschaft ermöglicht, zu stabilem, dauerhaftem Wachstum beizutragen,

E. in der Erwägung, dass die Werte der Sozialwirtschaft mit den gemeinsamen EU-Zielen der sozialen Eingliederung weitgehend im Einklang stehen und dass menschenwürdige Arbeit, Fortbildung und Wiedereingliederung damit verknüpft sein sollten; in der Erwägung, dass sich gezeigt hat, dass die Sozialwirtschaft den sozialen Status benachteiligter Menschen stark verbessern kann (wie beispielsweise im Falle der vom Nobelpreisträger Professor Mohammed Yunus entwickelten Mikrokreditgenossenschaften deutlich wurde, durch die Frauen dank der Erleichterung der finanziellen Eingliederung an Einfluss gewonnen haben) und dass sie ein beträchtliches Potenzial für soziale Innovationen bietet, indem sie Personen, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, unterstützt, Lösungen für ihre eigenen sozialen Probleme zu finden, beispielsweise in Bezug auf die Vereinbarkeit ihres Berufs- und Familienlebens, die Gleichstellung der Geschlechter, die Qualität ihres Familienlebens und ihre Fähigkeit zur Betreuung von Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen,

F. in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft 10 % aller europäischen Unternehmen, also 2 Millionen Unternehmen, oder 6 % der gesamten Beschäftigung stellt und ein hohes Potenzial zur Schaffung und Bewahrung stabiler Arbeitsplätze hat, was hauptsächlich daran liegt, dass ihre Tätigkeiten aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht verlagert werden können,

G. in der Erwägung, dass sozialwirtschaftliche Unternehmen in der Regel kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind, die zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell beitragen, das dem Menschen mehr Bedeutung beimisst als dem Kapital, und in der Erwägung, dass diese Unternehmen häufig auf dem Binnenmarkt tätig sind und deshalb sicherstellen müssen, dass ihre Tätigkeiten den einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechen,

H. in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft sich durch besondere Unternehmensorganisations- oder -rechtsformen wie Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereinigungen, Sozialunternehmen und -organisationen, Stiftungen und andere in jedem Mitgliedstaat existierende Formen entwickelt hat; in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft in den jeweiligen Ländern Konzepte wie "Solidarwirtschaft" und "dritter Sektor" umfasst und es überall in der Europäischen Union vergleichbare Konzepte mit denselben Merkmalen gibt, auch wenn diese Konzepte nicht in allen Mitgliedstaaten als Teil der "Sozialwirtschaft" gelten,

I. in der Erwägung, dass es notwendig ist, das Statut einiger sozialwirtschaftlicher Organisationstypen auf EU-Ebene unter Berücksichtigung der Binnenmarktvorschriften anzuerkennen, um bürokratische Hindernisse bei der Beschaffung von Gemeinschaftsmitteln zu reduzieren,

J. in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft ein Unternehmensmodell in den Vordergrund stellt, das sich weder anhand der Unternehmensgröße noch nach Branchen charakterisieren lässt, sondern vielmehr durch die Achtung gemeinsamer Werte wie Vorrang der Demokratie, der Mitwirkung der Sozialakteure, der Person und sozialer Ziele vor dem Profitstreben, Verteidigung und Umsetzung des Solidaritäts- und des Verantwortungsgrundsatzes, Deckungsgleichheit der Interessen der Nutzer und des Allgemeininteresses, demokratische Kontrolle durch die Mitglieder, freiwilliger, offener Beitritt, autonome Verwaltung und Unabhängigkeit von öffentlichen Stellen und Verwendung des Großteils der Überschüsse für die Verfolgung der Ziele nachhaltige Entwicklung und Dienst an den Mitgliedern im Einklang mit dem Allgemeininteresse,

K. in der Erwägung, dass die Sozialwirtschaft trotz der wachsenden Bedeutung des Sektors und seiner Organisationen noch wenig bekannt ist und häufig Kritik ausgesetzt ist, die in einer irreführenden technischen Betrachtungsweise begründet liegt, und in der Erwägung, dass eins der wichtigsten Hindernisse, mit denen die Sozialwirtschaft in der Europäischen Union und in einigen ihrer Mitgliedstaaten konfrontiert ist, in ihrer mangelhaften institutionellen Sichtbarkeit besteht, die teilweise auf die Besonderheiten nationaler Buchführungssysteme zurückzuführen ist,

L. in der Erwägung, dass die Intergruppe Sozialwirtschaft des Parlaments Detailarbeit leistet,

Allgemeine Anmerkungen

Anerkennung des Konzepts Sozialwirtschaft

Rechtliche Anerkennung: europäische Statuten für Verbände, Stiftungen und Gegenseitigkeitsgesellschaften

Anerkennung in der Statistik

Anerkennung als Sozialpartner

Sozialwirtschaft als Schlüsselakteur für die Umsetzung der Ziele der Lissabon-Strategie

Zur Erreichung der Ziele erforderliche Mittel