Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: Eine europäisches Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge KOM (2010) 186 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.


Hinweis: vgl.
Drucksache 020/06 (PDF) = AE-Nr. 060113,
Drucksache 108/07 (PDF) = AE-Nr. 070181,
Drucksache 037/08 (PDF) = AE-Nr. 080045,
Drucksache 825/09 (PDF) = AE-Nr. 090919,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144 und AE-Nr. 080910


Europäische Kommission
Brüssel, den 28.4.2010
KOM (2010) 186 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss
Eine europäische Strategie für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge (Text von Bedeutung für den EWR)

1. Ziele der Strategie

Die europäische Automobilindustrie ist nach erheblichen Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen in den letzten 15 Jahren weltweit führend bei der Entwicklung sauberer und energieeffizienter Technologien für Verbrennungsmotoren. Als wettbewerbsfähigem und innovativem europäischen Erwerbszweig, auf den sich eine große Bandbreite verbundener Sektoren stützt, kommt ihr entscheidende Bedeutung zu.

In dieser Mitteilung wird eine Strategie zur Förderung der Entwicklung und Akzeptanz von sauberen und energieeffizienten ("ökologischen") schweren (Busse und LKW)1 und leichten Nutzfahrzeugen (PKW und Lieferwagen)2 sowie von zwei-, drei- und vierrädrigen Kraftfahrzeugen3 vorgestellt. Der Verkehr verursacht zurzeit etwa ein Viertel der CO₂-Emissionen in der EU und trägt maßgeblich zur beeinträchtigten Luftqualität (Partikel, Nox, HC und CO) sowie zu den damit zusammenhängenden Gesundheitsproblemen insbesondere in städtischen Gebieten bei. Kurz- und mittelfristig wird der Verbrennungsmotor in Straßenfahrzeugen voraussichtlich vorherrschend bleiben. Alternative Kraftstoffe und Antriebstechnologien werden jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ökofahrzeuge zeichnen sich während ihres gesamten Lebenszyklus durch sehr geringe Umweltauswirkungen aus: Sie werden mit kohlenstoffarmen Energiequellen betrieben, haben niedrige Luftschadstoff- und Geräuschemissionen und sind leicht zu recyceln.

Ökofahrzeuge, einschließlich solcher, die mit Elektrizität, Wasserstoff, Biogas und flüssigen Biotreibstoffen in hohen Anteilen betrieben werden können, dürften einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft (intelligentes Wachstum) und zur Förderung einer ressourcenschonenderen, ökologischeren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft (nachhaltiges Wachstum) leisten, zwei vordringlichen Zielen der Strategie Europa 20204. Die Strategie ist im Rahmen von Europa 2020 ein wesentlicher Teil der Leitinitiative "Ressourcenschonendes Europa", mit der neue Technologien zur Modernisierung des Verkehrswesen sowie zur Reduzierung seines CO₂-Ausstoßes und damit zu mehr Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden sollen. Ein Ziel der Leitinitiative ist daher die Förderung von Ökofahrzeugen durch verstärkte Forschung, die Einführung gemeinsamer Normen und die Entwicklung der Infrastrukturen, die zur Unterstützung des "Übergang[s] zu einer emissionsarmen Wirtschaft, die ihre Ressourcen wirkungsvoll einsetzt"5 erforderlich sind.

Bis zum Jahr 2030 wird ein Anstieg des weltweiten Kraftfahrzeugbestands von 800 Mio. auf 1,6 Mrd. erwartet6. Die Verdoppelung des weltweiten Kraftfahrzeugbestands macht einen technologischen Qualitätssprung erforderlich, damit das Ziel eines kohlenstoffarmen Verkehrswesens unter langfristiger Gewährleistung einer nachhaltigen Mobilität erreicht werden kann. Die Strategie sollte daher der europäischen Industrie dabei helfen, eine weltweite Spitzenposition beim Einsatz alternativer Antriebstechnologien einzunehmen. Die globale Tendenz hin zu einem nachhaltigen Verkehrswesen zeigt, dass die europäische Automobilindustrie nur wettbewerbsfähig bleiben kann, wenn sie bei umweltfreundlichen Technologien eine führende Rolle spielt. Dies erfordert eine schrittweise Abkehr von der derzeitigen Situation. Ein neuer industrieller Ansatz auf der Grundlage sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge wird die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie steigern, für neue Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und anderen vor- und nachgelagerten Sektoren sorgen und die Umstrukturierung unterstützen. Die vorliegende Initiative baut daher auf der Europäischen Initiative für umweltfreundliche Kraftfahrzeuge auf, die im November 2008 im Rahmen des Europäischen Konjunkturprogramms7 gestartet wurde.

Die Entwicklung fortschrittlicher gemeinsamer Normen für Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Interoperabilität wird auch dafür sorgen, dass der Binnenmarkt voll funktionsfähig bleibt und Planungssicherheit für alle Interessengruppen besteht.

Überdies investieren die Weltmarktkonkurrenten der EU sowohl auf dem amerikanischen als auch auf dem asiatischen Kontinent ebenfalls in kohlenstoffarme Technologien und starten zielgerichtete Programme für den Übergang zu einem kohlenstoffarmen Straßenverkehr.

Dabei wird auf eine rasche Entwicklung von Normen für alternative Technologien hingearbeitet. Damit ihre Industrie wettbewerbsfähig bleiben und ihre weltweite Marktführerschaft bei umweltfreundlichen Technologien sichern kann, muss die EU den richtigen Rahmen für fortschrittliche, weltweit benötigte Produkte schaffen.

Die Strategie baut auf der bestehenden Strategie zur Minderung der CO₂-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen aus dem Jahr 20078 auf und ergänzt laufende und geplante Aktivitäten für einen CO₂-reduzierten Verkehr mit geringeren Umweltauswirkungen. Beschränkt auf den Straßenverkehr, auf Straßenfahrzeuge und auf die mittelfristige Perspektive unterstützt sie das Ziel, bis 2050 den CO₂-Ausstoß um 80 % bis 95 % zu senken. Technologische Entwicklungen bei ökologischen KFZ-Antriebstechnologien können und sollen auch dem Fortschritt in der Schifffahrt, in der Luftfahrt, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie im innerstädtischen Verkehr und im leichten Schienenverkehr neue Impulse geben.

2. Aktionsplan für umweltfreundliche Fahrzeuge

Diese Strategie hat die Schaffung eines geeigneten, technologieneutralen politischen Rahmens für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge zum Ziel. Hierbei ist zweigleisig vorzugehen: Es sind einerseits saubere und energieeffiziente Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennungsmotoren zu fördern, andererseits ist der Einsatz bahnbrechender Technologien in Fahrzeugen mit extrem geringem CO₂-Ausstoß zu erleichtern. Folgende Antriebssysteme werden in Betracht gezogen:

Die Strategie baut auf laufende Maßnahmen auf und umfasst mittel- bis langfristige Aktionen. Durch diese Aktionen werden die Vorteile der neuen Antriebstechniken in Form von umwelt- und energiepolitischen Zielen realisiert und es wird gleichzeitig eine Situation vermieden in der Fortschritte bei neuen Technologien durch geringere Verbesserungen bei konventionellen Fahrzeugen oder durch eine wachsende Nachfrage nach weniger effizienten Fahrzeugen zunichte gemacht werden. Der Aktionsplan nutzt die Synergien zwischen der Verbesserung der Verbrennungsmotoren und der Einführung von Technologien mit extrem niedrigen CO₂-Emissionen. Gefördert wird die Entwicklung und Verbreitung bahnbrechender Technologien, von denen zusammen mit Vorschlägen, die im anstehenden Weißbuch zur europäischen Verkehrspolitik vorgelegt werden, ein wesentlicher Beitrag zu einer nachhaltigeren Mobilität erwartet werden kann.

Derzeit fehlt ein europäischer Rahmen für die elektrische Mobilität. Um die technologische Neutralität in der Praxis zu gewährleisten, konzentriert sich Abschnitt 2.7 auf Maßnahmen, die erforderlich sind, um einen adäquaten regulatorischen Rahmen zur Ermöglichung dieser Technologie sicherzustellen.

Bei bestimmten, in dieser Strategie aufgeführten politischen Initiativen wird eine Abschätzung der ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen zu berücksichtigen sein. Aktionen auf EU-Ebene werden die Aktionen auf nationaler und regionaler Ebene ergänzen und sich auf Gebiete konzentrieren, auf denen sich entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip ein klarer europäischer Mehrwert ergibt.

2.1. Regulierungsrahmen

Die EU hat eine ehrgeizige Strategie zur Verringerung der CO₂-Emissionen von Straßenfahrzeugen vorgestellt10, und es wurde bereits viel erreicht. Nach der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen muss das Ziel von 130 g CO₂/km im Flottendurchschnitt für neue PKW bis 2015 voll erreicht sein.

Die Industrie wird noch mehr in Technologien zur Emissionsverminderung, darunter in intelligente Verkehrsmanagementsysteme, investieren und die Effizienz der Motoren weiter verbessern müssen.

Überdies wird ein Vorschlag der Kommission11 zur Verringerung der CO₂-Emissionen von leichten Nutzfahrzeugen (Lieferwagen) zur Zeit im Parlament und im Rat erörtert. Dem Vorschlag zufolge soll für alle neuen leichten Nutzfahrzeuge ab 2016 die Vorgabe von 175 g/km im Flottendurchschnitt gelten.

Durch die Festlegung noch strengerer Normen konnte die EU auch die Emissionen von Schadstoffen wie Partikel und NOx reduzieren. Die Grenzwerte der Norm Euro 612 für PKW und leichte Nutzfahrzeuge und der Norm EURO VI für schwere Nutzfahrzeuge gelten ab 2014.

Die vorherrschende Position der Benzin- und Dieselmotoren wird sich zwar bis 2020 abschwächen aber dennoch müssen ihre negativen Umweltauswirkungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verringert werden.

2.2. Förderung von Forschung und Innovation im Bereich umweltfreundliche Technologien

Fahrzeuge mit Elektroantrieb oder Wasserstoff-Brennstoffzellen sowie deren Bauteile sind trotz jüngster technischer Fortschritte immer noch teuer. Forschung und technologische Entwicklung müssen fortgesetzt werden, damit die Kosten reduziert und die Reichweite sowie das Fahrverhalten von Elektro- und Wasserstofffahrzeugen verbessert werden können; dies gilt auch für den Bereich kooperative Fahrzeugsysteme, die auf einer Kommunikation zwischen Fahrzeugen bzw. zwischen Fahrzeug und Infrastruktur beruhen. Es müssen neue Werkstoffe erkundet werden, die in Batterien und zur Speicherung von Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge zum Einsatz kommen können, sowie alternative Technologien zum Aufladen und zur Speicherung von Energie. Forschung und Demonstration zum Thema Elektrifizierung des Verkehrs werden im Rahmen der "Europäischen Initiative für umweltfreundliche Kraftfahrzeuge" gefördert, während Forschung und technologische Entwicklung zu Fahrzeugen mit Wasserstoffbrennstoffzellen und den entsprechenden Infrastrukturen durch das "Gemeinsame Unternehmen Brennstoffzellen und Wasserstoff" unterstützt werden.

2.3. Marktakzeptanz und Verbraucherinformation

Der europäische Fuhrpark kann nur dann erfolgreich ökologisiert werden, wenn sich die Verbraucher tatsächlich für den Kauf sauberer und energiesparender Fahrzeuge entscheiden.

Wegen der hochentwickelten Technologie, die in ihnen zum Einsatz kommt, sind Ökofahrzeuge immer noch deutlich teurer als konventionelle Fahrzeuge. Deshalb sind die Einbeziehung der Verbraucher und Anreize auf der Nachfrageseite wichtig für die Förderung der Marktakzeptanz. Solche Anreize müssen zur rechten Zeit, zielgerichtet und diskriminierungsfrei eingeführt werden und sie müssen zeitlich und finanziell begrenzt sein.

Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten hat mittlerweile ohne gegenseitige Koordinierung Besteuerungssysteme für Kraftfahrzeuge eingeführt, die sich nach dem CO₂-Ausstoß richten, während andere Mitgliedstaaten Regelungen eingeführt haben oder prüfen, die die Verbraucher mit Anreizen - vielfach finanzieller Art - zur Wahl von Elektrofahrzeugen bewegen sollen. Die Regelungen unterscheiden sich stark voneinander und wirken nur isoliert weil in den bestehenden Kraftstoffsteuern der CO₂-Ausstoß der einmal in Betrieb genommenen Fahrzeuge nicht berücksichtigt wird. Es gibt Befürchtungen, dass ihr Nutzen durch die beträchtlichen Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Anreizsystemen zunichte gemacht und dass dadurch das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt werden könnte.

Für neu entwickelte Fahrzeuge mit relativ begrenzter Reichweite bietet sich der Einsatz vor allem in Städten und städtischen Gebieten an. Die Reduzierung der Schadstoffemissionen ist in dicht bevölkerten Stadtgebieten am wichtigsten, und wie im Aktionsplan urbane Mobilität15 festgestellt wird, sind die Einsparungen bei Energie und CO₂-Emissionen durch energieeffiziente Technologien am größten im stockenden Verkehr der Städte. Den lokalen und regionalen Behörden kommt daher einige wichtige Rolle zu: Sie können als öffentliche Auftraggeber die Regeln für das öffentliche Beschaffungswesen intelligent einsetzen und so die Marktakzeptanz fördern. Dies würde auch wichtige Innovationsanreize geben.

Nach der Richtlinie 2009/33/EG16 über die Förderung sauberer und energieeffizienter

Straßenfahrzeuge, die auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen und die Verbesserung der Luftqualität (insbesondere in Städten) abzielt, müssen die Behörden die energetischen und ökologischen Auswirkungen, die mit dem Betrieb von Fahrzeugen verbunden sind, während deren gesamter Lebensdauer berücksichtigen. Dies verschafft Ökofahrzeugen einen Wettbewerbsvorteil und wirkungsvolle Unterstützung bei ihrer Markteinführung im großen Maßstab.

Damit die Verbraucher Ökofahrzeuge als echte Alternativen zu konventionellen Fahrzeugen akzeptieren müssen sie gut über Chancen, Vorteile und praktische Aspekte umweltfreundlicher Mobilität informiert sein, was insbesondere Sache der Industrie ist. Die Verbraucher sollten außerdem über Instrumente zum Vergleich dieser Technologien mit konventionellen Fahrzeugen verfügen.

2.4. Globale Aspekte

Die Industrie der EU ist auf den Weltmärkten tätig und ist viele weltumspannende Allianzen eingegangen. Um das globale Unternehmensumfeld zu verbessern und der europäischen Wirtschaft Geschäftsmöglichkeiten zu sichern, brauchen wir auf den wichtigsten Automobilmärkten mehr Offenheit und gleiche Bedingungen. Offene Weltmärkte sind ein wichtiger Faktor für mehr Produktivität, Wachstum und Beschäftigung. Um den Zugang zu globalen Märkten zu ermöglichen, müssen sowohl Zölle gesenkt als auch unnötig wettbewerbsbeschränkende technische Vorschriften beseitigt werden. Wo immer möglich sollte auf eine Konvergenz unserer Vorschriften mit denen unserer wichtigsten Handelspartner sowie auf einen möglichst breiten Marktzugang hingearbeitet werden.

Für die Serienherstellung von Elektro- und Wasserstoffbrennstoffzellen-Fahrzeugen werden andere Rohstoffe gebraucht als für die Herstellung konventioneller Fahrzeuge. Manche dieser Rohstoffe sind knapp und auf einige wenige Gebiete beschränkt, wie z.B. bestimmte Seltenerdmetalle für Batterien und Edelmetalle für Brennstoffzellen. Es sollte gewährleistet sein dass zu diesen Rohstoffen ein gerechter und offener Zugang besteht, damit die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft nicht durch mögliche Engpässe in Mitleidenschaft gezogen wird.

2.5. Beschäftigung

Die vorausschauende Steuerung der Umstrukturierung und die Vorhersage der Fertigkeiten und Qualifikationen, die zur Entwicklung und zur Herstellung von innovativen Fahrzeugen notwendig sind, ist von entscheidender Bedeutung, damit die europäischen Fahrzeughersteller über Arbeitskräfte mit geeigneter Qualifikation verfügen. Diese Fertigkeiten sind zur Zeit selten. Die sozialen Akteure haben vor kurzem im Rahmen der Automobilpartnerschaft eine Erklärung veröffentlicht, in der die Einrichtung einer europaweiten Beobachtungsstelle gefordert wird.

2.6. Halbzeitbewertung der Rechtsvorschriften zu CO₂-Emissionen

Ein Ziel der Halbzeitbewertung besteht darin, der Automobilindustrie Planungssicherheit hinsichtlich der langfristigen Zielsetzung zu bieten. Bei allen neuen CO₂-Normen sollten die verschiedenen technologischen Optionen vollständig ausgeschöpft werden, denn ehrgeizige Emissionsziele stellen langfristig entscheidende Anreize zur Innovation dar; zudem ist zu berücksichtigen wie sehr die neuen Normen zur erforderlichen allgemeinen Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors beitragen. Zum jetzigen Zeitpunkt muss als übergeordnetes Ziel darauf geachtet werden, dass durch wie auch immer geartete Fördermechanismen für Fahrzeuge mit besonders geringen Emissionen in keinem Fall die Anreize zur Verringerung der Emissionen des bestehenden Fahrzeugparks mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren abgeschwächt werden.

2.7. Besondere Maßnahmen für Elektrofahrzeuge

1. Inverkehrbringen

Die Typgenehmigung für Straßenfahrzeuge20 wurde auf alle Antriebssysteme ausgedehnt, um potenzielle rechtliche Hindernisse zu beseitigen und sicherzustellen, dass Fahrzeuge mit alternativem Antrieb mindestens ebenso sicher sind wie konventionelle. Es wurden daher bereits gemeinsame Regeln für mit Wasserstoff, Gas oder Biokraftstoffen betriebene Fahrzeuge erlassen21. Auch für Elektrofahrzeuge sind gemeinsame Anforderungen notwendig, um für mehr Rechtssicherheit und besseren Schutz der Verbraucher zu sorgen.

2. Normung

Dank gemeinsamer Normen sollten alle Elektrofahrzeuge innerhalb der EU überall mit dem Stromnetz kommunizieren und mit allen Arten von Ladegeräten aufgeladen werden können.

Investitionen in Ladestationen aufgrund unterschiedlicher Normen sollten soweit wie möglich vermieden werden. Kompatibilitätsprobleme, die verhindern, dass das Fahrzeug an jeder erreichbaren Station aufgeladen werden kann, könnten das Vertrauen der Verbraucher in die Elektrofahrzeugtechnologie untergraben.

Das langsame Aufladen an bestehenden Steckdosen ist bereits möglich. Die Schnellaufladung mit hoher Spannung, öffentlichen Ladestationen und der notwendigen Kommunikation zwischen Fahrzeug und Stromnetz erfordert indessen besondere Stecker und Steckdosen, die zur Sicherstellung der Interoperabilität EU-weit genormt sein müssen. Die rasche Verabschiedung einer europäischen Norm würde die europäische Industrie zu einem Vorreiter auf diesem Gebiet machen und damit ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die Norm muss die andauernden Arbeiten in internationalen Normungsgremien berücksichtigen.

3. Infrastruktur

Wenn Elektrofahrzeuge auf den Markt kommen, können die Verbraucher sie an bestehenden Ladestationen aufladen. Dennoch müssen öffentlich zugängliche Ladestationen eingerichtet werden damit die Verbraucher Batterien aufladen können. Ein angemessenes Netz an elektrischen Ladestationen wird beträchtliche Investitionen sowie die Festlegung von Normen zu Sicherheit, Interoperabilität und Zahlung erfordern. Mittels einer Abschätzung muss geklärt werden, ob Synergien zwischen den für Elektro- und Wasserstofffahrzeuge aufgebauten Kapazitäten und ihrer Verbindung mit kohlenstoffarmen Stromquellen bestehen.

4. Energie, Stromerzeugung und -verteilung

Die Umweltbilanz von Ökofahrzeugen mit alternativen Technologien muss gründlich untersucht und unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus mit derjenigen herkömmlicher Fahrzeuge verglichen werden. Bei solch einem Ansatz wird die Auswirkung der Emissionen "von der Quelle bis zum Rad" ("Well to Wheel")23 betrachtet, einschließlich der Emissionen, die bei der Stromerzeugung sowie der Herstellung und der Entsorgung des Fahrzeugs anfallen.

Es wird davon ausgegangen, dass die Elektrifizierung des Verkehrs zu einem, wenn auch nicht plötzlichen, Anstieg der allgemeinen Stromnachfrage führt, denn die Markteinführung von Elektrofahrzeugen wird schrittweise vonstatten gehen24. Allerdings könnte durch die erhöhte Nachfrage eine potenziell kohlenstoffintensive Ausweitung der Stromerzeugungsleistung erforderlich werden, vor allem, wenn Fahrzeuge während der Spitzenzeiten aufgeladen werden. Dieses Risiko kann gemindert werden, wenn aufladbare Fahrzeuge vollständig in das Stromnetz integriert werden - ein Schritt hin zur Einführung intelligenter Stromnetze, intelligenter Messung und den entsprechenden Verbraucheranreizen- und andere Geschäftsmodelle wie der Austausch von Batterien erwogen werden. Durch eine vollständige Integration wäre es auch möglich, die Batterien in Elektrofahrzeugen als Sekundärspeicher für überschüssige Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu nutzen.

Dazu muss u. a. das bestehende Stromverteilungsnetz angepasst werden, und es müssen intelligente Netze und Protokolle für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Netz entwickelt werden, die das Aufladen automatisch auf Nebenzeiten oder auf unregelmäßig erzeugten überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energiequellen abstimmen. Dabei müssten die Auswirkungen des Preises berücksichtigt werden.

Eine wichtige Rolle bei dieser Entwicklung werden die Industrieinitiativen im Rahmen des Europäischen Strategieplans für Energietechnologie (SET-Plan) spielen. So soll insbesondere die Stromnetz-Initiative die Entwicklung bei der Elektrifizierung des Verkehrs beschleunigen, während durch die europäische Bioenergie-Initiative die Technologien zur Erzeugung fortschrittlicher Biokraftstoffe vorangebracht und zugleich die Nachhaltigkeitskriterien der Richtlinie über erneuerbare Energien eingehalten werden sollen.

5. Wiederverwertung und Transport von Batterien

Die intensive Nutzung von Batterien durch Elektrofahrzeuge ist selbst mit Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. Auch im Zusammenhang mit Brennstoffzellen für Wasserstofffahrzeuge werden neue Lösungen gesucht, etwa für die Wiederverwertung von Platinkatalysatoren. Eine hohe Wiederverwertungsquote ist auch deshalb angebracht, weil einige der verwendeten Rohstoffe knapp und kostspielig sind.

Wenn Batterien aufgrund ihrer nachlassenden Energiespeicherkapazität nicht mehr für die Verwendung in Fahrzeugen brauchbar sind, könnten sie für andere Zwecke eingesetzt werden, etwa für die ortsfeste Energiespeicherung in Wohnhäusern. Über Bestimmungen und Pläne für solch eine "Sekundärnutzung" wird nachgedacht.

Die Anzahl betriebsbereiter Batterien, die befördert werden kann, ist gegenwärtig durch die Richtlinie über die Beförderung gefährlicher Güter26 begrenzt. Dadurch sind die Transportkosten hoch, was wiederum zu dem hohen Preis der Batterien beiträgt.

3. Governance

Diese Mitteilung dient der Vorstellung einer Strategie zur Förderung eines sauberen und effizienten Verkehrssystems in der EU, das dazu beitragen wird, die Ziele von Europa 2020 zu erreichen, indem Europa in seiner Fähigkeit gestärkt wird, in einer Schlüsselbranche intelligente und nachhaltige Produkte zu erzeugen.

Für die im Rahmen dieser Strategie vorgeschlagenen Maßnahmen ist ein hohes Maß an Koordinierung quer durch die betroffenen Bereiche der Politik (Industrie, Verkehr, Energie, Handel, Klima und Umweltschutz, Beschäftigung, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Forschung) und unter Beteiligung aller Interessengruppen erforderlich, um alles zu tun, damit die EU über ein nachhaltiges Verkehrssystem mit einer wettbewerbsfähigen industriellen Basis verfügt. Will man diese Herausforderung meistern, so muss ein laufender Gedankenaustausch zwischen Interessengruppen und Akteuren stattfinden, die bislang nicht unbedingt zusammengearbeitet haben: Automobilindustrie (Fahrzeughersteller und -lieferanten), Stromanbieter, Gasunternehmen, Netzbetreiber, Hersteller elektrischer Komponenten, wissenschaftliche und Normungsgremien, Behörden auf Ebene der EU, der Mitgliedstaaten, der Regionen und der Kommunen sowie Verbraucher.

Einige EU-Mitgliedstaaten haben zudem nationale Programme zur Förderung der Elektromobilität eingeleitet. Die Kommission erkennt den Nutzen dieser Programme an, durch die schon frühzeitig ein Markt geschaffen und die Verbraucher für diese Technologie sensibilisiert werden. Wenn diese Ansätze nicht koordiniert werden, kann es jedoch zu einer Zersplitterung des Binnenmarktes kommen, wodurch die EU ihren Wettbewerbsvorteil bei dieser Technologie einbüßen könnte.

Der Zusatznutzen einer EU-Strategie ist klar erkennbar: Durch sie können eine Vielzahl von Initiativen und Maßnahmen gebündelt und eine Plattform zur Koordinierung der Anstrengungen europäischer, nationaler und regionaler Akteure geschaffen werden; außerdem trägt sie zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts bei. Durch die Initiative wird eine bessere Rechtsetzung gefördert, indem langfristige politische Vorstellungen vorgegeben werden und für mehr Sicherheit für Unternehmer gesorgt wird.

Um dafür zu sorgen, dass die Strategie erfolgreich umgesetzt wird, wird sie 2014 überprüft.

So soll Bilanz gezogen werden, um zu beurteilen, wie sich der Markt und die Technologien verändert haben, und um weitere Maßnahmen empfehlen zu können.