Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Integrationsgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 946. Sitzung am 17. Juni 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 132 Absatz 1 Satz 1 SGB III)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 132 Absatz 1 Satz 1 wie folgt zu fassen:

"Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, gehören nach Maßgabe der folgenden Sätze zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 für Leistungen nach den §§ 51, 56, 75, 122 und 130, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens drei Monaten gestattet ist."

Begründung:

Eine Harmonisierung der Wartezeiten der Ausbildungsförderung für Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, und eine Anpassung an die Wartezeit für den allgemeinen Zugang in den Ausbildungsmarkt nach drei Monaten ist aus sachlichen Gründen erforderlich. Dies unterstützt das Engagement der Unternehmen, zusätzliche Praktikums- und Ausbildungsplätze sowie Plätze für Einstiegsqualifizierung anzubieten.

Die Finanzierung des aus der befristeten Sonderregelung des § 132 SGB III entstehenden Erfüllungsaufwands könnte aus Mitteln des Bundeshaushalts erfolgen, da es sich bei der Integration von Flüchtlingen in Ausbildung mit dem Ziel der Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 132 Absatz 2 Nummer 1, Nummer 2 SGB III)

Artikel 1 Nummer 3 § 132 Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Wartezeit von 6 Jahren für Geduldete für den Zugang zu berufsvorbereitenden Maßnahmen nach § 51 SGB III (eventuell in Verbindung mit dem Nachholen eines Hauptschulabschlusses) steht einer zügigen und nachhaltigen Integration in Ausbildung und Arbeit entgegen. Nach sechs Jahren geduldetem Aufenthalt ohne Zugang zu ausbildungsvorbereitenden Fördermaßnahmen können sich Problemlagen verfestigt haben und eine Integration in Ausbildung und Arbeit dauerhaft verhindern. Eine Absenkung auf zwölf Monate harmonisiert die Wartezeiten für den Zugang zu Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen ( § 51 SGB III), Ausbildungsbegleitenden Hilfen ( § 75 SGB III) und Assistierter Ausbildung ( § 130 SGB III), so dass ein systematischer Förderansatz ermöglicht wird.

3. Zu Artikel 3

'Artikel 3a
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

Dem § 57 des Sozialgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 8 angefügt:

(8) Gilt für einen Kläger in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Zeit der Klageerhebung eine Wohnsitzzuweisung nach § 12a Absatz 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz danach zu nehmen hat. Ist der Kläger nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann ein Wohnsitz im Sinne des Absatzes 1 an diesem Ort nicht begründet werden. Hält der Kläger sich an diesem Ort auf und hatte er zuvor an einem anderen Ort einen Wohnsitz begründet, gilt dieser Ort als Wohnsitz im Sinne des Absatzes 1. Im Übrigen gilt Absatz 1." '

Begründung:

Die Regelung orientiert sich an Artikel 6 des Referentenentwurfs des Integrationsgesetzes vom 29. April 2016. Mit der Regelung wird für Klagen in Angelegenheiten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) eine örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts in dem Bezirk begründet, in dem der in der Auflage für eine Ausländerin oder einen Ausländer als Wohnsitz festgelegte Ort liegt. Auf den - gegebenenfalls gegen die Wohnsitzauflage verstoßenden gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt kommt es bei der Bestimmung der Zuständigkeit nicht an. Ist eine Wohnsitzauflage nach § 12a Absatz 1 AufenthG erteilt worden, gelten - soweit der Wohnsitz im zugewiesenen Land genommen worden ist - die allgemeinen Regelungen des Absatzes 1. Ist der Kläger nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen (negative Wohnsitzauflage), kann ein Wohnsitz im Sinne des § 57 Absatz 1 SGG an diesem Ort nicht begründet werden. Hält der Kläger sich dennoch an diesem Ort auf und hatte er zuvor an einem anderen Ort einen Wohnsitz begründet, gilt dieser Ort als Wohnsitz im Sinne des § 57 Absatz 1 SGG. Hatte er zuvor keinen anderen Wohnsitz, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts aus § 57 Absatz 1 Satz 1 SGG (Aufenthaltsort).

Mit der Anknüpfung an den in der Wohnsitzauflage genannten Ort wird eine klare und eindeutige Zuständigkeitsregelung getroffen. Damit wird eine in der Rechtsprechung bislang nicht einheitlich beantwortete Frage (vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. April 2013 - L 2 AS 454/ 13(B) ER, juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 6. Juni 2013 - L 2 AS 691/ 13(B) ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 6. Juni 2013 - L 13 AS 122/13 ER, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13. Mai 2015 - L 12 AS 573/ 15(B) ER u.a., juris) einer eindeutigen Lösung zugeführt. Die Regelung bewirkt zudem in Verbindung mit dem neuen § 36 Absatz 2 SGB II-E (vgl. Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b) eine wünschenswerte Kongruenz der Zuständigkeit von Leistungsträgern und Sozialgerichten am Ort der (positiven) Wohnsitzauflage. Darüber hinaus führt sie zu einer gerechten Lastenverteilung, da diejenigen Sozialgerichte entlastet werden, die ohnehin bereits eine große Anzahl an Verfahren zu führen haben.

4. Zu Artikel 4 Nummer 2 (§ 2 Absatz 1 Satz 2 - neu - AsylbLG)

Artikel 4 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

'§ 2 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Nach 15 Monaten Aufenthalt finden für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gemäß § 2 Absatz 1 AsylbLG die Regelungen des SGB XII Anwendung. Das bedeutet, dass bei Aufnahme eines dem Grunde nach dem BAföG förderfähigen Studiums Leistungen nach dem AsylbLG bzw. SGB XII gemäß § 22 Absatz 1 SGB XII ausgeschlossen sind. Aufgrund dieser Sperrwirkung kann es zu Finanzierungslücken kommen, wenn Studierende mit Fluchthintergrund auch nach Ablauf von 15 Monaten noch keinen Asylbescheid wegen andauernder Asylverfahren erhalten haben. Besonders betroffen sind Personen, die mit ihrem späteren Aufenthaltstitel (Asylbescheid) einen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG erhalten werden und faktisch gezwungen sind, das Studium wegen des andauernden Asylverfahrens und mangels anderweitiger Finanzierungsmöglichkeiten zu unterbrechen.

5. Zu Artikel 4 Nummer 2a - neu - (§ 3 Absatz 4 Satz 3 AsylbLG)

In Artikel 4 ist nach Nummer 2 folgende Nummer einzufügen:

Begründung:

Im Hinblick auf den Vollzug des § 1a AsylbLG ist es zwingend notwendig, dass den Leistungsbehörden die Geldbeträge der Abteilungen der verschiedenen Regelbedarfsstufen aufgeschlüsselt nach Einzelbeträgen zur Verfügung gestellt werden. Sind Sachleistungen im Einzelfall nicht möglich, muss die Leistungsbehörde wissen, welche Geldbeträge beispielsweise für Körper- und Gesundheitspflege gewährt werden müssen.

6. Zu Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a (§ 5 Absatz 2 AsylbLG)

Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a ist zu streichen.

Begründung:

Die Absenkung der Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro auf 80 Cent verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Darüber hinaus entsteht durch die Nachweispflicht ein erhöhter Verwaltungsaufwand, der für die Behörden unverhältnismäßig wäre. Auch für den zum Nachweis Verpflichteten wäre ein solches Führen des Nachweises regelmäßig aus Kostengesichtspunkten unverhältnismäßig.

Ferner ist die Begründung der pauschalen Absenkung um 25 Cent nicht ausreichend. Sie räumt ein, dass die bereitgestellten Arbeitsgelegenheiten lediglich "mehrheitlich" in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 des Asylgesetzes oder in vergleichbaren Einrichtungen stattfänden und nimmt Bezug auf eine nicht repräsentative Länderumfrage des Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

7. Zu Artikel 4 Nummer 7 (§ 11 Absatz 4 AsylbLG)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren um Prüfung der Auswirkungen der Regelung auf die Belastungssituation der Sozialgerichtsbarkeit.

Begründung:

Nach § 11 Absatz 4 AsylbLG-E sollen Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem

keine aufschiebende Wirkung haben. Diese Regelung dürfte zu einer deutlich erhöhten Arbeitsbelastung der Sozialgerichtsbarkeit führen, die vermehrt mit Verfahren nach § 86b SGG (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) beschäftigt werden wird, obgleich seit Jahrzehnten eine Entlastung der bekanntermaßen sehr hoch belasteten Gerichtsbarkeit (vgl. z.B. BT-Drucksache 0II/2773, BT-Drucksache V/3979, BT-Drucksache 016/7716, BT-Drucksache 17/12297; vgl. BT-Ausschuss-Drucksache 18(11) 541, S. 163 ff.) angestrebt wird.

8. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 2 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 § 12a Absatz 2 Satz 1 sind die Wörter "der Entscheidung über seine" zu streichen.

Begründung:

Die Änderung dient der Vereinheitlichung der in § 12a AufenthG-E verwendeten Begrifflichkeiten.

9. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 2 Satz 1 AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 § 12a Absatz 2 Satz 1 sind die Wörter "anderen Ort" durch die Wörter "bestimmten Ort" zu ersetzen.

Begründung:

Durch § 12a Absatz 2 AufenthG-E soll den Landesbehörden ausweislich der Gesetzesbegründung ermöglicht werden, vorübergehenden Wohnverhältnissen in Aufnahmeeinrichtungen oder anderen vorübergehenden Unterkünften innerhalb kurzer Frist abzuhelfen und zur schnellen Integrationsförderung eine reguläre Wohnunterbringung in der Aufnahmegesellschaft vordringlich sicherzustellen. Dieses Ziel kann auch dadurch erreicht werden, dass geeignete Unterkünfte für die Unterbringung von Asylbewerbern durch entsprechende Umgestaltung in regulären Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge umgewidmet werden. Auch in diesen Fällen muss es möglich sein und ist es sogar integrationsfördernd, wenn anerkannte Flüchtlinge in diesen, in geeigneter Weise umgewidmeten Unterkünften wohnen bleiben und entsprechend an diesen "bestimmten Ort" zugewiesen werden können. Die Formulierung des Gesetzentwurfs bringt dies nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Im Sinne einer Klarstellung sollte daher formuliert werden, dass die Zuweisung an einen bestimmten Wohnort erfolgt.

10. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 3 Nummer 2 AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 § 12a Absatz 3 Nummer 2 ist am Ende das Wort "und" durch das Wort "oder" zu ersetzen.

Begründung:

Der gewählte Indikatorenkatalog erscheint nicht geeignet, da sich die Indikatoren gegenseitig neutralisieren können. Sie sollten sich vielmehr sinnvoll ergänzen. Dies ist aber bei den nun im Gesetz angedachten Kriterien nicht unbedingt der Fall; so zum Beispiel beim Indikator "Versorgung mit angemessenem Wohnraum" und "Lage am örtlichen Arbeits- und Ausbildungsmarkt". Gebiete mit guter Arbeitsmarktlage und vielen offenen Arbeitsplätzen haben in der Regel weniger Wohnungsleerstände, sondern einen aufgrund der wirtschaftlichen Attraktivität angespannten Wohnungsmarkt. Gebiete mit vielen Wohnungsleerständen sind in der Regel wirtschaftsschwach mit weniger offenen Stellen. Eine Zuweisung in eine Kommune mit Wohnungsleerstand bietet also wahrscheinlich schlechtere Möglichkeiten der Integration in den Arbeitsmarkt. Wo die Möglichkeit der Arbeitsmarktintegration günstig ist, stehen wahrscheinlich wenige (günstige) Wohnungen zur Verfügung.

11. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 3 Satz 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 ist dem § 12a Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Soll mit der Wohnsitzzuweisung bestimmt werden, dass der Ausländer weiterhin seinen Wohnsitz an dem Ort zu nehmen hat, dem er nach § 50 Absatz 4 des Asylgesetzes zugewiesen wurde, so wird widerlegbar vermutet, dass die Voraussetzungen nach Satz 1 vorliegen, wenn die Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde auf einem abstraktgenerellen Verteilungsschlüssel mit integrationspolitischer Zielsetzung beruht."

Begründung:

§ 12a Absatz 3 AufenthG-E verlagert die Prüfungs- und Begründungsebene, ob und warum eine Wohnsitzauflage den darin dargelegten integrationspolitischen Zwecken dient, auf die Ausländerbehörden, die in jeder Einzelfallentscheidung darzulegen haben, aus welchen Gründen eine solche Maßnahme erforderlich und in diesem Sinne geeignet ist.

Der damit verbundene Verwaltungsaufwand dürfte enorm sein und deshalb nach hiesiger Einschätzung den Nutzen zumindest erheblich schmälern.

Da Asylsuchende, soweit sie nicht bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in der Erstaufnahmeeinrichtung verbleiben, ohnehin einem asylrechtlichen Verteilungs- und Zuweisungsverfahren unterliegen, sollte diese Entscheidung nicht nur als Grundlage, sondern auch als Begründung dienen können, wenn die abstraktgenerellen Verteilungsregelungen eines Landes auf integrationspolitischen Zielsetzungen beruhen.

Der Ausländerin oder dem Ausländer bliebe es unbenommen, diese Vermutung zu widerlegen; die diesbezüglichen Anforderungen könnten durch Landesrecht bestimmt werden.

12. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 5 Satz 1a - neu - AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 § 12a Absatz 5 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Sofern im Fall einer Aufhebung nach Satz 1 Nummer 1 der Antrag zu einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel führt, ist vorab die Zustimmung der für den neuen Wohnort zuständigen Ausländerbehörde einzuholen."

Begründung:

Um auch bei einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel unkontrollierten Zuzug in Ballungsgebiete, wie zum Beispiel Stadtstaaten, besser steuern zu können, ist eine Prüfungsmöglichkeit der "aufnehmenden" Ausländerbehörde angezeigt, inwieweit Wohnraum- und Beschäftigungsangebot nachhaltig und im Sinne des gesetzgeberischen Ziels sind, Segregation zu verhindern und Integration zu ermöglichen. Das Zustimmungserfordernis kann mögliche Gefälligkeitszusagen für Beschäftigung und Wohnraum aufdecken und verhindern, dass das gesetzgeberische Ziel leerläuft.

13. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 12a Absatz 7 AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 3 § 12a Absatz 7 ist die Angabe "1. Januar 2016" durch die Angabe "... [einsetzen: Datum des Beschlusses des Deutschen Bundestages, mit dem dieses Gesetz verabschiedet wird]" zu ersetzen.

Begründung:

§ 12a Absatz 1 AufenthG-E begründet kraft Gesetzes eine Verpflichtung zur Wohnsitznahme im Land der Erstzuweisung im Asylverfahren bzw. im Aufnahmeverfahren und erfasst Ausländer, die als Asylberechtigte, Flüchtlinge im Sinne von § 3 Absatz 1 AsylG oder subsidiär Schutzberechtigte im Sinne von § 4 Absatz 1 AsylG anerkannt worden sind oder denen nach den §§ 22, 23 oder 25 Absatz 3 AufenthG erstmalig Aufenthaltstitel erteilt worden sind. Diese Ausländer werden verpflichtet, für einen Zeitraum von drei Jahren ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Zuweisungsland ihren Wohnsitz zu nehmen.

Bereits die Umsetzung dieser gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung wird die Länder in den Fällen zukünftiger Anerkennungen/Aufenthaltserlaubnisse vor große Herausforderungen stellen. In jedem Fall problematisch stellt sich die Situation jedoch in Bezug auf den von § 12a Absatz 7 AufenthG-E betroffenen Personenkreis dar. Nach dieser Norm gelten die Vorgaben der Absätze 1 bis 6 auch bereits für Ausländerinnen und Ausländer, deren Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder bei denen die Erteilung einer der in Absatz 1 genannten Aufenthaltserlaubnis nach dem 1. Januar 2016 erfolgt ist.

Auch wenn die Bundesregierung davon ausgeht, dass die Rückwirkung aufgrund der konkreten Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel als "kann"-Regelungen) und durch die Ausnahme- und Abweichungsmöglichkeiten auch bei Wohnsitzverpflichteten den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt, bleibt zweifelhaft, ob diese Regelung verfassungsrechtlich zulässig ist. Die mit dieser Änderung vorgeschlagene Regelung orientiert sich deshalb an § 12a Absatz 6 des Referentenentwurfs zum Aufenthaltsgesetz vom 29. April 2016, um den Rückwirkungszeitraum zu verkürzen.

Es ist in diesem Zusammenhang weiterhin zu berücksichtigen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der von der Rückwirkung betroffenen Ausländer bereits angefangen hat, sich an ihrem selbstgewählten Wohnort im Vertrauen auf ihr Freizügigkeitsrecht ein neues Leben aufzubauen. Zudem hat die Härtefallregelung des § 12a Absatz 5 AufenthG-E nur einen eng umgrenzten Anwendungsbereich. Nicht zuletzt auch deshalb steht zu befürchten, dass viele Ausländer, die von der Regelung betroffen wären, ihrer Wohnsitzverpflichtung nicht freiwillig nachkommen und die Durchsetzung der Wohnsitzverpflichtung daher einen hohen Aufwand für die Verwaltung zur Folge hätte.

14. Zu Artikel 5 Nummer 5 (§ 26 Absatz 3 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 5 § 26 Absatz 3 Satz 2 sind die Wörter "Einem Ausländer," durch die Wörter "Abweichend von Satz 1 ist einem Ausländer" und die Wörter "besitzt, ist" durch das Wort "besitzt," zu ersetzen.

Begründung:

Die Neuformulierung dient der Klarstellung und gestaltet die Norm anwendungsfreundlicher aus, indem auf den Unterschied der Fallgestaltung von § 26 Absatz 3 Satz 2 zu § 26 Absatz 3 Satz 1 AufenthG-E ausdrücklich hingewiesen wird.

15. Zu Artikel 5 Nummer 5 (§ 26 Absatz 3 AufenthG)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie der besonderen Situation von geflohenen Frauen bei der Vergabe einer Niederlassungserlaubnis im Einzelfall Rechnung getragen werden kann.

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Änderung des § 26 Absatz 3 AufenthG benachteiligt geflohene Frauen. In der Vorschrift ist vorgesehen, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis künftig von bestimmten Voraussetzungen abhängig ist. So ist in Artikel 5 Nummer 5 des Gesetzentwurfs eine Änderung vorgesehen, nach der eine Niederlassungserlaubnis einem Ausländer oder einer Ausländerin zu erteilen ist, der oder die fünf Jahre lang eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 (anerkannte Asylberechtigte), Absatz 2 Satz 1 (Flüchtlingseigenschaft anerkannt oder subsidiärer Schutz) oder § 23 Absatz 4 (Resettlement-Flüchtlinge) AufenthG hat, wenn darüber hinaus der Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist.

Der Lebensunterhalt ist gemäß § 2 Absatz 3 AufenthG gesichert, wenn der Ausländer oder die Ausländerin den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Zwar gilt der Bezug bestimmter Mittel nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, zum Beispiel Kindergeld, Kinderzuschlag, Erziehungsgeld, Elterngeld, BAföG oder Unterhaltsvorschuss. Aufgrund der in den Herkunftsländern häufig vorherrschenden patriarchalen Kulturen und damit einhergehenden Rollenbildern und Traditionen kann es aber für Frauen schwieriger sein als für Männer, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Denn viele der hierher geflohenen Frauen waren in ihren Herkunftsländern gar nicht berufstätig. Das heißt, dass sich diese Frauen nicht nur am Arbeitsmarkt orientieren müssen, sondern vorher noch einen Beruf erlernen müssen.

Ebenfalls ist bekannt, dass die Erwerbstätigenquote hier lebender Frauen mit Migrationshintergrund bzw. ausländischer Frauen deutlich niedriger ist als die Erwerbstätigenquote herkunftsdeutscher Frauen. Besonders schwierig ist es zudem im Falle einer Trennung vom Partner und wenn Kinder in der Familie sind, für die die Frau nach der Trennung allein verantwortlich ist. Zwar verlangt die neue Vorschrift nur, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist. Damit soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der besonderen Lage der Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlinge und Resettlement-Flüchtlinge Rechnung getragen werden. Offen bleibt aber, wann diese Voraussetzung erfüllt ist bzw. unter welchen Voraussetzungen der Lebensunterhalt "überwiegend" gesichert ist. Aus der Begründung geht lediglich hervor, dass eine reduzierte Lebensunterhaltssicherung verlangt wird, ohne dies zu konkretisieren.

16. Zu Artikel 5 Nummer 7a - neu - (§ 45a Absatz 3 Satz 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 5 ist nach Nummer 7 folgende Nummer einzufügen:

Begründung:

Die Ergänzung betrifft ausschließlich den Fall, dass die berufsbezogene Sprachförderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Vorbereitung auf ein Hochschulstudium betrifft; sonstige studienvorbereitende Maßnahmen (Deutschkurse/Propädeutika) an Hochschulen fallen nicht hierunter.

17. Zu Artikel 5 Nummer 8 (§ 60a Absatz 2 Satz 9a - neu - AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 8 § 60a Absatz 2 ist nach Satz 9 folgender Satz einzufügen:

"Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses soll die Ausländerbehörde eine Duldung für weitere sechs Monate zum Zweck der Suche nach einem anderen Ausbildungsplatz erteilen, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich ernsthaft um einen anderen Ausbildungsplatz bemüht; die zur Ausbildungsplatzsuche erteilte Duldung darf für diesen Zweck nicht verlängert oder erneut erteilt werden."

Begründung:

Die Änderung zielt darauf ab, im Fall des Abbruchs einer Ausbildung eine zweite Chance zu geben, insbesondere da der Abbruch unverschuldet erfolgt sein kann. Um Missbrauch auszuschließen, soll dies jedoch auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Ausländer der Ausländerbehörde zumindest glaubhaft macht, dass er Anstrengungen unternimmt, einen neuen Ausbildungsplatz zu finden. Durch den letzten Satz soll klargestellt werden, dass die Duldung weder verlängert noch im Fall eines weiteren Abbruchs wiederholt werden kann.

18. Zu Artikel 5 Nummer 8 (§ 60a Absatz 2 Satz 10a - neu - AufenthG)

In Artikel 5 Nummer 8 § 60a Absatz 2 ist nach Satz 10 folgender Satz einzufügen:

"Die Sätze 4 bis 9 gelten für den Fall eines Studiums, Satz 10 für den Fall des erfolgreichen Studienabschlusses entsprechend."

Begründung:

Da das Studium wie die Ausbildung in einem Ausbildungsberuf zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt und damit auch eine Berufsausbildung ist, wird die Vorschrift vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung der betrieblichen Ausbildungszeit mit der Studienzeit konkretisiert und das Studium ebenfalls als dringender persönlicher Grund im Sinne des § 60 Absatz 2 Satz 3 AufenthG angesehen. Die Interessenslage ist aus Sicht der betroffenen Auszubildenden in beiden Fällen vergleichbar. Auch sind die Kosten eines Studiums bzw. eines Studienabbruchs durchaus mit denen einer Ausbildung bzw. eines Ausbildungsabbruchs vergleichbar.

Es soll daher sichergestellt sein, dass Geduldete im Sinne des Gesetzentwurfs das begonnene Studium auch aus aufenthaltsrechtlicher Sicht beenden können.

Ferner soll - entsprechend dem Abschluss einer betrieblichen Ausbildung - für geduldete Hochschulabsolventen die Möglichkeit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis bestehen, um eine der erworbenen Qualifikation entsprechende Beschäftigung zu suchen.

19. Zu Artikel 5 Nummer 8 (§ 60a Absatz 2 Satz 4 bis 11 AufenthG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob anstelle der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des gesetzlichen Duldungsgrundes "Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung" für geduldete Ausländer, die in den Anwendungsbereich der neuen Regelung fallen sollen, eine Aufenthaltserlaubnis oder zumindest eine Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" entsprechend § 104a Absatz 1 Satz 3 AufenthG vorgesehen werden kann.

Begründung:

Die durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) vorgenommene Ausweitung der gesetzlich geregelten Duldungsgründe in § 60a Absatz 2 AufenthG um einen entsprechenden Tatbestand zugunsten von geduldeten Ausländern, die eine qualifizierte Berufsausbildung in Deutschland aufnehmen oder aufgenommen haben, ist sowohl im Hinblick auf die zu erwartende Aufenthaltsdauer von in der Regel zwei bis drei Jahren (vgl. § 60a Absatz 2 Satz 5 AufenthG-E: Bindung der Duldungsdauer an die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung) als auch mit Blick auf die offenkundig dauerhafte Aufenthaltsperspektive (Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18a AufenthG-E für zwei Jahre bei erfolgreicher Ausbildung und Anschlussbeschäftigung) mit der Systematik des geltenden Aufenthaltsrechts nicht zu vereinbaren.

Es erscheint zudem fragwürdig, ob die bloße Ausweitung eines gesetzlichen Duldungstatbestandes zugunsten von Ausländern, die die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung beabsichtigen, die von der Praxis erhoffte Signalwirkung für ausbildungsbereite Arbeitgeber bewirken kann. Dem von der Bundesregierung verfolgten Regelungsziel, sowohl den geduldeten Ausländern als auch den ausbildungsbereiten Betrieben Rechtssicherheit für die Dauer der Ausbildung zu verschaffen und das aufenthaltsrechtliche Verfahren zu vereinfachen, wird mit der Einführung eines neuen Aufenthaltstitels "Aufenthaltsgewährung für die Dauer einer Berufsausbildung" in Anlehnung an § 25b AufenthG zielführender und systemgerecht entsprochen. Dem Bedürfnis, einer vorzeitigen Verfestigung des Aufenthalts im Bundesgebiet bei nicht hinreichend gesicherter Integrationsperspektive entgegenzuwirken, kann gegebenenfalls mit einer Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" entsprechend dem Vorbild der Altfallregelung (vgl. § 104a Absatz 1 Satz 3 AufenthG) Rechnung getragen werden.

20. Zu Artikel 6 Nummer 2 (§ 5 Absatz 3 Satz 3 - neu - AsylG)

In Artikel 6 ist Nummer 2 wie folgt zu fassen:

'2. § 5 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Es ist schon jetzt zu beobachten, dass spürbare Veränderungen der Zugangszahlen in das Asylsystem relativ schnell auch öffentliche und politische Diskussionen über den Rückbau von Aufnahmekapazitäten nach sich ziehen. Gerade für kleinere Länder ist daher nicht auszuschließen, dass wieder Aufnahmeeinrichtungen entstehen, die weniger als 1 000 dauerhafte Unterbringungsplätze aufweisen. Dies könnte in der Konsequenz dazu führen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in betroffenen Ländern keine Außenstelle mehr unterhält. Um dies und die daraus erwachsenen möglichen Konsequenzen (Nutzung von Außenstellen anderer Länder unter Hinnahme logistischer Probleme oder alternativ unnötiger Vorhalt zu groß dimensionierter Aufnahmeeinrichtungen) zu vermeiden, wird vorgeschlagen, § 5 Absatz 3 AsylG zusätzlich um oben genannten Satz 3 zu ergänzen.

21. Zu Artikel 6 Nummer 3 (§ 8 Absatz 1b Satz 3 - neu - AsylG)

In Artikel 6 Nummer 3 ist dem § 8 Absatz 1b folgender Satz anzufügen:

"Für die Datenübermittlung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an die obersten Landesbehörden oder der von ihr bestimmten Stelle gelten Satz 1 und 2 entsprechend."

Begründung:

Mit Einfügung des § 8 Absatz 1b Satz 1 und 2 AsylG-E wird eine einseitige Übermittlung der Daten von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingeführt, personenbezogene Informationen über körperliche, seelische,

geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen eines Ausländers zu übermitteln, deren Kenntnis für das BAMF zur ordnungsgemäßen Durchführung der Anhörung erforderlich ist (Umsetzung der EU-Verfahrensrichtlinie). Eine Datenübermittlung in die andere Richtung ist dagegen nicht vorgesehen, obgleich dies für die obersten Landesbehörden oder der von ihr bestimmten Stelle zur Verteilung der Flüchtlinge oder zur Wohnsitzzuweisung ebenso von Bedeutung ist. Mit der an § 8 Absatz 1b AsylG-E Anfügung des Satzes 3 wird die Möglichkeit einer wechselseitigen Datenübermittlung gewährleistet.

22. Zu Artikel 6 Nummer 4 Buchstabe a (§ 14 Absatz 1 Satz 3 - neu - AsylG)

In Artikel 6 Nummer 4 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

Begründung:

Es sollte klargestellt werden, dass eine gegebenenfalls länderübergreifende Weiterleitung zur Asylantragstellung an eine andere als die nach § 14 Absatz 1 Satz 1 AsylG originär zuständige Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge keinen Einfluss hat auf die Zuständigkeit der nach § 46 Absatz 2 AsylG bestimmten Aufnahmeeinrichtung.

23. Zu Artikel 6 Nummer 5 (§ 24 Absatz 1a AsylG) Nummer 7 (§ 29 Absatz 4 AsylG)

Artikel 6 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Mit den Vorschriften soll es dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Falle einer Überlastung infolge eines starken Zustroms von Asylbewerbern ermöglicht werden, die asylrechtliche Anhörung auf andere Behörden zu übertagen, die mit Aufgaben nach dem Asyl- oder dem Aufenthaltsgesetz betraut sind.

Diese einseitige Ermächtigung zur Aufgabendelegation wird abgelehnt, nicht nur weil ohnehin hochbelastete Landes- bzw. kommunale Behörden hiervon mit erfasst wären. Die Anhörung ist das Herzstück des Asylverfahrens und damit der Aufgaben des Bundesamtes und kann nicht auf sonstige Behörden delegiert werden, die die entsprechende Fachkompetenz nicht dauerhaft und durch tägliche Anwendung vorhalten können.

Wie in der Begründung des Gesetzes angesprochen, besteht bereits die Möglichkeit, im Wege der Amtshilfe oder durch Abordnungen Personalengpässe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch Unterstützung der Länder aufzufangen.

Die Notwendigkeit, diese Unterstützungsmöglichkeiten zu erweitern, besteht nicht.

Bei besonders hohen Zugangszahlen sind auch die Landesbehörden, welche Aufgaben nach dem AsylG oder dem AufenthG wahrnehmen (Aufnahme- und Ausländerbehörden), ausgelastet, so dass die vorgesehene Regelung ohnehin nicht greift. Durch die Regelung werden die Länder der Erwartungshaltung ausgesetzt, organisatorische Mängel des BAMF durch Unterstützung mit landeseigenen Ressourcen zu kompensieren. Das BAMF darf nicht auf Kosten der Länder aus der Verantwortung genommen werden, sich organisatorisch und personell auch auf Zugangsspitzen ausreichend vorzubereiten.

24. Zu Artikel 6 Nummer 7 (§ 29 Absatz 1 AsylG)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren um Prüfung, inwieweit der neu eingeführte Katalog der "unzulässigen Asylanträge" mit europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist.

Begründung:

Bei einem unzulässigen Asylantrag wird nicht in die Sachprüfung eingestiegen. Das Recht auf Asyl bleibt von vornherein versagt. Angesichts des hohen Schutzes des Grundrechts auf Asyl müssen an die Voraussetzungen für ein Zurückweisen eines Antrags als unzulässig sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Allerdings lässt es zum Beispiel § 29 Absatz 1 Nummer 3 AsylG bereits ausreichen, dass "ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a AsylG betrachtet wird". Dies ist im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt aus Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz problematisch, da im Ergebnis dieselben Rechtsfolgen eintreten wie bei einer Einstufung eines Staates als sicherer Drittstaat. Auch im Hinblick auf die weiteren Nummern des in § 29 Absatz 1 AsylG normierten Katalogs bestehen europa- und verfassungsrechtliche Bedenken.

25. Zu Artikel 6 Nummer 12 Buchstabe b (§ 34a Absatz 1 Satz 4 AsylG)

In Artikel 6 Nummer 12 ist Buchstabe b zu streichen.

Begründung:

Bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a AsylG liegt die Verfahrensherrschaft bis zur Abschiebung ausschließlich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Zuständigkeit des BAMF umfasst hier auch die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse, wie zum Beispiel einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit. Dies gilt auch dann, wenn das Vollstreckungshindernis erst nach Erlass der Abschiebungsanordnung entsteht. Durch mehrere Gerichtsentscheidungen geklärt ist außerdem, dass eine Abschiebungsandrohung nicht etwa als "milderes Mittel" gegenüber der Abschiebungsanordnung in Betracht kommt. Eine Abschiebungsanordnung darf nur dann erfolgen, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Mit der beabsichtigten Rechtsänderung wird erkennbar das Ziel verfolgt, bei Unklarheiten bezüglich der Vollstreckbarkeit die weitere (inlandsbezogene) Prüfung den Ausländerbehörden zu übertragen. Dies ist mit Blick auf die damit dort entstehenden Mehrbelastungen abzulehnen.

26. Zur Harmonisierung von Voraufenthaltszeiten

Begründung:

Eine Angleichung der Regelungen für Geduldete an die für Asylsuchende ist mit Blick auf die Gleichbehandlung von Jugendlichen, die eine Ausbildung anstreben, sowie ihre vergleichbaren Bedarfe zielführend. Im Gesetzentwurf variieren die Voraufenthaltszeiten für einzelne Förderinstrumente je nach Status von drei Monaten bis zu sechs Jahren.

27. Zu den Integrationskursen

28. Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt

29. Zu Mehrkosten und Verwaltungsaufwand

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält eine Reihe von Neuregelungen, die bei den Behörden der Länder und Kommunen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand erzeugen werden.

Der Bundesrat stellt fest, dass die Mehrkosten, die damit einhergehen, im Gesetzentwurf nur unzureichend spezifiziert und ausgewiesen sind. Er bittet die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine nachvollziehbare Einschätzung des entsprechenden Erfüllungsaufwandes für Länder und Kommunen vorzulegen.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zudem dazu auf, eine Übernahme der entsprechenden, in den Haushalten von Ländern und Kommunen in Umsetzung des Gesetzes zusätzlich entstehenden Kosten durch den Bund sicherzustellen.

30. Zum Zugang zu Sprachförderung und Bildung allgemein

31. Zum Studium als Integrationsmaßnahme

Begründung:

Ein Studium führt zu einem berufsqualifizierenden Abschluss und ist daher als gleichwertige Maßnahme zur Integration von Flüchtlingen in Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt anzusehen. Der Gesetzentwurf vollzieht diese Wertung an verschiedenen Stellen (Integrationsmaßnahmen nach § 5a AsylbLG und der Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG). Dies wird begrüßt.

Gleichwohl bleiben bestimmte Regelungen im Bereich der Grundsicherung oder den Integrationsmaßnahmen, bei denen eine gesetzliche oder anderweitige Klarstellung und Regelung erforderlich ist, um in den Ländern und Kommunen eine einheitliche Praxis sicherzustellen.

Zu Buchstabe c:

Wegen § 2 AsylbLG in Verbindung mit § 22 SGB XII besteht für studierende Asylbewerberinnen und -bewerber (Analogleistungsberechtigte), die sich über eine Dauer von 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung und nicht rechtsmissbräuchlich im Bundesgebiet aufgehalten haben, kein Anspruch auf Grundsicherung während eines Fachstudiums. Gleiches gilt für studienvorbereitende Maßnahmen, die förderfähig im Sinne des § 22 SGB XII zum Beispiel in Verbindung mit dem BAföG sind. Die Folge ist, dass entsprechende hochschulische Integrationsmaßnahmen abgebrochen werden müssen, wenn das Asylverfahren länger als 15 Monate dauert. Für sonstige Maßnahmen der Integration im nichthochschulischen Bereich sind dagegen Grundleistungen sichergestellt. Es wird daher um eine Regelung gebeten, die die Grundleistungen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an hochschulischen Maßnahmen der Integration, wie Studium oder studienvorbereitende Maßnahme sicherstellt.

Zu Buchstabe d:

Die Leistungen für Krankheit nach den §§ 4 und 6 AsylbLG genügen nach Auffassung der Krankenversicherungen nicht als studentische Pflichtversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 SGB V. Da der fehlende Nachweis der studentischen Krankenversicherung aufgrund der Studentenkrankenversicherung-Meldeverordnung zu einem Immatrikulationshindernis führt, ist sicherzustellen, dass Studierende, die Asylbewerberleistungen beziehen, ohne Gefährdung des Existenzminiums eine studentische Krankenversicherung nachweisen können.

Zu Buchstabe e:

Wenn Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte mit nur einfachen Deutschkenntnissen künftig zu einem Integrationskurs verpflichtet werden, muss sichergestellt sein, dass ein Studium oder eine studienvorbereitende Maßnahme (in der Regel Deutschkenntnisse und Fachvorbereitung/Propädeutika) an der Hochschule (zum Beispiel Integra) diese Verpflichtung ersetzt.

§ 44a AufenthG, der Personen von der Teilnahmeverpflichtung ausnimmt, die sich im Bundesgebiet in einer beruflichen oder sonstigen Ausbildung befinden, muss auch für ein Studium oder für studienvorbereitende Maßnahmen gelten. Dies ist klarzustellen. Auch bei Ausübung des Ermessens hinsichtlich einer Verpflichtung zur Teilnahme am Integrationskurs ist zu beachten, dass eine Verpflichtung nicht zumutbar ist, wenn die oder der Betroffene eine studienvorbereitende Maßnahme oder ein Studium aufnimmt. Studienvorbereitenutschkurse finden für Flüchtlinge an Hochschulen bereits ab Niveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen statt.

Zu Buchstabe f:

Um die Teilnahme an hochschulischen Kursen für Gestattete sicherzustellen, bedarf es eines Fahrtkostenzuschusses. Es wird gebeten, dies wie bei der Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sicherzustellen.

Zu Buchstabe g:

Nach dem AufenthG besteht für Hochschulabsolventen mit bestimmten Aufenthaltstiteln die Möglichkeit, sich im Anschluss an das Studium einen der Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu suchen. Es wird gebeten, zu überprüfen, ob dies auch für Personen mit (bisher) humanitärem Aufenthaltstitel, denen eine Niederlassungserlaubnis noch nicht erteilt werden kann, sichergestellt ist.

32. Zu BAföG als Fördermöglichkeit

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren Regelungsmöglichkeiten im Bereich der Hochschulausbildung zu prüfen, die den im Gesetzentwurf für den Bereich der Berufsausbildung vorgesehenen Änderungen entsprechen, insbesondere, ob Änderungen im BAföG als entsprechende Änderung zu den im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen bezüglich zeitnaher Förderungsmöglichkeiten für Gestattete mit guter Bleibeperspektive und Geduldete nach dem SGB III möglich sind.

Begründung:

Der Gesetzentwurf beschränkt sich bei der Förderung von auszubildenden Geflüchteten auf den Bereich der beruflichen Ausbildung und enthält keine entsprechenden Änderungen für den Bereich der Förderung von auszubildenden Geflüchteten im Bereich der Hochschulausbildung.