Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze

947. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2016

A

Der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d Doppelbuchstabe cc (§ 1 Absatz 3 Nummer 2

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d ist Doppelbuchstabe cc wie folgt zu ändern:

Begründung:

In den letzten Jahren ist durch den Ausbau von Ganztagsschulen und die Inklusion die Zusammenarbeit von Schulen und der Jugendhilfe erheblich ausgeweitet worden. Während der eigentliche Unterricht gemäß Artikel 7 GG Kernaufgabe der öffentlichen Schulen bleibt, die durch öffentliche Bedienstete des Schulträgers zu erfüllen ist, haben sich in der Erziehung und Betreuung insbesondere am Nachmittag und in den Ferienzeiten, und in der Fürsorge und Integration von Schülerinnen und Schülern, die nach § 35a SGB VIII oder nach SGB XII Anspruch auf Integrationsleistungen haben, vielfältige Formen der Kooperation zwischen Trägern der freien Jugendhilfe und Schulen entwickelt. Hierzu gehören auch Angebote von Sportvereinen und Jugendmusikschulen. Diese erfolgen auf Grundlage einer abgestimmten pädagogischen Konzeption und orientieren sich an der Bedarfslage der Schülerinnen und Schüler unabhängig davon, in welcher rechtlichen Lage (Erfüllung der Schulpflicht oder Annahme einer sozialen Leistung) und in wessen Betriebsstätte sie sich im Moment der Leistungserbringung befinden. Mit dieser Entsäulung geht einher, dass Teile des Direktionsrechtes jeweils auf den Arbeitgeber übertragen werden müssen, dem im Moment der Leistungserbringung die Aufsicht über die Minderjährigen obliegt. Die Ergänzung soll auch dazu beitragen, mehr Vollzeitarbeitsplätze durch Jugendhilfeträger anbieten zu können, weil im Tagesverlauf unterschiedlich anfallende Aufgaben auf einem Arbeitsplatz gebündelt werden können. Die Ergänzung beschränkt sich auf anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, hierzu zählen nach der Legaldefinition des § 75 SGB VIII auch die Kirchen. Diese Einschränkung stellt sicher, dass die Öffnung nicht zu einer Gefährdung der arbeitsmarktpolitischen Ziele des Gesetzes führt und prekäre Arbeitsbedingungen in Schule und Jugendhilfe weiterhin ausgeschlossen werden können.

2. Hilfsempfehlung zu Ziffer 1

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d (§ 1 Absatz 3 Nummer 2a bis 2c AÜG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Ausnahmetatbestände in § 1 Absatz 3 Nummer 2a bis 2c AÜG-E derart erweitert werden können, dass die Besonderheiten der Personalgestellung in Schulen berücksichtigt und Kooperationen zwischen öffentlichen Schulen und ausschließlich ideelle Ziele verfolgenden Einrichtungen, die ihre Arbeitnehmer teilweise in einer Schule in öffentlicher Trägerschaft zur Erbringung außerunterrichtlicher Bildungsangebote einsetzen, vom Anwendungsbereich des AÜG ausgenommen werden.

Begründung:

Im Rahmen der Ganztagsschule werden im außerunterrichtlichen Bereich Kooperationen mit außerschulischen Partnern, wie zum Beispiel mit Musik- und Kunstschulen, Sportvereinen und weiteren Einrichtungen, die nicht am wirtschaftlichen Markt teilnehmen und ausschließlich ideelle Zwecke verfolgen, praktiziert. Seit dem 1. Dezember 2011 unterliegen allerdings auch diese Kooperationen den Bestimmungen des AÜG. Da die ideelle Ziele verfolgenden Kooperationspartner der Schulen in der Regel bereits aus Kostengründen keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung einholen, sind entsprechende Kooperationsverträge mit der Rechtsfolge bedroht, dass im Falle der Eingliederung der über die Kooperationspartner eingesetzten Personen in den Betriebsablauf der Schule ein Arbeitsverhältnis zum Land entsteht. Um diese Rechtsfolge, die keiner der Beteiligten anstrebt, auszuschließen, ist im Schulalltag eine Eingliederung in den Betriebsablauf zu vermeiden. Infolgedessen wird die Notwendigkeit, die aus pädagogischen Gründen erforderliche enge inhaltliche und methodische Abstimmung von schulischem Personal und externen Fachkräften vorzunehmen, stark behindert. Ferner darf die Schulleitung, obgleich ihr die Gesamtverantwortung für den Ganztagsschulbetrieb obliegt, den externen Fachkräften keinerlei Weisungen erteilen.

Überdies ist eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG auch lediglich vorübergehend möglich. Dies widerspricht bereits der pädagogisch wünschenswerten Kontinuität der Zusammenarbeit von Ganztagsschulen und Kooperationspartnern. Auch insofern passen die durch das AÜG vorgegebenen Rahmenbedingungen nicht mit der konzeptionellen Ausrichtung der Kooperationen im Ganztagsbereich überein.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht zwar vor, die Personalgestellung im öffentlichen Dienst weitestgehend aus dem Anwendungsbereich des AÜG herauszunehmen. Erfasst von der Ausnahmeregelung ist jedoch nur die Arbeitnehmerüberlassung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sofern diese einen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlichrechtlichen Religionsgemeinschaften anwenden. Damit wird auch die sogenannte "Abordnung" nach der Protokollerklärung zu § 4 Absatz 1 Nummer 1 TVöD/TV-L legitimiert, allerdings beschränkt auf den Bereich des öffentlichen Dienstes einschließlich Kirchen. Dies ist aber für die Kooperationen im schulischen Bereich nicht ausreichend. Aufgrund der Öffnung der Schule in Form des in allen Ländern fortschreitenden Ausbaus der Ganztagsschulen ist für den Bildungsbereich die Zusammenarbeit mit ideellen Zielen verfolgenden Einrichtungen mindestens genauso bedeutsam. Sie ist daher für den eingeschränkten Bereich der schulischen Bildung ebenso aus dem Anwendungsbereich des AÜG auszunehmen. Der Schutzgedanke des AÜG, den "entliehenen" Arbeitnehmer vor seinem bisherigen Arbeitgeber zu schützen, ist bei der Erbringung von Bildungsleistungen durch Einrichtungen mit ausschließlich sozialem, kulturellem, künstlerischem, sportlichem oder sonstigem ideellen Engagement in öffentlichen Schulen nicht berührt.

3. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a (§ 11 Absatz 2 Satz 4 AÜG)

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die Pflicht des Verleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer, ihn vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird, näher konkretisiert werden kann.

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Bundesregierung, mehr Transparenz für Leiharbeitnehmer zu schaffen und damit eine zusätzliche Vorkehrung gegen missbräuchliche Werkverträge und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu treffen.

Eine Pflicht des Verleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer, ihn vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird, ist grundsätzlich geeignet, hierzu beizutragen.

Allerdings bedarf die Informationspflicht des Verleihers in § 11 Absatz 2 Satz 4 AÜG-E näherer Konkretisierung, um ihren Zweck erfüllen zu können.

Weder der Gesetzestext noch seine Begründung enthält Angaben zu der Frage, in welcher Form die Information zu erteilen ist (mündlich/Textform) und ob diese gegebenenfalls - wie auch das Merkblatt nach § 11 Absatz 2 AÜG - für nichtdeutsche Leiharbeitnehmer auf Verlangen in ihrer Muttersprache abzufassen ist. Der Bundesrat erachtet die Erteilung der Information in Textform und auf Verlangen in der Muttersprache der betroffenen Leiharbeitskraft für zweckmäßig. Ein unverhältnismäßiger Aufwand entstünde für den Verleiher nicht - insbesondere ist bereits das Merkblatt in § 11 Absatz 2 AÜG auf Verlangen in der jeweiligen Muttersprache auszuhändigen.

Eine nähere Konkretisierung der Informationspflicht in § 11 Absatz 2 Satz 4 AÜG-E erscheint auch aufgrund der Tatsache, dass ein Verstoß gegen die Vorschrift gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 8 AÜG bußgeldbewehrt ist, sinnvoll.

B