Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein
Entschließung des Bundesrates zur Weiterentwicklung des Vergütungsrechts für Krankenhäuser

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, den 19. April 2013
Der Staatssekretär

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Weiterentwicklung des Vergütungsrechts für Krankenhäuser zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013 aufzunehmen und eine Entscheidung in der Sache herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entschließung des Bundesrates zur Weiterentwicklung des Vergütungsrechts für Krankenhäuser

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung erneut auf, umgehend einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vorzulegen, der folgendes berücksichtigt:

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 01.03.2013 in der Drucksache 074/13 (PDF) festgestellt, dass Patientinnen und Patienten einen Anspruch darauf haben, die für sie notwendigen medizinischen Versorgungsleistungen zu erhalten. Ziel einer jeglichen Reform muss es daher sein, eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Dabei ist es nicht hinreichend, sich auf einzelne Schwachstellen zu konzentrieren. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Krankenhausfinanzierungsreform, die die flächendeckende Versorgung und die Trägervielfalt absichert und Qualität sowie Patientensicherheit in den Mittelpunkt stellt.

Patientinnen und Patienten müssen sich dabei darauf verlassen können, dass Indikationsstellung ebenso wie die vorgeschlagene Therapie allein medizinisch begründet sind. Finanzielle Interessen der Leistungserbringer dürfen dabei keine Rolle spielen. Die Krankenhäuser haben in den letzten Jahren zunehmend mehr Patientinnen und Patienten behandelt. Es ist sicherzustellen, dass diese Mehrleistungen nicht aus anderen als aus medizinisch vertretbaren Gründen erfolgen.

Auf die weiteren Forderungen des Bundesrates in seiner begleitenden Entschließung zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (BR-Drs. 074/13(B) HTML PDF ) wird verwiesen.

Begründung:

Die Sicherstellung einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Krankenhausversorgung ist eines der wichtigsten gesundheitspolitischen Anliegen. Zunehmend wird jedoch die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser durch eine unzureichende Betriebskostenfinanzierung gefährdet. Die Steigerung der Vergütung ist gesetzlich begrenzt, dem gegenüber stehen unabweisbare Kostensteigerungen, die im Kostenorientierungswert unzureichend und/ oder verspätet abgebildet werden. Die Mehrheit der Krankenhäuser hat in den vergangenen Jahren ihre Betriebsabläufe gestrafft und Rationalisierungsreserven auch im Personalbereich gehoben. Der weiter bestehende Kostendruck führt daher nicht mehr zur Effizienzsteigerung und besserer Organisation, sondern zu weiterer Arbeitsverdichtung und Verschlechterungen im Ablauf des Krankenhausbetriebs, insbesondere in der Pflege.

Die negativen Aspekte der derzeitigen Betriebskostenfinanzierung der Kliniken werden anhand des Krankenhausbarometers 2012 deutlich: Hiernach haben im Jahr 2011 30,6% der Krankenhäuser ein negatives Jahresergebnis verzeichnet. Besonders zu beachten ist an dieser Stelle, dass im Vergleich 2011 zu 2010 58,4% der Krankenhäuser angeben, dass das Jahresergebnis gesunken ist. Betroffen sind sowohl kleine ländliche Grundversorger als auch Kliniken der Maximalversorgung.

Die Erhöhung des Landesbasisfallwertes ist in 2013 auf 2% beschränkt. Diese Erhöhung deckt nicht einmal die Inflationsrate ab. Neben den Tariflohnerhöhungen belasten die Verpflichtungen durch die MedHygVO, die stark steigenden Prämien für die Haftpflichtversicherungen und die steigenden Umlagen aus dem Erneuerbare Energien-Gesetz die finanzielle Situation der Krankenhäuser. Diese müssen wieder in die Lage versetzt werden, ohne Mehrleistungen solche unabweisbaren Kostensteigerungen zu finanzieren. Um sicherzustellen, dass die Tariflohnsteigerungen nicht über Personalabbau finanziert werden, muss ein bereits 2013 wirksamer Zuschlag zum Landesbasisfallwert in Höhe von 1 % gewährt werden. Im Gegensatz zur Tarifberichtigungsrate 2012 müssen die psychiatrischen Krankenhäuser in diese Soforthilfe einbezogen und sichergestellt werden, dass eine Soforthilfe 2013 im Folgejahr bei den Verhandlungen über den Veränderungswert auf der Bundesebene nicht absenkend berücksichtigt wird.

Die Prüfung von Alternativen zur Berücksichtigung zusätzlicher Leistungen beim Landesbasisfallwert ist zwar Bestandteil des gemeinsamen Forschungsauftrags der Vertragsparteien gem. PsychEntgG, angesichts der problematischen Situation zahlreicher Krankenhäuser ist aber rasches Handeln angezeigt. Besonders kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum sind von den Kürzungen auf Ebene des Landesbasisfallwerts betroffen, ohne dass sie die Möglichkeit haben, ihre Leistungsmengen zu steigern. Somit wird auch Häusern ein höherer Abzug für eine Fixkostendegression bei Fallzahlsteigerungen angerechnet, die sie tatsächlich nicht hatten, das verschärft die Finanzierungsprobleme dieser Kliniken deutlich.

Die Einführung eines Kostenorientierungswerts und der Abschied von der Anbindung an die Grundlohnrate im Jahr 2013 ist grundsätzlich zu begrüßen. Das Prinzip des Kostenorientierungswertes funktioniert aber nur dann, wenn der Wert korrekt berechnet ist, in vollem Umfang zur Geltung kommt und die Kostenentwicklung in den Krankenhäusern über die Jahre hinweg gleichmäßig erfolgt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat die Berechnungsmethodik zum Kostenorientierungswert einer intensiven Prüfung unterzogen und sieht in relevantem Umfang Klärungsbedarf. Methodische Zweifel ergeben sich bereits aus der vom Statistischen Bundesamt selbst vorgenommenen Plausibilisierung der Berechnungsmethodik anhand von Vergangenheitsdaten. Dabei hat das Modell die tatsächlich beobachteten Kostensteigerungen stark unterschätzt, die Berechnungsmethodik wurde allerdings nicht angepasst. Ferner bestehen Zweifel an der Wahl der Indikatoren und deren Relevanz für den Krankenhausbereich. Wenn außerdem nur ein anteiliger Orientierungswert zur Anwendung kommt, führt dies zusätzlich zu einer systematischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Deshalb ist das System nur stimmig, wenn der volle Orientierungswert erlöswirksam wird.

Zur Vermeidung einer weiteren Unterfinanzierung der Krankenhäuser mit negativen Auswirkungen auf Versorgungsstrukturen, Behandlungsqualität und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind sowohl kurzfristig als auch nachhaltig wirkende Maßnahmen zur Sicherung einer auskömmlichen Finanzierung der von den Krankenhäusern erbrachten Leistungen notwendig.