Antrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Punkt 9 der 885. Sitzung des Bundesrates am 08. Juli 2011

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 5 Nummer 3a - neu - (§ 10 Absatz 3 Satz 2 - neu - SGB II)

In Artikel 5 ist nach Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:

'3a. Dem § 10 Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

"Die Erziehung eines Kindes, das das erste Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet und steht der Verpflichtung der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person, an einer Weiterbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahme oder an einem Sprachkurs teilzunehmen, nicht entgegen, wenn die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist." '

Begründung:

Leistungsberechtigte nach dem SGB II, denen eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt nicht zumutbar ist, z.B. weil sie Kleinkinder von bis zu drei Jahren betreuen (§ 10 Absatz 1 Nummer 2 SGB II), sollen künftig verpflichtet werden können, an Maßnahmen der beruflichen Eingliederung wie Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder Sprachkursen teilzunehmen.

Arbeitslosengeld II-Empfängern ist jede Arbeit zumutbar. Arbeitslosengeld IIEmpfänger sind grundsätzlich verpflichtet, die Belastung der Allgemeinheit durch ihre Hilfebedürftigkeit zu minimieren. In gesetzlich geregelten Fällen wie der Erziehung eines Kleinkindes (unter drei Jahre) ist die Aufnahme einer Erwerbsarbeit stets unzumutbar. Die fehlende Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt bezieht sich nach geltender Rechtslage auch auf Maßnahmen der beruflichen Eingliederung wie Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Erst im Fall der Erziehung eines Kindes über drei Jahren ist die Aufnahme einer Teilzeit-Erwerbsarbeit in der Regel zumutbar, wenn die Betreuung des Kindes gesichert ist, z.B. im Kindergarten, durch Angehörige etc. Das soll nicht geändert werden.

Während der Kinderbetreuungsphase ist es aber durchaus erforderlich, spätere Vermittlungshindernisse, wie mangelnde Sprachkenntnisse oder Defizite der Berufsausbildung frühzeitig zu beseitigen oder fehlende Berufsabschlüsse nachzuholen. Dies ist zumindest ab dem ersten Lebensjahr des Kindes auch zumutbar, wenn die entsprechende Kinderbetreuung während der beruflichen Eingliederungsmaßnahme gesichert ist. So könnten z.B. Migrantinnen und Migranten, die möglicherweise dem Arbeitsmarkt aufgrund von Kinderbetreuung noch nicht zur Verfügung stehen, Sprachkurse angeboten werden. Durch die Änderung werden hierfür Spielräume geöffnet. Im Einzelfall hängt der Umfang des Zumutbaren von der zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsmöglichkeit ab.