Empfehlungen der Ausschüsse
Sechste Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung

899. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2012

A

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1a - neu - (§ 6 Absatz 1 Satz 2)

In Artikel 1 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:

Begründung:

Damit der Verbraucher nach Ablauf der Sollzinsbindung in der Lage ist, die Wirtschaftlichkeit der Sollzinsangebote zu beurteilen und zu vergleichen, ist es notwendig, dass auch bei einem Angebot des Darlehensgebers für einen neuen Sollzins alle Kosten einbezogen werden und daher der effektive Jahreszins dem Angebot zugrunde gelegt wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (Teil II der Anlage zu § 6 Satz 2 - neu -)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem Teil II der Anlage zu § 6 der folgende Satz anzufügen:

"Satz 1 Buchstabe j darf bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses nur dann zugrunde gelegt werden, wenn feststeht, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung ein variabler Sollzins vereinbart wird."

Begründung:

Die Vorschrift in Teil II Buchstabe j der Anlage zu § 6 führt in ihrer bestehenden Fassung zu Rechtsunsicherheit und bedarf daher der Klarstellung, in welchen Fällen sie zur Anwendung kommt. Einige Kreditinstitute wenden Teil II Buchstabe j der Anlage zu § 6 auf Kreditvereinbarungen an, bei denen nach Ablauf der Sollzinsbindung grundsätzlich über eine neue Sollzinsbindung verhandelt wird, als Rückfalloption für den Fall einer fehlenden Einigung jedoch zusätzlich ein variabler Sollzinssatz vereinbart wird. Dies führt bei entsprechender Zinslage dazu, dass der effektive Zinssatz mit einem Wert angegeben wird, der unter dem Nominalzins liegt. Die Angabe eines Effektivzinses, der unter dem Nominalzins liegt, kann zum einen den Wettbewerb verzerren, wenn im Regelfall die Rückfalloption nicht zum Tragen kommt und daher an sich nach § 6 Absatz 4 der für den Beginn des Darlehens vereinbarte Sollzinssatz zugrunde zu legen wäre. Zum anderen wird der Verbraucher durch die Angabe eines wenig realistischen, bei bestimmten Zinslagen sogar unter dem Nominalzins liegenden Effektivzinses über die tatsächlichen Kosten des Darlehens getäuscht.

Die Klarstellung steht auch im Einklang mit der Auffassung der Europäischen Kommission und dient daher der effektiven Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie.

B

C

Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfehlen dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zufassen:

4. Zur verbrauchergerechten Grundpreisangabe

6. Überwachung der Preisangabenvorschriften für das Kreditwesen

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Preisangabenverordnung mit einer weiteren Änderungsverordnung kurzfristig dergestalt anzupassen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Einhaltung der Regelungen in den §§ 6 bis 6b PAngV überwacht und zuständig für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 10 Absatz 2 Nummer 3 bis 6 PAngV ist.

Bisher fällt die Überwachung sämtlicher Vorschriften der Preisangabenverordnung sowie die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in die Zuständigkeit der Länder. Im Bereich des Kreditwesens kann diese dezentrale Überwachungsstruktur aber nicht überzeugen. Eine wirkungsvolle Überwachung der Preisangabenvorschriften für das Kreditwesen setzt neben einem umfangreichen Spezialwissen auch eine hohe Prüfungsintensität bei den zu überwachenden Kreditinstituten voraus. So wird ein Verstoß gegen die Vorgaben der Preisangabenverordnung häufig erst nach Einblick in und Auswertung von zahlreichen Verbraucherkrediten einschließlich der Überprüfung von im Kreditinstitut vorliegenden Geschäftsunterlagen festgestellt werden können.

Mit der BaFin existiert eine Fachbehörde, die über das notwendige Fachwissen im Bereich des Kreditwesens verfügt und schon heute die Tätigkeit von Kreditinstituten überwacht. Die Neuschaffung einer Zuständigkeit nach der Preisangabenverordnung stellt eine sinnvolle Ergänzung bestehender Befugnisse der BaFin dar, die gemäß § 23 des Kreditwesengesetzes berechtigt ist, Instituten zur Beseitigung von Missständen bestimmte Arten von Werbung zu untersagen. Dies schafft nicht nur Synergieeffekte bei der Aufgabenerledigung, sondern ist letztendlich auch im Interesse werbender Kreditinstitute, die sich dann bei Fragen zum Umfang zulässiger Werbetätigkeiten sowohl nach dem Kreditwesengesetz als auch nach der Preisangabenverordnung mit der BaFin abstimmen können.

Die Bündelung von Aufgaben bei der BaFin ist auch vor dem Hintergrund sinnvoll, dass Kreditinstitute zunehmend im Internet für ihre Produkte werben und damit Verbraucherinnen und Verbraucher im gesamten Bundesgebiet ansprechen. Das vorhandene Wissen der bundesweit tätigen BaFin sollte auch für die Feststellung und Ahndung von Verstößen nach der Preisangabenverordnung nutzbar gemacht werden.

In § 4 Absatz 1 Satz 2 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes ist vorgesehen, der BaFin nach anderen Bestimmungen weitere Aufgaben zu übertragen. Mit Anpassung der Bestimmungen im Preisangabengesetz und in der Preisangabenverordnung können die Aufgaben im Bereich des Kreditwesens auf die BaFin verlagert werden.

Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf Ziffer 2 seiner Stellungnahme vom 7. Mai 2010 zum Gesetzentwurf zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts (BR-Drucksache 157/10(B) HTML PDF ) sowie auf die Gegenäußerung der Bundesregierung vom 20. Mai 2010 hierzu, in der diese positive Aspekte wie etwa die Qualifikation der eingesetzten Bediensteten, die Sachnähe der zuständigen Behörden und den länderübergreifenden Vollzug hervorhebt (BT-Drucksache 17/1802).

7. Für mehr Verbraucherschutz bei Kraftstoffpreisen

Der Bundesrat fordert das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf, angesichts der Entwicklungen bei den Kraftstoffpreisen schnellstmöglich einen weiteren Entwurf zur Änderung der PAngV vorzulegen, der eine verbindliche Reihenfolge der Kraftstoffe und ihrer Preise auf den Anzeigetafeln der Tankstellen festlegt.

Begründung:

Bei den Preisen für Benzin und Diesel ist in Deutschland seit 2009 ein massiver Preisanstieg zu verzeichnen. Allein von 2010 bis 2011 sind die durchschnittlichen Preise nach Angaben von Eurostat (statistisches Amt der Europäischen Union) um mehr als 20 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung hat sich 2012 fortgesetzt und zu neuen Höchstpreisen geführt.

Die hohen Treibstoffkosten belasten die Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere die Pendler, sowie die mittelständische Wirtschaft und die Industrie enorm.

Das Bundeskartellamt hat in seiner "Sektoruntersuchung Kraftstoffe" umfassend die Marktstruktur und die Mechanismen der Preissetzung bei Kraftstoffen untersucht. In Deutschland bilden die fünf großen Tankstellenbetreiber (BP (Aral), ConocoPhilipps (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total) ein Oligopol. Bundesweit entfallen auf diese Tankstellenbetreiber rund 65 Prozent des Kraftstoffabsatzes. Hinzu kommt, dass die Kraftstoffmärkte sehr transparent sind. Alle fünf Unternehmen verfügen über ein rechtlich zulässiges System der Preisbeobachtung und -meldung, das zeitnahe Reaktionen auf Veränderungen möglich macht.

In dieser Situation sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern und für diese Erleichterungen zu schaffen.

Die Transparenz, die Tankstellenbetreiber hinsichtlich der Endkundenpreise haben, korrespondiert nicht in allen Punkten mit einer hinreichenden Transparenz für die Verbraucher. Ziel der Preisangabenverordnung ist es, die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Gewährleistung eines optimalen Preisvergleichs zu stärken. Die Preisangabenverordnung verpflichtet die Tankstellen, Kraftstoffpreise so auszuzeichnen, dass sie für Kraftfahrer deutlich lesbar sind. In den letzten Jahren hat aber die Zahl der Kraftstoffe, die an Tankstellen angeboten werden, zugenommen, z.B. unterschiedliche Sorten von Superbenzin. Diese Produktvielfalt erschwert ein schnelles Erkennen der Preissituation. Dies gilt umso mehr, wenn die Preishinweise für die Produkte je nach Tankstelle in unterschiedlicher Reihenfolge wiedergegeben werden.

Die Festlegung einer verbindlichen Reihenfolge der Kraftstoffe und ihrer Preise auf den Anzeigetafeln der Tankstellen begegnet dieser Problematik. Sie verbessert die Transparenz der Preisauszeichnung und unterstützt die Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem effektiven Preisvergleich zwischen den einzelnen Tankstellen.

Ferner wird gleichzeitig die positive Wettbewerbswirkung von Preisvergleichen gezielt gefördert. Die sorgfältige Auswahl unter mehreren Anbietern erhöht den Wettbewerb und entfaltet letztlich preissenkende Wirkungen.