Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließungen des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 17. bis 20. April 2012 die nachstehend aufgeführte Entschließung angenommen. Sie wurde dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 8. Mai 2012 zugeleitet.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. April 2012 zur Lage in Birma/Myanmar (2012/2604(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass in Birma/Myanmar am 1. April 2012 Nachwahlen für über 40 Sitze im Unterhaus des Parlaments (Pyithu Hluttaw) stattfanden, bei denen die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi uneingeschränkt teilnehmen konnte; in der Erwägung, dass diese Nachwahlen, die von der internationalen Gemeinschaft gemeinhin als frei und fair bewertet wurden, ein Anzeichen dafür sind, dass sich Birma/Myanmar auf dem Weg zu einem demokratischen Wandel befindet;

B. in der Erwägung, dass die Regierung von Präsident Thein Sein im ersten Jahr nach der Übernahme der Amtsgeschäfte größere Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie und Frieden erzielt hat, als in den vergangenen Jahrzehnten zu verzeichnen waren;

C. in der Erwägung, dass die Opposition derzeit nur 6,6 Prozent der Sitze im Parlament (43 von 659) innehat, während die Mehrheit der Sitze von der regierenden Union für Solidarität und Entwicklung (USDP) kontrolliert wird, einschließlich der 25 Prozent an Sitzen, die für Militäroffiziere reserviert sind;

D. in der Erwägung, dass die nächste Parlamentswahl, die 2015 stattfinden soll und bei der 75 Prozent der Sitze neu gewählt werden, der echte Test für den Willen der birmanischen/myanmarischen Staatsorgane sein wird, das Land zu demokratisieren;

E. in der Erwägung, dass die Durchführung der Nachwahlen vom 1. April 2012 und die Einladung ausländischer Beobachter und Journalisten sowie ihre Anwesenheit, darunter ein Vertreter des Europäischen Parlaments, die Bereitschaft der Regierung Birmas/Myanmars belegen, ihren Reformprozess fortzusetzen, der nachhaltig und unumkehrbar sein sollte;

F. in der Erwägung, dass diese derzeitigen Veränderungen wichtige Möglichkeiten für stark verbesserte Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Birma/Myanmar eröffnen;

G. in der Erwägung, dass angesichts der Tatsache, dass laut dem Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte in Birma/Myanmar nach wie vor schwerwiegende Probleme im Bereich der Menschenrechte bestehen, sich weiterhin Hunderte politischer Gefangener im Gefängnis befinden und viele von denen, die nicht mehr in Haft sind, nur mit Auflagen auf freien Fuß gesetzt wurden, Zurückhaltung geboten ist;

H. in der Erwägung, dass die Regierung das Erbe eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs und bewaffneter Unruhen angeht, was zu einer Reihe von Waffenstillstandsvereinbarungen mit einem Großteil der bewaffneten ethnischen Gruppen geführt hat, wobei die Lage in Kachin eine Ausnahme bildet, während die humanitäre Hilfe für Zehntausende vertriebener Zivilisten blockiert ist und die Diskriminierung der Minderheit der Rohingya unvermindert anhält;

I.. in der Erwägung, dass die Regierung mitgeteilt hat, dass sie einen dreistufigen Prozess der Friedenskonsolidierung verfolgt: zunächst eine Waffenruhe, dann sozioökonomische, kulturelle und politische Prozesse und schließlich eine allumfassende Vereinbarung - einschließlich Verfassungsänderungen - über ethnische Fragestellungen, zu denen auch die Demobilisierung und die Integration der ehemaligen Kombattanten, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und eine größere Autonomie gehören;

J. in der Erwägung, dass eine Kluft zwischen den politischen Beschlüssen auf höchster Ebene und den begrenzten institutionellen und technischen Fähigkeiten vor Ort besteht, und in der Erwägung, dass sich die Veränderungen nur langsam auf das Leben der Mehrheit der birmesischen/myanmarischen Bürgerinnen und Bürger auswirken werden, die sich weiterhin großer Armut, einer hohen Verschuldung, mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten und fehlenden sozialen Dienstleistungen gegenübersehen;

K. in der Erwägung, dass in der Vergangenheit viele Wirtschaftssektoren in Birma/Myanmar wie Bergbau, Holzwirtschaft, Öl, Gas und Staudammbau direkt mit schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Verbindung gebracht wurden und gleichzeitig die Haupteinnahmequelle der Militärregierung waren;

L. in der Erwägung, dass die Regierung Schritte in die Wege geleitet hat, um die Bürgerrechte in dem Land auszuweiten, wozu eine größere Informations- und Meinungsfreiheit, die Aufhebung des Zugangsverbots zu vielen Websites und von Veröffentlichungsverboten, die Versammlungsfreiheit, die Einrichtung der Nationalen Menschenrechtskommission und die geplante Abschaffung der Zensurbehörde vor dem Ende 2012 gehören;

M. in der Erwägung, dass die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Baroness Ashton, kurz nach der Tagung des Rates am 23. April 2012 nach Birma/Myanmar reisen wird;

N. in der Erwägung, dass eine unabhängige und unparteiische Justiz von wesentlicher Bedeutung ist, wenn in Birma/Myanmar die Rechtsstaatlichkeit eingehalten und Gerechtigkeit herrschen soll; fordert die Regierung Birmas/Myanmars auf, Reformen des Rechtswesens einzuleiten, um eine wirklich unabhängige und unparteiische Justiz zu gewährleisten;

O. in der Erwägung, dass die Regierung schließlich die Besorgnis der Menschen zur Kenntnis nimmt, dass diese Vorhaben in ökologischer und sozialer Hinsicht eine zerstörerische Wirkung haben könnten;

P. in der Erwägung, dass in der nächsten Tagung des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" am 23. April 2012 eine Überprüfung der derzeit angewandten restriktiven Maßnahmen vorgesehen ist;