Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Erneuerbare Energien - ein wichtiger Faktor auf dem europäischen Energiemarkt COM (2012) 271 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 105/08 (PDF) = AE-Nr. 080097,
Drucksache 045/11 (PDF) = AE-Nr. 110063,
Drucksache 143/11 (PDF) = AE-Nr. 110170 und
Drucksache 831/11 (PDF) = AE-Nr. 111104

Europäische Kommission
Brüssel, den 6.6.2012
COM (2012) 271 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss den Ausschuss der Regionen
Erneuerbare Energien: ein wichtiger Faktor auf dem europäischen Energiemarkt
(Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2012) 149 final}
{SWD(2012) 163 final}
{SWD(2012) 164 final}

1. Einleitung

Erneuerbare Energien ermöglichen eine Diversifizierung der Energieversorgung, was der Energieversorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit Europas dient. Dadurch entstehen neue Industriezweige, Arbeitsplätze und Exportmöglichkeiten, die Wirtschaft wird angekurbelt und gleichzeitig werden die Treibhausgasemissionen gesenkt. Ein starker Ausbau der erneuerbaren Energiequellen bis 2030 könnte mehr als 3 Millionen Arbeitsplätze schaffen1, u.a. in kleinen und mittleren Unternehmen. Wenn Europa seine Führungsrolle im Bereich der erneuerbaren Energien aufrechterhält, erhöht dies auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit, da Industriezweige mit sauberen Technologien weltweit immer größere Bedeutung erlangen. 2007 setzte sich die Europäische Union das ehrgeizige Ziel, bis 2020 einen Anteil von 20 % erneuerbarer Energien am Energiemix und einen Anteil von 10 % erneuerbarer Energien im Verkehrssektor zu erreichen, was durch eine Reihe unterstützender Strategien gefördert wird2. Das Ziel im Bereich der erneuerbaren Energien ist ein Kernziel der Europa-2020-Strategie für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Heute, zu Beginn des Jahres 2012, zeigen diese Strategien erste Ergebnisse. Die EU wird nach dem derzeitigen Stand der Dinge ihre Ziele erreichen 3 (siehe Kapitel 1 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen).

Aufgrund der Wirtschaftskrise sind die Investoren jedoch in Bezug auf den Energiesektor vorsichtig geworden. Auf den liberalisierten Energiemärkten Europas ist das Wachstum der erneuerbaren Energien von Investitionen des Privatsektors abhängig, die ihrerseits von einer stabilen Politik im Bereich der erneuerbaren Energien abhängen.

Zu den Investitionen in Infrastrukturen, Fertigung und Logistik kommen damit zusammenhängende Investitionen in Prüfanlagen, Kabelproduktion, Fabriken und Schiffe für den Bau von Offshore-Windanlagen. Neben einer strikten Umsetzung und Durchsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie4 muss Klarheit in Bezug auf die längerfristige Politik herrschen, um sicherzugehen, dass die erforderlichen Investitionen getätigt werden.

Der "Energiefahrplan 2050"5 stützt sich auf den Energiebinnenmarkt6, die Umsetzung des Energieinfrastrukturpakets und die Klimaziele des Fahrplans für den Übergang zu einer CO₂- armen Wirtschaft7 bis 2050. Ganz gleich, welches Szenario zugrunde gelegt wird: Den größten Anteil an der Energieversorgung werden 2050 die erneuerbaren Energien haben. Ein starker Ausbau der erneuerbaren Energieträger entspricht daher der so genannten "Noregrets"-Option. Allerdings geht aus dem "Fahrplan" hervor, dass trotz der genauen Vorgaben bis zum Jahr 2020 das Wachstum der erneuerbaren Energien nach 2020 aufgrund höherer Kosten und Hindernisse im Vergleich zu fossilen Brennstoffen zurückgehen wird, wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden. Wenn frühzeitig Klarheit über den politischen Rahmen nach 2020 herrscht, wird dies konkrete Vorteile für Investoren in der Industrie und im Infrastrukturbereich bringen sowie unmittelbar für solche, die in erneuerbare Energien investieren.

Derzeit ist die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG dafür ausgelegt, dass die Ziele für das Jahr 2020 im Bereich der erneuerbaren Energien erreicht werden. Sie sieht für 2018 die Erstellung eines Fahrplans für die Zeit nach 2020 vor. Die Akteure des Sektors haben jedoch bereits um klare Informationen über die Entwicklung der Politik nach 2020 gebeten. Daher ist es nach Ansicht der Kommission wichtig, dass wir uns heute auf die Zeit nach 2020 vorbereiten. In dieser Mitteilung wird erläutert, auf welche Weise der Bereich der erneuerbaren Energien in den Binnenmarkt integriert wird. Sie enthält Hinweise für den derzeitigen, bis 2020 geltenden Rahmen sowie die möglichen politischen Optionen für die Zeit nach 2020, mit dem Ziel, Kontinuität und Stabilität zu gewährleisten und für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen in Europa fortgesetztes Wachstum bis 2030 und darüber hinaus zu ermöglichen. Zusammen mit der Mitteilung werden ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen und eine Folgenabschätzung vorgelegt.

2. Integration der Erneuerbaren Energien in den Binnenmarkt

Im Hinblick auf das 20 %-Ziel werden in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 8 obligatorische nationale Ziele vorgegeben. Um diese zu erreichen, können die Mitgliedstaaten Förderregelungen und "Mechanismen der Zusammenarbeit" einsetzen (Artikel 3 sowie Artikel 6 bis 9). Auf der Grundlage der nationalen Aktionspläne für erneuerbare Energien, der Förderregelungen der Mitgliedstaaten und der kontinuierlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) hat sich der Erneuerbare-Energien-Sektor in Europa wesentlich rascher entwickelt als bei Abfassung der Richtlinie erwartet. Erzeuger von Energie aus erneuerbaren Quellen sind dabei, zu wichtigen Akteuren auf dem Energiemarkt zu werden.

Marktentwicklungen und Kosten

Das starke Wachstum der Märkte für erneuerbare Energien ist ein Anzeichen dafür, dass der Reifegrad der entsprechenden Technologien beträchtlich steigt. In den fünf Jahren bis 2010 sind die durchschnittlichen Kosten photovoltaischer Systeme um 48 % und die der Module um 41 % gesunken. Die Industrie erwartet aufgrund des Wachstums, das der derzeitigen staatlichen Förderung, Reformen und der Beseitigung von Marktschranken zu verdanken sein wird, einen weiteren Kostenrückgang. Die Investitionskosten für Onshore-Windanlagen gingen zwischen 2008 und 2012 um 10 % zurück. Photovoltaische Systeme und Onshore-Windanlagen dürften bis 2020 auf mehreren Märkten konkurrenzfähig sein. Um Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen, ist es jedoch notwendig, dass sich die Politik zu klaren rechtlichen Rahmenbedingungen bekennt, die die Industriepolitik, die technologische Entwicklung und die Behebung von Marktverzerrungen voranbringen. Auch wenn sich bei anderen Technologien die Wege zur Marktreife unterscheiden, dürften grundsätzlich auch für sie die Kapitalkosten sinken.

Wir müssen weiterhin alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Kosten zu senken, damit erneuerbare Energien konkurrenzfähig werden und ihre Entwicklung letztendlich vom Markt bestimmt wird. Politikansätze, durch die Investitionen in erneuerbare Energien behindert werden, sind zu ändern, insbesondere sollten Subventionen für fossile Brennstoffe schrittweise abgeschafft werden. Angesichts der Komplementarität der Klimaschutzpolitik und der Politik für erneuerbare Energien müssen die Investoren durch einen gut funktionierenden Kohlenstoffmarkt und sinnvoll konzipierte Energiesteuern eindeutige und starke Anreize für Investitionen in CO₂-arme Technologien und deren Entwicklung erhalten. Gleichzeitig sollten die erneuerbaren Energien mit geringerer oder ganz ohne Unterstützung nach und nach in den Markt integriert werden und allmählich mit konkurrenzfähigen Strompreisen auf gleichem Niveau wie die konventionellen Stromerzeuger zu Stabilität und Sicherheit des Netzes beitragen. Längerfristig sind gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

Bessere Förderregelungen

Die Kosten der erneuerbaren Energien sind nicht allein ressourcenabhängig (Wind, Sonnenenergie, Biomasse, Wasserkraft), sondern auch von den Verwaltungs 9- und Kapitalkosten der Projekte. Komplizierte Genehmigungsverfahren, das Fehlen zentraler Anlaufstellen, die Einführung von Registrierungsverfahren, Planungsverfahren, die sich über Monate oder Jahre hinziehen sowie die Furcht vor retroaktiven Änderungen erhöhen das Projektrisiko (siehe Kapitel 2 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen). Bei derart hohen Risiken sind insbesondere in Ländern, deren Kapitalmärkte unter Druck stehen, die Kapitalkosten sehr hoch, wodurch sich die Kosten für Projekte zugunsten erneuerbarer Energien erhöhen und deren Konkurrenzfähigkeit geschmälert wird. Daher wird durch einfache Verwaltungsverfahren, stabile und zuverlässige Förderregelungen sowie einen leichteren Zugang zu Kapital (z.B. durch öffentliche Förderregelungen) ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien geleistet. In diesem Zusammenhang können die Europäische Investitionsbank und nationale öffentliche Einrichtungen eine wichtige Rolle spielen. Heute gibt es für die meisten Erneuerbare-Energien-Technologien nationale Förderregelungen10, durch die jedoch nur ein kleiner Teil des Energiemarktes betroffen ist: weniger als ein Drittel der 19 % unseres Stroms aus erneuerbaren Energiequellen muss nicht mit Marktpreisen konkurrieren. Im Verkehrssektor können alle Formen alternativer Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen auf das 10 %-Ziel für diesen Sektor angerechnet werden, allerdings wird die Entwicklung hier durch hohe Preise der entsprechenden Verkehrssysteme und eine unzureichende Kraftstoffinfrastruktur gehemmt11. Es bestehen häufig Verpflichtungen zur Beimischung von Biokraftstoffen, die 4 % der Verkehrskraftstoffe ausmachen. Die Kosten werden zumeist von den Händlern an die Verbraucher weitergegeben. Im Bereich der Wärme- und Kälteerzeugung (in dem etwa 13 % der Energie aus erneuerbaren Quellen stammt) wurde bei einigen voll entwickelten Märkten und Technologien (z.B. Solarthermie) die Förderung eingestellt.

Bei einem gut funktionierenden Kohlenstoffmarkt sollten ausgereifte Technologien auf wettbewerbsgesteuerten Märkten letztendlich keine Unterstützung mehr benötigen. Auf dem Weg dorthin werden derzeit in allen Mitgliedstaaten die Förderregelungen angepasst (in 15 Mitgliedstaaten gibt es nun Regelungen, bei denen die Energieerzeuger auf Marktpreise reagieren müssen - siehe Kapitel 2 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen). Eine solche Reform der Förderregelungen ist notwendig, um ihre Kosteneffizienz zu gewährleisten. Eine raschestmögliche Anwendung von Regelungen, bei denen die Erzeuger dem Marktpreisrisiko ausgesetzt sind, unterstützt den Wettbewerb der Technologien. Bei neueren, noch nicht im selben Maße ausgereiften Technologien kann es jedoch erforderlich sein, weiterhin die FuE zu unterstützen und sonstige finanzielle oder administrative Unterstützung zu leisten. Daher sind möglicherweise auch nach 2020 noch bestimmte kostenwirksame, gezielte Förderregelungen notwendig. Ein gutes Beispiel für eine solche Regelung ist die Initiative "NER 300", bei der Auktionseinnahmen aus dem Emissionshandelssystem der EU zur Unterstützung der Demonstration und frühzeitigen Einführung innovativer Erneuerbare-Energien-Technologien eingesetzt werden.

Einige Änderungen von Förderregelungen in jüngerer Zeit wurden durch ein unerwartet rasches Wachstum und damit rasch ansteigende Ausgaben im Bereich der erneuerbaren Energien ausgelöst, was kurzfristig nicht tragbar ist. In einigen Mitgliedstaaten waren Änderungen von Förderregelungen nicht transparent genug, wurden von einem Tag auf den anderen und zum Teil sogar rückwirkend vorgenommen oder beinhalteten die Aussetzung von Regelungen. Bei neuen Technologien und Investitionen, die noch auf Unterstützung angewiesen sind, untergräbt ein solches Vorgehen das Vertrauen der Investoren in den Sektor. Unterschiedliche nationale Förderregelungen auf der Grundlage unterschiedlicher Anreize können Markthemmnisse schaffen und die Marktakteure davon abhalten, grenzüberschreitend tätig zu werden, wodurch möglicherweise die kommerzielle Entwicklung behindert wird. Ein solches Risiko der Beeinträchtigung des Binnenmarktes ist zu verhindern. Dafür sind auch weitere Maßnahmen erforderlich, die ein abgestimmtes Vorgehen in allen Mitgliedstaaten sicherstellen, so dass Marktverzerrungen beseitigt und erneuerbare Energien kosteneffizient entwickelt werden. Um dies zu fördern, plant die Kommission die Ausarbeitung von Leitlinien, die beste Praktiken, einschlägige Erfahrungen sowie erforderlichenfalls die Reform von Förderregelungen zum Gegenstand haben, um zu einer größeren Kohärenz der nationalen Vorgehensweisen beizutragen und eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu vermeiden. Die Grundzüge dieser Leitlinien werden in den Kapiteln 3 und 4 des beigefügten Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen dargelegt. Es müssen Grundsätze für Förderregelungen festgelegt werden, die Marktverzerrungen so gering wie möglich halten, eine Überkompensation vermeiden und ein abgestimmtes Vorgehen in allen Mitgliedstaaten sicherstellen. Bei den Grundsätzen wird es um Transparenz, Vorhersehbarkeit12 und die Notwendigkeit der Innovationsförderung gehen Ausbau von Zusammenarbeit und Handel

Bisher haben die Mitgliedstaaten ihre erneuerbaren Energieträger eigenständig entwickelt und so in ihrem Land die Emissionen gesenkt, die Importe fossiler Brennstoffe reduziert und Arbeitsplätze geschaffen. Die Schaffung eines europäischen Energiemarkts und das Bestreben, die Kosten, wo immer dies möglich ist, weiter zu senken, sollten zu einem Ausbau des Handels mit allen Arten erneuerbarer Energieträger führen. Damit dies leichter wird, wurden mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie "Mechanismen der Zusammenarbeit" geschaffen, damit die in einem Mitgliedstaat erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen auf die Zielvorgabe eines anderen Mitgliedstaates angerechnet werden kann (siehe Kapitel 4 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen). Diese Mechanismen wurden trotz des potenziellen wirtschaftlichen Nutzens für beide Seiten noch nicht in größerem Umfang genutzt 13 . Nur zwei Mitgliedstaaten 14 haben angegeben, dass sie zur Einhaltung ihrer 2020- Ziele Mechanismen der Zusammenarbeit einsetzen wollen. Auf der "Angebotsseite" wird damit gerechnet, dass zehn Mitgliedstaaten 15 einen "Überschuss" für andere Mitgliedstaaten bereitstellen könnten. Diese Situation kann sich jedoch bis 2020 noch ändern und die Kommission wird die Lage weiterhin aufmerksam beobachten.

Zu den in der Entwicklung befindlichen Projekten, bei denen Mechanismen der Zusammenarbeit zum Tragen kommen könnten, gehören das Solarstromprojekt "Helios" in Griechenland, gemeinsame Projekte und Förderregelungen in den nördlichen Meeren sowie ähnliche Initiativen im südlichen Mittelmeerraum sowie generell in den Gebieten der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Entsprechende Initiativen werden mit einer Reihe von Drittländern bereits erörtert16 . Die Zusammenarbeit beim Ausbau der Solarstromerzeugung für den Verbrauch in den Haushalten und den Export kann zu einem zentralen Element eines Gesamtplans für ein starkes Wachstum in einem rentablen Bereich der erneuerbaren Energien werden und hier ihre Potenziale im Hinblick auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung entfalten. Um die Entwicklung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen in und mit unseren Nachbarländern zu unterstützen, wird die Kommission:

Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen wird die Kommission Leitlinien erarbeiten, um den Handel mit erneuerbaren Energieträgern zu erleichtern (siehe Kapitel 3 und 4 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen) und einfacher zu gestalten, so dass die Mechanismen der Zusammenarbeit nach 2020 als ein einfaches Mittel des Handels mit erneuerbaren Energieträgern innerhalb der EU und darüber hinaus zur Verfügung stehen werden. Eine einheitlichere Vorgehensweise, u.a. mittels gemeinsamer Förderregelungen, würde dazu führen, dass die erneuerbaren Energien kostengünstiger und stärker im Einklang mit dem Binnenmarkt genutzt werden.

Weitere Aspekte des internationalen Handels und der erneuerbaren Energien sind der Produkthandel und die Öffnung der Märkte. Der relativ neue Weltmarkt für Ausrüstung im Bereich der erneuerbaren Energien ist eindeutig im Wachstum begriffen; der internationale Wettbewerb wirkt sich positiv auf Innovation und Kosten aus. In diesem Markt mit einem globalen Wettbewerb ist die europäische Industrie weiterhin konkurrenzfähig und muss ihre Wettbewerbsvorteile ausbauen. Wie aus dem Beispiel der Photovoltaikindustrie ersichtlich, ist der in der EU geschaffene Mehrwert dominant und schafft Arbeitsplätze und Wachstum17. Angesichts der Vorteile einer Erweiterung des weltweiten Handels müssen Handelshemmnisse wie Bestimmungen betreffend den eigenen Fertigungsanteil oder eine teilweise Abschottung der öffentlichen Beschaffungsmärkte beseitigt werden. Daher wird die Kommission weiterhin einen fairen und liberalisierten Handel im Erneuerbare-Energien-Sektor fördern.

3. ÖFFNUNG des Elektrizitätsmarktes Erneuerbare Energien

Die Wärme- und Kälteerzeugung ist ein sehr lokaler Markt, der lokale Infrastrukturen und ebensolche Reformen erfordert. Die Entwicklung der erneuerbaren Energien im Verkehrssektor findet in einem europaweit offenen Kraftstoffmarkt statt, der durch die zur Transparenz beitragenden Vorschriften für Angaben zu den Kraftstoffen, die demnächst vorgelegt werden sollen, noch gestärkt wird. Im Elektrizitätsbereich ist der EU-Binnenmarkt noch in der Entstehung begriffen.

Infolge der Aufforderung der Staats- und Regierungschefs, den Elektrizitätsbinnenmarkt bis 2014 zu vollenden, arbeitet die Kommission derzeit gemeinsam mit den Regulierungsbehörden und anderen Akteuren an der Harmonisierung der Vorschriften für das Funktionieren des Marktes und den Netzbetrieb. Diese dürfte gemeinsam mit der Umsetzung des dritten Energiepakets zur Öffnung der nationalen Märkte führen und damit den Wettbewerb verstärken, die Markteffizienz erhöhen und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher erweitern. So dürften Markteintritt und Integration neuer Unternehmen leichter werden, auch für kleine und mittlere Unternehmen und andere Erzeuger von Energie aus erneuerbaren Quellen.

Bei der Erarbeitung neuer Vorschriften ist die Möglichkeit von Veränderungen in einem Elektrizitätssektor zu beachten, der auf einem wettbewerbsgesteuerten Markt mit zahlreichen Stromerzeugern - einschließlich einer stärker variablen Produktion aus Wind- und Solarenergie - beruht. Die Einführung solcher Vorschriften, bei denen die Besonderheiten der neuen Erzeugungsformen Berücksichtigung finden (z.B. durch die Möglichkeit des zeitnaheren Handels und die Beseitigung der verbleibenden Hindernisse für einen wirklich integrierten Markt), wird die Erzeuger von Energie aus erneuerbaren Quellen in die Lage versetzen, sich uneingeschränkt an einem vollständig wettbewerbsgesteuerten Markt zu beteiligen und nach und nach die gleiche Verantwortung zu übernehmen wie traditionelle Erzeuger, auch im Hinblick auf den Ausgleich von Mengenabweichungen.

Auf einem liberalisierten Elektrizitätsmarkt sollte auch sichergestellt sein, dass die Unternehmen ausreichende Gewinne erwirtschaften, die ihre Investitionskosten für Stromerzeugungsanlagen abdecken, mit der sie die Leistungsfähigkeit der Systeme erhalten. So sollen angemessene Investitionen gewährleistet werden, die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sichern. Die Großhandelspreise für Strom, die auf kurzfristigen Grenzkosten beruhen, können aufgrund der Zunahme von Strom aus Wind- und Sonnenenergie (die beinahe keine Grenzkosten aufweisen) einem gewissen Preisdruck ausgesetzt sein. Der Markt sollte in der Lage sein, darauf zu reagieren, indem bei niedrigen Preisen das Angebot reduziert und bei hohen Preisen das Angebot erhöht wird. Veränderungen bei den Marktpreisen müssen der Flexibilität dienen, und zwar in Bezug auf Speichermöglichkeiten, Erzeugung und verbraucherseitiges Lastmanagement (Demandside management) (Verbraucher reagieren auf sich verändernde Preisgefüge).

In einigen Mitgliedstaaten besteht jedoch die Furcht, dass die Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten nicht ausreichen werden. Sie haben daher "Kapazitätszahlungssysteme" entwickelt, wobei jeweils die Regierung den Umfang der erforderlichen Erzeugungskapazität bestimmt. Ein solches Vorgehen kann investitionsfördernd wirken, koppelt Investitionsentscheidungen jedoch von den Preissignalen des Marktes ab. Ferner können solche Systeme, wenn sie nicht sinnvoll konzipiert sind, erzeugungsorientierte Lösungen festschreiben, die der Einführung neuer Flexibilitätsformen entgegenstehen. Die aggregierte dezentrale Erzeugung, das Konzept der "Demand Response" und erweiterte Ausgleichsgebiete würden ebenfalls beeinträchtigt. Die nationalen Märkte würden segmentiert, was sich negativ auf den grenzüberschreitenden Handel auswirken würde, der für einen effizienten europäischen Elektrizitätsmarkt und die allgemeine Nutzung erneuerbarer Energien notwendig ist.

Damit Marktregelungen zu den notwendigen Investitionen in Flexibilität führen, müssen wir sicherstellen, dass sie auf Grundlage einer Erweiterung der Ausgleichsmärkte in der Lage sind, eine wesentlich größere Zahl von Marktbeteiligten, neuen Produkten und Technologien zu integrieren. Die Marktregelungen müssen mit dem Binnenmarkt in Einklang stehen und dementsprechend entwickelt und verbessert werden. Dieses Thema wird in der geplanten Mitteilung der Kommission zum Energiebinnenmarkt weiter erörtert und analysiert.

4. VERÄNDERUNG UNSERER Infrastrukturen

In dem von der EU vorgelegten Energieinfrastrukturpaket18 werden 12 vorrangige Energieinfrastrukturkorridore festgelegt und beschleunigte Genehmigungsverfahren, Kostenteilungsregeln und erforderlichenfalls eine EU-Finanzierung im Rahmen der Fazilität "Connecting Europe" (9,12 Mrd. für den Energiebereich, 2014-2020) vorgeschlagen19. Dies soll nicht nur der notwendigen verstärkten Integration von Strom aus Wind- und Solarenergie (derzeit 5 % der EU-Stromversorgung) dienen, sondern auch der Entstehung eines integrierten EU-Marktes und der Ersetzung veralteter Anlagen. Im Rahmen des Energieinfrastrukturpakets werden für neue Stromübertragungsleitungen allein etwa 100 Mrd. EUR veranschlagt.

Das Energieinfrastrukturpaket ergänzt die Energiebinnenmarktrichtlinien20, die durch Maßnahmen für eine bessere Koordinierung von Planung, Entwicklung und Betrieb der Infrastruktur und die Einführung intelligenter Zähler den Weg für integrierte europäische Energieinfrastrukturen geebnet haben. Beide Initiativen sind grundlegend für den Wandel im Elektrizitätssektor. Die Verwirklichung des Binnenmarktes, neue Technologien, neue Marktteilnehmer, neue Anbieter von Hilfsdiensten - alle sind von neuen Infrastrukturen abhängig.

Anteil der Wind- und Solarenergie an der Stromversorgung (Quelle: Eurostat 2010, nationale Pläne 2020)

In den 21 Mitgliedstaaten, in denen der Anteil variabler erneuerbarer Energie im Stromnetz weniger als 5 % beträgt, entstehen durch die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen bei gleichzeitigen Infrastrukturbeschränkungen keine oder nur örtlich begrenzte Ausgleichsprobleme. In den sechs Mitgliedstaaten, in denen der Anteil der Wind- und Solarenergie an der Stromversorgung mehr als 5 % beträgt, wurden jedoch bereits Maßnahmen zugunsten einer größeren Flexibilität - auch in isolierten Netzen - ergriffen, um den Ausgleich und die Netzstabilität zu gewährleisten21. Ob wir dem künftigen Infrastrukturbedarf gerecht werden, wird in hohem Maße davon abhängen, ob wir in der Lage sind, im Binnenmarkt gemeinsam die erneuerbaren Energien, die Netzinfrastruktur und bessere Lösungen für die Praxis zu entwickeln.

Die Zunahme der dezentralen Erzeugung von Strom (aus erneuerbaren Quellen) und das Konzept der "Demand Response" machen weitere Investitionen in die Verteilernetze erforderlich, die bislang dafür ausgelegt worden sind, den Strom an die Endverbraucher weiterzuleiten, nicht jedoch dafür, den von Kleinerzeugern produzierten Strom aufzunehmen. Durch eine weit verbreitete dezentrale Erzeugung wird der aus den Netzen bezogene Strom ersetzt und werden die Verbraucher gleichzeitig auch zu Erzeugern. Ein Teil der neuen Erzeugungskapazitäten befindet sich in größerer Entfernung von herkömmlichen Verbrauchszentren und erfordert den Ausbau von Übertragungsinfrastrukturen (insbesondere in Gegenden, in denen Probleme durch Ringflüsse22 auftreten), in anderen Gegenden könnte hingegen durch eine signifikante dezentrale Erzeugung der Bedarf an Übertragungsinfrastruktur zurückgehen. Eine dritte Möglichkeit der Veränderung des Systems durch Infrastrukturen ist die Entwicklung intelligenter Netze. Erzeuger (einschließlich neuer Mikroerzeuger), Verbraucher und Netzbetreiber werden in der Lage sein müssen, in Echtzeit zu kommunizieren, um eine optimale Abstimmung von Nachfrage und Angebot sicherzustellen. Hierfür müssen geeignete Standards, Marktmodelle und Regulierungsmodelle entwickelt werden. Damit der Binnenmarkt ein Erfolg wird und die erneuerbaren Energien integriert werden können, müssen unbedingt rasch die Infrastrukturen ausgebaut werden. Eine frühzeitige Verabschiedung der Legislativvorschläge des Energieinfrastrukturpakets ist in diesem Zusammenhang entscheidend, insbesondere zur Beschleunigung des Baus neuer Infrastrukturen von grenzüberschreitender Bedeutung. Die Kommission wird auch in Zukunft mit den Betreibern von Verteilungs- und Übertragungsnetzen, den Regulierungsbehörden, den Mitgliedstaaten und der Industrie im Hinblick auf die Beschleunigung des Ausbaus der Energieinfrastrukturen zusammenarbeiten, um die Integration der europäischen Netze und Märkte zu vollenden.

5. STÄRKUNG der POSITION der Verbraucher

Wahlmöglichkeiten für Verbraucher und Wettbewerb sind im Energiesektor sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im Verkehrsbereich besteht eine gewisse Wahlmöglichkeit zwischen Kraftstofflieferanten, jedoch noch kein EU-weiter Markt für alternative Kraftstoffe. Im Wärmesektor verfügen die Verbraucher über eine gewisse Unabhängigkeit, denn sie können die Solarthermie oder lokale Geothermieressourcen nutzen. Im Gas- und Elektrizitätssektor beginnen zwar die Märkte, sich zu öffnen, die Wahlmöglichkeiten bei den Versorgern sind jedoch häufig noch begrenzt und nicht selten werden die Preise reguliert. All dies wird sich mit der vollständigen Öffnung der Verbrauchermärkte und erweiterten Möglichkeiten für den Kauf von "grünem Strom" ändern.

Die größten Vorteile dürften aus der Kombination von Mikroerzeugung und intelligenten Zählern erwachsen. Intelligente Zähler zeigen den Verbrauchern in Echtzeit, was sie für Strom zahlen, und unterstützen sie bei der Verringerung ihres Energieverbrauchs. Hierdurch und mit Hilfe der Entwicklung intelligenter Produkte, die auf elektronisch übermittelte Preissignale reagieren, können die Verbraucher ihren Verbrauch anpassen und niedrige Preise nutzen. Außerdem können neue Marktteilnehmer die individuelle "Demand Response" zusammenfassen und bei einem hohen Preisniveau beträchtliche Verbrauchseinsparungen anbieten. Wie in der beigefügten Folgenabschätzung erörtert, kann diese Glättung von Spitzen beträchtliche finanzielle Einsparungen ermöglichen, da in geringerem Maße Erzeugungskapazitäten für Spitzennachfragezeiten erforderlich sind.

Die Verbreitung der Mikrostromerzeugung bietet den Verbrauchern eine ähnliche Unabhängigkeit wie im Wärmesektor. Durch Strom aus Photovoltaik-, Mikrowind-, Biomasse- und Geothermieanlagen sowie aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen kann sich der Bedarf an Strom aus dem Netz für Haushalte, Bürogebäude und Industrieanlagen beträchtlich verringern. In dem Maße, in dem die Verbraucher auch Erzeuger sein werden, werden sie ein stärkeres Gefühl der Eigenverantwortung und der Kontrolle über ihren Energieverbrauch entwickeln. Damit werden sich auch das Wissen über erneuerbare Energien und deren Akzeptanz erhöhen 23. Mangelnde Akzeptanz in der Öffentlichkeit für einige Erneuerbare-Energien-Projekte blockiert oder verzögert deren Verwirklichung und wirkt sich negativ auf unsere politischen Ziele aus. Daher ist die Stärkung der Position der Verbraucher als Mikroerzeuger und die Verbesserung der Planungs- und Genehmigungsverfahren wichtig für die Beseitigung dieses bedeutenden Hindernisses für den Ausbau der erneuerbaren Energien.

6. Förderung der Technologischen Innovation

Die finanzielle Unterstützung von Forschung und Entwicklung ist nach wie vor entscheidend für die technologische Innovation und Entwicklung. Die Ressourcen sind knapp und müssen gezielt in der jeweils geeigneten Forschungsphase eingesetzt werden (vorwettbewerblich, industriell, Anwendungen). In den Mitgliedstaaten wurden in den vergangenen 10 Jahren mit den Mitteln der EU 4,5 Mrd. EUR für FuE im Bereich der erneuerbaren Energien ausgegeben, 1,7 Mrd. EUR davon aus dem RP6, dem RP7 und dem Europäischen Konjunkturprogramm. Ferner wurden 4,7 Mrd. EUR aus dem EU-Fonds für Kohäsionspolitik bereitgestellt (2007- 2013). Diese aktiven Maßnahmen ("push") haben zusammen mit den Maßnahmen zur Markteinführung wie Förderregelungen und CO₂-Bepreisung ("pull") bereits zu bedeutenden Fortschritten geführt, einige zentrale Technologien (Strom aus Wind- und Sonnenenergie) zur Reife gebracht und dazu beigetragen, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung heute 12 % beträgt. Dieser Ansatz sollte ausgebaut werden.

Andere Technologien stecken noch in den Kinderschuhen und könnten Unterstützung benötigen, damit die erneuerbaren Energien die ihnen in Zukunft zugedachte größere Rolle spielen können. Es besteht eine lange Liste strategischer Energietechnologien, die weiterentwickelt werden müssen, u.a. schwimmende und andere Meeresenergieanlagen (Windkraft-, Wellenenergie-, Gezeitenkraftwerke), bestimmte Biobrennstoffe, neue Anwendungen der konzentrierten Solarenergie und der Photovoltaik, neue Werkstoffe, Technologien für die Stromspeicherung (einschließlich Batterien) (siehe Kapitel 6 des Arbeitspapiers der Kommissionsdienststellen). Bei künftigen Forschungsarbeiten sollte sicherlich den Meerestechnologien und der Energiespeicherung, fortgeschrittenen Werkstoffen und Fertigungsverfahren für Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien besondere Priorität eingeräumt werden.

Der Europäische Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan)24 und das demnächst zu verabschiedende Forschungsprogramm "Horizont 2020" stellen den Hauptbeitrag der EU zur Unterstützung von Entwicklungen bei den zentralen Energietechnologien dar. Ferner hat die Kommission für 2014-2020 eine erhebliche Konzentration der Anstrengungen im Bereich der EU-Kohäsionspolitik zugunsten von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz sowie eine starke Fokussierung auf FuE und Innovation vorgeschlagen. Andere Instrumente sind u.a. Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionsrechten im Emissionshandelssystem der EU. Mit einem derart koordinierten Konzept für die Technologieentwicklung kann Europa auch in Zukunft bei der Entwicklung neuer Technologiegenerationen und der Hightech-Fertigung führend bleiben. Die bestehenden Maßnahmen dürften es erleichtern, neue Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien zu entwickeln, die wesentlich zur Diversifizierung unseres Energie-Mix beitragen können.

Im Rechtsrahmen für die Zeit nach 2020 sollte eine bessere Umsetzung des SET-Plans vorgesehen sein, ergänzt durch gezielte Maßnahmen. Der Rahmen sollte eine weitergehende Integration der nationalen Forschungs- und Innovationskapazitäten und der Finanzierungsmethoden auf Risikoteilungsbasis unterstützen und die derzeitige Zusammenarbeit im Industrie- und Hochschulbereich bei energietechnologischen Innovationen verstärken. In der für 2013 geplanten Mitteilung der Kommission zur Energietechnologiepolitik sollen der künftige Bedarf und die Herausforderungen im Bereich FuE in Abstimmung mit den in "Horizont 2020" ermittelten Prioritäten dargelegt werden. Ferner sollen darin Pläne entwickelt werden, um zu gewährleisten, dass Europa im internationalen Wettbewerb die Innovation in einem breiten Spektrum von Technologien für erneuerbare Energien (einschließlich neuer) voranbringt; außerdem sollen weitere Möglichkeiten für die Förderung bestehender Technologien des SET-Plans ausgelotet werden.

7. Gewährleistung der Nachhaltigkeit Erneuerbarer Energien

Die Analyse der Kommission hat ergeben, dass in der EU mit einem immer größeren Anteil erneuerbarer Energie und mit höherer Energieeffizienz die Treibhausgasemissionen25 beträchtlich gesenkt und die Luftqualität verbessert werden können. Mit der Entwicklung des Bioenergiemarktes wird ferner die in Europa gut geführte Land- und Forstwirtschaft - wie auch andere Bereiche der Bio-Wirtschaft - bedeutende Vorteile aus den neuen Marktchancen ziehen können. Trotz dieser Vorteile kann ein verstärkter Einsatz erneuerbarer Energien sowohl im Bereich der Erzeugung als auch der Infrastruktur Fragen der Nachhaltigkeit aufwerfen, die die direkten und indirekten Folgen für die biologische Vielfalt und die Umwelt insgesamt betreffen. Hier sind besondere Aufmerksamkeit und Wachsamkeit erforderlich. Zumeist werden solche Probleme durch übergreifende EU-Rechtsvorschriften geregelt26. In anderen Fällen hat die EU energiespezifische Vorschriften erlassen, z.B. die Richtlinien für erneuerbare Energien und zur Kraftstoffqualität mit Kriterien für die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen. Die Kommission plant in Kürze die Verabschiedung von Vorschriften für die Auswirkungen indirekter Landnutzungsänderungen. Der Übergang zu Biokraftstoffen, bei denen keine oder nur begrenzte Auswirkungen indirekter Landnutzungsänderungen vorhanden sind, kann zur Senkung der Emissionen im Verkehrssektor beitragen.

Da nach 2020 mit einem verstärkten Einsatz von Biomasse gerechnet wird, müssen die existierenden Biomasse-Ressourcen effizienter eingesetzt werden und das Produktivitätswachstum in Land- und Forstwirtschaft ist auf nachhaltige Weise zu beschleunigen, sowohl in der EU als auch weltweit. Gleichzeitig sind durchgreifende internationale Maßnahmen zur Eindämmung von Entwaldung und Waldschädigung sowie zur Gewährleistung der Verfügbarkeit der Biomasse zu wettbewerbsfähigen Preisen von großer Bedeutung. Diese Fragen werden mit der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und der Bioökonomiestrategie der EU, der vorgeschlagenen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, der geplanten EU-Forststrategie sowie der EU-Maßnahmen zu Klimawandel und Entwicklungszusammenarbeit angegangen. Die zunehmende Verwendung von Biokraftstoffen in der Luftfahrt und im Straßengüterverkehr (die nicht auf Elektroantrieb umgestellt werden können) machen die Entwicklung fortgeschrittener Biokraftstoffe noch dringender notwendig. Bei einem deutlich stärkeren Einsatz von Biomasse sind jedoch zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Nachhaltigkeit zu erwägen. Aus diesem Grund wird die Kommission bis 2014 die Effektivität der derzeitigen Nachhaltigkeitskriterien bewerten, wie in der Richtlinie über erneuerbare Energien vorgesehen. Außerdem wird die Kommission in Kürze Berichte und Vorschläge für die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsvorschriften der EU vorlegen. Sie wird ferner prüfen, wie die Bioenergie nach 2020 am sinnvollsten und im Einklang mit den Energie- und Klimazielen der EU für 2030 einzusetzen ist, wobei ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Erwägungen umfassend Berücksichtigung finden werden.

8. Politik IM Bereich der Erneuerbaren Energien NACH 2020

Der geltende Rahmen für erneuerbare Energien, der aus rechtsverbindlichen Zielen, nationalen Plänen, Verwaltungsreformen, Vereinfachungsmaßnahmen sowie einer besseren Entwicklungs- und Infrastrukturplanung besteht, funktioniert gut. Gemäß den Plänen der Mitgliedstaaten wird die Wachstumsrate des Sektors auf 6,3 % pro Jahr ansteigen27, wodurch das Vertrauen der europäischen Erneuerbare-Energien-Industrie in die Zukunft gestärkt wird.

Bisherige und voraussichtliche Entwicklung des Wachstums im Bereich der erneuerbaren Energien in der EU (% des Gesamtwertes) (Quelle: Eurostat und"Energiefahrplan 2050", Businessasusual-Szenario)

Der derzeitige EU-Rechtsrahmen für erneuerbare Energien ist heute zwar wirksam, sein Hauptinstrument - die verbindlichen Ziele - greift jedoch ab 2020 nicht mehr. Die obigen Kapitel behandeln die künftige Weiterentwicklung der derzeitigen politischen Initiativen in den Bereichen Marktöffnung, Handel, Infrastrukturentwicklung, institutionelle und operative Marktreformen und Innovation. In einem wettbewerbsgesteuerten europäischen Energiemarkt kann die Erneuerbare-Energien-Industrie eine wichtige Rolle spielen. Die Verwirklichung des EU-Binnenmarktes ist ein zentraler Faktor für den Wohlstand Europas und sollte auch eine Triebkraft des Wandels im europäischen Energiesektor sein. In einem offenen und wettbewerbsgesteuerten europäischen Markt wäre die unter dem derzeitigen Rechtsrahmen entstandene Erneuerbare-Energien-Industrie sicherlich erfolgreich.

Wenn jedoch - wie es dem "Energiefahrplan 2050" zu entnehmen ist - die derzeitigen politischen Maßnahmen nicht ausreichen, um unsere langfristigen energie- und klimapolitischen Ziele zu erreichen, würde das jährliche Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energien von 6 % auf 1 % zurückgehen. Um ein robustes Wachstum in diesem Bereich auch nach 2020 sicherzustellen - die "Noregrets"-Option der Analyse für 2050 - wird ein unterstützender Strategierahmen notwendig sein, der die verbleibenden markt- und infrastrukturbezogenen Probleme angeht. Wie im "Energiefahrplan 2050" ausgeführt, sollten unbedingt Optionen für konkrete Meilensteine bis 2030 geprüft werden. Zur Einleitung dieses Prozesses werden in der beigefügten Folgenabschätzung drei Politikoptionen geprüft: die Senkung der CO₂-Emissionen ohne Ziele für erneuerbare Energien auf der Basis des Kohlenstoffmarktes und eines angepassten ETS (Richtlinie 2009/29/EG), die Fortführung des derzeitigen Systems mit verbindlichen Zielen für erneuerbare Energien, Emissionssenkungen und Energieeffizienz und ein besseres, stärker vereinheitlichtes Management des gesamten Energiesektors mit einem EU-weiten Ziel für erneuerbare Energien.

In der Folgenabschätzung wird geprüft, wie wirksam die einzelnen Optionen im Hinblick auf die Erreichung der einzelnen Ziele sind. Spezifische Meilensteine für erneuerbare Energien bis 2030 können selbstverständlich erst dann festgelegt werden, wenn Überlegungen zum Stand der Klimapolitik nach 2020, zum Grad des Wettbewerbs auf den europäischen Märkten für Strom, Wärme- und Kälteerzeugung sowie Kraftstoffe und zum Grad der Diversifizierung der Energiequellen und der zu erwartenden technologischen Innovation bis 2020 angestellt worden sind.

9. NÄCHSTE Schritte

Ausgehend von den derzeitigen Rahmenbedingungen gibt es in mehreren Bereichen Maßnahmen, um den Beitrag der erneuerbaren Energien zum Energiemix weiter zu erhöhen, den EU-Energiebinnenmarkt zu stärken, marktbezogene und rechtliche Hemmnisse zu beseitigen, die Wirksamkeit der Förderregelungen für erneuerbare Energien zu steigern, den Ausbau der Energieinfrastrukturen zu beschleunigen, die Verbraucher stärker an den Energiemärkten zu beteiligen und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. In ihrem Jahreswachstumsbericht 2012 verwies die Kommission bereits auf das Wachstumspotenzial einer breiten Nutzung erneuerbarer Energien. Dieser Aspekt wurde auch in den länderspezifischen Empfehlungen vom 30. Mai 2012 weiterverfolgt. Die Kommission wird auch in Zukunft Politikansätzen entgegenwirken, durch die Investitionen in erneuerbare Energien behindert werden, insbesondere durch die schrittweise Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, einen gut funktionierenden Kohlenstoffmarkt und sinnvoll konzipierte Energiesteuern. Hierdurch werden sich neue Möglichkeiten eröffnen und die Integration der erneuerbaren Energien in den Binnenmarkt wird sich durch die Anwendung von Marktpreisen für die Erzeuger (u.a. durch den Austausch bewährter Vorgehensweisen bei der Reform der Förderregelungen) verbessern. Außerdem wird dadurch die internationale Zusammenarbeit bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien erleichtert, da die Mechanismen der Zusammenarbeit in vollem Umfang eingesetzt werden können; so könnte auch ein Beitrag zur Entwicklung der erneuerbaren Energien im südlichen Mittelmeerraum geleistet werden.

Um zu gewährleisten, dass diese Schritte tatsächlich unternommen werden, wird die Kommission im Anschluss an diese Mitteilung vier wesentliche Maßnahmen durchführen:

Fortsetzung der Förderung der Integration der erneuerbaren Energien in den Energiebinnenmarkt und Vorkehrungen für Investitionsanreize auf dem Stromerzeugungsmarkt

Wie auch immer die Meilensteine für erneuerbare Energien nach 2020 aussehen werden, durch sie muss sichergestellt sein, dass erneuerbare Energien bei einer begrenzten, aber wo es notwendig ist wirksamen Förderung, Teil des europäischen Energiemarktes sind und rege gehandelt werden. Außerdem muss gewährleistet sein, dass Europa seine Führungsrolle in Forschung und Industrie beibehält. Nur so können wir auch in Zukunft die Nutzung unserer Erneuerbare-Energien-Ressourcen kosteneffizient und erschwinglich weiter ausbauen und somit die damit verbundenen Wettbewerbs- Wirtschafts- und Beschäftigungspotenziale erschließen. Daher wird die Kommission Vorschläge für eine Erneuerbare-Energien-Politik für die Zeit nach 2020 vorlegen.