Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des UmweltRechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12

Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 4 Absatz 1 Satz 2 UmwRG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 4 Absatz 1 Satz 2 UmwRG) eine Klarstellung erfolgen kann, wonach eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht den Vorgaben des § 3c des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt und deren Ergebnis nicht nachvollziehbar ist, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b UmwRG gleichsteht.

Begründung:

Der bereits heute geltende und neugefasste Satz 2 in § 4 Absatz 1 UmwRG ist missverständlich. Der in Bezug genommene Maßstab des § 3a Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) definiert keine Voraussetzungen für die Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVPPflicht, sondern allein für die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens (vergleiche Urteil des BVerwG vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nummer 3). Danach kann die Einschätzung der zuständigen Behörde über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf überprüft werden, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Einen Maßstab für die Vorprüfung selbst enthält die Vorschrift nicht. Insofern macht der Verweis in einer Vorschrift, die Verfahrensfehler im Zusammenhang mit einer Vorprüfung des Einzelfalls sanktionieren will, keinen Sinn. Daher sollte geprüft werden, ob das Gesetzgebungsverfahren zu einer Klarstellung und entsprechenden Überarbeitung von § 4 Absatz 1 Satz 2 UmwRG genutzt werden kann.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 4 Absatz 1b)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist § 4 Absatz 1b wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die im Gesetzentwurf enthaltene Verweisung des § 4 Absatz 1b Nummer 3 UmwRG-E erscheint jedenfalls unklar, da keine Rechtsgrundlage zur Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens zur Heilung eines Verfahrensfehlers ersichtlich ist, die unberührt bleiben könnte.

Derzeit wie auch auf der Basis des Gesetzentwurfs käme das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unter Zugrundelegung des Wortlauts nicht selbst als Rechtsgrundlage für eine Aussetzung eines gerichtlichen Verfahrens in Betracht, sondern würde eine solche (im Sinne eines Rechtsgrundverweises) gerade voraussetzen.

§ 94 VwGO enthält bereits seit dem 1. Januar 2002 ( § 94 Satz 2 VwGO a. F.) keine Möglichkeit mehr, das gerichtliche Verfahren zur Heilung von Verfahrensfehlern auszusetzen. Der in der Begründung zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz enthaltene Hinweis, dass die Möglichkeit der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens auch nach der Streichung des früheren § 94 Satz 2 der VwGO weiterhin besteht (BT-Drs. 016/2495, S. 14), lässt sich mit dem Wortlaut des § 4 Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz UmwRG in der bisherigen Fassung und mit § 4 Absatz 1b Nummer 3 UmwRG-E nur schwer in Einklang bringen.

Ohne Aussetzung trägt der Kläger das Kostenrisiko im nachfolgenden zweiten Rechtsstreit in voller Höhe. Bei einer Aussetzung hat der Kläger die Möglichkeit, den Rechtsstreit nach Wiederaufnahme für erledigt zu erklären, sollte die Umweltverträglichkeit des in Streit stehenden Vorhabens bejaht werden.

Der neu vorgeschlagene § 4 Absatz 1b Satz 2 eröffnet eine konkrete Rechtsgrundlage zur Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens und gewährleistet dadurch Rechtsklarheit.