Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen
Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

A. Problem und Ziel

Zunehmend sind Fälle von illegalen Kraftfahrzeugrennen zu beobachten, bei denen Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt werden. Vielerorts gibt es eine etablierte "Raser-Szene", die als Freizeitbeschäftigung sowohl organisierte überörtliche Rennen, als auch lokale, teils spontane Beschleunigungsrennen durchführt. Das geltende Recht behandelt solche Rennen als eine verbotene Form der übermäßigen Straßenbenutzung. Verstöße gegen das Verbot werden nach §§ 29 Absatz 1, 49 Absatz 2 Nummer 5 StVO als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Teilnehmende Kraftfahrzeugführer werden in der Regel mit einem Bußgeld in Höhe von 400 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt, Veranstalter mit einer Regelbuße in Höhe von 500 Euro. Die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten haben sich in der Praxis als unzureichend erwiesen. Sie entfalten kaum durchgreifende Abschreckungswirkung, auch weil bei Ordnungswidrigkeiten lediglich ein kurzfristiges Fahrverbot, nicht jedoch eine länger dauernde Entziehung der Fahrerlaubnis möglich ist. Zudem erfasst die Einstufung illegaler Rennen als verwaltungsakzessorische Ordnungswidrigkeit das erhebliche Gefährdungspotential für höchstwertige Rechtsgüter wie Leib und Leben nicht adäquat. Diese Defizite gilt es durch Einführung eines entsprechenden Straftatbestandes im Strafgesetzbuch sowie flankierende Ergänzungen bereits bestehender Regelungen zu beseitigen.

B. Lösung

Der Entwurf führt einen neuen Straftatbestand der Veranstaltung von bzw. der Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen ein, der an die Stelle der bisherigen Bußgeldtatbestände tritt. Zugleich soll für die Fälle, in denen ein Rennteilnehmer grob verkehrswidrig und rücksichtslos Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet, der Vergehenstatbestand des § 315c StGB ergänzt werden. Vervollständigt werden die Vorschriften durch einen als Verbrechen ausgestalteten Qualifikationstatbestand in den Fällen, in denen wenigstens fahrlässig durch die Tat der Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht wurde. Um das Sanktionsinstrumentarium zusätzlich wirksam zu erweitern, soll der neue Grundtatbestand in den Katalog der Delikte, die in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen, aufgenommen werden. Die Heraufstufung zur Straftat zielt auch darauf, die Einziehung der Kraftfahrzeuge von Beteiligten zu ermöglichen. Hierfür wird eine entsprechende Verweisungsnorm in das Gesetz eingefügt.

C. Alternativen

Beibehaltung des bisherigen, unbefriedigenden Zustands, der nicht sämtliche strafwürdigen Verhaltensweisen in angemessener Weise erfasst.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Durch die Schaffung neuer und die Erweiterung bestehender Strafvorschriften können den Länderhaushalten zusätzliche Kosten entstehen, deren genaue Höhe sich mangels konkreter Zahlen derzeit nicht näher beziffern lässt. Diesem

Kostenzuwachs stehen infolge der Streichung von Ordnungswidrigkeitentatbeständen verringerte Aufwendungen für Bußgeldverfahren in nicht konkret abschätzbarem Umfang gegenüber.

Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen
Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

Die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf, 30. Juni 2016

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen der Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2016 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Hannelore Kraft

Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel ... des Gesetzes vom (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe " § 315d Schienenbahnen im Straßenverkehr" durch die Angabe " § 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen" ersetzt und nach dieser Angabe die Angabe " § 315e Schienenbahnen im Straßenverkehr" eingefügt.

2. In § 69 Absatz 2 wird folgende Nummer 1a eingefügt:

1a. des verbotenen Kraftfahrzeugrennens ( § 315d StGB)."

3. In § 315c Absatz 1 Nummer 2 wird nach dem Buchstaben g) folgender Buchstabe h) eingefügt:

"h) als Kraftfahrzeugführer an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt,"

4. § 315d wird wie folgt gefasst:

" § 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen

5. Der bisherige § 315d wird § 315e.

6. Nach § 315e wird folgender § 315f eingefügt:

" § 315f Einziehung

Kraftfahrzeuge, auf die sich eine Tat nach § 315c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe h) oder nach § 315d Absatz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 bezieht, können eingezogen werden.

§ 74a ist anzuwenden."

7. In § 316 Absatz 1 werden die Worte "" §§ 315 bis 315d" durch die Worte " §§ 315 bis 315e" ersetzt.

Artikel 2
Änderung der Straßenverkehrsordnung

§ 49 Absatz 2 Nummer 5 StVO wird wie folgt gefasst "5. (weggefallen)".

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Immer häufiger sind Fälle von illegalen Kraftfahrzeugrennen zu beobachten, bei denen Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt werden. Vielerorts gibt es eine etablierte "Raser-Szene", die als Freizeitbeschäftigung regelmäßig nicht genehmigte Rennen durchführt. Diese finden in Form überörtlicher Veranstaltungen und als lokale, teils spontane Beschleunigungsrennen statt. Das geltende Recht behandelt solche Rennen als eine verbotene Form der übermäßigen Straßenbenutzung. Verstöße gegen das Verbot werden nach §§ 29 Absatz 1, 49 Absatz 2 Nummer 5 StVO als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Für teilnehmende Kraftfahrzeugführer sieht der Bußgeldkatalog eine Geldbuße in Höhe von 400 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot vor, für Veranstalter ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro. Die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten haben sich in der Praxis als unzureichend erwiesen. Die bestehenden Regelungen entfalten nach Einschätzung von Polizei und Unfallforschern bei Tätern, die sich über die Geschwindigkeit ihrer Fahrzeuge definieren, kaum durchgreifende Abschreckungswirkung. Die Möglichkeit, mit der Verhängung eines Fahrverbots auf Betroffene nachhaltig einzuwirken, ist schon durch die gesetzliche Höchstdauer von drei Monaten begrenzt. Zudem bildet die Einstufung von Verstößen gegen das Rennverbot als verwaltungsakzessorische Ordnungswidrigkeit das Gefährdungspotential für höchstwertige Rechtsgüter wie Leib und Leben nur unzureichend ab. Erhebliche Risiken für andere Verkehrsteilnehmer bestehen bei illegalen Rennen schon allein wegen der gefahrenen Geschwindigkeiten und der damit verbundenen Gefahr des Kontrollverlustes über die Fahrzeuge. Das strafrechtliche Instrumentarium greift dagegen erst dann, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind oder infolge eines gesetzlich benannten qualifizierten Verkehrsverstoßes eine konkrete Gefahr eingetreten ist.

Diese Lücke soll durch die Einführung der neuen Vorschriften geschlossen werden. Der Entwurf zielt darauf, den Schutz vor illegalen Kraftfahrzeugrennen schon im Vorfeld konkreter Rechtsgutsgefährdungen zu verbessern und schlägt hierfür die Einführung eines neuen § 315d Absatz 1 StGB vor. Dieser stellt bei solchen Rennen die Veranstaltung und Teilnahme, die bislang lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden konnten, unter Kriminalstrafe.

Um auch die Fälle, in denen eine konkrete Lebens-, Leibes- oder erhebliche Sachgefahr eingetreten ist, vollständig zu erfassen, soll die Teilnahme von Kraftfahrzeugführern an nicht genehmigten Rennen in den Katalog der verkehrsrechtlichen "Todsünden" in § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB aufgenommen werden.

Für schwerste Fälle, in denen die Tat zum Tode oder zu erheblichen Schäden an der Gesundheit Unbeteiligter führt, wird in § 315d Absatz 2 StGB-E ein neuer Qualifikationstatbestand vorgeschlagen, der in Anlehnung an die Verweisungsregelung in § 315b Absatz 3 StGB die Gesetzesmerkmale des § 315 Absatz 3 Nummer 2 StGB in Bezug nimmt und eine Bestrafung als Verbrechen sowie einen minder schweren Fall vorsieht.

Damit Veranstalter und Teilnehmer von Rennen künftig auch längerfristig oder dauerhaft an Wiederholungstaten gehindert werden können, soll ihnen bei Taten nach § 315d StGB-E im Regelfall die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist verhängt werden können. Hierfür schlägt der Entwurf eine entsprechende Ergänzung des Kataloges der Regelbeispiele in § 69 Absatz 2 StGB vor.

Zur nachhaltigen Einwirkung auf die Teilnehmer an illegalen Rennen soll auch die Einziehung ihrer Kraftfahrzeuge ermöglicht werden. Da die hierfür geltenden Vorschriften auf sogenannte Beziehungsgegenstände, deren Einsatz notwendigerweise Teil der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands ist, nicht unmittelbar anwendbar sind, ist eine entsprechende Verweisungsregelung in einem neuen § 315f StGB vorgesehen. Damit Mitglieder der "Szene" die Einziehung nicht durch Tausch oder Veräußerung von Fahrzeugen umgehen können, soll durch besondere Bezugnahme auf § 74a StGB auch die sogenannte Dritteinziehung ermöglicht werden.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 Grundgesetz.

III. Auswirkungen

Durch die Ausweitung der Strafbarkeit kann ein Mehraufwand für die Strafverfolgungsbehörden entstehen, dessen Umfang derzeit nicht quantifizierbar ist. Im Übrigen werden jedoch keine Mehrkosten entstehen. Für Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Infolge der Einfügung eines neuen § 315d StGB in das Gesetz und der Umbenennung des bisherigen § 315d StGB in § 315e StGB ist die Inhaltsübersicht entsprechend anzupassen.

Zu Nummer 2 (§ 69 Absatz 2 Nummer 1a - neu -)

Nach geltendem Recht ist bei Verstößen gegen das Verbot nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen die Verhängung eines Fahrverbotes mit einer Dauer von einem bis zu drei Monaten möglich. Nach Ablauf dieser Frist ist eine erneute Verkehrsteilnahme des Betroffenen ohne Weiteres zulässig. Infolgedessen sind die Möglichkeiten, mit der Sanktion Betroffene nachhaltig zu beeindrucken, eingeschränkt.

Der Entwurf sieht auch insoweit ein schärferes Instrumentarium vor. Er zielt darauf, die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Absatz 1 StGB und die Verhängung einer Sperrfrist nach § 69a StGB für die Dauer von in der Regel sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu ermöglichen. Die für die Anordnung der Maßregel erforderliche Anlasstat schafft der Entwurf durch die Einführung des neuen § 315d StGB. Um die Anordnung zusätzlich zu erleichtern, soll diese Vorschrift in den Katalog der Delikte aufgenommen werden, bei denen nach § 69 Absatz 2 StGB in der Regel die für die Fahrerlaubnisentziehung vorausgesetzte Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen angenommen wird.

Zu Nummer 3 (§ 315c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe h - neu -)

Die Verursachung einer konkreten Lebens-, Leibes oder erheblichen Sachgefahr durch verkehrswidriges Verhalten von Verkehrsteilnehmern wird in § 315c StGB unter Strafe gestellt. Hierfür wird bei fahrtüchtigen Tätern ein abstrakt besonders gefährlicher Verkehrsverstoß vorausgesetzt. Die in Betracht kommenden Verstöße sind in § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB abschließend einzeln benannt. Von Bedeutung für die Strafbarkeit von "Rasern" können etwa das Nichtbeachten der Vorfahrt, falsches Fahren beim Überholen oder an Fußgängerüberwegen sowie Verkehrsverstöße an unübersichtlichen Stellen sein. Die Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen ist dagegen in dem gesetzlichen Katalog nicht aufgeführt. Sie ist für sich genommen auch dann nicht strafbar, wenn eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben anderer eingetreten ist. Gerät etwa ein beteiligtes Fahrzeug auf einer breiten, übersichtlichen Straße außer Kontrolle und verfehlt auf dem Gehweg nur zufällig einen Fußgänger, kommt § 315c StGB bislang nicht zur Anwendung. Dies erscheint nicht sachgerecht, zumal die abstrakte Gefährlichkeit illegaler Rennen derjenigen der aktuell gesetzlich benannten Verkehrsverstöße vergleichbar ist. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die nachstehende Begründung zu Nummer 4 verwiesen.

Diese Lücke soll geschlossen werden, indem die Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen als Kraftfahrzeugführer in den Katalog des § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB aufgenommen wird.

Zu Nummer 4

(§ 315d Absatz 1 - neu -)

Die Beteiligung an nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen wird bislang nach §§ 29 Absatz 1, 49 Absatz 2 Nummer 5 StVO als Ordnungswidrigkeit geahndet. Teilnehmende Kraftfahrzeugführer werden im Regelfall mit einer Geldbuße in Höhe von 400 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt (Nr. 248 der Anlage zu § 1 Absatz 1 BKatV; TBNR 129618 des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs). Für Verantwortliche, die nicht genehmigte Kraftfahrzeugrennen veranstalten, ist die Verhängung einer Regelbuße von 500 Euro vorgesehen (Nr. 249 der Anlage zu § 1 Absatz 1 BKatV; TBNR 129624 des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs).

Weder die Einstufung als Ordnungswidrigkeit noch die vorgesehenen Rechtsfolgen werden dem Gewicht der durch illegale Rennen bedrohten Rechtsgüter gerecht. Das Gefährdungspotential solcher Rennen ist dem von Trunkenheitsfahrten vergleichbar, die nach § 316 StGB unter Strafe gestellt sind. In beiden Fällen werden durch das nicht verkehrssichere Führen eines Kraftfahrzeugs erhebliche Risiken für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer geschaffen, die sich jederzeit realisieren können. Der Grad der Rechtsgutsgefährdung geht über denjenigen von ordnungswidrigen Geschwindigkeitsübertretungen deutlich hinaus. Rennteilnehmer werden zusätzlich durch den Wettbewerb untereinander bestärkt, Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht zu lassen und für einen Zuwachs an Geschwindigkeit den Verlust der Kontrolle über ihre Fahrzeuge zumal in unvorhergesehenen Verkehrssituationen in Kauf zu nehmen. Zudem ist ihre Aufmerksamkeit - anders als bei "normalen" Geschwindigkeitsübertretungen - nicht allein auf den Straßenverkehr gerichtet, sondern notwendigerweise auch durch Mitbewerber gebunden.

Der Entwurf schlägt deshalb die Einfügung eines neuen § 315d Absatz 1 StGB in das Strafgesetzbuch vor. Er greift dabei die bereits bestehenden Ordnungswidrigkeitentatbestände auf und gestaltet sie als Straftatbestände aus. Danach ist in einer Nummer 1 die Strafbarkeit des Veranstaltens eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens vorgesehen, in einer Nummer 2 die der Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem solchen Rennen. Wie bisher soll ausschließlich die Beteiligung an nicht genehmigten Rennen geahndet werden. Damit bleiben Wettbewerbe, für die die zuständigen Stellen auf Antrag nach § 46 Absatz 2 Satz 1 und 3 StVO eine Genehmigung erteilt haben, von der Strafdrohung ausgenommen. Der Entwurf greift zudem auf bereits eingeführte Gesetzesmerkmale zurück. Ein Rennen ist demnach ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache aller Beteiligten nicht bedarf (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 5. März 2013 - III-1 RBs 24/13 -, juris, m. w. N.). Wie sich hieraus ergibt, ist der Begriff der Teilnahme an einem Rennen nicht im Sinne der Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches als Anstiftung oder Beihilfe zu verstehen, sondern als Tätigkeit derjenigen Kraftfahrzeugführer, die untereinander den Geschwindigkeitswettbewerb austragen. Der Veranstalter eines Rennens ist derjenige, der als geistiger und praktischer Urheber, Planer und Veranlasser die Veranstaltung vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt. Tätigkeiten, die ausschließlich im Stadium der Durchführung erbracht werden, genügen nicht, um eine Veranstaltereigenschaft zu begründen (zu vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. November 2010 - 3 (4) SsBs 559/10 AK 203/10 -, BeckRS 2011, 07501). Die Strafbarkeit einer Beteiligung von anderen als den teilnehmenden Kraftfahrzeugführern im Durchführungsstadium und von Hilfspersonen im Vorbereitungsstadium richtet sich nach den allgemeinen Regeln von Täterschaft und Teilnahme.

Um das Gefährdungspotential von verbotenen Kraftfahrzeugrennen in allen denkbaren Ausprägungen vollständig zu erfassen, sieht der Entwurf einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von drei Jahren vor. Die Strafrahmenobergrenze ist oberhalb derjenigen der Trunkenheit im Verkehr bzw. von fahrlässigen Begehungsformen der Gefährdung des Straßenverkehrs angesiedelt. Die abstrakte Gefährlichkeit und der Unrechtsgehalt von illegalen Rennen größeren Ausmaßes mit zahlreichen Teilnehmern können bedeutend höher sein als bei einer durch einen Einzelnen begangenen Trunkenheits- bzw. Gefährdungsfahrt, auch wenn bei dieser zur abstrakten Gefährlichkeit eine konkrete Rechtsgutsgefährdung hinzutritt. Zudem soll auch aus general- und spezialpräventiven Gründen im Einzelfall die Verhängung nicht bewährungsfähiger Freiheitsstrafen gegen beharrliche Mitglieder der "Szene" möglich sein.

(§ 315d Absatz 2 - neu -)

Die Gefährlichkeit von Rennen, die im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt werden, kann sich jederzeit in der Tötung oder in körperlichen Schädigungen weiterer Verkehrsteilnehmer verwirklichen. Werden diese Folgen nicht vorsätzlich verursacht, ist dies nach geltendem Recht als fahrlässige Tötung bzw. fahrlässige Körperverletzung strafbar und mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf bzw. drei Jahren bedroht. Das ist dann nicht mehr angemessen, wenn bei Rennen Unbeteiligte zu Tode kommen oder Schäden erleiden, die einer schweren Körperverletzung vergleichbar sind. Ebenso liegt es, wenn einer großen Zahl Menschen gesundheitliche Schäden zugefügt werden. Der Unrechtsgehalt der Tat ist in solchen Fällen qualitativ anders und erheblich höher als derjenige, der in §§ 222 bzw. 229 StGB vertypt ist. Wesentlich hierfür ist die vorsätzliche Herbeiführung der zugrunde liegenden Gefahr durch die Beteiligung an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen.

Daher schlägt der Entwurf für solche Fälle in einem neuen § 315d Absatz 2 StGB eine Erfolgsqualifikation und eine Strafbarkeit als Verbrechen vor. Die Regelung soll in Anlehnung an § 315b Absatz 3 StGB als Verweisung auf § 315 Absatz 3 Nummer 2 StGB ausgestaltet werden. Über die dortigen Fälle von Gesundheitsschädigungen hinaus soll die Verursachung des Todes eines anderen Menschen ausdrücklich in den Tatbestand aufgenommen werden. Anderenfalls käme bei fahrlässiger Verursachung der schwerer wiegenden Todesfolge lediglich der Vergehenstatbestand des § 222 StGB, bei fahrlässig verursachten Gesundheitsschädigungen dagegen der Verbrechenstatbestand zur Anwendung (zu vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage [2015], § 315, Rn. 24). Mit der Verweisungsregelung soll auf bereits bestehende Gesetzesmerkmale und ihre Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden können. Danach umfasst der Begriff der schweren Gesundheitsschädigung neben der schweren Körperverletzung insbesondere auch langwierige ernsthafte Erkrankungen sowie den Verlust oder eine erhebliche Einschränkung im Gebrauch der Sinne, des Körpers und der Arbeitsfähigkeit. Allerdings darf der Begriff mit Blick auf die hohe Mindeststrafe nicht weit ausgelegt werden (zu vgl. a. a. O.,Rn. 23, § 306b, Rn. 4).

Vorgesehen ist ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr für den Grundfall, für minder schwere Fälle von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Die differenzierte Regelung trägt einerseits der Vielgestaltigkeit möglicher Taten Rechnung und wirkt andererseits mit einer in jedem Fall erhöhten Mindeststrafe der Verhängung unangemessen niedriger Strafen entgegen. Anders als bei der fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr ist ein Bedürfnis nach der Möglichkeit, Geldstrafen zu verhängen, hier nicht gegeben.

Zu Nummer 5 (§ 315e - neu -)

Der bisherige § 315d StGB, der für Schienenbahnen, die am Straßenverkehr teilnehmen, eine Verweisungsregelung enthält, wird zu § 315e StGB. Diese Umgliederung erfolgt aus systematischen Gründen. Der neue Straftatbestand für verbotene Kraftfahrzeugrennen dient ebenso wie §§ 315b und 315c StGB dem Schutz des Straßenverkehrs. Er soll deshalb auch räumlich in unmittelbarem Zusammenhang mit ihnen stehen und nicht nach der Verweisungsnorm in das Gesetz eingefügt werden.

Zu Nummer 6 (§ 315f - neu -)

Mitglieder der "Raser-Szene", die sich über die Geschwindigkeit ihrer Fahrzeuge definieren, sind besonders nachhaltig durch deren Einziehung zu beeindrucken. Allerdings sind die entsprechenden Vorschriften nicht unmittelbar anwendbar, weil die Kraftfahrzeuge, die bei der Teilnahme an verbotenen Rennen benutzt werden, nicht als Einziehungsgegenstände, sondern als sogenannte Beziehungsgegenstände anzusehen sind. Diese sind nicht lediglich ein beliebiges Mittel zur Tatverwirklichung. Vielmehr gehört ihre Verwendung schon begrifflich zur Tatbestandserfüllung und erschöpft sich in dem Gebrauch, auf dessen Verhinderung der betreffende Tatbestand abzielt (zu vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage [2015], § 74, Rn. 10; LK-Schmidt, 12. Auflage [2008], § 74, Rn. 19; Schönke/Schröder-Eser, 29. Auflage [2014], § 74, Rn. 12a; MüKo-StGB/Joecks, 1. Auflage [2005], § 74, Rn. 16; BGHSt 10, 28). Eine Erstreckung der gesetzlichen Regelungen zur Einziehung auch auf Beziehungsgegenstände ist nach § 74 Absatz 4 StGB durch entsprechende besondere Vorschriften möglich. Für die Kraftfahrzeuge von Teilnehmern an illegalen Rennen macht der Entwurf in einem neuen § 315f StGB von dieser Möglichkeit Gebrauch. In Satz 1 soll auf die Einziehungsvorschriften insgesamt und in Satz 2 besonders auf § 74a StGB verwiesen werden. Nach dieser Norm können auch Beziehungsgegenstände eingezogen werden, die im Eigentum Dritter stehen. Dies ist in zwei Fällen möglich. Entweder haben die Eigentümer wenigstens leichtfertig dazu beigetragen, dass ihre Sachen oder Rechte Gegenstand der Tat gewesen sind, oder sie haben die Beziehungsgegenstände in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben. Durch die Verweisung auf § 74a StGB soll sichergestellt werden, dass auch Fahrzeuge eingezogen werden können, die sich Mitglieder der "Szene" wechselseitig für Rennfahrten überlassen oder voneinander erwerben, um sie der Einziehung zu entziehen.

Der neue § 315f StGB soll nach der Vorschrift über die Schienenbahnen in das Gesetz eingefügt werden, um den räumlichen Zusammenhang der Normen über den Verkehr, auf die § 316 StGB verweist, zu erhalten.

Zu Nummer 7 (§ 316)

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung zu den vorstehenden Änderungen.

Zu Artikel 2 (Änderung der Straßenverkehrsordnung)

Mit der Vorschrift wird der bisherige Ordnungswidrigkeitentatbestand gestrichen. Er wird mit der Einführung der vorstehenden neuen Straftatbestände entbehrlich. Diese regeln die vorsätzliche Beteiligung an verbotenen Kraftfahrzeugrennen umfassend.

Eine lediglich fahrlässige Veranstaltung von oder Teilnahme an solchen Rennen erscheint dagegen nicht denkbar.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.