Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung einer Fazilität des finanziellen Beistands für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist - COM (2012) 336 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Das Europäische Parlament und die Europäische Zentralbank werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 255/01 = AE-Nr. 011016

Europäische Kommission
Brüssel, den 22.6.2012
COM (2012) 336 final
2012/0164 (APP)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung einer Fazilität des finanziellen Beistands für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist

Begründung

1. Hintergrund

Am 18. Februar 2002 wurde die Verordnung (EG) Nr. 332/2002 zur Einführung einer Fazilität des finanziellen Beistands der Union erlassen. Die Verordnung zielt darauf ab, den Fremdfinanzierungsbedarf von Mitgliedstaaten zu mindern, die sich in Zahlungsbilanzschwierigkeiten befinden oder denen gravierende Zahlungsbilanzschwierigkeiten drohen. Die Verordnung gilt nur für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist. Die beispiellose globale Krise, die in den letzten Jahren weltweit um sich griff, hat Wirtschaftswachstum und Finanzstabilität erheblich beeinträchtigt und die Lage der Mitgliedstaaten in Bezug auf Staatsdefizit, Zahlungsbilanz und Schuldenposition verschlechtert. Dies hat einige Mitgliedstaaten veranlasst, um finanziellen Beistand zu ersuchen.

Im Kontext der Wirtschafts- und Finanzkrise wurden mit der Einrichtung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), des Europäischen Finanzstabilitätsmechanismus (EFSM) und demnächst des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) neue Unterstützungsinstrumente geschaffen. Die geltende Verordnung hat mit diesen Entwicklungen aber nicht Schritt gehalten. Insbesondere wurden mit diesen Finanzstabilitätsmechanismen neue vorsorgliche Instrumente zur finanziellen Unterstützung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets geschaffen. Im Zuge der Überarbeitung der bestehenden Verordnung sollen nun auch Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, vergleichbare Finanzinstrumente zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus bietet diese Überarbeitung die Möglichkeit, die Verordnung zu aktualisieren, dabei der jüngsten Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung und der wirtschafts- und haushaltspolitischen Koordinierung Rechnung zu tragen und damit für mehr Wettbewerbsgleichheit zwischen dem Euroraum angehörenden und nicht dem Euroraum angehörenden Mitgliedstaaten zu sorgen.

Zu guter Letzt dürfte die Verordnung auch zu einer effizienteren Beschlussfassung beitragen, indem das Verfahren zur Inkraftsetzung der Verordnung vereinfacht wird und statt zwei Verfahrensschritten nur noch einer vorgesehen ist.

2. Rechtliche Aspekte

Durch die Verordnung wird eine Fazilität für die Gewährung eines finanziellen Beistands der Union für Mitgliedstaaten geschaffen, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören und die von Zahlungsbilanzschwierigkeiten betroffen oder bedroht sind (Artikel 1). Der finanzielle Beistand kann in Form eines Darlehens oder einer Kreditlinie von maximal 50 Mrd. EUR gewährt werden (Artikel 2). Bei der Kreditlinie kann es sich um eine vorsorgliche bedingte Kreditlinie ("precautionary conditioned credit line" - PCCL), also eine an bestimmte Anspruchsvoraussetzungen geknüpfte Kreditlinie, handeln oder um eine Kreditlinie mit verschärften Bedingungen ("enhanced conditions credit line" - ECCL), d.h. eine Kreditlinie, die bei Erfüllung bestimmter Anspruchsvoraussetzungen und gleichzeitiger Einleitung neuer politischer Maßnahmen bereitgestellt wird (Artikel 4).

Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission beschließen, ein Darlehen zu gewähren (Artikel 3). Die Gewährung eines Darlehens ist an die Auflage geknüpft, dass der betreffende Mitgliedstaat ein makroökonomisches Anpassungsprogramm beschließt, das auf die Wiederherstellung einer tragfähigen Zahlungsbilanzposition sowie der Fähigkeit zur vollständigen Eigenfinanzierung auf den Finanzmärkten abzielt. Die Kommission überwacht gemeinsam mit der EZB und gegebenenfalls mit dem IWF die bei der Umsetzung des makroökonomischen Anpassungsprogramms erzielten Fortschritte und führt zu diesem Zweck regelmäßige Überprüfungsmissionen durch.

Die überarbeitete Verordnung enthält neue Vorschriften, die auf die Förderung des Dialogs über die Durchführung des finanziellen Beistands und damit auf mehr Transparenz und eine stärkere Rechenschaftspflicht abzielen. So kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Teilnahme an einer Aussprache über die bei der Durchführung des Anpassungsprogramms erzielten Fortschritte geben. Und das Parlament des betreffenden Mitgliedstaats kann seinerseits Vertreter der Kommission zu einem Gedankenaustausch über die bei der Durchführung des makroökonomischen Anpassungsprogramms erzielten Fortschritte einladen.

Den Beschluss zur Gewährung einer vorsorglichen bedingten Kreditlinie oder einer Kreditlinie mit verschärften Bedingungen fasst der Rat auf Empfehlung der Europäischen Kommission (Artikel 5). Der Zugang zu einer vorsorglichen bedingten Kreditlinie bleibt Mitgliedstaaten vorbehalten, deren wirtschaftliche und finanzielle Lage grundsätzlich noch solide ist und die bestimmte festgelegte Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Zugang zu einer Kreditlinie mit verschärften Bedingungen haben Mitgliedstaaten, die bestimmte Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer bedingten Kreditlinie nicht erfüllen, deren allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Lage aber noch als solide anzusehen ist. Zusätzlich dazu hat der betreffende Mitgliedstaat Korrekturmaßnahmen zu treffen. Diese sollten bei den als nicht erfüllt angesehenen Anspruchsvoraussetzungen ansetzen, auf die Gewährleistung einer tragfähigen Zahlungsbilanzposition abzielen und gleichzeitig sicherstellen, dass die zum Zeitpunkt der Gewährung der Kreditlinie als erfüllt angesehenen Anspruchsvoraussetzungen dauerhaft eingehalten werden.

Ein Mitgliedstaat, der einen vorsorglichen finanziellen Beistand erhält, wird einer verstärkten Überwachung unterworfen, damit seine rasche Rückkehr zu normalen Verhältnissen gewährleistet und die anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vor möglichen negativen Spillover-Effekten geschützt werden können (Artikel 6). Die verstärkte Überwachung sollte einen umfassenderen Zugang der Kommission zu Informationen beinhalten, die für ein sorgfältiges Monitoring der wirtschaftlichen, haushaltspolitischen und finanziellen Lage des betreffenden Mitgliedstaats und für eine regelmäßige Berichterstattung durch die Kommission benötigt werden. Ein Mitgliedstaat, der einer verstärkten Überwachung unterliegt, erlässt Maßnahmen zur Behebung der potenziellen Ursachen wirtschaftlicher Schwierigkeiten.

Mit der neuen Verordnung wird zudem der Versuch unternommen, mehrere wesentliche Verfahrensschritte mit der künftigen Verordnung zu Artikel 136 in Einklang zu bringen, die Mitgliedstaaten in schwieriger Finanzlage zum Gegenstand hat. Ziel ist es, in allen EU-Programmländern so weit wie möglich für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, unabhängig davon, ob sie dem Euro-Währungsgebiet angehören oder nicht. Die überarbeitete Verordnung sieht vor, mehrere Schritte der Überwachung im Rahmen des Defizitverfahrens und des Europäischen Semesters durch das makroökonomische Anpassungsprogramm und dessen Überwachung zu ersetzen (Artikel7 und 9). Angesichts seines umfassenden Charakters kann das makroökonomische Anpassungsprogramm für die Dauer seiner Laufzeit bestimmte Prozesse der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung ersetzen und damit Doppelarbeit bei der Wahrnehmung der Berichtspflichten vermeiden. Ebenso gewährleistet die überarbeitete Verordnung die Aussetzung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten, wenn für einen Mitgliedstaat ein makroökonomisches Anpassungsprogramm festgelegt wurde, (Artikel 8) und verlangt eine Überwachung nach Gewährung des finanziellen Beistands bei Mitgliedstaaten, die weniger als 75 % des erhaltenen Beistands zurückgezahlt haben (Artikel 15).

Schließlich werden die Anleihe- und Darlehenstransaktionen für die Europäische Kommission etwas flexibler gestaltet, so dass unter schwierigen Finanzmarktbedingungen etwaige Probleme bei der Mittelaufnahme in Grenzen gehalten werden (Artikel 12). 2012/0164 (APP)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung einer Fazilität des finanziellen Beistands für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 352, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

Artikel 2
Finanzieller Beistand der Union

Artikel 3
Bedingungen und Verfahren für die Gewährung von Darlehen

Artikel 4
Bedingungen für die Gewährung von Kreditlinien

Artikel 5
Verfahren zur Gewährung von Kreditlinien

Artikel 6
Verstärkte Überwachung

Artikel 7
Kohärenz mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

Artikel 8
Kohärenz mit dem Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten

Für Mitgliedstaaten, die einem vom Rat im Einklang mit Artikel 3 Absatz 2 dieser

Verordnung angenommenen makroökonomischen Anpassungsprogramm unterliegen, wird die Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 ausgesetzt. Diese Aussetzung gilt für die Dauer des makroökonomischen Anpassungsprogramms.

Artikel 9
Kohärenz mit dem Europäischen Semester zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik

Die in Artikel3 dieser Verordnung vorgesehene Überwachung gilt als Ersatz für die Überwachung und Bewertung des Europäischen Semesters zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik nach Artikel 2a der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken.

Artikel 10
Auszahlung eines Darlehens

Artikel 11
Freigabe von Mitteln im Rahmen einer Kreditlinie

Artikel 12
Anleihe- und Darlehenstransaktionen

Artikel 13
Kosten

Die Kosten, die der Union beim Abschluss und bei der Durchführung der einzelnen Transaktionen entstehen, werden von dem betreffenden Mitgliedstaat getragen.

Artikel 14
Verwaltung der Darlehen

Artikel 15
Überwachung nach Gewährung des Beistands

Artikel 16
Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 332/2002 wird aufgehoben. Ein finanzieller Beistand, der aufgrund der vorgenannten Verordnung gewährt wurde, unterliegt weiter jener Verordnung, solange der Bereitstellungszeitraum nicht abgelaufen ist und solange noch Beträge ausstehen.

Artikel 17
Übergangsvorschriften

Artikel 15 findet keine Anwendung auf Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung einen finanziellen Beistand nach der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 erhalten haben und bereits einer Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms unterliegen.

Artikel 18
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates Der Präsident