Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+20 - Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer Governance KOM (2010) 363 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 180/01 = AE-Nr. 010733,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144 und AE-Nr. 040141

Brüssel, den 20.6.2011 KOM (2011) 363 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+20 - Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer Governance

1. RIO+20: eine Gelegenheit, die sich die Welt nicht entgehen lassen darf

Im Juni 2012 werden alle Augen auf Rio de Janeiro gerichtet sein, wo Staats- und Regierungschefs 20 Jahre nach dem ersten "Erdgipfel" an der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung1 teilnehmen werden (UNCSD oder "Rio+20"). Rio+20 ist eine Folgekonferenz zu früheren Weltgipfeln: der UN-Konferenz über die menschliche Umwelt von Stockholm (1972), der Konferenz über Umwelt und Entwicklung ("Erdgipfel") von Rio de Janeiro (1992) und dem Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung von Johannesburg (2002). Außerdem knüpft sie an den UN-Millenniumsgipfel von 2000 und die Aufstellung der Millenniums-Entwicklungsziele (Millenium Development Goals - MDG) an.

Rio+20 bietet unserer in gegenseitiger Abhängigkeit befindlichen Welt eine einzigartige Gelegenheit, ein erneuertes politisches Engagement für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Auf dem Gipfel werden Fortschritte geprüft, Umsetzungslücken ermittelt und neue Herausforderungen in Angriff genommen. Dies wird im Rahmen zweier miteinander verknüpfter Themen geschehen: "Umweltverträgliche Wirtschaft im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung" und "Der institutionelle Rahmen für nachhaltige Entwicklung".

Rio+20 kann einen beschleunigten und tiefgreifenden weltweiten Übergang zu einer umweltverträglichen Wirtschaft einläuten - einer Wirtschaft, die Wachstum generiert, Arbeitsplätze schafft und Armut bekämpft, indem sie in das Naturkapital, von dem langfristig das Überleben unseres Planeten abhängt, investiert und dieses erhält. Außerdem kann die notwendige Reform der internationalen Governance im Bereich der nachhaltigen Entwicklung eingeleitet werden.

Die Europäische Kommission will dazu beitragen, dass Rio+20 ein Erfolg wird. Als Grundlage für weitere Erörterungen mit den EU-Organen, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und Ländern weltweit wird in dieser Mitteilung dargestellt, welche potenziellen konkreten Ergebnisse auf dem Rio+20-Gipfel nach erster Einschätzung der Kommission erzielt werden könnten. Dabei werden die verschiedenen EU-Politiken, die für die nachhaltige Entwicklung von Bedeutung sind, sowie die Strategie Europa 2020 zugrunde gelegt und auch eine im Februar 2011 lancierte öffentliche Konsultation2 mitberücksichtigt.

2. Bilanz seit 1992: Umsetzungslücken künftige Herausforderungen

2.1. Nachhaltige Entwicklung auf internationaler Ebene

In den vergangenen Jahrzehnten konnten eine Reihe positiver weltweiter Trends verzeichnet werden. Dies gilt besonders für die Einkommensentwicklung, da zwischen 2000 und 2005 über 120 Millionen Menschen die "Ein-Dollarpro-Tag"-Schwelle überschritten haben. Auch in den Bereichen Bildung, Gesundheitsfürsorge und Wasser hat es Verbesserungen gegeben.

Die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und das 1992 in Rio ausgehandelte Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biodiversity - CBD) haben gezeigt, was durch weltweites Handeln möglich ist. Die Klimaverhandlungen in Cancún von 2010 erbrachten Fortschritte hin zu einer neuen weltweiten Governance im Bereich des Klimaschutzes sowie im Hinblick auf das Ziel, den durch den Klimawandel bedingten Temperaturanstieg auf unter 2 °C zu halten. Auf dem Biodiversitätsgipfel 2010 in Nagoya wurden ebenfalls erhebliche Fortschritte erzielt. Außerdem liegen wesentlich mehr wissenschaftliche Informationen vor, die Öffentlichkeit ist sehr viel sensibler für Umweltfragen und insbesondere den Klimawandel geworden, und die Mitwirkung der Zivilgesellschaft an der globalen Politikgestaltung hat - nicht zuletzt dank der verbesserten Internet-Kommunikation - stark zugenommen.

In den letzten 20 Jahren sind eine Reihe von Entwicklungsländern zu wichtigen wirtschaftlichen und politischen Akteuren geworden. Als Folge ist ein neues Gleichgewicht von Kräften und Einflüssen im Entstehen begriffen, aus dem sich neue Rollen ergeben, für die wiederum neue Verantwortlichkeiten übernommen werden müssen.

Trotz positiver Entwicklungen bestehen aber weiterhin erhebliche Umsetzungslücken und Herausforderungen, die als Teil der Agenda für Rio+20 in Angriff genommen werden müssen. Etwa 1,4 Milliarden Menschen leben nach wie vor in extremer Armut (ein großer Teil davon in Subsahara-Afrika und Südasien), und ein Sechstel der Weltbevölkerung ist unterernährt. Mehrere der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) sind von ihrer Verwirklichung weit entfernt. Was z.B. das MDG für die Abwasserentsorgung anbelangt, so verfügt nur die Hälfte der Bevölkerung in den Entwicklungsländern über eine sanitäre Grundversorgung. Die Fortschritte im Hinblick auf die MDG sind geografisch sehr ungleich verteilt, und einige Regionen liegen hinter anderen zurück. Außerdem ist in keinem einzigen fragilen Staat auch nur ein MDG verwirklicht worden. Die Bemühungen, diesen Problemen zu begegnen, wurden durch die jüngste Wirtschaftskrise und die steigenden Nahrungsmittelpreise erschwert, durch die sich die Zahl der in Armut lebenden Menschen erhöht hat.

Zahlreiche Umweltprobleme sind nicht gelöst worden und haben sich verschärft. Der zunehmende Bedarf an Ressourcen (z.B. Flächen, Wasser, Wälder, Ökosysteme) hat zu einer immer stärkeren Erschöpfung und Verschlechterung dieser Ressourcen geführt, und der Verlust an biologischer Vielfalt sowie die Entwaldung schreiten in alarmierendem Tempo fort. Knappheit an Rohstoffressourcen sowie der Zugang zu diesen Ressourcen werden ebenfalls zu Fragen von globaler Bedeutung. Die weltweiten Treibhausgasemissionen nehmen, begünstigt durch Landnutzungsänderungen und den steigenden Bedarf an fossilen Brennstoffen, weiter zu. Darüber hinaus können die Auswirkungen des Klimawandels (z.B. sich verändernde Niederschlagsverhältnisse und Anstieg des Meeresspiegels) zu einer erheblichen Verschärfung bestehender Umweltprobleme führen. Der Raubbau an und die Verschmutzung von Wasserressourcen und Meeresumwelt führen zu immer gravierenderen Problemen, und im Jahr 2025 könnte ein Drittel der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen sein. Ein Reihe von Entwicklungsländern, deren Wirtschaft weitgehend von der Landwirtschaft und bäuerlicher Subsistenzwirtschaft abhängt, haben unter Wüstenbildung und Bodenverschlechterung zu leiden. Die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen (z.B. Pestizide, gefährliche Abfälle) stellt in Entwicklungsländern trotz der Fortschritte bei der Umsetzung internationaler Übereinkommen weiterhin ein Problem dar. Viele dieser Umweltprobleme stehen nicht isoliert da, sondern sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft und stehen in Wechselwirkung zueinander.

Das künftige Wirtschaftswachstum, das sich in den Schwellenländern voraussichtlich am schnellsten vollziehen wird, kann, sofern die Weichen richtig gestellt werden, die Menschen aus der Armut befreien. Allerdings wird die Beibehaltung der derzeitigen Verbrauchs- und Produktionsmuster in vielen Ländern weltweit zu einem höheren Verbrauch an natürlichen Ressourcen führen, die Schädigung der Umwelt beschleunigen und den Klimawandel vorantreiben. Die Umweltbelastungen und -folgen werden noch verschärft durch das Bevölkerungswachstum (voraussichtlicher Anstieg auf mindestens 9 Milliarden im Jahr 2050), Verstädterung und soziale Veränderungen (z.B. Zunahme der "Mittelklasse"- Bevölkerung in den Schwellenländern um weitere 1,2 Milliarden junge Menschen).

2.2. Nachhaltige Entwicklung in der EU

In den vergangenen Jahrzehnten hat die EU die nachhaltige Entwicklung durch eine Reihe politischer Maßnahmen gefördert. So hat sie in Verbindung mit dem EU-Emissionshandelssystem verbindliche Klimaschutzziele festgelegt und eine Palette von Rechtsinstrumenten für Biodiversität, Abfallbewirtschaftung sowie Wasser- und Luftqualität verabschiedet. Dies hat das Wachstum von Ökoindustrien in der EU gefördert, auf die inzwischen mehr als 2,5 % des BIP der EU und über 3,4 Millionen Beschäftigte entfallen. Im Jahr 2001 verabschiedete die EU eine EU-Strategie für die nachhaltige Entwicklung (EU Sustainable Development Strategy - EU SDS), die 2006 erneuert wurde.

Seit dem jüngsten Bericht über die EU-SDS(2009) wurden die Fortschritte bei der Verwirklichung von Nachhaltigkeit auf unterschiedliche Weise bewertet, u.a. anhand von Nachhaltigkeitsindikatoren und in einem Umweltzustandsbericht der Europäischen Umweltagentur. Diese Veröffentlichungen lassen erkennen, dass trotz einiger Fortschritte zahlreiche Herausforderungen fortbestehen, wobei es insbesondere darum geht, das Wachstum nachhaltiger zu gestalten.

Ein politischer Meilenstein war die Verabschiedung der Strategie Europa 2020 im Jahr 2010. Mit dieser Strategie soll der Übergang der EU zu einer wissensbasierten, ressourcenschonenden und emissionsarmen Wirtschaft gefördert und eine nachhaltige Antwort auf die Herausforderungen gegeben werden, mit denen die EU bis 2050 konfrontiert ist. Die Strategie zielt darauf ab, Nachhaltigkeit in die Politikentwicklung zu integrieren und ihre Rolle zu stärken, indem die sich wechselseitig unterstützenden Prioritäten eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums aufgestellt werden, denen fünf Kernziele und sieben Leitinitiativen zugrunde liegen (siehe Anhang).

Viele dieser Leitinitiativen sind für die vorliegende Mitteilung unmittelbar von Bedeutung. Die Leitinitiative "Ressourcenschonendes Europa" beispielsweise zielt darauf ab, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln, und sieht eine Reihe neuer politischer Maßnahmen (u.a. in den Bereichen Rohstoffe, Energieeffizienz und Biodiversität) sowie Fahrpläne für den Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft und einem emissionsarmen Energie- und Verkehrssektor vor. Außerdem wird dafür geworben, den Einsatz von marktbasierten Instrumenten zu verstärken, umweltgefährdende Subventionen auslaufen zu lassen und die Steuersysteme umweltfreundlicher auszurichten.

Die Fortschritte bei der Verbesserung der Ressourceneffizienz und den anderen Zielen und Leitinitiativen werden über den Governance-Rahmen der Strategie Europa 2020 und das "Europäische Semester" bewertet. Dabei werden die Beiträge der Fachministerräte, die nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten, die Stellungnahmen der Kommission sowie die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zusammengeführt. Auf diese Weise wird ein verstärkter Mechanismus geschaffen, mit dem eine stärkere Integration und Politikkohärenz zugunsten von Umwelt und nachhaltiger Entwicklung erreicht werden kann.

Zur Bewertung der bei der Umsetzung der EU-SDS erzielten Fortschritte wird die Europäische Kommission über ihr statistisches Amt Eurostat, die Europäische Umweltagentur u.a. weiterhin statistische Angaben und Indikatoren bereitstellen, die die Messung von Nachhaltigkeit und eine diesbezügliche Berichterstattung - auch im Kontext der Strategie Europa 2020 - ermöglichen.

Auf dem Rio+20-Gipfel werden entscheidende Weichen für die nachhaltige Entwicklung - sowohl in der EU als auch weltweit - gestellt. Seine Ergebnisse werden in die Strategie und Maßnahmen der EU im Bereich der nachhaltigen Entwicklung einfließen und insbesondere dazu beitragen, dass die Strategie Europa 2020 noch stärker zu einem wirkungsvollen Instrument zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung wird.

3. Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft besserer Governance

3.1. Ermöglichung des Übergangs

Zwanzig Jahre nach dem Gipfel von Rio steht die Welt immer noch vor zwei großen miteinander verbundenen Herausforderungen: dem Wunsch einer bis 2050 noch um ein Drittel ansteigenden Weltbevölkerung nach einem besseren Leben gerecht zu werden und Umweltbelastungen zu bewältigen, die, wenn nichts geschieht, die Möglichkeiten, diesem Wunsch gerecht zu werden, untergraben werden.

Die Antworten auf diese Herausforderungen bestehen nicht in einer Drosselung des Wachstums, sondern in der Förderung der richtigen Art von Wachstum. Es gibt zwingende Gründe dafür, das herkömmliche Modell von wirtschaftlichem Fortschritt grundlegend zu überdenken. Ein bloßes Herumbasteln an den Randbereichen eines Wirtschaftssystems, das der ineffizienten Nutzung von Naturkapitel und Ressourcen Vorschub leistet, wird nicht ausreichen, um einen Wandel zustande zu bringen. Was wir brauchen, ist eine Wirtschaft, die Wachstum und Entwicklung gewährleisten kann und zugleich das Wohlergehen des Menschen verbessert, menschenwürdige Arbeit bereitstellt, Ungleichheiten abbaut, Armut bekämpft und das Naturkapital erhält, auf das wir alle angewiesen sind. Eine solche, "grüne" Wirtschaft ist ein wirksames Mittel zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, zur Tilgung von Armut und zur Bewältigung künftiger Herausforderungen und noch bestehender Umsetzunglücken.

Der Übergang zu einer umweltverträglichen Wirtschaft erfordert die Erhaltung wichtiger natürlicher Ressourcen als "Vermögenswerte" und Investitionen in diese Ressourcen. Dies ist für alle Volkswirtschaften wichtig, gilt aber in besonderem Maße für Entwicklungsländer, die die Möglichkeit haben, auf der Grundlage einer nachhaltigen Nutzung ihres Naturkapitals das Wachstum ihrer Wirtschaft zu fördern. Dies erfordert auch die Anwendung emissionsarmer und ressourcenschonender Lösungen und verstärkte Anstrengungen zur Förderung von nachhaltigen Verbrauchs- und Produktionsmustern. All dies setzt voraus, dass die richtigen Regulierungsrahmen geschaffen, starke Markt- und Innovationsanreize geboten, Finanzmittel mobilisiert und Unternehmertum sowie eine stärkere Beteiligung des privaten Sektors gefördert werden. Außerdem muss eine angemessene Wertbestimmung des Naturkapitals vorgenommen und ganz allgemein die Art und Weise, in der wir Wachstum und Fortschritt messen, überarbeitet werden.

In einer umweltverträglichen Wirtschaft lassen sich viele Herausforderungen in Chancen ummünzen, wobei nicht nur negative Umwelttrends umgekehrt, sondern auch künftiges Wachstum und Arbeitsplätze geschaffen werden. So hat die Erfahrung gezeigt, dass marktbasierte Konzepte wie z.B. der Emissionshandel nicht nur kosteneffiziente Instrumente zur Bewältigung von Umweltproblemen, sondern auch eine Quelle für Investitionen sind.

Eine umweltverträgliche Wirtschaft bietet Chancen für alle Länder, ungeachtet ihres Entwicklungsstands und der Struktur ihrer Wirtschaft. Während Investitionen in die Ökologisierung der Wirtschaft in vielen Fällen zu kurzfristigen, für alle Beteiligten vorteilhaften Lösungen (winwin) führen können, wird in anderen Fällen eine mittelfristige Perspektive benötigt, und es müssen Übergangskosten bewältigt werden, einschließlich durch Maßnahmen zugunsten der Armen. Auch wenn es kein Einheitsmodell gibt, gibt es doch gemeinsame Herausforderungen und Lösungen, und die Länder werden vom Austausch von Erfahrungen und einer verbesserten internationalen Zusammenarbeit profitieren.

Gleichzeitig beginnt die Ökologisierung der Wirtschaft nicht bei Null. Vielmehr gibt es bereits eine Reihe von Strategien, an die die Länder anknüpfen können, beispielsweise Strategien in den Bereichen Klimawandel, Biodiversität, Nachhaltigkeit in Verbrauch und Produktion, Forschung und Innovation, die alle zur Ökologisierung der Wirtschaft beitragen können. Künftige nationale und internationale Strategien für eine grüne Wirtschaft könnten auf diese Strategien aufbauen und sie verstärken, so wie dies bei der Strategie Europa 2020 und seit Neuem beim Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO₂-armen Wirtschaft bis 2050 der Fall ist.

Internationale Organisationen wie das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickeln Strategien für umweltverträgliche Wirtschaft und umweltverträgliches Wachstum. Die Internationale Arbeitsorganisation arbeitet Programme für umweltverträgliche, menschenwürdige Arbeitsplätze aus. G8 und G20 engagieren sich ebenfalls in zunehmendem Maße für eine umweltverträgliche Wirtschaft. Die Parteien der UN-Klimarahmenkonvention sind in Cancún übereingekommen, dass alle Länder emissionsarme Entwicklungsstrategien ausarbeiten sollten, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind.

Auf der Grundlage der oben genannten Initiativen müssen wir an drei miteinander verbundenen politischen Dimensionen arbeiten, um eine Ökologisierung der Wirtschaft zu erreichen:

In den folgenden Abschnitt en werden diese drei Dimensionen als Rahmen für gezielte Maßnahmen und Investitionen eingehender untersucht.

3.2. Investitionen in die nachhaltige Bewirtschaftung von Schlüsselressourcen und Naturkapital

Ressourcen wie Wasser, Energie, Land, Wälder sowie Rohstoffe bilden die Grundlage jeder Wirtschaft - und insbesondere einer umweltverträglichen Wirtschaft. Die wirtschaftliche Existenz vieler Menschen weltweit hängt von ihnen ab, besonders in Entwicklungsländern, wo der mangelnde Zugang zu hochwertigen Ressourcen und unzureichendes Wissen darüber, wie diese Ressourcen nachhaltig genutzt werden können, wichtige Ursachen von Armut sind. Es gibt viele aufschlussreiche Beispiele dafür, wie der Zugang zu nachhaltig bewirtschafteten Ressourcen Menschen aus der Armut befreien kann. So könnten die im Folgenden dargestellten Ressourcenbereiche zu den zentralen Wachstumsmärkten einer umweltverträglichen Wirtschaft werden und die künftige Wirtschaftsentwicklung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Tilgung von Armut - insbesondere in Entwicklungsländern - fördern.

Wasser ist eine der wertvollsten Ressourcen, die nicht nur für das Leben und die Gesundheit, sondern auch für das Wachstum zahlreicher Wirtschaftszweige wie z.B. Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe und Energieerzeugung unverzichtbar ist. In den Bemühungen zur Armutsbekämpfung kommt der nachhaltigen Wasserbewirtschaftung eine zentrale Rolle zu, da der Zugang zu Wasser und dessen vielfache Verwendungszwecke und Funktionen für das Leben armer Menschen eine große Rolle spielen. Außerdem ist Wasser für die regionalen Beziehungen, für Frieden und für Sicherheit von großer Bedeutung. Es liegt auf der Hand, dass verstärkte Maßnahmen erforderlich sind, um den Zugang zu Wasser, Wasserqualität und Wassereffizienz zu verbessern.

Der Zugang zu Energiedienstleistungen ist eine grundlegende Voraussetzung für soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Der Zugang zu Energie spielt auch bei der Armutsbekämpfung eine wichtige Rolle. In den Entwicklungsländern haben derzeit über 1,4 Milliarden Menschen keinen Zugang zu elektrischem Strom, und 2,7 Milliarden sind beim Kochen auf die herkömmliche Nutzung von Biomasse angewiesen. In zahlreichen Regionen dieser Länder besteht ein enormes Potenzial für erneuerbare Energieträger, insbesondere dort, wo Erweiterungen des Elektrizitätsnetzes wirtschaftlich nicht rentabel sind. Die Erschließung erneuerbarer Energieträger sollte mit Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einhergehen.

Meeresressourcen sind eine Quelle für Nahrungsmittel und wirtschaftlichen Wohlstand. Der Fischereisektor ist für die wirtschaftliche Entwicklung und die wirtschaftliche Existenz von Millionen Menschen weltweit und insbesondere in den Entwicklungsländern von zentraler Bedeutung. Ozeane und Meere sind ein wesentlicher Bestandteil des Ökosystems der Erde und leisten einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels. Korallenriffe und Mangrovenwälder sind nicht nur CO₂-Speicher und eine Quelle von biologischer Vielfalt, sondern schützen auch die Küstengebiete vor Überschwemmungen und verringern so die Gefahr von Katastrophen. Die Meeresumwelt ist aber mehreren Bedrohungen ausgesetzt: Erschöpfung der Fischbestände, Verlust an biologischer Vielfalt, Abfälle im Meer sowie Verschmutzung einschließlich Versauerung. Viele Probleme sind grenzübergreifend und müssen auf internationaler Ebene in Angriff genommen werden.

Die Landwirtschaft steht vor der großen Herausforderung, bis 2050 ohne eine weitere Verschlechterung und Verschmutzung von Flächen eine Bevölkerung von 9 Milliarden zu ernähren. Nachhaltige Flächennutzung und Landwirtschaft werden ein Eckpfeiler der umweltverträglichen Wirtschaft sein. Die derzeitigen landwirtschaftlichen Praktiken nehmen über 70 % der weltweiten Süßwasserressourcen in Anspruch und tragen zu mehr als 13 % der Treibhausgasemissionen bei. Eine nachhaltige Landwirtschaft kann - besonders in kleinen Betrieben - eine erhebliche Ertragssteigerung bewirken. Obwohl zahlreiche nachhaltige Verfahren zur Bodenbewirtschaftung zur Verfügung stehen, wird nicht ausreichend in diese investiert. Bodenverschlechterung ist direkt mit der Landwirtschaft verknüpft und hat unmittelbare Folgen für rund 1,5 Milliarden Menschen, darunter 42 % der weltweit ärmsten. Bodenverschlechterung ist ein globales Thema, das nicht nur aride und semiaride Regionen betrifft und eine globale Lösung erfordert. Für die Bewältigung dieser Probleme ist eine gute Governance unverzichtbar, bei der Bodennutzungsrechte und Grundeigentum - auch von Gemeinschaften und indigenen Völkern - geachtet werden. Alle diese Aspekte gilt es zu berücksichtigen, um eine nachhaltige Versorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten.

Wälder sind die Grundlage für die wirtschaftliche Existenz von Millionen Menschen, von denen viele in den Tropen leben und zu den ärmeren Segmenten der Gesellschaft gehören. Außerdem sind die Wälder ein wesentlicher Bestandteil des Ökosystems der Erde und stellen Funktionen wie Bodenschutz, Wasser und Biodiversität bereit. Die weltweite Entwaldungsrate ist jedoch weiterhin alarmierend hoch und hat signifikante Auswirkungen auf den globalen Klimawandel und die Biodiversität. Die Emissionen aus der Abholzung von Tropenwäldern und der Schädigung von Wald- und Torfflächen machen derzeit Schätzungen zufolge 15 % der weltweiten CO₂-Emissionen aus. Die Wälder dürften in einer umweltverträglichen Wirtschaft (als Quelle für neue Werkstoffe wie z.B. Biokunststoffe) und in Strategien für erneuerbare Energieträger zunehmend an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammenhang ist die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern von größter Wichtigkeit.

Nachhaltige Flächennutzung, Landwirtschaft, Wälder, Wasser und Ozeane basieren auf Ökosystemen und biologischer Vielfalt, die für die längerfristige Widerstandsfähigkeit und Gesundheit der Umwelt entscheidend sind. Die Erkenntnis wächst, welche Vorteile Ökosystemleistungen der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt verschaffen3 und welches Potenzial Investitionen in das Naturkapital für eine umweltverträgliche Wirtschaft bieten.

Abfall, der eine wertvolle Ressource sein kann, verursacht bei nicht ordnungsgemäßer Bewirtschaftung Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Eine sachgemäße Abfallbewirtschaftung minimiert Umweltfolgen wie z.B. Treibhausgasemissionen, fördert die effiziente Nutzung von Ressourcen und bietet eine neue Quelle für Recycling-Werkstoffe. Das wirtschaftliche Potenzial der Abfallwirtschaft nimmt in zahlreichen Regionen weltweit zu und bietet wichtige Unternehmens- und Beschäftigungschancen. Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass es sich um menschenwürdige Arbeit handelt, insbesondere was die Arbeitsbedingungen anbelangt. In dem Maße, in dem die Wirtschaft der Entwicklungsländer wächst, nehmen auch die Erfordernisse einer besseren Abfallbewirtschaftung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen zu. Ein weiteres Thema von besonderer Bedeutung - auf nationaler und globaler Ebene - sind gefährliche Abfälle und Chemikalien.

Der Übergang zu einer globalen umweltverträglichen Wirtschaft wird verstärkte globale Maßnahmen in den oben genannten Bereichen erfordern, und Rio+20 sollte eine Plattform darstellen, die dazu beiträgt, dass dies gelingt.

3.3. Schaffung der richtigen Markt- und Regulierungsbedingungen

Es müssen eine Reihe von Markt- und Regulierungsbedingungen geschaffen werden, um das Wachstum in den oben genannten Bereichen zu ermöglichen und zu steuern. Diese Bedingungen sind nicht nur für die Förderung von Umweltzielen wichtig, sondern auch für die Gewährleistung von Berechenbarkeit und gleichen Voraussetzungen für die Unternehmen. Außerdem bieten sie eine stabile Grundlage für Investitionen und die Förderung von Ökoinnovationen durch neue Technologien und neue Arbeitsweisen.

Regulierungsinstrumente werden bei der Ökologisierung der Wirtschaft sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene eine wichtige Rolle spielen. Regulierungsinstrumente sollten mit marktbasierten Instrumenten (z.B. Steuern, handelbare Zertifikate und Umweltsubventionen) kombiniert werden, flexiblen und kosteneffizienten Instrumenten, die zur Verwirklichung kombinierter wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Ziele beitragen können. Steuerreformen, mit denen die Steuerbelastung vom Faktor Arbeit auf die Umweltfolgen und Energie verlagert wird, können zu Ergebnissen führen, die sowohl für die Beschäftigung als auch für die Umwelt von Vorteil sind. Capand-Trade-Systeme wie beispielsweise das EU-Emissionshandelssystem haben sich als wirkungsvolle Marktinstrumente erwiesen. Weitere wirksame Regelungen sind u.a. steuerliche Anreize für KMU, Wassergebühren, Ökosteuern und Einspeisungsgebühren. Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen werden in einigen Ländern bereits angewendet und spielen bei den laufenden Verhandlungen über die Reduzierung der Emissionen aufgrund von Entwaldung und Waldschädigung (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation - REDD) eine Rolle.

Umweltgefährdende Subventionen stellen ein großes Hindernis für eine umweltverträglichere Wirtschaft dar. Sie lassen nicht nachhaltige Praktiken fortbestehen und nehmen Finanzmittel in Anspruch, die für erforderliche grüne Investitionen benötigt würden. Die Einsicht wächst, dass diese Subventionen abgeschafft werden müssen. Im Jahr 2009 verpflichtete sich die G20 zur Rationalisierung und schrittweisen Einstellung von Subventionen für ineffiziente fossile Brennstoffe, die verschwenderischem Verbrauch Vorschub leisten. Diese Verpflichtung wird 2011 überprüft werden. Die Parteien des Übereinkommens über biologische Vielfalt haben sich 2010 verpflichtet, Subventionen, die der biologischen Vielfalt schaden, bis 2020 zu streichen, auslaufen zu lassen oder zu reformieren.

Um den Übergang zu einer globalen umweltverträglichen Wirtschaft zu ermöglichen, müssen umfangreiche finanzielle Ressourcen mobilisiert werden. Dabei müssen alle Länder wie auch internationale Organisationen und Banken tätig werden. Nach Schätzungen des UNEP könnten im Zeitraum bis 2050 jährliche globale Investitionen in Höhe von 2 % des globalen BIP benötigt werden. Dies wird einen Paradigmenwechsel bei den Finanzierungsansätzen erfordern, der den Ländern die Anwendung innovativer öffentlicher und privater Lösungen ermöglicht. Die Inanspruchnahme öffentlicher Gelder wird nicht ausreichen, vielmehr müssen öffentliche Finanzierungsmittel wesentlich höhere Investitionen der Privatwirtschaft anstoßen.

Es müssen Anreize geschaffen werden, um private "grüne" Investitionen zu fördern, und die Möglichkeiten, um Mittel aus Beteiligungs-, Versicherungs- und Pensionsfonds in die nachhaltige Entwicklung zu leiten, können in viel größerem Maßstab angewendet werden. Zugleich wird sowohl der nationalen öffentlichen Hand als auch der internationalen öffentlichen Finanzierung die wichtige Aufgabe zukommen, Bedingungen festzulegen, die dazu beitragen, die Risiken für private Investitionen zu verringern und gerechte und ausgewogene Investitionskonzepte zu gewährleisten. Außerdem ist der Zugang zu Finanzmitteln und Risikokapital in Kombination mit einem günstigen Regulierungsumfeld wichtig für die Förderung von Ökoinvestitionen, Umwelttechnologien und grünen KMU.

Ohne die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten ist eine Ökologisierung der Wirtschaft nicht möglich. Zugleich muss sichergestellt werden, dass es sich bei den neuen Arbeitsplätzen um "menschenwürdige" Arbeit handelt, was Garantien in Bezug auf Rechte am Arbeitsplatz, sozialen Schutz und sozialen Dialog einschließt. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen müssen mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen einhergehen, um den Beschäftigten neue Fertigkeiten zu vermitteln und zur Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten beizutragen. Von den schätzungsweise 211 Millionen Arbeitslosen weltweit(2009) sind knapp 40 % zwischen 15 und 24 Jahre alt, und es müssen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um jungen Menschen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bieten. Darüber hinaus lassen sich viele der Hindernisse, die dem Übergang zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und einer nachhaltigeren Zukunft entgegenstehen, nur durch eine stärkere Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung beseitigen.

Nachhaltige Angebots- und Nachfragemuster auf internationaler Ebene können durch eine stärkere gegenseitige Unterstützung von Handel und nachhaltiger Entwicklung gefördert werden. Dies schließt die Aufrechterhaltung eines offenen, nichtdiskriminierenden multilateralen Handelssystems ein, und es ist dafür zu sorgen, dass kein Land daran gehindert wird, Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu ergreifen, sofern diese Maßnahmen keine willkürliche oder ungerechtfertigte Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des internationalen Handels darstellen. Eine gegenseitige Unterstützung kann auch durch die Senkung oder Beseitigung von Zoll- und anderen Handelsschranken für Umweltprodukte, -technologien und -dienstleistungen sowie umweltfreundliche Produkte oder Produkte aus fairem Handel gefördert werden. Außerdem kann in dem Maße, in dem Nachhaltigkeitssicherungssysteme und Praktiken der sozialen Verantwortung der Unternehmen zunehmend Verbreitung finden, die Entwicklung von internationalen Leitlinien und Standards, Zertifizierungsregelungen und -kennzeichen wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile bringen. Die internationalen Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit ökologisch sensiblen Waren (z.B. wildlebende Tiere und Pflanzen, gefährliche Stoffe und natürliche Ressourcen) müssen verschärft werden, wobei die freiwilligen Partnerschaftsabkommen, die die EU im Rahmen ihrer Initiative für Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (Forest Law Enforcement Governance and Trade - FLEGT) aushandelt, ein gutes Beispiel dafür sind, was getan werden kann. Die Aufnahme von Nachhaltigkeitsauflagen in multilaterale und bilaterale Handelsabkommen muss ebenfalls gefördert werden.

Zur Gewährleistung und Messung des Fortschritts werden vergleichbare Leistungsparameter und Indikatoren benötigt. Mehrere Organisationen, darunter die OECD, arbeiten derzeit verschiedene Formen von Indikatoren aus, die den Zustand von Umwelt und Naturgütern sowie das Niveau von Wohlergehen und Lebensqualität wiedergeben können. Diese Indikatoren sollten ergänzend zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) verwendet werden. Bisher wurden allerdings nur einige dieser Indikatoren (z.B. CO₂-Intensität und der Humanentwicklungsindex) umfassend genutzt, um einen Politikbedarf aufzuzeigen. Im Rahmen der Agenda 21 wurden die Regierungen bereits aufgefordert, Indikatoren für nachhaltige Entwicklung und eine Umweltgesamtrechnung auszuarbeiten. Dabei sind jedoch bislang nur schleppende und ungleiche Fortschritte zu verzeichnen. Auf dem Rio+20-Gipfel sollte die Transparenz der nationalen Berichterstattung verbessert und die Verwendung einer Umweltgesamtrechung und von robusten Indikatoren auf nationaler und globaler Ebene vereinbart werden, mit denen - ergänzend zum BIP - dieser Fortschritt im weiteren Sinne gemessen werden kann.

3.4. Bessere Governance und engere Einbindung des Privatsektors

Die Strukturen der Governance spielen eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, eine nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, die Wirtschaft umweltverträglicher zu machen und Armut zu bekämpfen, doch herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die derzeitigen Governance-Strukturen grundlegend reformiert werden müssen. Dabei sind Reformen auf vier großen Gebieten nötig.

Die Governance im Bereich der nachhaltigen Entwicklung innerhalb der Vereinten Nationen muss verstärkt und vereinheitlicht werden, indem unter anderem die Tätigkeiten im Rahmen der drei Säulen (Wirtschaft, Soziales und Umwelt) besser aufeinander abgestimmt und politisch integriert werden. In der UN laufen derzeit verschiedene Bemühungen, wie die Verbesserung der Koordinierungsmechanismen zwischen den Dienststellen oder als Teil der Initiative "Einheit in der Aktion", die für Kohärenz des Systems der Vereinten Nationen auf dem Gebiet der Entwicklung der humanitären Hilfe und der Umwelt sorgen soll. Zudem machen Querschnittsthemen wie der Klimawandel ebenfalls eine bessere Abstimmung erforderlich. Solche Prozesse sollten verstärkt werden. Es ist zwar wichtig, die internationale Governance im Bereich der nachhaltigen Entwicklung zu stärken, doch auch die entsprechenden regionalen, nationalen und lokalen Strukturen dürfen nicht vernachlässigt werden.

Im Vergleich zu den weltumspannenden Wirtschaftsstrukturen sind die internationalen Governance -Strukturen im Umweltbereich schwach. Dies ist auf die Vielfalt der Institutionen, die fehlende Rechenschaftspflicht für die Durchführung vereinbarter Politiken, das Fehlen eines starken Schrittmachers innerhalb des Systems weltweiter Governance und den Mangel an personellen und finanziellen Mitteln zurückzuführen. Außerdem sind die neuen Rollen und Verantwortlichkeiten von Schwellenländern nicht hinreichend klar definiert. In den vergangenen zehn Jahren wurde versucht, die internationale Umwelt-Governance zu verbessern - zuletzt im Rahmen der hochrangigen Beratergruppe unter der Schirmherrschaft des UNEP (Nairobi-Helsinki-Prozess); greifbare Fortschritte konnten bislang jedoch kaum erzielt werden.

An der internationalen wirtschaftlichen und sozialen Governance wirken mehrere Institutionen mit. Die internationalen Finanzinstitutionen (wie die Weltbankgruppe und der Internationale Währungsfond) sowie regionale Entwicklungsbanken (wie die Asiatische Entwicklungsbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäische Investitionsbank) prägen weltweit die Wirtschaftspolitik und die wirtschaftlichen Maßnahmen. Die Welthandelsorganisation spielt bei der Regulierung des Welthandels eine zentrale Rolle. Darüber hinaus tragen Einrichtungen wie die Internationale Arbeitsorganisation und andere UN-Gremien dazu bei, beschäftigungspolitische und soziale Fragen zu thematisieren. Jede dieser Einrichtungen muss dabei mitwirken, die Weltwirtschaft umweltverträglicher zu machen.

In der Agenda 21 und im Durchführungsplan von Johannesburg wird betont, wie wichtig die nichtstaatlichen Akteure (die sogenannten "wichtigen Gruppen") sind. Hierzu gehören indigene Völker, Frauen, Kinder und Jugendliche, Arbeitnehmer, Bauern, örtliche Behörden, die Wissenschaft, die Privatwirtschaft und Nichtregierungsorganisationen. Ihre Rolle und ihr Einfluss unterliegen jedoch Einschränkungen, und es gilt, sie zu stärken, wobei vor allem für eine breitere Mitwirkung der Privatwirtschaft gesorgt werden muss. Viele Unternehmen vor allem aus der Lebensmittel-, Getränke- und chemischen Industrie haben sich bereits verpflichtet, umweltverträglicher zu wirtschaften. Dies muss durch dynamischere öffentlichprivate Partnerschaften sowie neue Unternehmensnetze und -verbände weiter vorangetrieben werden; außerdem sind Einrichtungen zu finanzieren, mit denen sich die Ökologisierung der Wirtschaft und "grüne" Innovationen beschleunigen lassen.

4. Vorgeschlagene Aktionsleitlinien für RIO+20

4.1. Ein ergebnisorientierter Rahmen

Um der nachhaltigen Entwicklung neuen Schwung zu verleihen, muss der Rio+20-Gipfel eine gemeinsame Vision für den Wandel erarbeiten, der ein Beschlussfassungsrahmen für zielgerichtete Maßnahmen zugrunde liegt. Als wichtige Bestandteile des Gesamtergebnisses sind denkbar:

Ein Fahrplan für eine umweltverträgliche Wirtschaft kann sicherstellen, dass Verpflichtungen auch dann noch beachtet werden, wenn der Rio+20-Gipfel vorbei ist, indem er gewährleistet, dass die vereinbarte Vision und die vereinbarten Ziele systematisch verfolgt werden. Er kann eine Reihe von internationalen, regionalen und nationalen Maßnahmen mit Meilensteinen, Indikatoren und Zielen kartieren und Mechanismen für die Überwachung des Gesamtfortschritts vorgeben.

Ein Fahrplan für eine umweltverträgliche Wirtschaft kann allen Ländern helfen, auf der Grundlage bestehender Initiativen und unter Beachtung nationaler Besonderheiten die Ökologisierung der Wirtschaft zu beschleunigen. Wichtig ist, dass Strategien für eine umweltverträgliche Wirtschaft als Teil der nationalen Politiken und Pläne in den Bereichen Wirtschaft und Entwicklung aufgestellt werden. Solche Strategien — die "bottomup" zu konzipieren sind — sollten Zielvorgaben und Fristen für Maßnahmen auf nationaler und gegebenenfalls regionaler Ebene enthalten. Die Maßnahmen sollten auf laufende Arbeiten aufbauen; sie könnten so in nationale Wirtschafts- und Entwicklungsstrategien eingebaut werden, dass darüber hinaus auch die Strategien zur Verringerung des CO₂-Ausstoßes und die Pläne für Nachhaltigkeit in Verbrauch und Produktion einbezogen werden könnten.

Erforderlichenfalls könnten die Geberländer und internationalen Organisationen in Einklang mit den nationalen Entwicklungsstrategien Hilfe leisten. Die Länder hätten die Möglichkeit, bei der Konzeption spezifischer Maßnahmen aus einem Katalog der bewährtesten politischen Konzepte zu schöpfen.

Einzelstaatliche Maßnahmen allein reichen jedoch nicht, um die Weltwirtschaft umweltverträglicher zu machen. Da für viele Probleme Lösungsansätze auf globaler oder regionaler Ebene gefunden werden müssen, sollte der Fahrplan für eine umweltverträgliche Wirtschaft auch globale und regionale Maßnahmen enthalten.

Zur Überwachung der Fortschritte bei der Ökologisierung der Wirtschaft müssen Schlüsselindikatoren und ein weltweit anerkanntes System der Umwelt- und Sozialbilanzierung zur Ergänzung der derzeitigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufgestellt werden. Dieses müsste sich auf bereits laufende Initiativen stützen, wie das internationale System der umweltökonomischen Gesamtrechnungen (SEEA), den Humanentwicklungsindex des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) und die Messung des gesellschaftlichen Fortschritts der OECD. Auch der von der EU geplante Regelungsrahmen für die umweltökonomische Gesamtrechnung könnte als Beispiel herangezogen werden.

Auf der Basis der in Abschnitt 3 erläuterten politischen Dimensionen ("was", "wie" und "wer") wird in den folgenden Abschnitt en ein erstes Bündel spezifischer Maßnahmen vorgeschlagen, die Teil des Fahrplans für eine umweltverträgliche Wirtschaft sein könnten.

4.2. Maßnahmen in Bezug auf Ressourcen, Material und Naturkapital

Der Rio+20-Gipfel muss die Verpflichtung zur Förderung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft erneuern. Dies ließe sich durch die Einsetzung von internationalen Partnerschaften für Wasser erreichen. Solche Partnerschaften könnten die EU-Wasserinitiative zugrunde legen und erweitern, die dazu beigetragen hat, die Wasserwirtschaft und Wasser-Governance zu verbessern; sie sollten jedoch mehr Gewicht auf wirtschaftliche Aspekte und ein größeres Engagement von Unternehmen legen. Auch auf die Bewirtschaftung internationaler Flusseinzugsgebiete muss vor allem in den Kommissionen für grenzüberschreitende Flüsse mehr Aufmerksamkeit gerichtet werden.

Partnerschaften könnten außerdem initiiert werden, um den Zugang zu Energie zu verbessern und die Energieversorgung zu sichern sowie erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu fördern. Auch diese Partnerschaften könnten auf bereits bestehenden Maßnahmen aufbauen, wie die Energiepartnerschaft EU-Afrika (AEEP), die für verschiedene Regionen bestimmten EU-Investitionsfazilitäten, den Infrastruktur-Treuhandfonds EU-Afrika, die EU-AKP-Energiefazilität und den globalen Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien (GEEREF), die aus ihrer Erfahrung mit der Mobilisierung von privaten Investitionen für solche Partnerschaften schöpfen könnten.

Für einen besseren Schutz der Meeresumwelt und der Ozeane sollten Staaten, die das UN-Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) noch nicht ratifiziert haben, angehalten werden, dies zu tun. Für den Schutz und die Erhaltung von staatsfreien Räumen ("Hohe See und Tiefseeboden") müssen neue Initiativen lanciert werden, beispielsweise in Form einer Durchführungsvereinbarung im Rahmen des UNCLOS. Um zur Erhaltung der Meeresbiodiversität in diesen Gebieten beizutragen, sollten mit einer solchen Vereinbarung Mehrzweck-Meeresschutzgebiete geschaffen sowie der Zugang zu den genetischen und anderen Ressourcen sowie zur fairen und gerechten Aufteilung der Gewinne aus ihrer Nutzung gesichert werden. Außerdem sollte diese Vereinbarung Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen vorsehen. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Erarbeitung eines globalen Aktionsprogramms zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Abfälle und Schadstoffe gerichtet werden.

Zur Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft und Landnutzung sowie der Ernährungssicherheit müssen Maßnahmen ergriffen werden. Dabei sollten auch bestehende Initiativen für eine nachhaltige Landwirtschaft gestärkt werden, die auf multilateralen Maßnahmen (z.B. der FAO), regionalen Tätigkeiten (z.B. im Bereich des ökologischen Landbaus) sowie auf Initiativen der Wirtschaft beruhen. Außerdem könnten internationale Partnerschaften für Nahrungsmittel eingerichtet werden, um den Verbrauch und die Produktion von Nahrungsmitteln nachhaltiger zu machen. Die Landwirtschaft hängt von der Bodenqualität ab, weswegen mehr getan werden sollte, um die Bodenqualität zu verbessern und die Wüstenbildung zu bekämpfen. In diesem Rahmen könnte eine weltweite ökonomische Bewertung der Kosten und des Nutzens einer Verbesserung der Bodenqualität eingeleitet werden. Einige Initiativen könnten außerdem der FAO-Initiative für eine globale Bodenpartnerschaft neuen Schwung verleihen und als Teil des globalen Überwachungssystems für Erdbeobachtungssysteme (GEOSS) Leistungen für die weltweite Überwachung der Landnutzung erbringen.

Partnerschaften mit Regierungen, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor können auch dazu beitragen, eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu fördern und der Entwaldung entgegenzuwirken. Solche Partnerschaften könnten auf das erfolgreiche Konzept von FLEGT (Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor) und die ersten Erfahrungen im Rahmen von REDD+ (Reduzierung der Emissionen aufgrund von Entwaldung und Waldschädigung) aufbauen.

Die Zeit ist reif für eine weiter reichende und kohärentere internationale Regelung für Chemikalien und gefährliche Stoffe, und Rio+20 könnte einen entsprechenden Prozess einleiten, dem frühere Verpflichtungen zugrunde gelegt würden, wie das strategische Konzept für das internationale Chemikalienmanagement (SAICM) oder Erfahrungen aus dem EU-Konzept für den Umgang mit Chemikalien. Eine solche Regelung — die möglicherweise die Form eines Rahmenübereinkommens annimmt — sollte sich an dem in Johannesburg beschlossenen Ziel ausrichten, nach dem bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll, dass Chemikalien derart verwendet und hergestellt werden, dass die menschliche Gesundheit und die Umwelt so weit wie möglich von schwerwiegenden Schäden verschont bleiben. Bei der Regelung sollten die laufenden Arbeiten des UNEP an dem Projekt "Global Chemicals Outlook" sowie Arbeiten berücksichtigt werden, bei denen geprüft wird, wie den Entwicklungsländern bei der Bewältigung der Herausforderungen einer zunehmend globalen Chemie- und Abfallindustrie geholfen und wie diese Hilfe finanziert werden kann. Die Regelung sollte Kriterien, anhand deren weltweit problematische Chemikalien und Stoffe ermittelt werden können, und einen Rahmen für die Bewertung von Stoffen umfassen.

Diese Herausforderungen können nur bewältigt werden, wenn auf globaler Ebene in bisher einzigartiger Weise auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet zusammengearbeitet wird; außerdem sollte ein Mechanismus für eine globale wissenschaftlichtechnische Zusammenarbeit zur Bewältigung von weltweit wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen (z.B. Ressourcenknappheit, Klimawandel, Ozeane) initiiert werden.

4.3. Bereitstellung von wirtschaftlichen Instrumenten und Investitionen in Humankapital

Rio+20 sollte Länder, vor allem die Industrie- und Schwellenländer, dazu bewegen, nationale und regionale CO₂ -Emissionshandelssysteme einzuführen, um die Emissionen möglichst kostengünstig zu senken und Bausteine für den künftigen internationalen CO₂-Markt zu schaffen. Solche Instrumente können auch eine wichtige Rolle bei der innovativen Erschließung von Finanzmitteln spielen.

Außerdem sollte Rio+20 eine Reihe koordinierter Maßnahmen zur Ermittlung und Abschaffung umweltschädlicher Subventionen zusammen mit Zielvorgaben und Fristen vorgeben. Die Verpflichtung der G20 zur Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe könnte als besonderes Beispiel dienen. Für eine solche Initiative müssten Leitlinien aufgestellt und Beispiele für bewährte Verfahren gegeben werden, wie schädliche Subventionen bereits erfolgreich abgeschafft wurden.

Um Mittel in die umweltverträgliche Wirtschaft zu kanalisieren bzw. sie für eine umweltverträgliche Wirtschaft zu mobilisieren, sollte Rio+20 empfehlen, bestehende Finanzierungsstrategien und -fazilitäten zu konsolidieren und zu verstärken oder erforderlichenfalls neue öffentlich -private Finanzierungssysteme einzuführen. Entwicklungsorganisationen (wie das UNDP) und internationale Finanzinstitutionen (wie die Weltbank und andere multilaterale Entwicklungsbanken, die Europäische Investitionsbank, die globale Umweltfazilität) sollten eine führende Rolle übernehmen und sich verpflichten, Strategien zur Finanzierung der umweltverträglichen Wirtschaft aufzustellen, die zu greifbaren Ergebnissen führen. Privatbanken, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds sollten ebenfalls einen Beitrag leisten. Diese Finanzierungsfazilitäten und -systeme sollten sich besonders auf die Unterstützung der am wenigsten entwickelten Länder und von KMU konzentrieren.

In Entwicklungsländern ist die öffentliche Entwicklungshilfe weiterhin eine wichtige Investitionsquelle. Die EU bekräftigt ihre Zusage, bis 2015 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe bereitzustellen; derzeit leistet die EU etwa 58 % der weltweiten Entwicklungshilfe. Die öffentliche Entwicklungshilfe ist weiterhin verfügbar und kann dazu beitragen, nationale und regionale Strategien für eine umweltverträgliche Wirtschaft durchzuführen, die Partnerländer im Rahmen ihres nationalen Entwicklungsplans verfolgen. In diesem Zusammenhang könnten Programme wie EU SWITCH, das Verfahren zur Verwirklichung von Nachhaltigkeit in Verbrauch und Produktion in Asien gefördert hat, zum Bestandteil einer weltweiten Maßnahme mit demselben Nachhaltigkeitsziel werden.

Rio+20 sollte Schulungsprogramme für die Vermittlung von Umweltwissen in prioritären Bereichen wie Energie, Landwirtschaft, Bauwesen, Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, Abfälle und Recycling aufstellen. Da durch die Ökologisierung der Wirtschaft neue Arbeitsplätze entstehen bzw. bestehende Arbeitsplätze ersetzt werden, müssen die Arbeitskräfte neu geschult werden, und dies könnte auch Regelungen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer umfassen, die sozialen Schutz gewährleisten, informelle Arbeit formalisieren und beispielsweise auf die Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation zur Gewährleistung eines gerechten Übergangs aufbauen. Darüber hinaus sind Berufsbildungsprogramme für Jugendliche unverzichtbar. Diese sollten durch spezielle Schulungen für einen möglichst reibungslosen Übergang von der Schule zum Beruf sorgen und darauf hinwirken, dass nationale Unterrichtspläne in der Sekundarstufe auch Umweltwissen umfassen.

4.4. Bessere Governance

Eine bessere und effizientere globale Governance ist erforderlich, um die globale Aktion zur Verwirklichung einer umweltverträglicheren, nachhaltigeren Wirtschaft und zur Armutsbekämpfung zu beschleunigen. Dies sollte allen Beteiligten die Möglichkeit bieten, mitzuwirken und einen Beitrag zu leisten.

Auch die UN hat mehrere Möglichkeiten, die Governance im Bereich der nachhaltigen Entwicklung zu verbessern. Eine dieser Möglichkeiten besteht darin, die Rolle des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) bei der nachhaltigen Entwicklung zu stärken und jeder der Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt das gleiche Gewicht zu geben. Eine Alternative bestünde darin, die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung zu einem ständigen Gremium mit erweitertem Aufgabenbereich zu machen. Derartige Anstrengungen sollten verstärkt werden, um sicherzustellen, dass alle maßgeblichen UN-Einrichtungen deutlich mehr Gewicht auf nachhaltige Entwicklung legen. In einigen Fällen können Verbesserungen sogar im Rahmen des derzeitigen Mandats erreicht werden.

Nach den Empfehlungen des Nairobi-Helsinki-Prozesses des UNEP zur Stärkung der internationalen Umwelt-Governance muss das UNEP selbst gestärkt werden. Das kann auf verschiedene Arten geschehen:

Als Teil der Verbesserung der internationalen Umwelt-Governance muss das System der multilateralen Umweltvereinbarungen schneller harmonisiert und ausgebaut werden. Es ist möglich, die Verwaltung der multilateralen Umweltvereinbarungen erheblich zu straffen und Überschneidungen zu reduzieren, ohne die Eigenständigkeit jeder Vereinbarung anzutasten. So entstünde eine bessere Plattform, die eine kohärente, fokussierte politische Aufsicht und Führung ermöglicht und günstige Voraussetzungen für umweltverträgliches Wachstum weiter fördert.

Die UN muss mehr für den Aufbau ihrer Verwaltungskapazitäten im Umweltbereich tun, indem u.a. in den UN-Länderteams das Umweltfachwissen verbessert, diese für eine umweltgerechte Wirtschaft sensibilisiert werden und so diese Thematik in die Länderprogramme einfließt; außerdem ist die Bandbreite des in den UN-Regionalbüros vorhandenen Fachwissens zu erweitern und ein systemweiter Rahmen für den Aufbau von Kapazitäten für die Durchführung multilateraler Entwicklungsvereinbarungen zu schaffen. Außerdem sollten die Kapazitäten für die Überwachung der globalen Umwelt gestärkt werden.

Da Unternehmen der Motor der Wirtschaft sind, muss Rio+20 für ein stärkeres Engagement des Privatsektors sorgen. Den Unternehmen und der Zivilgesellschaft fallen innerhalb der verschiedenen in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Partnerschaften und Systeme wichtige Aufgaben zu, beispielsweise in den Bereichen Wasser, Energie, Nahrungsmittel, Wälder und Finanzierung.

5. Blick in die Zukunft

Zwar wurden seit dem Gipfel in Rio de Janeiro 1992 in einigen Bereichen Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung erzielt, doch werden wir noch immer mit erheblichen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen konfrontiert. Diese Mitteilung enthält die ersten Vorstellungen der Kommission als Teil der Vorarbeiten für Rio+20.

Rio+20 ist eine wichtige Gelegenheit, die nachhaltige Entwicklung weltweit voranzutreiben. Die Konferenz darf sich jedoch nicht auf Willensbekundungen beschränken; vielmehr sind konkrete Maßnahmen notwendig, die gewährleisten, dass Rio+20 eine wichtige Etappe bei der Ökologisierung der Wirtschaft und der Verbesserung der Governance ist. Die EU ist bereit, mit allen Ländern und Akteuren zu erörtern, wie diese Agenda im Vorfeld von Rio+20 weiter zu gestalten ist. Alle Länder und Akteure müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse von Rio+20 unseren globalen Herausforderungen angemessen sind. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass konkrete, wirksame Maßnahmen getroffen werden, die weltweit echte Resultate bewirken.

Anhang
Die Strategie Europa 2020: Zielvorgaben und Leitinitiativen

Kernziele