Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments über eine festere Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 107916 - vom 15. Mai 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 27. April 2006 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments über eine festere Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika (2005/2241(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik auf den drei genannten Gipfeltreffen beschlossen, als strategisches Endziel eine biregionale strategische Partnerschaft EU-Lateinamerika/Karibik zu gründen,

B. in der Erwägung, dass die derzeitigen Beziehungen den Erwartungen einer echten strategischen Partnerschaft weiterhin weder in politischer und sicherheitspolitischer noch in handels-, sozial- und haushaltspolitischer Hinsicht gerecht werden,

C. in der Erwägung, dass Lateinamerika, mit dem uns ein gemeinsames Engagement im Bereich der Menschenrechte, der Demokratie und des Multilateralismus verbindet, für eine Union, die sich als weltweiter Akteur zu behaupten versucht und sich zum größten ausländischen Investor in Lateinamerika, zum größten Geldgeber für die Region und zum wichtigsten Handelspartner zahlreicher Länder - insbesondere des Mercosur - entwickelt hat, ein bevorzugter Partner ist,

D. in der Erwägung, dass die Europäische Union in Lateinamerika der wichtigste Geber im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe ist,

E. in der Erwägung, dass nach Angaben der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) die Volkswirtschaften der Staaten Lateinamerikas drei Wachstumsjahre nacheinander erreicht haben und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahre 2005 um 4,3 % gestiegen ist,

F. in der Erwägung, dass sich das Pro-Kopf-BIP in Lateinamerika um die 2 800 EUR, d.h. das Dreifache des entsprechenden Betrags für China, bewegt, dass seine zunehmenden Verbindungen zu Asien und insbesondere China und der Reichtum der Region in Bezug auf Humanressourcen und Rohstoffe sie zu einem für die Union sehr wichtigen Markt machen, dass diese sich trotz der derzeitigen Asymmetrie in den Handelsbeziehungen zu einem entscheidenden Partner für die wirtschaftliche, industrielle, wissenschaftliche und technologische Entwicklung Lateinamerikas herausbildet, wobei sie gleichzeitig zur Diversifizierung dieser auch mit Nordamerika sehr eng verbundenen Region beiträgt,

G. in der Erwägung, dass derzeit weiterhin etwa 45 % der Bevölkerung Lateinamerikas unter Bedingungen der Armut und einer offenkundigen sozialen Ungleichheit, Diskriminierung und Verwahrlosung leben, die vor allem die indigenen Bevölkerungen, Frauen und Kinder betreffen, was eindeutig zur Schwächung der Demokratie und zur gesellschaftlichen Fragmentierung beiträgt, das Wirtschaftswachstum gefährdet und gesellschaftliche Konflikte und politische Instabilität begünstigt,

H. in Anerkennung der erheblichen Anstrengungen einiger lateinamerikanischer Länder, die dadurch in ihren eigenen Gesellschaften beachtliche Fortschritte bei der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele erzielt haben,

I. mit großer Wertschätzung für die Beteiligung einiger Länder an Projekten der Solidarität und der Süd-Süd-Zusammenarbeit, die bereits erhebliche positive Auswirkungen im Bereich der Gesundheit, Bildung und der Bekämpfung von Beeinträchtigungen gezeitigt haben,

J. in der Erwägung, dass in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern nach dem Ende von Diktaturen eine Reihe von Berichten über Wahrheit und Versöhnung erstellt wurden, die Empfehlungen enthalten, die jedoch noch umgesetzt werden müssen, damit sich auf der Grundlage der Gerechtigkeit demokratische Gesellschaften entwickeln,

K. in der Erwägung, dass im Hinblick auf die Verbesserung der Regierungsführung und des sozialen Zusammenhalts ein Weltwirtschaftssystem erforderlich ist, das mehr auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer eingeht,

L. in der Erwägung, dass folglich diese strategische Beziehung insbesondere in bestimmten grundlegenden Bereichen reaktiviert werden muss, die den Beziehungen zugrunde liegen, beispielsweise der Suche nach einem effektiven Multilateralismus zwischen den Partnern, der Unterstützung für Prozesse regionaler Integration und für den sozialen Zusammenhalt in Lateinamerika, die Wanderungsbewegungen und die Verbesserung der institutionellen Mechanismen der Partnerschaft,

M. in der Erwägung, dass das vierte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im Mai 2006 in Wien einen hervorragenden Anlass für eine solche Reaktivierung und der Union eine neue Gelegenheit zur Entwicklung eines weltweiten, schlüssigen und autonomen strategischen Rahmens bietet, der ihre Beziehungen zu Lateinamerika auf ständige und geregelte Weise vorantreibt und ihrem außenpolitischen Handeln in Bezug auf dieses Gebiet Struktur verleiht,

N. in Erwägung der zusätzlichen Unterstützung in institutioneller Sicht und für die Entwicklungszusammenarbeit, die sich aus der Schaffung des mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten und die Iberoamerika-Konferenz unterstützenden Iberoamerikanischen Generalsekretariats (SEGIB) auf dem 15. Iberoamerika-Gipfel von Salamanca im Oktober 2005 ergibt,

O. in der Erwägung, dass es ferner unabdingbar wird, auch die parlamentarische Dimension der strategischen Partnerschaft neu zu beleben, und dass es dazu kein besseres Mittel gibt als schon in Wien die Gründung einer Transatlantischen Versammlung EU-Lateinamerika zu beschließen, die diesen Dialog stärken und rationalisieren soll,

P. in der Erwägung, dass es höchste Zeit ist, für die Schwerpunkte, die sich aus einer neu belebten biregionalen strategischen Partnerschaft ergeben, angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen,

Ein umfassender Ansatz für die biregionale strategische Partnerschaft

Ein neuer Impuls für die biregionale strategische Partnerschaft in Wien

a. Gemeinsames Bemühen um einen wirksamen Multilateralismus

b. Wichtiger Impuls für die regionalen Integrationsprozesse in Lateinamerika

c. Konkrete Zusagen im Bereich des sozialen Zusammenhalts

d. Konkrete und überprüfbare Zusagen im Bereich der Migration und der Kontakte zwischen den Menschen


1 ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 569.