Antrag der Länder Brandenburg, Rheinland-Pfalz
Entschließung des Bundesrates zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens nach § 18a AsylVfG

Ministerpräsident des Landes Brandenburg
Potsdam, den 10. Juli 2012

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen Brandenburg und Rheinland-Pfalz haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens nach § 18a AsylVfG zuzuleiten.

Ich bitte, gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung der Entschließung in den Ausschüssen zu veranlassen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck

Entschließung des Bundesrates zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens nach § 18a AsylVfG

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, schnellstmöglich einen Gesetzentwurf einzubringen, mit dem das Flughafenasylverfahren nach § 18a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) abgeschafft wird, so dass alle ankommenden Ausländer, die bei der Grenzbehörde am Flughafen um Asyl nachsuchen, einreisen und das reguläre Asylverfahren durchlaufen dürfen.

Begründung:

Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG gilt für Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten sowie für solche ohne Pass oder Passersatz, die über einen Flughafen einreisen wollen und bei der Grenzbehörde um Asyl nachsuchen. Das Asylverfahren wird in diesen Fällen vor der Einreise im Transitbereich des Flughafens durchgeführt und muss innerhalb einer Frist von zwei Tagen seit der unverzüglich durchzuführenden Anhörung durch eine positive Entscheidung oder durch eine Ablehnung des Antrags als "offensichtlich unbegründet" abgeschlossen werden können. Einschließlich eines sich ggf. anschließenden Rechtsschutzverfahrens muss es innerhalb von 19 Tagen bestandskräftig abgeschlossen werden können.

Die Vorschrift, die die schnelle Rückführung im Falle negativer Asylentscheidungen ermöglichen soll, wurde im Zusammenhang mit dem sog. Asylkompromiss im Jahr 1993 eingefügt, um die damals hohe Zahl von Asylsuchenden (ca. 440.000 Personen im Jahr 1992) zu bewältigen und war bereits bei ihrer Einführung rechtspolitisch umstritten. Die Kritik an der Qualität der in der Kürze der zur Verfügung stehenden Fristen getroffenen Asylentscheidungen und an der tage- bis wochenlangen Unterbringung auf begrenztem Raum innerhalb des Flughafengeländes ist seither nie abgerissen und hat in jüngster Zeit vor dem Hintergrund der bevorstehenden Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg International als einzigem internationalen Flughafen der Region und der in dessen Folge vom Bund prognostizierten Zunahme von Flughafenverfahren neuen Auftrieb erhalten. So wendet z.B. der UNHCR-Vertreter für Deutschland gegen das Verfahren ein, dass die Anhörungen nicht immer angemessen vorbereitet werden könnten, dass ein Anwalt in der Regel erst nach der Anhörung kontaktiert werden könne und dass die kurzen Rechtsmittelfristen eine sorgfältige Vorbereitung beeinträchtigen würden. Für die Behandlung der Schutzgesuche von unbegleiteten Kindern und von traumatisierten Personen sei das Verfahren in besonderem Maße ungeeignet. Ferner hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bereits mehrfach kritisch mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit in Asylschnellverfahren effektiver Rechtsschutz gewährleistet ist.

Nach der Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nutzen Asylsuchende bei der Einreise auf dem Luftweg bisher nahezu ausschließlich den Flughafen Frankfurt. Die dortigen Zahlen sind deutlich rückläufig: Wurden noch im Jahr 2000 von 1.092 zunächst an der Einreise gehinderten Personen in 416 Fällen tatsächlich Entscheidungen im Flughafenverfahren getroffen, war dies im Jahr 2009 noch in 66 von 435 Fällen, schließlich im Jahr 2010 nur noch in 57 von 735 Fällen der Fall; in 565 Fällen wurde die Einreise gestattet, weil das Bundesamt über den Asylantrag nicht kurzfristig entscheiden konnte. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob diese geringen Fallzahlen den Aufwand für die Durchführung des Verfahrens auf dem Flughafengelände und für den Weiterbetrieb spezieller Asylunterkünfte an den betroffenen Flughäfen auch vor dem Hintergrund der andauernden Kritik am Flughafenverfahren noch rechtfertigen können.

Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, mit dem Ziel der Abschaffung des Flughafenverfahrens eine entsprechende Änderung des Asylverfahrensgesetzes im Bundestag einzubringen.