Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seeaufgabengesetzes

A. Problem und Zielsetzung

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Den von der Neuregelung betroffenen Wirtschaftskreisen, Reedern und Hafenbetreibern, entstehen unmittelbar keine zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind derzeit nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seeaufgabengesetzes

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 27. Mai 2005
Der Bundeskanzler

An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Federführend ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schröder

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seeaufgabengesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Das Seeaufgabengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2876), zuletzt geändert durch Artikel 12g Abs. 19 des Gesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198), wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Nr. 15 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 16 angefügt:

2. § 5 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt geändert:

3. In § 8 Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe " § 1 Nr. 1 bis 6" die Angabe "und Nr. 13" eingefügt und nach der Angabe "Nr. 3 Buchstabe d" das Wort "und" durch das Wort "sowie" ersetzt."

4. Nach § 8 wird folgender § 8a eingefügt:

§ 8a Das Bundesamt für Seeschifffahrt

und Hydrographie hat die Durchführung von Inspektionen im Sinne des § 1 Nr. 16 zu ermöglichen und zu unterstützen. Es hat dabei die Befugnisse nach § 8 Abs. 1; § 8 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Bei Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Begleitung durch Beauftragte der Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder internationaler Organisationen zuzulassen."

Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Das Gesetz dient der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen1. Die EG-Verordnung dient als Grundlage für die harmonisierte Auslegung und Umsetzung sowie die gemeinschaftliche Kontrolle der besonderen Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt, die durch Änderungen der Anlage des SOLAS-Übereinkommens und den Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS-Code) international in Kraft getreten sind. Sie hat außerdem das Ziel, gemeinschaftliche Maßnahmen einzuführen und umzusetzen, die der Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen im internationalen Seehandel und im nationalen Verkehr sowie der Erhöhung der Gefahrenabwehr in den ihnen dienenden Hafenanlagen angesichts der Bedrohung durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungen dienen.

Das Gesetz schafft in diesem Zusammenhang die rechtlichen Grundlagen für die Ausübung der Rechte nach § 8 Abs. 1 und 2 SeeAufgG durch nationale Bedienstete und andere Inspekteure aufgrund europäischer oder völkerrechtlicher Verpflichtungen. Artikel 9 Abs. 4 der EG-Verordnung sieht die Durchführung von Inspektionen durch Beauftragte der EU-Kommission zur Überwachung der Anwendung dieser Verordnung durch die Mitgliedstaaten vor. Sie benötigen zur Durchführung diese Kontrollen das Recht, Schiffe und Reedereien zu betreten.

Zukünftig sind weitere Kontrollbesuche von Vertretern internationaler Organisationen möglich. Dabei ist insbesondere an das geplante IMO Member State Audit zu denken. Durch dieses Audit soll kontrolliert werden, ob die staatlichen Verwaltungen ihre Flaggen-, Hafen- und Küstenstaatverantwortung hinreichend wahrnehmen. Die Ausgestaltung des Audits wird zur Zeit in der IMO diskutiert. Im November 2005 soll die IMO-Vollversammlung die Einführung des Audits beschließen.

Bei Gelegenheit der Gesetzgebung werden zudem redaktionelle Änderungen durchgeführt.

Der Bund hat für die schiffsbezogenen Regelungen die Gesetzgebungszuständigkeit gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 Grundgesetz. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse gemäß Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz erforderlich. Eine effektive Eigensicherung vor terroristischen Anschlägen erfordert eine kontinuierliche Beachtung der notwendigen technischen und operativen Voraussetzungen durch die Schiffsbesatzungen und die Eigner. Diese ist nur bei einer hohen Kontrolldichte durch die zuständigen nationalen und europäischen Behörden bzw. ihre Beauftragten gewährleistet, so dass mögliche Umsetzungsmängel und Missachtungen zeitnah erkannt werden. Eventuell unterschiedliche Regelungen der Länder in diesem Bereich könnten dazu führen, dass der vorbeugende Schutz der Schifffahrt vor terroristischen Anschlägen innerstaatlich nicht überall gleich wirksam gewährleistet ist. Diese Rechtszersplitterung läge weder im Interesse des Bundes noch der Länder und kann deshalb nicht hingenommen werden.

Die bundeseinheitliche Regelung der Überwachung der Eigensicherung steht im Übrigen im engen Zusammenhang mit der bereits bundeseinheitlichen Regelung der Eigensicherungsmaßnahmen selbst sowie mit der ebenfalls bundeseinheitlich geregelten betrieblichen Sicherheit von Schiffen. Durch die umfassende, einheitliche bundesgesetzliche Regelung für den gesamten Bereich der Schiffssicherheit wird eine effektive Gefahrenabwehr erreicht, die im gesamtstaatlichen Interesse liegt.

Der öffentlichen Verwaltung entstehen keine zusätzlichen Kosten, insbesondere kein Planstellenmehrbedarf für den Bundeshaushalt. Das Gesetz hat als solches auch keine Auswirkungen für die Haushalte der Länder und Kommunen.

Mögliche zukünftige kostenträchtige Maßnahmen sind noch nicht absehbar.

Zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen werden die Betretungsrechte für die Durchführung von Inspektionen neu geregelt. Hierdurch entstehen den normunterworfenen Wirtschaftskreisen, im wesentlichen Reedern und Hafenbetreibern, unmittelbar keine zusätzlichen Kosten. Insoweit sind derzeit keine Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau zu erwarten. Mittelbar preisrelevante Effekte sind aufgrund fehlender finanzieller Belastungen der Haushalte der Gebietskörperschaften nicht zu erwarten.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1: Änderung des Seeaufgabengesetzes (SeeAufgG)
Zu Nummer 1:

Mit der Einfügung der neuen Nummer 16 wird eine Kompetenz des Bundes für die Mitwirkung an den hier in Rede stehenden Inspektionen geschaffen. Darüber hinaus wird eine Bundeskompetenz, soweit dies zur Erfüllung zukünftiger völkerrechtlicher Verpflichtungen - etwa im Rahmen eines IMO-Audits - erforderlich ist, geschaffen.

Zu Nummer 2:

Die Änderung ist rein redaktioneller Art und weist die durch Artikel 1 Nummer 1 geschaffene Bundeskompetenz dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zu.

Zu Nummer 3:

Mit der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 SeeAufgG wird der Tatsache Rechnung getragen, dass im Rahmen der Abwehr äußerer Gefahren in der Seeschifffahrt (insbesondere nach Maßgabe des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) sowie des International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code)), zusätzliche Betretungsrechte erforderlich sind. Die Änderung ermöglicht den Zugang sowohl auf das Schiff wie in das dazugehörende Unternehmen (Reederei).

Zu Nummer 4:

Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen2 sieht die Durchführung von Inspektionen durch die Mitgliedstaaten und die Kommission vor. Die Kontrollmaßnahmen nach Artikel 9 Abs. 1 der EG-Verordnung werden von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus Kapitel XI-2 der Anlage des SOLAS-Übereinkommens wahrgenommen. Die Inspektionen nach Artikel 9 Abs. 4 der EG-Verordnung dienen der Überwachung der Anwendung dieser Verordnung durch die Mitgliedstaaten seitens der Kommission. Die Kommission kontrolliert damit die Anwendung der EG-Verordnung durch die Mitgliedstaaten und die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem SOLAS-Übereinkommen.

Der neue § 8a SeeAufgG ist notwendig, um im Rahmen dieser Kontrollen ein Schiff sowie das dazugehörende Unternehmen (Reederei) betreten zu können, Akteneinsicht zu nehmen oder Unterlagen zu verlangen. Diese Rechte gelten nur für Schiffe unter deutscher Flagge oder der Flagge eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union. Drittflaggige Schiffe werden davon nicht erfasst. Die Kontrolle nichteuropäischer Schiffe durch Inspektoren der Kommission im Rahmen der Durchführung der EG-Verordnung ist völkerrechtlich bedenklich und zudem nicht erforderlich. Nach Artikel 9 Abs. 5 der EG-Verordnung unterzieht sich der Mitgliedstaat der Kontrolle durch die Kommission. Das Betreten und Überprüfen von Schiffen, die die Flagge eines Staates führen, der nicht EU-Mitglied ist, gehört nicht dazu.

Die Beauftragten europäischer oder internationaler Organisationen dürfen ein Schiff oder eine Reederei nur in Begleitung eines Bundesbediensteten (aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen) betreten. Dies hat mehrere Gründe:

Zunächst wird dadurch sicher gestellt, dass die Kontrolle die Grundrechte der Betroffenen beachtet und insbesondere die Grenzen des Artikels 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) nicht überschritten werden. Auf den Seeschiffen befinden sich auch die Wohnräume der Besatzungsmitglieder. Diese dürfen nur unter den Voraussetzungen des Artikel 13 GG betreten werden.

Weiter gewährleistet die Begleitung durch einen Bundesbediensteten die erfolgreiche Durchführung einer Kontrolle durch die EU-Kommission. Beauftragte der EU-Kommission haben auf dem Gebiet der Seeschifffahrt keine Befugnis, in Deutschland gegenüber Privatpersonen hoheitlich tätig zu werden. Zwangsmaßnahmen sind nur durch den Staat (Bund oder Land) auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung zulässig. Sollte also der Kapitän eines Schiffes oder der Mitarbeiter einer Reederei die Herausgabe von Unterlagen oder die Einsichtnahme in diese zum Zwecke der Kontrolle verweigern, ist nur der Beamte der zuständigen nationalen Behörde befugt, eine solche Herausgabe oder Einsichtnahme zu erzwingen.

Ebenso wenig sind Beauftragte der EU-Kommission berechtigt, bei festgestellten Verstößen gegen die Vorschriften in Kapitel XI-2 der Anlage des SOLAS-Übereinkommens oder in der EG-Verordnung Maßnahmen gegen das Schiff zu ergreifen. Es ist jedoch denkbar, dass im Zuge einer Kontrolle durch die EU-Kommission schwer wiegende Verstöße entdeckt werden, die eine Festhaltung des Schiffes notwendig machen. Dies kann nur von einem Beamten der national zuständigen Behörde veranlasst werden.

Zu Artikel 2:

Inkrafttreten

Diese Bestimmung entspricht dem Artikel 82 Abs. 2 des Grundgesetzes.

1 Gesetze zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und zum Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (BGBl. 2003 II 2018)
2 Gesetz zur Ausführung der im Dezember 2002 vorgenommenen Änderungen des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (BGBl. 2004 I 1389)
3 AB1. EU (Nr. ) L 129 S. 6 vom 29.04.2004
1 AB1. EU (Nr. ) L 129/6 vom 29.04.2004
2 AB1. EU (Nr. ) L 129/6 vom 29.04.2004