Antrag des Freistaats Thüringen
Entschließung des Bundesrates zur Unterbringung von aufgefundenen Tieren

Freistaat Thüringen Erfurt, den 13. Juli 2011
Die Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefin der Staatskanzlei

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Thüringer Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Unterbringung von aufgefundenen Tieren zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 23. September 2011 zu setzen. Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Dr. Klaus von der Weiden
Ministerialdirigent

Entschließung des Bundesrates zur Unterbringung von aufgefundenen Tieren

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung des Tierschutzgesetzes eindeutige gesetzliche Regelungen für die Betreuung und Unterbringung von verlorenen oder entlaufenen sowie ausgesetzten, zurückgelassenen oder anderweitig herrenlosen Tieren einzuführen. Dies schließt eine Regelung für Zweifelsfälle ein.

Begründung:

Die Betreuung und Unterbringung verlorener, entlaufener, ausgesetzter, zurückgelassener und anderweitig herrenloser Tiere (zusammen: aufgefundene Tiere) ist derzeit unbefriedigend durch verschiedene Gesetze und damit einhergehende unterschiedliche behördliche Zuständigkeiten geregelt.

Zum einen sind die Fundbehörden nach den Regelungen des Fundrechts für Fundtiere zuständig. Grundsätzlich gilt dabei, dass die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Aufbewahrungspflicht für Fundsachen und damit auch für Fundtiere sechs Monate beträgt, wobei sich aus der generellen Aufbewahrungspflicht eine Verpflichtung zur Kostenübernahme durch die Fundbehörden für diesen gesamten Zeitraum ableiten lässt. In der Regel stellen die Fundbehörden die ordnungsgemäße Unterbringung und Betreuung der Tiere nicht selbst sicher, sondern übergeben die Tiere einer geeigneten Person oder Einrichtung, zum Beispiel einem Tierheim, und ersetzen diesen die erforderlichen Aufwendungen für die Versorgung der Tiere.

Zum anderen wird von den Fundbehörden geltend gemacht, dass nicht alle aufgefundenen Tiere tatsächlich Fundtiere im Sinne verloren gegangener oder entlaufener Tiere sind, sondern dass es sich in vielen Fällen um ausgesetzte und zurückgelassene Tiere handelt, für die keine Zuständigkeit und Kostentragungspflicht der Fundbehörden besteht. In einigen Ländern wurde wegen des unklaren Rechtsstatus aufgefundener Tiere vereinbart, dass die Kostentragungspflicht der Fundbehörden nach vier Wochen endet. Andere Länder halten an der sechsmonatigen Aufbewahrungspflicht für Fundtiere fest.

Die geschilderten Unklarheiten beim Auffinden eines Tieres können schließlich zu der besonders problematischen Situation führen, dass jede der potentiell zuständigen Behörden die Zuständigkeit und Kostentragungspflicht unter Verweis auf eine mögliche andere Rechtslage ablehnt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass aufgrund fehlender Regelung für die Betreuung und Unterbringung solcher Tiere und wegen der entsprechend nicht klar abzuleitenden Pflichten von Behörden die Erstattung anfallender Kosten an den jeweiligen Tierheimträger trotz erbrachter Leistungen häufig nicht erfolgt. Wegen der nicht klaren Verantwortlichkeiten und Kostentragungspflichten der Behörden erfolgt die Unterbringung zahlreicher Tiere über größere Zeiträume zu Lasten der Tierheimträger, bei denen es sich häufig um gemeinnützige Vereine handelt. Vielerorts ist die finanzielle Lage der Tierheimträger inzwischen so angespannt, dass mit der Insolvenz von Tierheimen gerechnet werden muss.

Um das Verwaltungshandeln zu vereinfachen, langwierige Einzelfallprüfungen zu vermeiden, Rechtsstreitigkeiten zu verhindern und gleichzeitig den Fortbestand der Tierheime zu sichern, müssen deshalb eindeutige und abschließende gesetzliche Regelungen hinsichtlich der Betreuung und Unterbringung von verlorenen, entlaufenen, ausgesetzten, zurückgelassenen und anderweitig herrenlosen Tieren getroffen werden. Dabei ist auch eine Regelung erforderlich, wie mit Zweifelsfällen umzugehen ist.

Eine klare gesetzliche Regelung könnte im Zusammenhang mit der anstehenden Novellierung des Tierschutzgesetzes erfolgen, da ein sachlicher Zusammenhang mit dem in § 3 des Tierschutzgesetzes enthaltenen Aussetzungsverbot besteht. Eine entsprechende Regelung für anderweitig herrenlose Tiere wie beispielsweise freilebende Katzenpopulationen sollte in diesem Zusammenhang ebenfalls getroffen werden. Möglicherweise sind auch Anpassungen der Regelungen im BGB erforderlich und geeignet, die unbefriedigende Rechtslage zu klären.