Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht

Der Bundesrat hat in seiner 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1.

Der Grundtatbestand des § 177 Absatz 1 StGB verlangt die Überwindung eines Widerstands des Opfers zur Vornahme einer sexuell bestimmten Handlung des Täters unter Zuhilfenahme eines der dort aufgeführten Nötigungsmittel, d.h. es wird für die Begründung einer Strafbarkeit nicht auf das fehlende Einverständnis des Opfers abgestellt.

Das dritte, in § 177 Absatz 1 Nummer 3 StGB enthaltene Nötigungsmerkmal "unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist" wurde in die Regelung des § 177 StGB aufgenommen, um auch solche Fälle als strafbares Verhalten zu erfassen, in denen das Opfer wegen der Aussichtslosigkeit von Widerstand oder aus Angst keine Gegenwehr leistet. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung etwaigen weiteren Regelungsbedarf anhand konkreter Fälle prüfen möchte. Einer der Fälle ist, dass das Nötigungsmerkmal des § 177 Absatz 1 Nummer 3 StGB beispielsweise dann nicht erfüllt ist, wenn das Opfer auf Gegenwehr verzichtet, weil es sich in einer schutzlosen Lage wähnt, die objektiv nicht gegeben ist.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, nach Abschluss der Prüfung erkannte Strafbarkeitslücken bei nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen rasch zu schließen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 184b und § 184c StGB), Nummer 18 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 201a Absatz 1 StGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen dem Bestimmtheitsgebot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die hinter den Regelungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (§§ 184b und 184c sowie § 201a Absatz 1 StGB) stehende Intention, das Strafrecht im Bereich der Kinderpornografie angemessen zu verschärfen. Die Herausforderung besteht aus Sicht des Bundesrates darin, die Neuregelung der §§ 184b, 184c, 201a StGB-E mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtssicher auszugestalten. Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die nachfolgenden Aspekte ergänzend zu prüfen:

Einer näheren Überprüfung bedarf die Formulierung der "unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung" insbesondere darauf, ob sie den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die aus dem Bestimmtheitsgebot für Strafgesetze folgen, entspricht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um eine aus dem Jugendschutzgesetz (§ 15 Absatz 2 Nummer 4 JuSchG) übernommene Formulierung handelt. Strafvorschriften unterliegen mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz höheren, sich aus Artikel 103 Absatz 2 GG ergebenden Anforderungen als andere Normen.

Ähnliches dürfte hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes für die vorgesehene Regelung in § 201a Absatz 1 StGB-E gelten, wonach bestraft wird, "wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbekleideten anderen Person herstellt oder überträgt". Dieser Straftatbestand sollte vor dem Hintergrund des Artikels 20 Absatz 3 GG (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) dahin gehend überprüft werden, dass mit dem Mittel des Strafrechts nur Handlungsweisen erfasst werden, die sozial inadäquat sind.

3. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 184b Absatz 4 und § 184c Absatz 5 StGB) Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens den Regelungsinhalt der §§ 184b Absatz 4 und 184c Absatz 5 StGB-E zu überprüfen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht in § 184b Absatz 4 StGB-E eine Regelung zur Versuchsstrafbarkeit vor, die nach dem zweiten Halbsatz nicht für Taten nach Absatz 1 Nummer 2 und 4 sowie Absatz 3 der Norm gelten soll.

Diese Formulierung ist in ihrem Regelungsgehalt nicht eindeutig.

Zu verstehen sein könnte sie dahin, dass eine Anwendbarkeit des ersten Halbsatzes ausgeschlossen werden soll. Der Wortlaut ("dies gilt nicht") lässt aber auch eine Auslegung dahin zu, dass die grundsätzlich gegebene Versuchsstrafbarkeit im Rahmen von nach Absatz 1 Nummer 2 und 4 sowie Absatz 3 als Unternehmensdelikt ausgestalteten Taten eingeschränkt wird.

Da nach der Begründung des Gesetzentwurfs ersteres gewollt sein dürfte, könnte sich eine, dies klarer zum Ausdruck bringende Formulierung anbieten.

Dieselbe Problematik stellt sich in § 184c Absatz 5 StGB-E.

4. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 184b Absatz 6 Satz 2 StGB)

In Artikel 1 Nummer 14 sind in § 184b Absatz 6 Satz 2 nach der Angabe "Nummer 2" ein Komma und die Angabe "Nummer 3" einzufügen.

Begründung:

Werden kinderpornografische Schriften, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, hergestellt, müssen Gegenstände, die sich auf eine solche Straftat beziehen, eingezogen werden.