Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zur Lage in Birma/Myanmar

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 106852 - vom 7. Juni 2010.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 20. Mai 2010 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in Anbetracht der Ankündigung der Behörden von Birma/Myanmar, dass 2010 die ersten landesweiten Wahlen seit 1990 stattfinden sollen,

B. in der Erwägung, dass die fünf Wahlgesetze und vier Wahldekrete in der veröffentlichten Form sämtliche demokratischen Grundsätze verletzen und die Abhaltung freier Wahlen unmöglich machen, da sie insbesondere die 2 200 bekannten politischen Gefangenen des Landes ausschließen; in der Erwägung, dass Mitglieder religiöser Gemeinschaften, darunter auch schätzungsweise 400 000 buddhistische Mönche in Birma/Myanmar, ausdrücklich von der Wahl ausgeschlossen sind, was ein Zeichen für die stetige Diskriminierung durch die Militärjunta wegen Religion oder Status ist,

C. in der Erwägung, dass diese Gesetze die Grundsätze der Meinungs- und Versammlungsfreiheit verletzen; in der Erwägung, dass im Ausland angesiedelte birmesische Medien, die für das Volk von Birma die Hauptnachrichtenquelle darstellen, immer noch nicht in Birma/Myanmar arbeiten dürfen,

D. in der Erwägung, dass diese Gesetze auf der Verfassung von 2010 beruhen, die Straffreiheit für die Verbrechen des derzeitigen Regimes garantiert und eine völlige Aussetzung der Grundrechte während des Ausnahmezustands auf unbestimmte Zeit vorsieht; in der Erwägung, dass die neue Verfassung von Birma/Myanmar so gestaltet ist, dass die Diktatur in einem zivilen Gewand erhalten wird, und sie weder die Menschenrechte schützt noch Aussichten auf einen wirklichen Wechsel bietet,

E. in der Erwägung, dass jede abweichende politische Meinungsäußerung systematisch brutal verfolgt wird (beispielsweise durch willkürliche Verhaftungen, ungerechte Prozesse, Gefängnisstrafen, Folter und Tötungen ohne Gerichtsurteil),

F. in der Erwägung, dass Wahlen nicht als frei und gleich betrachtet werden können, solange die Opposition nicht einbezogen wird,

G. in der Erwägung, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD), der eindeutige Sieger der letzten demokratischen Wahlen, beschlossen hat, die für 2010 angekündigten Wahlen aufgrund der Voraussetzungen für die Teilnahme zu boykottieren; in der Erwägung, dass die NLD per Gesetz vom 6. Mai 2010 aufgelöst wurde, nachdem sie sich für die Wahlen nicht registrieren lassen hatte,

H. in der Erwägung, dass in der Erklärung des 16. ASEAN-Gipfeltreffens die Bedeutung einer Aussöhnung und der Abhaltung freier, regelkonformer, allgemeiner und für alle offener Wahlen betont wird,

I. in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zu Birma/Myanmar "umfassende und systematische" Menschenrechtsverletzungen, die von dem Diktaturregime Birmas/Myanmars begangen wurden, verurteilt und erklärt hat, diese stellten "eine staatliche Politik dar, die die Behörden in der Exekutive, das Militär und die Jurisdiktion auf allen Ebenen einschließen", und dass er die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Vereinten Nationen für von dem Diktaturregime begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert hat,

J. in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar dem EU-Sonderbeauftragten für Birma/Myanmar weiterhin die Einreise ins Land und die Aufnahme eines Dialogs verweigert, obwohl monatelang immer wieder darum ersucht wurde,

K. in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar seit 2003 sämtliche Vorschläge der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft für die Reform ihres siebenteiligen "Fahrplans für Demokratie" abgelehnt hat,

L. in der Erwägung, dass derzeit 2 200 namentlich bekannte politische Gefangene aufgrund ihrer gewaltlosen Aktivitäten in Birma/Myanmar inhaftiert sind, und in der Erwägung, dass mehr als 140 politischen Gefangenen vorsätzlich jede medizinische Versorgung verweigert wird; zu ihnen gehört auch der Studentenführer Ko Mya Aye der Generation 88, der an einer lebensbedrohlichen Herzerkrankung leidet,

M. in der Erwägung, dass das Militär seine Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten in ethnischen Konfliktgebieten einschließlich Tötungen ohne Gerichtsurteil, Zwangsarbeit und sexueller Gewalt unvermindert fortsetzt,

N. in der Erwägung, dass die Angriffe gegen Zivilisten ethnischer Minderheiten in Ostbirma/-Myanmar fortdauern und zu hunderttausenden Vertriebenen geführt haben, von denen viele aufgrund der durch die Diktatur verhängten Restriktionen für humanitäre Hilfe nur durch grenzüberschreitende Hilfe aus Nachbarländern erreicht werden können,

O. in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi, die Führerin der oppositionellen NLD, seit 2003 unter Hausarrest steht; in der Erwägung, dass die Behörden sie am 14. Mai 2009 verhafteten und ihr vorwarfen, sie habe die Auflagen ihres Hausarrests verletzt, indem sie den Besuch des Amerikaners John Yettaw zuließ; in der Erwägung, dass ein Strafgericht im Insein-Gefängnis in Rangun Aung San Suu Kyi am 11. August 2009 wegen der Verletzung ihres Hausarrests zu drei Jahren Gefängnis verurteilte - dieses Urteil wurde in der Folge in 18 Monate Hausarrest umgewandelt; in der Erwägung, dass das Oberste Gericht von Birma/Myanmar Aung San Suu Kyis Berufung gegen das ungerechte Urteil von 2009 am 1. März 2010 ablehnte,

P. in der Erwägung, dass die EU nach wie vor ein wichtiger Geber für Birma/Myanmar ist und gewillt ist, ihre Unterstützung für das Volk des Landes zu erhöhen, um dessen soziale und wirtschaftliche Lage zu verbessern,

Q. in der Erwägung, dass ECHO die Mittel für die Flüchtlinge an der thailändischbirmesischen Grenze gekürzt hat, obwohl die Zahl der Flüchtlinge fast gleich geblieben ist, und die Unterstützung von Internatsschulen in Flüchtlingslagern eingestellt hat,

R. in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die Europäische Union und zahlreiche Regierungen erklärt haben, die Lösung für die Probleme von Birma sei ein echter dreiseitiger Dialog zwischen Aung San Suu Kyi und der NLD, legitimen Vertretern der ethnischen Minderheiten und der Regierung von Birma/Myanmar; in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar einen solchen Dialog immer noch verweigert,