Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften "Bessere Rechtsetzung 2005" gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (13. Bericht) KOM (2006) 289 endg. Ratsdok. 10558/06

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 21. Juni 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 14. Juni 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 950/93 = AE-Nr. 933556,
Drucksache 1090/94 = AE-Nr. 944069,
Drucksache 904/95 = AE-Nr. 953791,
Drucksache 978/96 = AE-Nr. 964135,
Drucksache 1025/97 = AE-Nr. 973910,
Drucksache 1003/98 = AE-Nr. 984165,
Drucksache 721/99 = AE-Nr. 993623,
Drucksache 837/00 = AE-Nr. 003718,
Drucksache 054/02 = AE-Nr. 020295,
Drucksache 081/03 (PDF) = AE-Nr. 030419,
Drucksache 023/04 (PDF) = AE-Nr. 040078,
Drucksache 218/05 (PDF) = AE-Nr. 050836 sowie
Drucksache 052/06 (PDF) Bericht der BReg Subsidiaritätsbericht 2004

Bericht der Kommission "BESSERE Rechtsetzung 2005" gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (13. Bericht)

Bei diesem Bericht handelt es sich um die 13. jährliche Überprüfung der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Behandelt werden ebenfalls die Fortschritte bei der Verbesserung des Regelungsumfelds in der Europäischen Union1.

1. bessere Rechtsetzung

Die Verbesserung des Regelungsumfelds ist entscheidend, wenn es darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, das Wachstum zu erhöhen, die Beschäftigung wachsen zu lassen und eine nachhaltige Entwicklung und höhere Lebensqualität für die europäischen Bürger zu fördern. Diese Verbesserung erfordert gemeinsame Bemühungen des Europäischen Parlaments, des Rats, der Kommission und der Mitgliedstaaten.

Die wichtigsten Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung des Regelungsumfelds der EU-Organe sind in zwei Dokumenten niedergelegt: in dem im März 2005 überarbeiteten Aktionsplan der Kommission für eine Verbesserung des Regelungsumfelds2 und in der Interinstitutionellen Vereinbarung (AII) "Bessere Rechtsetzung", die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission im Dezember 2003 unterzeichnet wurde3.

2005 hat das Interesse an einer Verbesserung der Regelungsqualität weiter zugenommen.

Entsprechend der Bedeutung, die dieser Frage beigemessen wird, wurden zahlreiche Initiativen auf verschiedenen Ebenen ergriffen.

1.1. Maßnahmen der Kommission

2005 nannte die neue Kommission als ihr zentrales Ziel ein stärkeres, anhaltendes Wachstum und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen. Bei der Ankündigung eines Neubeginns für die "Strategie von Lissabon"4 wurden zahlreiche Schwerpunktmaßnahmen hervorgehoben: Schaffung von Anreizen für Unternehmen, Senkung unnötiger Kosten und Beseitigung von Hindernissen, die der Anpassungsfähigkeit und Innovation entgegenstehen.

Diese Schwerpunkte wurden in der Mitteilung "Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union"5 vom März 2005 bekräftigt.

Seither hat die Kommission entsprechend ihrem überarbeiteten Aktionsplan vom März 2005:

Folgenabschätzung

2005 hat die Kommission ihren methodischen Rahmen zur Bewertung der möglichen Folgen ihrer Vorschläge verbessert12 und die Zahl13 und Qualität14 der tatsächlichen Folgenabschätzungen, die ihre wichtigsten Initiativen begleiten, erhöht. Insbesondere muss gewährleistet werden, dass bereits zu Beginn des politischen Entwicklungsprozesses alternative politische Optionen, als Teil einer verstärkten Qualitätssicherung und Kontrollrahmens, sorgfältig geprüft werden.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

2005 wurde SINAPSE (Scientific Information for Policy Support in Europe - Wissenschaftliche Informationen zur Unterstützung der Politik in Europa), eine neue und effiziente Schnittstelle zwischen Sachverständigen und politischen (EU)- Entscheidungsträgern, eingerichtet15 Über 300 europäische und internationale Wissenschaftsvereinigungen haben sich 2005 angemeldet. SINAPSE fördert weiterhin Qualität, Transparenz und Effizienz bei der Einholung von Expertenwissen entsprechend den von der Kommission in ihrer Mitteilung von 2002 über die Einholung und Nutzung von externem Expertenwissen festgelegten Grundsätzen und Standards16.

Aufgrund der von Präsident Barroso im Juli 2004 gegenüber dem Europäischen Parlament eingegangenen Verpflichtungen hat die Kommission intensive Maßnahmen ergriffen, um die Transparenz in Bezug auf ihre Sachverständigengruppen zu verbessern. Seit Oktober 2005 bietet ein Register dem Parlament und der breiten Öffentlichkeit Standardinformationen über rund 1 200 Sachverständigengruppen, die die Kommission beraten17.

Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire

Im Oktober 2005 hat die Kommission eine neue Phase ihrer Strategie zur Vereinfachung der bestehenden Vorschriften eingeleitet18, die das erste umfassende Vereinfachungsprogramm vom Februar 2003 fortführt und intensiviert19. Auf der Grundlage von Beiträgen aus den Mitgliedstaaten20 und der Beteiligten21 beinhaltet die neue Strategie ein regelmäßig aktualisiertes dreijähriges fortlaufendes Programm. Die Zahl der von der Kommission vorgelegten Vereinfachungsvorschläge wird sich erheblich erhöhen: Das fortlaufende Programm sieht die Aufhebung, Kodifizierung, Neufassung oder Änderung von 222 Rechtsakten (mit erheblichen Auswirkungen auf über 1 400 damit verbundene Rechtsakte) vor.

Schätzung der Verwaltungskosten

2005 hat die Kommission eine Methode zur Schätzung der durch EU-Rechtsvorschriften bedingten Verwaltungskosten geprüft, validiert gutgeheissen und vorgelegt22. Sie stellte ferner fest dass ein einheitliches Konzept auf EU-Ebene sinnvoll wäre und einen eindeutigen Zusatznutzen darstellen würde.

Die Kommission kündigte die Einbeziehung dieser Methode in ihre Leitlinien für die Folgenabschätzung sowie in ihre Evaluierungsleitlinien an23. Sie untersuchte, ob die gemeinsame EU-Methode zur Beurteilung des kumulativen Verwaltungsaufwands auf sektoraler Ebene verwendet werden könnte24. Sie kündigte ebenfalls ihre Absicht an, die Methode mit Hilfe der Gruppe von hochrangigen nationalen Rechtsetzungssachverständigen weiter zu verfeinern.

Wahl des Instruments

In ihrem überarbeiteten Aktionsplan von 2005 betonte die Kommission erneut die Notwendigkeit, der Wahl der Instrumente zur Verfolgung der Vertragsziele und zur Umsetzung der EU-Politik größere Aufmerksamkeit zu schenken. Politische Entscheidungsträger sollten sich stets darum bemühen, eine Reihe legislativer und nichtlegislativer Optionen zu prüfen, mit denen diese Ziele erreicht werden können. Zur stärkeren Sensibilisierung und Schaffung eines günstigeren Umfelds für den Einsatz alternativer Regelungsinstrumente hat die Kommission ein Verzeichnis bestehender Beispiele für die Selbstregulierung und Ko-Regulierung auf EU-Ebene erstellt. Der Europäische Wirtschaftsund Sozialausschuss (EWSA) und die Kommission haben untersucht, wie praktischer Sachverstand im Bereich der Selbst- und Ko-Regulierung auf EU-Ebene eingeholt, der Informationsaustausch vereinfacht und bewährte Verfahren festgestellt werden können. Sie haben beschlossen, 2006 eine neue Datenbank einzurichten.

Die Kommission berücksichtigt bei ihrem Vorgehen zwar das Potenzial von Regelungsalternativen, stellt jedoch auch fest, dass die Rechtsetzung in vielen Fällen die einfachste Möglichkeit zur Einreichung von EU-Zielen ist. Dies wurde beispielsweise von der Binnenmarkt-Beobachtungsstelle des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses hervorgehoben.

Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts

Die Hauptverantwortung für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts wird von den Verwaltungen (und Gerichten) in den Mitgliedstaaten getragen. Die Kommission hat zu gewährleisten dass das Gemeinschaftsrecht sorgfältig und ordnungsgemäß umgesetzt und angewendet wird.

Fortschritte bei der Umsetzungsüberwachung und Konformitätsüberprüfung hängen im Wesentlichen von der Verfügbarkeit standardisierter Konkordanztabellen25, der systematischen Verwendung einer elektronischen Notifizierung der umgesetzten Maßnahmen, einer Früherkennung möglicher Probleme und technischer Unterstützung sowie dem Einsatz von Erinnerungsmechanismen ab. 2005 wurden die neuen Mitgliedstaaten vollständig in den regulären Überwachungsprozess einbezogen. Die Notifizierung der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinien durch die neuen Mitgliedstaaten erfolgt vergleichsweise gut.

Die Fortschritte bei den Konkordanztabellen fielen weniger positiv aus. In ihre Richtlinienvorschläge hat die Kommission systematisch eine Bestimmung aufgenommen, wonach die Mitgliedstaaten diese Tabellen vorzulegen haben. Dieser Vorschrift hat der Rat jedoch nicht immer zugestimmt.

Die Behandlung von Beschwerden und Zuwiderhandlungen, ein weiteres Kernelement zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung des EU-Rechts, wurde auf verschiedenen Ebenen verbessert. Die Anwendung weniger formaler Maßnahmen hat 2005 ebenfalls zugenommen.

Prüfung und Zurückziehung schwebender Rechtsetzungsvorschläge

Der überarbeitete Aktionsplan von März 2005 sieht die Prüfung schwebender Rechtsetzungsvorschläge im Hinblick auf ihre allgemeine Bedeutung und ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit vor26. Alle dem Gesetzgeber vor dem 1. Januar 2004 übermittelten schwebenden Rechtsetzungsvorschläge wurden geprüft (183 Vorschläge). Diese Initiative war eine Neuerung, da sie über eine technische Maßnahme hinausging (d.h. die regelmäßige Zurücknahme von Vorschlägen, die nicht mehr aktuell sind).

Im September 2005 kündigte die Kommission ihre Absicht an, 68 Vorschläge zurückzuziehen27. Diese entsprachen nicht den Zielen von Lissabon und/oder den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung, hatten wenig Aussicht, verabschiedet zu werden, oder waren objektiv überholt. Nachdem Parlament und Rat Gelegenheit hatten, ihre Ansichten zu äußern, und nach Prüfung ihrer Kommentare hat die Kommission ihre Vorschläge formal zurückgezogen und das entsprechende Verzeichnis 2006 im Amtsblatt veröffentlicht. 25 Konkordanztabellen zeigen an, durch welche nationale Maßnahme welche Bestimmung der Richtlinie umgesetzt wird.

1.2. Maßnahmen des Europäischen Parlaments, des Rates, des Ausschusses der

Regionen und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 2005 nahm das Europäische Parlament die Arbeit an verschiedenen Berichten zur Untersuchung verschiedener Aspekte einer besseren Rechtsetzung auf, von denen die meisten 2006 zur Annahme anstehen. Der Rat und der Ratsvorsitz wollten ebenfalls die bessere Rechtsetzung weiter vorantreiben28. Der Ausschuss der Regionen und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beteiligten sich ebenfalls aktiv an der Debatte über eine bessere Rechtsetzung.

Bei den Folgenabschätzungen gab es vielversprechende Entwicklungen. Das Europäische Parlament hat seine erste Folgenabschätzung im Hinblick auf Abänderungen eines Kommissionsvorschlags ebenso wie der Rat in Form eines Pilotprojekts abgeschlossen. Nun geht es darum, von der Testphase zu einer umfassenderen Anwendung zu gelangen. Eine bemerkenswerte Entwicklung war die Vereinbarung eines interinstitutionellen "Gemeinsamen Konzeptes zur Folgenabschätzung" im November 2005, das einige grundlegende "Verkehrsregeln" für die Folgenabschätzung im Laufe des Rechtsetzungsverfahrens festlegt.

Das "Gemeinsame Konzept" kann als erster Schritt bei der Erarbeitung der in der Interinstitutionellen Vereinbarung (AII) "Bessere Rechtsetzung" vorgesehenen gemeinsamen Methode zur Folgenabschätzung angesehen werden.

Die anderen Organe müssen nachziehen. Beispielsweise würde sich die Kommission über eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten freuen, Folgenabschätzungen im Hinblick auf Vorschläge durchzuführen, die sie für die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden in Strafsachen (so genannter dritter Pfeiler) vorlegen. In diesem Bereich haben Kommission und Mitgliedstaaten das gemeinsame Initiativrecht. Obwohl die Kommission die möglichen Folgen ihrer Vorschläge im Rahmen des "Dritten Pfeilers" prüft, tun die Mitgliedstaaten dies nicht. In vielen Fällen beinhalten ihre Vorschläge auch keine ordnungsgemäße Begründung.

Bei den durch EU-Rechtsvorschriften bedingten Verwaltungskosten war die eindeutige Verpflichtung der im Rat vereinigten Minister, auf Verlangen und in angemessener Weise die notwendigen Informationen zur Einschätzung dieser Kosten bereitzustellen, eine begrüßenswerte Entwicklung29. Der Rat hat jedoch auf die Bitte des Europäischen Rates vom März 2005, mit der Kommission eine Einigung über eine gemeinsame Methode zu erzielen, nicht reagiert30.

Die Umsetzung der IIA-Bestimmungen über die Vereinfachung und Koordinierung der Legislativplanung war hingegen ziemlich begrenzt. Parlament und Rat haben ihre Arbeitsmethoden für die Annahme von Vereinfachungsvorschlägen nicht geändert31. Da dies ein wesentliches Element für den Erfolg eines Vereinfachungsprogramms ist, hofft die Kommission, dass der Gesetzgeber mit den Vereinfachungsvorschlägen schnell vorankommt.

Eine bessere Koordinierung der jährlichen Legislativagenden der drei Organe erwies sich aufgrund des fehlenden Engagements des Rates als schwierig.

1.3. Maßnahmen der Mitgliedstaaten

Die Verwaltungsbelastung der europäischen Unternehmen geht im Wesentlichen auf nationale Rechtsvorschriften, verglichen mit deren Bedeutung im Verhältnis zur EU-Gesetzgebung, zurück. Darüber hinaus spielen die Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle für die bessere Rechtsetzung, da sie für die Anwendung und - im Falle der Richtlinien - für die Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften auf nationaler Ebene verantwortlich sind. Die bessere Rechtsetzung hängt daher weitgehend von ihnen ab.

Die Kommission hat vorgeschlagen, dass die bessere Rechtsetzung Teil der nationalen "Lissabon"-Programme wird, und empfohlen, dass die Mitgliedstaaten über ihre aktuellen und geplanten Maßnahmen Bericht erstatten. Dieser Aspekt wird im jährlichen Fortschrittsbericht der Kommission über Wachstum und Beschäftigung vom Januar 2006 behandelt.

Die Kommission fordert insbesondere die Mitgliedstaaten ohne Strategie für eine bessere Rechtsetzung auf, die Folgen der vorgeschlagenen Rechtsvorschriften abzuschätzen, die Beteiligten systematisch zu konsultieren, ein Programm zur Vereinfachung der Rechtsetzung zu entwickeln und eine Methode zur Berechnung der Verwaltungskosten zu erarbeiten.

2. Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit

Die Kommission hat besondere Anstrengungen unternommen, um zu erläutern, wie die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen beiden Grundsätzen entsprechen. Die Einführung eines neuen Systems zur Abfassung der Begründung, die jeden Rechtsetzungsvorschlag begleitet, führte zu einer genaueren und systematischeren Rechtfertigung der Notwendigkeit eines Handelns seitens der EU.

Das Europäische Parlament und der Rat haben relativ wenige Abänderungen vorgeschlagen, die sich ausdrücklich auf Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit bezogen. Die konsensorientierte Auslegung dieser Grundsätze ist angesichts der Tatsache, dass die Konsultierungen ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreichten32, und ein sehr großer Teil der Kommissionsvorschläge Reaktionen auf Aufforderungen des Europäischen Rats, des Rates und des Europäischen Parlaments waren, nicht überraschend. In wenigen Fällen gab es Meinungsverschiedenheiten33, den drei Organen ist es dennoch gelungen, in allen diesen Fällen zu einer gemeinsamen Auslegung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu gelangen.

In den meisten Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen wurden die Vorschläge der Kommission nicht aus Gründen der Subsidiarität kritisiert. In einem Fall gelangte der Ausschuss zu dem Schluss, dass der Vorschlag diesem Grundsatz nicht vollständig entsprochen habe34. Die Kommission hat den Vorschlag daraufhin zurückgezogen. COSAC35 hat bei einem Paket von Vorschlägen der Kommission aus dem Jahr 2004 ein Pilotvorhaben zur Prüfung des im Verfassungsvertrag vorgesehenen Subsidiaritäts-Frühwarnmechanismus durchgeführt. Zwanzig nationale Parlamente waren der Auffassung, dass die Kommission ihre Vorschläge im Hinblick auf die Subsidiarität nicht angemessen begründet hat. Vierzehn waren der Auffassung, dass zumindest ein Aspekt des Pakets dem Subsidiaritätsprinzip widersprach. Dieser Kritik schloss sich das Europäische Parlament teilweise an. Einige Aussagen stürzten sich jedoch auf Argumente, die nicht in Zusammenhang mit der Subsidiarität standen. Dies zeigt die Notwendigkeit, ein gemeinsames Verständnis des Begriffs "Subsidiaritätsprinzip" zu entwickeln, sowie die Notwendigkeit erneuter Anstrengungen der Kommission, eine deutliche und genaue Begründung ihrer Vorschläge im Lichte der Subsidiaritätsproblematik vorzulegen.

Was die nachgelagerte gerichtliche Kontrolle anbelangt, so ist der Grundsatz der Subsidiarität vom Europäischen Gerichtshof und vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften 2005 viermal angeführt worden. Nirgendwo wurde festgestellt, dass der Grundsatz der Subsidiarität verletzt wurde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde ebenfalls in mehreren Urteilen untersucht und führte den Europäischen Gerichtshof zu dem Schluss, dass bestimmte Verpflichtungen nicht notwendig wären, um die von einer angefochtenen Richtlinie festgelegten Ziele zu erreichen.

Weitere institutionelle Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips wurden im Rahmen der vom Europäischen Rat vom 16. Juni 2005 nach dem negativen Ausgang der Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden ausgerufenen "Phase der Reflexion, Klärung und Diskussion" diskutiert. Im November 2005 veranstalteten der Ratsvorsitz und die Niederlande gemeinsam eine Konferenz mit dem Titel "Gewaltenteilung in Europa", deren Ziel im Wesentlichen darin bestand, Möglichkeiten zur Verbesserung der Überwachung und Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu finden. Die Debatte konzentrierte sich auf den möglichen Beitrag der nationalen Parlamente auf der Grundlage der bestehenden Verträge und Protokolle. Eine Folgekonferenz wird vom Ratsvorsitz im April 2006 veranstaltet.