Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Wahlrechtsmittels in die Strafprozessordnung - Antrag des Landes Schleswig-Holstein -

836. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2007

A.

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Wahlrechtsmittels in die Strafprozessordnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Wahlrechtsmittels in die Strafprozessordnung

vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Der Entwurf zielt darauf ab, den Widerspruch zu beseitigen, der daraus resultiert, dass nach geltendem Recht bei Strafverfahren, die beim Amtsgericht ihren Ausgang nehmen, drei Instanzen zur Verfügung stehen, bei Strafsachen, die erstinstanzlich vor dem Landgericht verhandelt werden, aber nur zwei. Gleichzeitig sollen aber die Vorteile des geltenden Rechtsmittelsystems in Strafsachen gewahrt bleiben. Bewährt hat sich insbesondere, dass eine große Zahl von Strafverfahren vor dem Amtsgericht rechtskräftig erledigt wird, ohne dass das amtsgerichtliche Verfahren aufwändig wäre. Entscheidend ist dabei das Bewusstsein aller Beteiligten, durch eine Einlegung der Berufung gegebenenfalls erreichen zu können, dass vor dem Landgericht eine vollständig neue Hauptverhandlung durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass die große Masse der Verfahren vor dem Amtsgericht verfahrensökonomisch erledigt werden kann. Hauptvorteil des Wahlrechtsmittels ist es, dass sich hieran nichts ändert.

Die vorgeschlagene Regelung greift auf § 55 Abs. 2 JGG zurück; im Jugendstrafrecht hat sich das Wahlrechtsmittel seit langem bewährt. Auf die Auslegung des § 55 Abs. 2 JGG und die Erfahrungen dort kann deshalb Bezug genommen werden. Mit dem Erziehungsgedanken im Jugendstrafrecht ist das Wahlrechtsmittel nach § 55 Abs. 2 JGG nicht so eng verknüpft, als dass dies einer Übernahme in das allgemeine Strafverfahren entgegenstünde.

Die Bundesvertreterversammlung des Deutschen Richterbundes hat bereits im Jahr 1987 die Einführung des Wahlrechtsmittels befürwortet. In dem in der 14. Legislaturperiode erstellten Gutachten der Großen Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes "Reform der Rechtsmittel im Strafverfahren" wird zum Wahlrechtsmittel ausgeführt, dass es sich um einen "faszinierenden Gedanken" handele, der einer früheren Konzeption des Richterbundes entspreche; angesichts des sehr engen Gutachtenauftrages waren in dem Gutachten allerdings keine näheren Ausführungen zum Wahlrechtsmittel veranlasst.

Der Einwand, dass das Wahlrechtsmittel zu einer größeren Belastung bei den Amtsgerichten führen könne, weil sie sich mehr als bisher gezwungen sehen könnten, ihr Urteil "revisionssicher" abzufassen, greift nach den Erfahrungen im Jugendstrafrecht und nach den Erfahrungen mit dem früheren Wahlrechtsmittel im allgemeinen Strafrecht nicht durch. In aller Regel wird es für den Rechtsmittelführer attraktiver sein, Berufung und nicht Revision einzulegen. Ein weiterer Vorteil des Wahlrechtsmittels ist, dass in der Berufungsinstanz für den Berufungsführer der Anreiz zu solchen Anträgen entfällt, die lediglich den Boden für eine Revision bereiten sollen. Die Einführung des Wahlrechtsmittels wird im Übrigen rasch wirksam, weil sie nicht mit Komplikationen organisatorischer und rechtlicher Art verbunden ist.

Im Aufbau knüpft der Entwurf an die bestehende Systematik der §§ 333 und 335 StPO an. Dies rechtfertigt sich daraus, dass bei amtsgerichtlichen Urteilen auch künftig die Berufungsanfechtung die Regel sein wird.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Zu Nummer 1 ( § 333 StPO)

Die Ergänzung des § 333 StPO um einen Absatz 2 enthält die Einführung des Wahlrechtsmittels. Absatz 2 entspricht § 55 Abs. 2 JGG; auf Rechtsprechung und Literatur zu dieser Bestimmung kann grundsätzlich zurückgegriffen werden. § 333 Abs. 2 Satz 2 StPO-E bezweckt - wie § 55 Abs. 2 Satz 2 JGG - die wechselseitige Zurechnung einer Berufungseinlegung durch die genannten Verfahrensbeteiligten; soweit kann aber eine Beschränkung auf die im Erwachsenenstrafverfahren Beteiligten, nämlich Angeklagte und gesetzliche Vertreter, erfolgen. Der Verteidiger, der im Jugendgerichtsverfahren nach herrschender Meinung dem Angeklagten bzw. dessen gesetzlichem Vertreter zugerechnet wird, wird wie in § 55 Abs. 2 JGG nicht gesondert aufgeführt.

Zu Nummer 2 ( § 335 StPO)

In § 335 StPO wird mit dem neuen Absatz 1a die (Sprung-)Revision gegen ein amtsgerichtliches Urteil dann ausgeschlossen, wenn nur Annahmeberufung möglich ist; Absatz 1 wird insoweit eingeschränkt. Absatz 3 Satz 3 entfällt im Hinblick auf § 333 Abs. 2 StPO-E.

Da lediglich die Wahlrevision durch den neuen Absatz 1a ausgeschlossen werden soll, hält die vorgesehene Regelung auch im Bereich der Annahmeberufung die Möglichkeit der Herbeiführung obergerichtlicher Grundsatzentscheidungen offen. Auch ist es etwa dem Angeklagten nicht verwehrt, gegen eine zweitinstanzliche Verurteilung, die auf Grund der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen einen erstinstanzlichen Freispruch erfolgt ist, Revision einzulegen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die Rechtsänderungen sollen am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten."

Begründung (nur für das Plenum):

Der Ausschluss der Wahlrevision im Anwendungsbereich der Annahmeberufung ist nahezu schon eine notwendige Bedingung für die intendierte Entlastung der Rechtsmittelinstanz. Bliebe nämlich die Revision eröffnet, müsste damit gerechnet werden, dass Angeklagter und Verteidiger in verstärktem Maße die Revision wählen, um dem Annahmeerfordernis bei der Berufung auszuweichen. Das wiederum hätte zur Folge, dass die Strafrichter bei den Amtsgerichten in erheblichem Umfang ausführlich begründete, "revisionsfeste" Urteile schreiben müssten und dadurch zusätzlich belastet würden.

B.

C.