Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zur Demokratischen Republik Kongo: der Fall Floribert Chebeya Bahizire

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 310826 - vom 1. Juli 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 17. Juni 2010 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zur Demokratischen Republik Kongo: der Fall Floribert Chebeya Bahizire

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Floribert Chebeya Bahizire, Direktor der Menschenrechtsorganisation "La Voix des Sans-Voix" (VSV), am Mittwoch, dem 2. Juni 2010, in Kinshasa tot in seinem Wagen gefunden wurde, nachdem er bei der Polizei vorgeladen worden war,

B. in der Erwägung, dass Floribert Chebeya Bahizire Medienberichten zufolge am Dienstag, dem 1. Juni 2010, nachmittags einen Anruf vom Polizeihauptquartier erhalten hat, in dem er dazu aufgefordert wurde, ein Treffen mit dem Polizeichef der Demokratischen Republik Kongo, Generalinspektor John Numbi Banza Tambo, wahrzunehmen, ferner in der Erwägung, dass sich Floribert Chebeya Bahizire nach seiner Ankunft auf dem Polizeirevier nicht mit dem Generalinspektor in Verbindung setzen konnte und seiner Familie per SMS mitteilte, dass er in die Stadt zurückkehren werde,

C. in der Erwägung dass Floribert Chebeya Bahizires Wirken um die Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten in der Demokratischen Republik Kongo seit den 1990er Jahren, in dessen Rahmen er sich unter anderem mit der Korruption bei den Streitkräften, den Verbindungen zwischen Milizen und politischen Kräften aus dem Ausland, der Verteidigung der Verfassung, rechtswidrigen Verhaftungen, willkürlichen Festnahmen und der Verbesserung der Zustände in den Gefängnissen beschäftigt hat, ihm die Achtung und Bewunderung seiner Landsleute und der internationalen Gemeinschaft eingebracht hat,

D. in der Erwägung, dass der Fahrer Floribert Chebeya Bahizires, Fidèle Bazana Edadi, nach wie vor vermisst wird,

E. in der Erwägung, dass die Familie Floribert Chebeya Bahizires keinen uneingeschränkten Zugang zu dessen Leichnam erhielt und widersprüchliche Angaben über den Zustand des Leichnams bei dessen Auffinden gemacht wurden,

F. in der Erwägung, dass laut dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, Philip Alston, die Umstände des Mordes in hohem Maße auf eine Verantwortung offizieller Stellen hindeuteten,

G. in der Erwägung, dass Generalinspektor Numbi Banza Tambo bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert wurde und dass darüber hinaus drei Polizeioffiziere im Zusammenhang mit dem Mord festgenommen wurden, ferner in der Erwägung, dass der stellvertretende Polizeichef, Oberst Daniel Mukalayi, angeblich gestanden hat, Floribert Chebeya Bahizire auf Befehl seines Vorgesetzten, Generalinspektor Numbi Banza Tambo, ermordet zu haben,

H. in der Erwägung, dass Floribert Chebeya Bahizire Amnesty International wiederholt mitgeteilt hat, dass er sich beschattet fühle und vom Geheimdienst beobachtet werde,

I. in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Kimoon, die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, Philip Alston, sowie Alan Dos, Leiter der Friedenssicherungstruppe der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo, jeweils Erklärungen abgegeben haben, in denen sie die Ermordung Floribert Chebeya Bahizires verurteilen, und eine unabhängige Untersuchung fordern,

J. in der Erwägung, dass Morde zu der steigenden Anzahl von Einschüchterungsmaßnahmen und Schikanen gegenüber Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, politischen Gegnern, Opfern und Zeugen in der Demokratischen Republik Kongo gehören, ferner in der Erwägung, dass in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in der Demokratischen Republik Kongo unter verdächtigen Umständen ermordet wurden,

K. in der Erwägung, dass viele nichtstaatliche Organisationen im vergangenen Jahr eine zunehmende Unterdrückung von Menschenrechtsaktivisten in der Demokratischen Republik Kongo beobachtet haben, einschließlich rechtswidriger Verhaftungen, Verfolgungen, Drohanrufen und wiederholten Vorladens bei den Geheimdienststellen,

L. in der Erwägung, dass die Untersuchungen der Morde an dem Menschenrechtsaktivisten Pascal Kabungulu Kibembi im Jahr 2005 sowie an Journalisten, darunter Franck Ngycke Kangundu und dessen Frau Hélène Mpaka im November 2005, Serge Maheshe im Juni 2007 und Didace Namujimbo im November 2008 von den kongolesischen Militärbehörden durchgeführt wurden und von schweren Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet waren,

M. in der Erwägung, dass die Demokratische Republik Kongo angesichts des im April 2008 vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) herausgegebenen Haftbefehls gegen Bosco Ntaganda wegen Kriegsverbrechen, einschließlich der Rekrutierung von Kindersoldaten, als Vertragspartei des Römischen Statuts ihren rechtlichen Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit dem IStGH, zu denen auch die Festnahme von mit Haftbefehl gesuchten Personen gehört, nicht nachkommt; in der Erwägung, dass die Demokratische Republik Kongo Bosco Ntaganda stattdessen auf eine führende Stelle in der kongolesischen Armee befördert und dadurch den Eindruck verstärkt hat, dass Menschenrechtsverletzungen nicht bestraft werden, was wiederum zu der Häufung solcher Verbrechen beiträgt,

N. in der Erwägung, dass sich manche Teile der Demokratischen Republik Kongo über Jahre hinweg überwiegend im Bürgerkrieg befanden, was Massaker, Massenvergewaltigungen und die weit verbreitete Rekrutierung von Kindersoldaten zur Folge hatte,

O. in der Erwägung, dass die Massaker, insbesondere diejenigen, die von der Widerstandsarmee des Herrn (LRA), einer paramilitärischen Gruppe, die ihre Wurzeln in Uganda hat, begangen werden, derzeit alle Nachbarländer der Demokratischen Republik Kongo betreffen,

P. in der Erwägung, dass auch Mitarbeiter nichtstaatlicher Organisationen von diesen Formen der Verfolgung der Zivilbevölkerung betroffen sind und daher die humanitäre Hilfe für die Demokratische Republik Kongo abgenommen hat,

Q. in der Erwägung, dass in Kürze der 50. Jahrestag der Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Kongo gefeiert wird sowie in der Erwägung, dass Menschenrechte und Demokratie von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Landes sind,