Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative

A. Problem und Ziel

Durch Artikel 11 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) wurde die Europäische Bürgerinitiative eingeführt. Nach der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. Nr. L 65 vom 11.3.2011, S. 1; nachfolgend EBI-Verordnung) müssen die Mitgliedstaaten zur Durchführung der Verordnung besondere Bestimmungen erlassen. Dieses Ziel verfolgt der vorliegende Gesetzentwurf.

B. Lösung

Die nach der EBI-Verordnung national zu bestimmenden Zuständigkeiten, Verfahren und Sanktionen werden gesetzlich festgelegt.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Mehraufwand entsteht zum einen beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik durch das Ausstellen der Bescheinigung darüber, dass das von den Organisatoren und Organisatorinnen einer Bürgerinitiative eingesetzte Online-Sammelsystem den Anforderungen des Artikels 6 Absatz 4 der EBI-Verordnung entspricht, zum anderen beim Bundesverwaltungsamt für die Überprüfung von Unterstützungsbekundungen sowie das Ausstellen der Bescheinigung der Zahl der in Deutschland gesammelten gültigen Unterstützungsbekundungen nach Artikel 8 Absatz 3 der EBI-Verordnung:

Der gesamte Mehrbedarf soll im Einzelplan 06 ausgeglichen werden. Gleichwohl ist der Gesamtbedarf von der Häufigkeit der Inanspruchnahme Europäischer Bürgerinitiativen abhängig, für die derzeit keine Vergleichs- oder Erfahrungswerte vorliegen.

E. Sonstige Kosten

Durch dieses Gesetz entstehen der Wirtschaft, insbesondere mittelständischen Unternehmen, keine zusätzlichen Kosten. Dieses Gesetz wird keine Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, und die Kosten für soziale Sicherungssysteme haben.

F. Bürokratiekosten

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden weder für die Verwaltung noch für die Wirtschaft noch für die Bürgerinnen und Bürger Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 2. September 2011
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium des Innern.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 14.10.11

Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gesetz zur Europäischen Bürgerinitiative (EBIG)

§ 1 Zuständige Behörden und Prüfung von Online-Sammelsystemen

§ 2 Sammeln von Unterstützungsbekundungen

§ 3 Überprüfung von Unterstützungsbekundungen

§ 4 Ungültigkeit von Unterstützungsbekundungen Eine Unterstützungsbekundung ist ungültig, wenn

Für die Gültigkeit einer Unterstützungsbekundung ist der Tag ihrer Abgabe maßgeblich.

§ 5 Bußgeldvorschriften

Artikel 2
Änderung der Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung

Dem § 5d der Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung vom 31. Juli 1995 (BGBl. I S. 1011), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 1430) geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Das Bundesverwaltungsamt kann bei den Meldebehörden zur stichprobenartigen Überprüfung der Gültigkeit der Unterstützungsbekundungen der Europäischen Bürgerinitiative gemäß § 3 Absatz 3 des Gesetzes zur Europäischen Bürgerinitiative vom ... [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des Gesetzes in Artikel 1] folgende Daten automatisiert abrufen:

1. Familienname (mit Namensbestandteilen) ,0101 bis 0106,
2. frühere Namen0201 bis 0204,
3. Vornamen,0301, 0302,
4. Tag und Ort der Geburt,0601 bis 0603,
5. Staatsangehörigkeiten1001, und
6. derzeitige und frühere Anschriften1201 bis 1203, 1205, 1206, 1208 bis 1212, 1216 bis 1221."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. April 2012 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Zielsetzung des Gesetzes

Durch Artikel 11 Absatz 4 EUV wurde die Europäische Bürgerinitiative eingeführt. Mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (Verordnung (EU) Nr. 211/2011) (ABl. Nr. L 65 vom 11. März 2011 Seite 1; nachfolgend: EBI-Verordnung) wurden nach Artikel 24 Absatz 1 AEUV die Verfahren und Bedingungen für die in Artikel 11 Absatz 4 EUV eingeführte Bürgerinitiative festgelegt. Die Verordnung gilt gemäß Artikel 288 Absatz 2 AEUV unmittelbar in der Bundesrepublik Deutschland. Sie erfordert jedoch nationale Zuständigkeitszuweisungen und Verfahrensfestlegungen.

Ziel ist es, im Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative diese nationalen Zuständigkeiten für die Ausstellung von Bescheinigungen für Online-Sammelsysteme und für die Koordinierung und Überprüfung von Unterstützungsbekundungen sowie die Ausstellung der Bescheinigung über die Zahl der gültigen Bekundungen zu bestimmen. Zudem werden das Verfahren der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen geregelt und Sanktionen festgelegt. Außerdem wird durch eine Ergänzung der Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung das Verfahren des Datenaustauschs zwischen Bundesverwaltungsamt und Meldebehörden technisch konkretisiert. Nicht erforderlich ist die Aufnahme besonderer Datenschutzvorschriften: Zum einen enthält Artikel 12 EBI-Verordnung hinreichend normenklare und bestimmte Regelungen zum Datenschutz, die unmittelbar anwendbar sind. Zum anderen verlangt Artikel 12 Absatz 1 der EBI-Verordnung generell die Beachtung der EG-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG und des auf ihrer Grundlage erlassenen Bundesdatenschutzgesetzes, z.B. für die Frage der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde oder der Datensicherheit. Soweit die Meldebehörden bei der Durchführung Europäischer Bürgerinitiativen personenbezogene Daten verarbeiten, gelten die Landesdatenschutzgesetze.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung der Europäischen Bürgerinitiative ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 3 des Grundgesetzes (öffentliches Vereinsrecht), da auch Bürgerinitiativen vom Vereinsbegriff erfasst werden, und ergänzend aus der Natur der Sache. Die Befugnis, diese Aufgaben Bundesbehörden zu übertragen, folgt aus Artikel 87 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Für die Bußgeldbestimmungen ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (Strafrecht).

III. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Durch das Ausstellen der Bestätigung, dass das von den Organisatoren und Organisatorinnen einer Bürgerinitiative eingesetzte Online-Sammelsystem den Anforderungen des Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung entspricht, sowie die Überprüfung und Zertifizierung gültiger Unterstützungsbekundungen entsteht beim Bund und bei den Ländern finanzieller und personeller Mehraufwand.

Die Bundesregierung wird berücksichtigen, dass sich der finanzielle Umsetzungs- und Verwaltungsaufwand auf das unbedingt notwendige Maß beschränken soll.

Der gesamte Mehrbedarf soll im Einzelplan 06 ausgeglichen werden. Gleichwohl ist der Gesamtbedarf von der Häufigkeit der Inanspruchnahme Europäischer Bürgerinitiativen abhängig, für die derzeit keine Vergleichs- oder Erfahrungswerte vorliegen.

a) Finanzieller Aufwand

Beim Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) werden Kosten für die nach § 1 Absatz 2 dieses Gesetzes auszustellenden Bescheinigungen und die damit verbundenen Prüfungen entstehen. Eine genaue Schätzung dieser Kosten ist erst möglich, wenn von der Europäischen Kommission die technischen Spezifikationen für die Umsetzung von Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung festgelegt worden sind. Dies soll gemäß Artikel 6 Absatz 5 EBI-Verordnung im Wege eines Durchführungsrechtsakts bis 1. Januar 2012 erfolgen. Das BSI schätzt die Kosten pro Bescheinigung auf ca. 2 500 Euro. Die Anzahl der pro Jahr in Deutschland zu bescheinigenden Online-Sammelsysteme lässt sich derzeit nicht genau vorhersagen. Ausgehend von geschätzten zehn EU-weiten Bürgerinitiativen pro Jahr könnte bei ca. drei bis fünf die Speicherung der mit Hilfe des Online-Sammelsystems gesammelten Daten in Deutschland erfolgen und das Erfordernis einer Bescheinigung durch das BSI nach sich ziehen. Jährlich kämen damit nach derzeitiger Schätzung Kosten in Höhe von 7 500 bis 12 500 Euro für die Bescheinigung von Online-Sammelsystemen auf das BSI zu. Da Bürgerinitiativen ab 1. April 2012 bei der Europäischen Kommission angemeldet werden können, könnten erste Anträge auf Bescheinigung im Jahr 2012 anstehen.

Beim Bundesverwaltungsamt (BVA) entsteht einmalig Finanzaufwand für die Anpassung seiner IT-Infrastruktur an das System XMeld der Meldebehörden, um eine automatisierte Datenabfrage zu ermöglichen. Dafür sind einmalige Entwicklungs- und Realisierungskosten in Höhe von insgesamt 1 060 000 Euro prognostiziert, die voraussichtlich im Jahr 2013 anfallen und sich wie folgt zusammensetzen: Die externen Entwicklungskosten für die Fachapplikation basieren auf 750 000 Euro für die (Software-)Entwicklung der Fachanwendung sowie 100 000 Euro für die Entwicklung des Sicherheitskonzepts. Dazu kommen im BVA neu zu schaffende Verfahrensumgebungen entsprechend dem Zonenmodell der "Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen", die 90 000 Euro für die Serverinfrastruktur und 120 000 Euro für die Netzwerk- und Sicherheitsinfrastruktur erfordern. Für Postfachzertifikate, Anmietung eines OSCI-Postfachs, DVDV und Wartung werden zudem ab dem Jahr 2013 laufende Kosten in Höhe von jährlich rund 75 000 Euro zu veranschlagen sein. Zudem können geringfügige Kosten dadurch entstehen, dass die Länder Gebühren für Abrufe aus ihren Melderegistern erheben.

Darüber hinaus entsteht unwesentlicher finanzieller Mehraufwand bei den Meldebehörden für die Anpassung ihrer IT-Infrastruktur an die Abfragemöglichkeiten des BVA.

b) Personeller Aufwand

Das Ausstellen der Bescheinigungen nach § 1 Absätzen 1 und 2 wird bei BSI und BVA einen erhöhten Arbeitsanfall verursachen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Anfragen in einer Größenordnung bewegen, die zu Mehraufwand bei den betroffenen Fachbereichen führt.

Die Überprüfung der Unterstützungsbekundungen sowie das Ausstellen der Bescheinigungen werden beim BVA einen erhöhten Personalbedarf verursachen. Die konkrete Höhe des zusätzlichen Personalbedarfs ist allerdings nicht abschließend schätzbar; belastbare Prognosen über die jährliche Anzahl Europäischer Bürgerinitiativen und die Anzahl deutscher Unterstützungsbekundungen können noch nicht getroffen werden. Ausgehend von zehn Bürgerinitiativen pro Jahr wird von einem zusätzlichen Personalbedarf zur Sicherstellung der Aufgabenwahrnehmung von zwei Mitarbeitern (1 x E5, 1 x E6) ausgegangen. Auch wenn die Überprüfung von Unterstützungsbekundungen durch ein automatisiertes Abrufverfahren unterstützt werden kann, müssen beispielsweise die auf handschriftlichen Listen abgegebenen Unterstützungsbekundungen manuell eingepflegt werden. Dieser zusätzliche Bedarf führt zu Haushaltsmehrbelastungen in Höhe von rund 80 000 Euro jährlich. Da Bürgerinitiativen ab dem 1. April 2012 durchgeführt werden können und die Organisatoren und Organisatorinnen zum Sammeln von Unterstützungsbekundungen ein Jahr Zeit haben, ist damit zu rechnen, dass das BVA Überprüfungen von Unterstützungsbekundungen erst ab 2013 vornehmen müssen wird. Zudem wird die Entwicklung einer automatisierten Datenabfrage einen zusätzlichen Personalbedarf von drei Stellen E 11 für die Jahre 2012 und 2013 für Projektmanagement, Steuerung, Qualitätssicherung, Konfigurationsmanagement, Angebots- und Vertragswesen, Problem- und Änderungsmanagement, Anforderungserfassung/-festlegung und Betriebsübergabe generieren. Mit Beginn der Wartungsphase reduziert sich der Bedarf auf dauerhaft eine Stelle E 11. Dieser zusätzliche Bedarf führt für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 zu Haushaltsmehrbelastungen von rund 185 000 Euro jährlich und für die Jahre ab 2014 zu Haushaltsmehrbelastungen von rund 62 000 Euro jährlich.

Für den Aufbau und die Pflege eines Prüfschemas sowie für die Bescheinigung über die Übereinstimmung eines Online-Sammelsystems mit den Anforderungen des Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung durch das BSI wird von einem zusätzlichen Bedarf von einer dauerhaften Planstelle/Stelle (A14h) mit Personalkosten in Höhe von rund 76 000 Euro jährlich ausgegangen.

Darüber hinaus könnte ab 2013 geringfügiger personeller Mehraufwand bei den Meldebehörden für die Bearbeitung der Datenabfragen des BVA entstehen, falls das automatisierte Abrufverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingerichtet ist.

IV. Bürokratiekosten

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden weder für die Verwaltung noch für die Wirtschaft noch für die Bürgerinnen und Bürger Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.

V. Sonstige Kosten

Durch dieses Gesetz entstehen der Wirtschaft, insbesondere mittelständischen Unternehmen keine zusätzlichen Kosten. Dieses Gesetz wird keine Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, und die Kosten für soziale Sicherungssysteme haben.

VI. Nachhaltigkeit

Das Vorhaben entspricht der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Auswirkungen auf Gesichtspunkte einer nachhaltigen Entwicklung sind nicht erkennbar.

VII. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgenabschätzung

Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen wurden gemäß § 2 des Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes (BGleiG) und § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien anhand der Arbeitshilfe "Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften" der Interministeriellen Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming geprüft. Das Gesetz hat gleichstellungspolitisch weder positive noch negative Auswirkungen. Die Regelungen sind entsprechend § 1 Absatz 2 Satz 1 BGleiG geschlechtergerecht formuliert.

VIII. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Das Gesetz dient der Durchführung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (Verordnung (EU) Nr. 211/2011).

IX. Befristung

Eine Befristung des Gesetzes ist nicht möglich, da die zugrunde liegende EBI-Verordnung selbst unbefristet ist.

X. Evaluation

Eine Überprüfung der beabsichtigten Wirkungen des Gesetzes ist entbehrlich, da eine Überprüfung der Anwendung der EBI-Verordnung nach Artikel 22 EBI-Verordnung alle drei Jahre durch die Europäische Kommission erfolgt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Gesetz zur Europäischen Bürgerinitiative - EBIG)

Mit Artikel 1 werden die gesetzlichen Festlegungen getroffen, die für die Durchführung Europäischer Bürgerinitiativen in Anwendung der EBI-Verordnung in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich sind.

Zu § 1 (Zuständige Behörden und Anforderungen an die Organisatoren und Organisatorinnen)

Absatz 1 knüpft an Artikel 15 Absatz 2 EBI-Verordnung an und bestimmt das BVA als die Behörde, die für die Koordinierung der Überprüfung der Unterstützungsbekundungen sowie das Ausstellen der Bescheinigung über die Anzahl der gültigen Unterstützungsbekundungen im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 EBI-Verordnung zuständig ist. Das BVA erledigt diese Aufgabe in eigener Zuständigkeit nach § 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesverwaltungsamts. Die in Satz 2 normierte Kostenfreiheit der Bescheinigung wiederholt klarstellend die entsprechende Vorgabe des Artikel 8 Absatz 3 EBI-Verordnung.

Absatz 2 benennt das BSI als zuständige Behörde im Sinne von Artikel 15 Absatz 1 i.V.m. Artikel 6 Absatz 3 EBI-Verordnung für das Ausstellen der Bescheinigung über die Übereinstimmung eines Online-Sammelsystems Anforderungen des Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung. Diese Bescheinigung durch das BSI ist nach Artikel 6 Absatz 1 EBI-Verordnung nur dann erforderlich, wenn die Speicherung der mit Hilfe des Online-Sammelsystems gesammelten Daten in Deutschland erfolgt. Die materiellen Anforderungen an ein Online-Sammelsystem sind in Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung geregelt. Die technischen Spezifikationen für die Umsetzung dieser Anforderungen sollen gemäß Artikel 6 Absatz 5 EBI-Verordnung bis zum 1. Januar 2012 von der Kommission als Durchführungsrechtsakt erlassen werden. Insofern bedarf es keiner weiteren Regelung.

Die Prüfung des BSI kann sich nur auf die Gegebenheiten zum Prüfungszeitpunkt beziehen. Nach Artikel 6 Absatz 2 EBI-Verordnung sind die Organisatoren und Organisatorinnen dafür verantwortlich, dass das Online-Sammelsystem für die nachfolgende Laufzeit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen den Anforderungen des Artikel 6 Absatz 4 EBI-Verordnung entspricht. Dementsprechend wird das BSI die Bescheinigung erteilen, wenn die Organisatoren und Organisatorinnen nachweisen, dass die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten sind und versichern, dass diese auch für die gesamte Laufzeit der Sammlung aufrechterhalten werden. Das BSI wird das Verfahren, das es seiner Prüfung zugrundelegt, auf seiner Internetseite veröffentlichen. Dieser Veröffentlichung kann auch entnommen werden, welche Unterlagen, Nachweise und Erklärungen die Organisatorinnen und Organisatoren dem BSI für dessen Prüfung nach Absatz 2 Satz 2 im Einzelnen zur Verfügung gestellt werden müssen.

Nach Artikel 6 Absatz 3 EBI-Verordnung muss das BSI die Bescheinigung innerhalb eines Monats ausstellen. Diese Monatsfrist beginnt, wenn die Unterlagen vollständig beim BSI eingegangen sind.

Den Organisatoren und Organisatorinnen einer EBI sollen keine Pflichten oder Erschwernisse auferlegt werden, die über die bereits in der EBI-Verordnung normierten hinaus gehen. Daher sieht Absatz 2 Satz 4 vor, dass das BSI für das Ausstellen der vorgenannten Bescheinigung keine Gebühren und Auslagen erhebt. Für die Organisatoren und Organisatorinnen werden insbesondere auch keine Kosten für Prüfungen und Evaluierungen anfallen.

Online gesammelte Unterstützungsbekundungen erfordern keine Unterschrift. Soweit die technischen Verfahren dies ermöglichen, können Unterstützungsbekundungen auch mittels eID-Funktion des neuen Personalausweises, De-Mail oder fortgeschrittener elektronischer Signatur elektronisch abgegeben werden.

Zu § 2 (Sammlung von Unterstützungsbekundungen)

Die Vorschrift normiert Vorgaben für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen. Absatz 1 wiederholt klarstellend die Vorgabe des Artikels 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 EBI-Verordnung, nach dem für die Sammlung zwingend Formulare nach dem Muster in Anhang III der EBI-Verordnung zu verwenden sind. Zum Zweck der Online-Sammlung können die Formulare jedoch angepasst werden, Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 3 EBI-Verordnung.

Die Organisatoren und Organisatorinnen müssen Unterstützungsbekundungen getrennt nach Mitgliedstaaten sammeln, Artikel 8 EBI-Verordnung. Absatz 2 eröffnet Deutschen mit Wohnsitz im Ausland die Möglichkeit, sich auf Formularen zu beteiligen, die Deutschland zugerechnet werden. Relevant ist dies insbesondere für Deutsche, die außerhalb der EU leben. Deutsche mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU können sich nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b EBI-Verordnung auch auf Formularen dieses Mitgliedstaates beteiligen, wenn sie eine persönliche Identifikationsnummer dieses Mitgliedstaates besitzen. Eine Beteiligung von Deutschen mit Wohnsitz im Ausland auf Formularen für Deutschland kann allerdings nur eröffnet werden, wenn diese Personen ihren Wohnsitz gegenüber der deutschen Auslandsvertretung im Wohnsitzstaat angegeben haben. Nur dann ist gewährleistet, dass die vorgeschriebene Überprüfung ihrer Unterstützungsbekundungen vorgenommen werden kann.

Zu § 3 (Überprüfung von Unterstützungsbekundungen)

§ 3 beschreibt das Verfahren der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen, für deren Festlegung durch die Mitgliedstaaten die EBI-Verordnung nur geringe Vorgaben enthält. Die EBI-Verordnung bestimmt in Artikel 8 Absatz 2 insofern lediglich, dass die Überprüfung angemessen durchzuführen ist. Dabei sollen die Mitgliedstaaten im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verfahren.

Absatz 1 legt fest, dass das BVA für die Überprüfung zuständig ist. Das BVA erledigt diese Aufgabe in eigener Zuständigkeit nach § 1 Absatz 2 BVwAG. Die Überprüfung der Gültigkeit erfolgt anhand des in § 4 aufgestellten Katalogs. Eine Authentifizierung der Unterschriften ist nach Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 EBI-Verordnung nicht erforderlich.

Absatz 2 bestimmt, dass die Überprüfung stichprobenartig durchgeführt wird. Diese Möglichkeit ist ausdrücklich in Erwägungsgrund(18) der EBI-Verordnung vorgesehen und soll genutzt werden, um den Verwaltungsaufwand in einem angemessenen Umfang zu halten. Das Stichprobenverfahren entspricht nationalen Gepflogenheiten, da verschiedene Landesgesetze die Möglichkeit stichprobenartiger Überprüfung von Unterschriften bei Volksbegehren vorsehen.

Nach Satz 2 soll die Stichprobengröße im Einzelfall durch das BVA bestimmt werden. Dies ist angemessen, da nicht absehbar ist, mit welcher Gesamtzahl deutscher Unterstützungsbekundungen im Einzelfall zu rechnen ist. Um beispielsweise verlässlich zu ermitteln, ob das in Deutschland erforderliche Quorum von 74 250 Unterstützungsbekundungen erreicht ist, muss bei 100 000 Unterstützungsbekundungen ein relativ höherer Stichprobensatz gezogen werden als bei einer Million Unterstützungsbekundungen. Durch die Festlegung einer festen Stichprobengröße könnten bei einer niedrigen Gesamtzahl von Unterstützungsbekundungen zu ungenaue Ergebnisse erzielt, bei einer großen Gesamtzahl hingegen ein unangemessen hoher Verwaltungsaufwand erforderlich werden. Die Stichprobengröße wird durch das BVA so festgelegt, dass bei einem angemessenen Verwaltungsaufwand sowohl die Gesamtzahl gültiger Unterstützungsbekundungen als auch mit ausreichender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen des Quorums ermittelt werden können. Der stichprobenartigen Überprüfung ist es immanent, dass sie einen gewissen Stichprobenzufallsfehler aufweist. Diese Fehlerbreite soll nicht zu Lasten der Bürgerinitiative gehen. Daher ordnet Satz 3 an, dass bei der Hochrechnung der Stichprobe der mathematische Standardfehler zugunsten der Bürgerinitiative gewertet wird, indem die Obergrenze des 95%-Konfidenzintervalls (aus der Stichprobe hochgerechnete Zahl an gültigen Unterstützungsbekundungen plus dem 1,96-fachen Standardfehler) als Gesamtzahl gültiger Unterstützungsbekundungen angegeben wird.

Zur Überprüfung auf unrichtige Daten nach § 4 Nummer 5 kann das BVA die im Formular angegebenen Daten mit den bei den Meldebehörden, bei zentralen Meldedatenbeständen der Länder oder bei sonstigen Stellen, die durch Landesrecht dazu bestimmt sind, sowie bei Auslandsvertretungen vorliegenden Datensätzen abgleichen (Absatz 3). Dies entspricht dem Verfahren, das regelmäßig bei der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen im Rahmen von Volksbegehren auf Länderebene vorgesehen ist. In Absatz 3 ist der Abruf der zur Prüfung erforderlichen Daten durch das BVA geregelt. Die Aufzählung der verschiedenen Meldedatenbestände berücksichtigt die unterschiedliche Organisation in den Ländern. Der Datenabruf soll an die Einheit gerichtet werden, die nach landesinterner Organisation für den automatisierten Datenabruf ausgerüstet ist. Der abrufbare Datenumfang ergibt sich bereits aus Anhang III der EBI-Verordnung, der die Daten bezeichnet, die im Rahmen einer Unterstützungsbekundung abzugeben sind. Dabei sind "Staatsangehörigkeiten" entsprechend der Bezeichnung der Registerfelder in den Melderegistern im Plural genannt, auch wenn das BVA regelmäßig nur die im Formular angegebene Staatsangehörigkeit abruft.

Bei der Überprüfung auf unrichtige Daten nach § 4 Nummer 5 wird entscheidend auf die Identifizierbarkeit der unterstützenden Person abgestellt. Das BVA beschränkt den Datenabgleich auf das zu diesem Zweck Erforderliche, beispielsweise indem es die Überprüfung zunächst nur anhand von Familienname, Vorname, Geburtstag und Anschrift durchführt und nur, wenn anhand dieser Daten keine eindeutige Identifizierung möglich ist, den Datensatz um die frühere Anschrift oder weitere Daten erweitert. Die Daten werden vom BVA nur für die zu überprüfende Stichprobe abgerufen. Bis zur Einrichtung des automatisierten Abrufverfahrens erfolgt die Anforderung der Daten durch das BVA in schriftlicher Form und die Datenübermittlung durch die Meldebehörden auf Grundlage der 2. Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung (vgl. Begründung zu Artikel 2).

Zu § 4 (Ungültigkeit von Unterstützungsbekundungen)

Der Ungültigkeitskatalog des § 4 greift in Nummern 1, 2, 3 und 8 die Fälle auf, in denen die EBI-Verordnung die Ungültigkeit einer Unterstützungsbekundung vorgibt. Nummern 4 bis 7 entsprechen den Ungültigkeitsbestimmungen, die regelmäßig in den Landesregelungen für Volksbegehren enthalten sind. Bei den Kriterien für die Ungültigkeit in Nummern 4 und 5 wird entscheidend auf die Identifizierbarkeit der unterstützenden Person abgestellt. Abweichungen und Unvollständigkeiten bleiben unerheblich, soweit die Identifizierung des Unterstützers oder der Unterstützerin sichergestellt ist.

Zu § 5 (Bußgeldvorschriften)

Mit § 5 kommt Deutschland seiner aus Artikel 14 EBI-Verordnung resultierenden Verpflichtung zur Schaffung von Sanktionsvorschriften nach. Nach dieser Vorschrift stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass gegen Organisatoren und Organisatorinnen geeignete Sanktionen für Verstöße gegen die EBI-Verordnung - insbesondere für falsche Erklärungen der Organisatoren und Organisatorinnen sowie für Datenmissbrauch - verhängt werden. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Absatz 1 regelt die Sanktionierung bei Verstößen gegen die in Artikel 12 Absatz 3 EBI-Verordnung normierten datenschutzrechtlichen Bestimmungen.

Absatz 2 stellt klar, dass ordnungswidrig handelt, wer in den nach Anhang V und VII der EBI-Verordnung vorgesehenen Formularen falsche Angaben macht.

Die Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße von bis zu fünfzigtausend Euro sanktioniert werden. Dieser Bußgeldrahmen erscheint mit Blick auf die betroffenen Datenkategorien effektiv und angemessen und genügt den in Art. 14 EBI-Verordnung festgelegten Kriterien.

Zu Artikel 2 (Änderung der Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung)

Die Vorschrift gestaltet das Verfahren des § 3 Absatz 3 EBIG näher aus. Die Verordnungsermächtigung des § 20 Absatz 1 MRRG umfasst regelmäßige Datenübermittlungen nach § 18 Absatz 4 MRRG von Meldebehörden an öffentliche Stellen des Bundes. § 18 Absatz 4 MRRG regelt auch regelmäßige Datenübermittlungen im Wege automatisierter Abrufverfahren. Durch § 6 Absatz 2a der 2. BMeldDÜV erfolgt die Datenübertragung zwischen den Meldebehörden oder den nach landesinterner Organisation für den automatisierten Datenabruf ausgerüsteten Meldedatenbeständen und dem BVA online nach dem technischen Standard OSCI-XMeld. Dieser wird für das Verfahren zur Überprüfung der Unterstützungsbekundungen voraussichtlich ab 1. November 2013 zur Verfügung stehen. Sollten Datenabfragen vor Einrichtung des automatisierten Abrufverfahrens zwischen BVA und Meldebehörden erforderlich werden, werden diese gemäß § 6 Absatz 3 der 2. BMeldDÜV in schriftlicher Form durchgeführt.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten. Da die Verordnung (EU) Nr. 211/2011 nach ihrem Artikel 23 ab 1. April 2012 gilt, müssen die erforderlichen Festlegungen für die Durchführung Europäischer Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz Nr. 1799: Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung Europäischer Bürgerinitiativen

Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit dem Regelungsvorhaben werden für die Wirtschaft, die Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürger keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben. Der Entwurf hat keine Auswirkungen auf Bürokratiekosten.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter