Verordnung der Bundesregierung
Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung

A. Problem und Ziel

Anpassung der Berufskrankheiten-Verordnung sowie der Berufskrankheiten-Liste an neue medizinischwissenschaftliche Erkenntnisse auf der Basis wissenschaftlicher Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

B. Lösung

Mit der Verordnung werden in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vier Krankheiten neu aufgenommen:

C. Alternativen

Keine. Werden die neuen Krankheiten nicht in die Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen, besteht für Versicherte, Arbeitgeber, Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte Rechtsunsicherheit über Anerkennungsfähigkeit, Voraussetzungen und Entschädigung dieser Erkrankungen als Berufskrankheit.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Verordnung entstehen für Bund, Länder und Gemeinden geringfügige Mehrkosten von rd. 0,25 Millionen Euro jährlich durch die Behandlung UV-strahlungsverursachter Hauterkrankungen (Berufskrankheit Nr. 5103). Bei den übrigen neuen Berufskrankheiten handelt es sich um Erkrankungen, die im Bereich der Unfallversicherung der öffentlichen Hand lediglich vereinzelt auftreten. Der auf den Bund entfallende (geringfügige) Anteil wird im Rahmen der bestehenden Haushaltsansätze des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gegenfinanziert.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger wird eine neue Informationspflicht eingeführt (§ 6 Absatz 1). Diese Informationspflicht besteht nur in Ausnahmefällen.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für Unternehmen werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben. Bei den bestehenden Anzeige- und Meldepflichten erhöhen sich die Fallzahlen durch die neuen Berufskrankheiten geringfügig.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Verwaltung werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der jährliche Erfüllungsaufwand der Unfallversicherungsträger für die neuen Berufskrankheiten beläuft sich rechnerisch in den ersten Jahren auf durchschnittlich knapp 20 Millionen Euro mit stark abnehmender Tendenz. Da zu erwarten ist, dass nach den ersten fünf Jahren ausschließlich neu auftretende Erkrankungen zu bearbeiten sind, sinkt der langfristig auftretende Erfüllungsaufwand dann auf rd. 6 Millionen Euro jährlich.

Allerdings ist der tatsächliche Erfüllungsaufwand in der Praxis geringer, da die vier aufgenommenen Berufskrankheiten bereits als "Wie-Berufskrankheiten" anerkannt sind und die Unfallversicherungsträger bereits nach geltendem Recht gemäß § 9 Absatz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Verwaltungsverfahren über die Entschädigung durchführen.

Die bei der Unfallversicherung Bund und Bahn - Teilhaushalt 1 (UVB) ggf. anfallenden geringfügigen Mehrausgaben werden im Rahmen ihrer bestehenden Ansätze finanziell und stellenmäßig gegenfinanziert.

F. Weitere Kosten

Die Leistungsausgaben der gewerblichen Berufsgenossenschaften werden in den ersten Jahren um durchschnittlich rd. 12 Millionen Euro jährlich ansteigen mit sinkender Tendenz. Die kurzfristige Steigerung liegt damit bei gut 0,1 Prozent der jährlichen Gesamtleistungsaufwendungen in Höhe von rd. 9 Milliarden Euro. Da zu erwarten ist, dass nach den ersten fünf Jahren ausschließlich Leistungen für neu auftretende Krankheiten zu erbringen sind, sinken die langfristig auftretenden Leistungsausgaben auf rd. 6 Millionen Euro jährlich. Die Leistungsausgaben der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau werden sich zunächst jährlich um knapp 2 Millionen Euro erhöhen; die Steigerung liegt damit unter 0,3 Prozent der jährlichen Gesamtleistungsaufwendungen in Höhe von rd. 700 Millionen Euro. Nach den ersten fünf Jahren sinken die langfristig auftretenden Leistungsausgaben auf rd. 0,5 Millionen Euro jährlich bzw. unter 0,1 Prozent der Gesamtleistungsaufwendungen.

Allerdings ist der durch die Verordnungsänderung bewirkte Leistungsaufwand tatsächlich geringer, da die vier aufgenommenen Berufskrankheiten bereits als "Wie-Berufskrankheiten" anerkannt und von den Unfallversicherungsträgern bereits nach geltendem Recht gemäß § 9 Absatz 2 SGB VII zu entschädigen sind.

Verordnung der Bundesregierung
Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 5. November 2014
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung

Vom ...

Auf Grund des § 9 Absatz 1 Satz 1 und 2 und Absatz 6 Nummer 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) verordnet die Bundesregierung:

Artikel 1
Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung

Die Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Berlin, den 2014

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

§ 9 Absatz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung solche Erkrankungen als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Mit der Ergänzung der Berufskrankheiten-Liste trägt die Bundesregierung dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt Rechnung. Durch die Bezeichnung der Krankheiten in der Berufskrankheiten-Verordnung wird für die Betroffenen und die Rechtsanwender (Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte) Rechtssicherheit über die grundsätzliche Anerkennungsfähigkeit und die spezifischen Voraussetzungen der einzelnen Berufskrankheiten-Tatbestände geschaffen. Außerdem werden die Beteiligten für eine mögliche berufliche Verursachung dieser Erkrankungen im Einzelfall sensibilisiert. Dies führt in verstärktem Maß zu entsprechenden Berufskrankheiten-Verdachtsanzeigen bei den Unfallversicherungsträgern sowie zur Entschädigung der Betroffenen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Mit der vorliegenden Verordnung werden in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vier Krankheiten neu bezeichnet bzw. neu aufgenommen. Die Änderungen beruhen auf Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die einschließlich der wissenschaftlichen Begründungen jeweils veröffentlicht worden sind.

Im Einzelnen handelt es sich um

Nummer 1319"Larynxkarzinom durch intensive und mehrjährige Exposition gegenüber schwefelsäurehaltigen Aerosolen"
(veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 25 vom 1. August 2011 S. 501 ff.)
Nummer 2113"Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (Carpaltunnel-Syndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen"
(veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 27 vom 30. Juni 2009 S. 573 ff.)
Nummer 2114"Gefäßschädigung der Hand durch stoßartige Krafteinwirkung (Hypothenar-Hammer-Syndrom und Thenar-Hammer-Syndrom)"
(veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 25 vom 6. Juni 2012 S. 449 ff.)
Nummer 5103"Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung"
(veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 35 vom 12. August 2013 S. 671 ff.)

Mit Aufnahme in die Anlage 1 zur Verordnung steht rechtlich fest, dass die betreffenden Einwirkungen generell geeignet sind, die bezeichneten Erkrankungen zu verursachen. Für die Anerkennung als Berufskrankheit im Einzelfall bedarf es zusätzlich der Feststellungen über die individuellen Ursachenzusammenhänge, das heißt die Erkrankung der Versicherten durch die schädigende Einwirkung muss auf ihre konkrete Tätigkeit zurückzuführen sein.

III. Alternativen

Keine. Werden die neuen Krankheiten nicht in die Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen, besteht für Versicherte, Arbeitgeber, Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte Rechtsunsicherheit über Anerkennungsfähigkeit, Voraussetzungen und Entschädigung dieser Erkrankungen als Berufskrankheit.

IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Diese Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und den völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.

V. Verordnungsfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Diese Verordnung sieht keine Regelungen zu Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen vor.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Diese Verordnung steht im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Durch die Entschädigung ihres Gesundheitsschadens wird das Einkommen von Berufserkrankten gesichert. Die Aufnahme der vier Krankheiten in die Berufskrankheiten-Verordnung ist daher mit der Zielstellung finanzieller Nachhaltigkeit zu vereinbaren.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Verordnung entstehen für Bund, Länder und Gemeinden geringfügige Mehrkosten von rd. 0,25 Mio. Euro jährlich durch die Behandlung UV-strahlungsverursachter Hauterkrankungen (Berufskrankheit Nr. 5103). Bei den übrigen neuen Berufskrankheiten handelt es sich um Erkrankungen, die im Bereich der Unfallversicherung der öffentlichen Hand lediglich vereinzelt auftreten.

Der auf den Bund entfallende (geringfügige) Anteil wird im Rahmen der bestehenden Haushaltsansätze des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gegenfinanziert.

4. Erfüllungsaufwand

4.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger wird in § 6 Absatz 1 eine neue Informationspflicht eingeführt. Grundsätzlich werden die Anerkennungsverfahren über Berufskrankheiten von Amts wegen durchgeführt; es bedarf keines Antrages der Versicherten. Die neue Informationspflicht beschränkt sich auf die wenigen Einzelfälle, in denen die Anerkennung einer der neu aufgenommenen Berufskrankheiten in der Vergangenheit bestandskräftig abgelehnt worden ist. Nur in diesen Fällen ist ein Antrag der Betroffenen erforderlich. Hinsichtlich der Fallzahlen wird auf die Ausführungen zu Punkt 4.3 verwiesen. Darüber hinaus beschränkt sich der formlose Antrag inhaltlich auf eine bloße Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens und ist damit für die Bürgerinnen und Bürger nur mit geringem Aufwand verbunden. Der Zeitaufwand beläuft sich in diesen Fällen entsprechend der Zeitwerttabelle für Informationspflichten der Bürgerinnen und Bürger nach dem Leitfaden zur Ermittlung des Erfüllungsaufwandes auf insgesamt 16 Minuten pro Fall. Es handelt sich entsprechend dem Schwierigkeitsgrad um einfache Aktivitäten.

4.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für Unternehmen werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben. Bei den bestehenden Anzeige- und Meldepflichten erhöhen sich die Fallzahlen durch die neuen Berufskrankheiten geringfügig (siehe 4.3).

Der überwiegende Teil der Verdachtsmeldungen auf das Vorliegen einer Berufskrankheit wird von Ärztinnen und Ärzten erstattet. Das Statistische Bundesamt hat für die einzelne Meldung Kosten in Höhe von rd. 12,40 Euro ermittelt. Damit steigt die Gesamtbelastung der bereits bestehenden Informationspflichten in nur geringem Umfang. Im Übrigen erhalten die Ärztinnen und Ärzte für die Verdachtsanzeige eine kostendeckende Vergütung, wenn sie ihrer Meldepflicht nachkommen.

4.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Verwaltung werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der jährliche Erfüllungsaufwand der Unfallversicherungsträger für die neuen Berufskrankheiten beläuft sich rechnerisch in den ersten Jahren auf durchschnittlich knapp 20 Millionen Euro mit stark abnehmender Tendenz. Da zu erwarten ist, dass nach den ersten fünf Jahren ausschließlich neu auftretende Erkrankungen zu bearbeiten sind, sinkt der langfristig auftretende Erfüllungsaufwand dann auf rd. 6 Millionen Euro jährlich.

Allerdings ist der tatsächliche Erfüllungsaufwand in der Praxis geringer, da die vier aufgenommenen Berufskrankheiten bereits als "Wie-Berufskrankheiten" anerkannt sind und die Unfallversicherungsträger bereits nach geltendem Recht gemäß § 9 Absatz 2 SGB VII Verwaltungsverfahren über die Entschädigung durchführen.

Die bei der Unfallversicherung Bund und Bahn - Teilhaushalt 1 (UVB) ggf. anfallenden geringfügigen Mehrausgaben werden im Rahmen ihrer bestehenden Ansätze finanziell und stellenmäßig gegenfinanziert.

Der Erfüllungsaufwand berechnet sich im Einzelnen wie folgt: Larynxkarzinom (BK-Nr. 1319)

Zu dieser neuen Berufskrankheit können keine Aussagen getroffen werden, da diese Erkrankung wegen der spezifischen Voraussetzungen nur extrem selten auftritt. Bisher liegen weder Anerkennungsfälle als Wie-Berufskrankheit vor noch ist zu erwarten, dass künftig Fälle in nennenswerter Zahl auftreten werden.

Carpaltunnel-Syndrom (BK-Nr. 2113)

Bearbeitungszeit in Std.Lohnkosten je Std.
Sachbearbeiter BK gehobener Dienst936,30 €326,70 €
Sachgebietsleiter BK höherer Dienst158,90 €58,90 €
Servicekraft BK mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Präventionsdienst höherer Dienst1658,90 €942,40 €
Servicekraft PD mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Erfüllungsaufwand pro Fall281.383 €

Die erwarteten Anzeigen dieser Berufskrankheit werden in den ersten fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Verordnung auf ca. 2.700 pro Jahr geschätzt. Darin sind für den gesamten Fünfjahreszeitraum ca. 3.500 Bestandsfälle (jährlich durchschnittlich ca. 700 Fälle) enthalten. Danach wird sich die Zahl der Anzeigen langfristig bei ca. 2.000 jährlich stabilisieren. Damit liegt der geschätzte Erfüllungsaufwand in den ersten fünf Jahren bei jährlich rd. 3,7 Millionen Euro und langfristig bei jährlich rd. 2,8 Millionen Euro.

Diese Berechnungen beruhen auf der Basis von Inzidenz- und Prävalenzzahlen über das Auftreten der Erkrankungen in der Bevölkerung, statistischen Daten über potentiell betroffene Arbeitsplätze und Annahmen über den Anteil hinreichend exponierter Personen sowie das zu erwartende Anzeigeverhalten. Der Berechnung des Erfüllungsaufwands für die Bearbeitung der Bestandsfälle liegen dabei folgende Annahmen zugrunde:

Die veröffentlichten Prävalenzzahlen zum Carpaltunnelsyndrom enthalten große Bandbreiten. Nach den Angaben in der wissenschaftlichen Empfehlung für diese Berufskrankheit wurden in epidemiologischen Studien Werte zwischen 3,0 Prozent und 5,2 Prozent bei der weiblichen und zwischen 2,1 Prozent und 4,3 Prozent bei der männlichen Bevölkerung angegeben, wenn die Angaben auf den für eine Berufskrankheiten-Anzeige relevanten Kriterien einer klinischen Untersuchung und/oder einem pathologischen elektrophysiologischen Messbefund beruhen. Dies korrespondiert mit den Angaben in der aktuellen AWMF-Leitlinie "Karpaltunnelsyndrom, Diagnostik und Therapie" aus Juni 2012. Sofern in Studien höhere Werte von bis zu 17 Prozent angegeben werden, beruhen diese lediglich auf Befragungen der Betroffenen zu Symptomen ohne klinische Diagnosestellung.

Unter Zugrundelegung einer Zahl von rd. 10 Millionen sog. "bluecollarworkern" in Deutschland (Angabe des Statistischen Bundesamtes 2012) ergeben sich zwischen - ohne geschlechtsspezifische Differenzierung - zwischen rd. 200.000 und rd. 500.000 Fälle einer potentiell arbeitsbedingt entstandenen Erkrankung an einem Carpaltunnelsyndrom. Dabei ist berücksichtigt, dass zwar einerseits die beruflich besonders betroffenen Personengruppen ein statistisch verdoppeltes Erkrankungsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben, dieses höhere Risiko andererseits aber für einen erheblichen Teil der "bluecollarworker" nicht zutrifft, wobei eine weitere berufsspezifische Aufgliederung nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass die Prävalenzraten des Carpaltunnelsyndroms gerade mit höherem Lebensalter deutlich ansteigen, wenn sich die Betroffenen außerhalb einer beruflichen schädigenden Einwirkung befinden.

Aufgrund der guten Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung, typischerweise fehlender Rezidivbildung und unter Berücksichtigung des bisherigen Meldeverhaltens nach § 9 Absatz 2 SGB VII ist davon auszugehen, dass in rd. 1 Prozent ein Bestandsfall im Sinne der Verordnung vorliegt, der eine Berufskrankheiten-Anzeige auslöst. Als mittlerer Wert ist damit eine Zahl von rd. 3.500 Anzeigen von Bestandsfällen zu erwarten.

Hypothenar-Hammer-Syndrom / Thenar-Hammer-Sydrom (BK-Nr. 2114)

Bearbeitungszeit in Std.Lohnkosten je Std.
Sachbearbeiter BK gehobener Dienst936,30 €326,70 €
Sachgebietsleiter BK höherer Dienst158,90 €58,90 €
Servicekraft BK mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Präventionsdienst höherer Dienst858,90 €471,20 €
Servicekraft PD mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Erfüllungsaufwand pro Fall20911,80 €

Die erwarteten Anzeigen dieser Berufskrankheit werden auf ca. 165 pro Jahr geschätzt. Damit liegt der geschätzte jährliche Erfüllungsaufwand bei rd. 150.000 Euro. Eine nennenswerte Zahl von Bestandsfällen ist aufgrund der Seltenheit der Krankheit, ihrer akuten Erscheinungsform sowie der Verhinderung einer dauerhaften Manifestation durch Vermeidung der schädigenden Einwirkung nicht zu erwarten.

Hautkrebs durch UV-Strahlung (BK-Nr. 5103)

Bearbeitungszeit in Std.Lohnkosten je Std.
Sachbearbeiter BK gehobener Dienst936,30 €326,70 €
Sachgebietsleiter BK höherer Dienst158,90 €58,90 €
Servicekraft BK mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Präventionsdienst höherer Dienst1458,90 €824,60 €
Servicekraft PD mittlerer Dienst127,50 €27,50 €
Erfüllungsaufwand pro Fall261.265,20 €

Die erwarteten Anzeigen dieser Berufskrankheit werden in den ersten fünf Jahren auf ca. 11.000 pro Jahr geschätzt. Darin sind für den gesamten Fünfjahreszeitraum ca. 42.500 Bestandsfälle (jährlich durchschnittlich ca. 8.500 Fälle) enthalten. Danach wird sich die Zahl der Anzeigen langfristig bei ca. 2.500 jährlich stabilisieren. Damit liegt der geschätzte Erfüllungsaufwand in den ersten fünf Jahren bei jährlich rd. 14 Millionen Euro und langfristig bei jährlich rd. 3,15 Millionen Euro.

Bei diesen Angaben für den gewerblichen und den öffentlichen Bereich ist zu berücksichtigen, dass die statistischen Angaben Bandbreiten enthalten, die grundsätzlich nur Einschätzungen über die potentiellen Fallzahlen zulassen. Insbesondere bei den Fallzahlen über die UV-Licht verursachten Hautkrebserkrankungen ist die Prognose mit Unsicherheiten behaftet, die nicht auszuräumen sind.

Nach den Angaben in der wissenschaftlichen Empfehlung für diese Berufskrankheit ist in Deutschland jährlich mit 20 bis 30 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner an einem Plattenepithelkarzinom und einer um den Faktor 10 höheren Zahl an Neuerkrankungen an einer aktinischen Keratose zu rechnen. Für die Einschätzung des Erfüllungsaufwands wird des Weiteren von einer Zahl von rd. 2,5 Millionen sogenannten "Outdoor-Workern" ausgegangen, die in Deutschland grundsätzlich an UV-Licht exponierten Arbeitsplätzen tätig sind. In der wissenschaftlichen Empfehlung wird eine Zahl von 2 Millionen OutdoorWorkern angenommen, in anderen Veröffentlichungen, u.a. von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, werden Schätzungen von 2,5 oder 2,5 bis 3 Millionen angeführt. Bei einer Gesamtbevölkerung von rd. 82 Millionen Menschen in Deutschland ergibt sich hieraus ein statistischer Anteil von rd. 3 Prozent an den gesamten Neuerkrankungsfällen, in denen Personen mit einer Outdoor-Tätigkeit eine solche Erkrankung erleiden. Im Ergebnis sind damit rechnerisch jährlich rd. 500 bis 750 Fälle eines Plattenepithelkarzinoms und rd. 5.000 bis 7.500 Fälle einer aktinischen Keratose zu erwarten, die berufskrankheitenrelevant sein könnten. Zwar ist nach der wissenschaftlichen Empfehlung davon auszugehen, dass Outdoor-Worker ein statistisch verdoppeltes Erkrankungsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben, was rechnerisch zu höheren Werten führen würde. Als gegenläufiger Effekt ist aber zu berücksichtigen, dass gerade aktinische Keratosen eine relativ hohe Rezidivrate haben, dies in der statistischen Erfassung zur Bildung von Inzidenzraten in der Praxis aber nicht selten als neuer Behandlungsfall gemeldet wird und damit die Fallzahl der Neuerkrankungen statistisch erhöht.

Darüber hinaus handelt es sich bei den prognostizierten Fallzahlen um rein aus medizinischstatistischen Daten abgeleitete Werte. Die tatsächliche Zahl der zu erwartenden Berufskrankheiten-Anzeigen und Anerkennungen wird aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit neuen Berufskrankheiten deutlich niedriger liegen. Für die Langfristabschätzung der künftigen Berufskrankheiten-Anzeigen der UV-Licht verursachten Hautkrebserkrankungen wird deshalb auf der Grundlage der Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. im Mittel von rd. 2.500 Anzeigen ausgegangen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nur bei einem Teil der potentiell Betroffenen die besonderen arbeitstechnischen bzw. medizinischen Voraussetzungen vorliegen werden (zusätzliche arbeitsbedingte UV-Belastung von 40 Prozent in dem betroffenen Hautareal, multiple Keratosen), die die berufliche Verursachung der Erkrankung begründen.

Der durch bereits bestehende Erkrankungen verursachte Erfüllungsaufwand wird nach den ersten Jahren stark zurückgehen. Auf der Basis von Prävalenzzahlen über das Auftreten der Erkrankungen in der Bevölkerung, statistischer Daten über potentiell betroffene Arbeitsplätze und Annahmen über den Anteil hinreichend exponierter Personen sowie das zu erwartende Anzeigeverhalten wird von insgesamt bis zu rd. 42.500 Anzeigen solcher Fälle ausgegangen. Der hieraus resultierende Erfüllungsaufwand wird sich auf die ersten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Verordnung verteilen. Es ist davon auszugehen, dass diese Fälle dann abgearbeitet sind.

Die veröffentlichten Prävalenzzahlen zu aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen enthalten große Bandbreiten. So werden Werte von 6,29 Prozent bis zu 15 Prozent der männlichen Bevölkerung mit aktinischen Keratosen angegeben, wobei die Altersstruktur eine mitentscheidende Rolle spielt. Bei Annahme des Maximalwertes von 15 Prozent sowie des Höchstwertes der Outdoor-Worker von 3 Millionen würden sich hieraus rd. 450.000 Fälle der aktinischen Keratose und rd. 45.000 (10-Prozent-Quote) des Plattenepithelkarzinoms ergeben. Bei Annahme der unteren Grenze der Bandbreite (6,29 Prozent Prävalenz; 2 Millionen Outdoor-Worker) ergeben sich rd. 125.000/12.500 Fälle.

Auf Basis eines veröffentlichten aktuellen Expertengutachtens (Prof. Dr. med. Matthias Augustin: "Versorgungsbedarf aktinischer Keratosen in Deutschland - eine evidenzbasierte wissenschaftliche Expertise"), das im Auftrag der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen erstellt wurde und die Leitlinie der europäischen Dermatologischen Gesellschaft aus 2011 sowie die AWMF-Leitlinie zur Behandlung der aktinischen Keratose aus 2011 berücksichtigt, wird für die Schätzung von einem Prävalenzwert von 10 Prozent ausgegangen. Bei Annahme von 2,5 Millionen Outdoor-Workern ergeben sich damit rein rechnerisch rd. 250.000/25.000 Fälle.

Aus den oben für die Berechnung der künftigen Neuerkrankungen genannten Gründen wird die Zahl der tatsächlich zu erwartenden Berufskrankheiten-Anzeigen deutlich niedriger liegen. Überträgt man die obigen Annahmen auf die bestehenden Erkrankungsfälle, reduzieren sich die Zahlen auf 90.000/9.000 Erkrankungsfälle. Bei den Bestandsfällen ist eine weitere deutliche Reduktion der Zahlen dadurch zu erwarten, dass nur ein Teil dieser Fälle den Unfallversicherungsträgern bekannt werden wird, insbesondere wenn sich die betroffenen Personen nicht mehr im aktiven Arbeitsleben befinden. Eine Gesamtzahl von bis zu 42.500 aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen, die im Bereich der gewerblichen und öffentlichen Unfallversicherung zur Anzeige gebracht werden, erscheint deshalb plausibel.

Im Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist nur die BK-Nr. 5103 (Hautkrebs durch UV-Strahlung) von relevanter Bedeutung. Der jährliche Erfüllungsaufwand für diese neue Berufskrankheit beläuft sich auf Basis der Annahmen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau unter Einschluss der Bestandsfälle rechnerisch in den ersten fünf Jahren auf durchschnittlich rd. 1 Million Euro jährlich mit stark abnehmender Tendenz. Da auch hier zu erwarten ist, dass danach ausschließlich neu auftretende Erkrankungen zu bearbeiten sind, sinkt der langfristig auftretende Erfüllungsaufwand dann auf knapp 0,25 Millionen Euro jährlich.

Für alle neuen Listenkrankheiten gilt, dass der tatsächliche Erfüllungsaufwand in der Praxis geringer ausfällt, da die vier aufgenommenen Berufskrankheiten bereits als "Wie-Berufskrankheiten" anerkannt sind und die Unfallversicherungsträger daher bereits nach geltendem Recht gemäß § 9 Absatz 2 SGB VII Verwaltungsverfahren über die Entschädigung durchführen.

5. Weitere Kosten

Die neuen Berufskrankheiten führen bei den Unfallversicherungsträgern nicht zu neuen Leistungspflichten. Denn diese Krankheiten sind aufgrund der veröffentlichten wissenschaftlichen Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats bereits jetzt nach § 9 Absatz 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit zu entschädigen. Die rechtsförmliche Aufnahme der Erkrankungen in die Verordnung schreibt die bestehende Entschädigungspflicht lediglich fest. Allerdings ist hierdurch mit einer Zunahme der Fallzahlen zu rechnen. Die Manifestation der Erkrankungen in der Berufskrankheiten-Verordnung führt erfahrungsgemäß zu einem höheren Informationsgrad bei den Betroffenen und in den jeweiligen medizinischen Fachkreisen über die potentielle arbeitsbedingte Verursachung der Erkrankungen und damit zu einer Zunahme der Berufskrankheiten-Anzeigen.

Die aus den Anerkennungen resultierenden Leistungsaufwendungen werden sich bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften in den ersten Jahren auf jährlich insgesamt ca. 11,5 Millionen Euro belaufen und liegen damit bei gut 0,1 Prozent der jährlichen Gesamtleistungsaufwendungen in Höhe von rd. 9 Milliarden Euro. Da zu erwarten ist, dass nach den ersten fünf Jahren nur noch Leistungen für neu auftretende Krankheiten zu erbringen sind, sinken die langfristig auftretenden Leistungsausgaben auf rd. 6 Millionen Euro jährlich. Bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sind in den ersten Jahren Leistungsaufwendungen in Höhe von ca. 2 Millionen Euro zu erwarten; die Steigerung liegt damit unter 0,3 Prozent der jährlichen Gesamtleistungsaufwendungen in Höhe von rd. 700 Millionen Euro. Nach den ersten fünf Jahren sinken die langfristig auftretenden Leistungsausgaben auf rd. 0,5 Millionen Euro bzw. unter 0,1 Prozent der Gesamtleistungsaufwendungen. Dabei entfällt der ganz überwiegende Anteil auf Aufwendungen für Heilbehandlung und Teilhabeleistungen. Aufgrund der Spezifität der Erkrankungen sowie der guten Behandlungs- und Rehabilitationsmöglichkeiten sind im Regelfall keine dauerhaften Rentenleistungen zu erbringen.

Der Berechnung liegen im Einzelnen folgende Annahmen zugrunde:

Auf Basis der im Abschnitt 4.3 erläuterten Inzidenzzahlen über das allgemeine Auftreten der Erkrankungen in der Bevölkerung, statistischer Daten über potentiell betroffene Arbeitsplätze und Annahmen über den Anteil hinreichend exponierter Personen sowie das zu erwartende Anzeigeverhalten sind nach Einschätzung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau im Mittel jährlich folgende neue Berufskrankheiten-Anerkennungen zu erwarten:

Carpaltunnel-Syndrom (BK-Nr. 2113)rd. 600 Fälle pro Jahr/ 1.500 - 5.000 Euro pro Fall
Hypothenar-Hammer-Syndrom/ Thenar-Hammer-Syndrom(BK-Nr. 2114)rd. 70 Fälle pro Jahr/ 40.000 Euro pro Fall
Hautkrebs durch UV-Strahlung (BK-Nr. 5103)rd. 600 Fälle pro Jahr/ 1.500 - 5.000 Euro pro Fall

Von den BK-Nr. 2113 und 2114 sind fast ausschließlich die gewerblichen Berufsgenossenschaften betroffen. Die BK-Nr. 5103 tritt sowohl im gewerblichen wie im landwirtschaftlichen Bereich auf; die Fälle verteilen sich nach den Angaben der beiden Spitzenverbände im Verhältnis 3 zu

6. Weitere Verordnungsfolgen - Gleichstellungspolitische Relevanz

Die Erweiterung der Berufskrankheiten-Liste schafft die Rechtsgrundlage für Leistungsansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung für Frauen und Männer in gleichem Maße. Gleichstellungspolitische Aspekte sind durch die Verordnung deshalb nicht berührt.

VI. Befristung; Evaluation

Eine Befristung kommt wegen der Ziele der Verordnung nicht in Betracht. Die Regelungen der Verordnung schaffen nicht nur Rechtsklarheit, sondern bilden die Rechtsgrundlage für unmittelbare neue Entschädigungsansprüche der Berufserkrankten nach § 9 Absatz 1 SGB VII. Die Erkrankungen werden trotz verbesserter Präventionsmaßnahmen auch künftig eintreten; eine zeitliche Begrenzung der Anerkennungsfähigkeit der Erkrankungen als Berufskrankheit ist deshalb ausgeschlossen.

Die Aufnahme der neuen Berufskrankheiten in die Berufskrankheiten-Verordnung beruht auf den Empfehlungen des Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Frage, ob die beabsichtigten Wirkungen der Regelungen erreicht worden sind, Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung der Regelungen sowie Erkenntnisse für mögliche Präzisierungen oder Weiterentwicklungen fließen in die ständige Beratungsarbeit dieses Gremiums ein. Aus diesem Grund bedarf es keiner gesonderten Evaluation der Verordnung.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Berufskrankheiten-Verordnung)

Zu Nummer 1 (§ 6)

Zu Buchstabe a

Nach ständiger Rechts- und Verwaltungspraxis sind die Berufskrankheiten, die durch diese Änderungs-Verordnung in der Anlage 1 neu bezeichnet werden, bereits als "Wie-Berufskrankheiten" nach § 9 Absatz 2 SGB VII grundsätzlich anerkannt. Grundlage hierfür ist die jeweilige wissenschaftliche Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der Zeitpunkt der Anerkennung als "Wie-Berufskrankheit" richtet sich nach dem Zeitpunkt der jeweiligen

Beschlussfassung des Sachverständigenbeirats. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Erkrankung im Einzelfall bereits vor der Beschlussfassung oder erst danach eingetreten ist: Alle von der Krankheit Betroffenen können Ansprüche auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung geltend machen.

Mit dem neuen Absatz 1 werden für die Betroffenen die möglichen Ansprüche auch nach der rechtsförmlichen Bezeichnung der Krankheit in der Berufskrankheiten-Verordnung aufrechterhalten und damit die Gleichbehandlung aller Versicherten unabhängig vom Zeitpunkt der Erkrankung fortgeführt. Hierzu gehören z.B. Fälle, in denen die Erkrankung bereits vor der Aufnahme in die Anlage 1 eingetreten war, eine ärztliche Berufskrankheiten-Verdachtsanzeige aber erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung gestellt wurde oder Versicherte sich selbst nach diesem Zeitpunkt erstmals an den Unfallversicherungsträger wenden.

Leistungen werden entsprechend den allgemeinen sozialrechtlichen Vorschriften rückwirkend längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht. Dies gilt auch, wenn eine Anerkennung in der Vergangenheit bereits durch bindende Bescheide oder rechtskräftige Entscheidungen der Unfallversicherungsträger oder der Sozialgerichte abgelehnt worden ist; die Regelung entspricht insoweit dem bisherigen Recht. Um einen übermäßigen Verwaltungsaufwand in solchen Fällen zu vermeiden, sind die Anerkennungen im Einzelfall von einem Antrag abhängig.

Zu Buchstaben b und c

Redaktionelle Folgeänderung zu Buchstabe a.

Zu Nummer 2 (Anlage 1)

Zu Buchstabe a

Unter der Nummer 1319 wird als neue Berufskrankheit in die Anlage 1 zur Verordnung die Erkrankung "Larynxkarzinom durch intensive und mehrjährige Exposition gegenüber schwefelsäurehaltigen Aerosolen" aufgenommen.

Schwefelsäure ist eine der wichtigsten und stärksten anorganischen Säuren. Sie wird in großen Mengen insbesondere zum Herstellen von Ethanol und Isopropanol, zum Beizen von Metallen und als Akkumulatorensäure für Bleiakkumulatoren benötigt. Darüber hinaus findet Schwefelsäure Verwendung in der Düngemittelindustrie bei der Herstellung mineralischer Düngemittel, in der Kunstseidenindustrie, beim Entfetten und Entölen, bei der Papierherstellung, in der Seifenindustrie und für eine Vielzahl von Prozessen in der Farbstoff-, Kunststoff- und Sprengmittelindustrie.

In der Luft tritt Schwefelsäure als Aerosol auf. Durch Aufnahme der Schwefelsäureaerosole kommen diese zunächst in Kontakt mit der Schleimhaut der oberen Atemwege und gelangen dann in Abhängigkeit von der Teilchengröße unterschiedlich tief in den Atemtrakt. Schwefelsäure wirkt in Abhängigkeit von der Konzentration stark irritierend bis ätzendverkohlend. Infolge von Verdünnungseffekten durch das feuchte Milieu in den Atemwegen ist für die nachhaltige gesundheitsschädliche Wirkung das ursprüngliche Vorhandensein stärkerer bis stark konzentrierter schwefelsäurehaltiger Aerosole erforderlich.

Der kausale Zusammenhang zwischen der Entstehung von Larynxkarzinomen und der Exposition gegenüber Schwefelsäureaerosolen oder schwefelsäurehaltigen Aerosolen von starken mineralischen Säuregemischen ist pathophysiologisch eindeutig belegt. Diese Erkenntnis wird in validen epidemiologischen Studien bestätigt, die eine entsprechende signifikante Risikoerhöhung aufzeigen. Auch tierexperimentelle Studien mit wiederholter Verabreichung von Schwefelsäure haben bei hoher Konzentration nekrotische Veränderungen, bei niedrigerer Konzentration Plattenepithelmetaplasien am Larynx gezeigt. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gibt es keine belastbare Grundlage dafür, dass sich die kanzerogene Wirkung von Schwefelsäure auf das Zielorgan Larynx bei Rauchern und Nichtrauchern unterscheidet.

Als "bestimmte Personengruppen", die durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad der Gefahr ausgesetzt sind, ein Larynxkarzinom zu entwickeln als die übrige Bevölkerung, gelten Personen, die arbeitsbedingt einer intensiven und mehrjährigen Exposition gegenüber schwefelsäurehaltigen Aerosolen ausgesetzt sind.

Unter einer intensiven Schwefelsäureeinwirkung im Sinne der Legaldefinition wird eine Expositionshöhe von 0,2 mg/m3 und mehr verstanden. Intensive Expositionen in diesem Sinn treten beispielhaft bei Herstellungs- und Anwendungsprozessen in der Isopropanolproduktion und der Metalloberflächenbehandlung (potentiell hohe Exposition) sowie der Ethanolproduktion, der Seifenherstellung und der Salpetersäureproduktion (potentiell mittelhohe Exposition) auf.

Unter einer mehrjährigen Exposition im Sinn dieser Berufskrankheit ist nach epidemiologischen Erkenntnissen eine mindestens fünfjährige, vollschichtige Exposition zu verstehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und der zugrunde gelegten wissenschaftlichen Literatur wird auf die wissenschaftliche Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales verwiesen, veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 25 vom 1. August 2011 S. 501 ff.

Zu Buchstabe b

Zu Berufskrankheit Nummer 2113

Unter der Nummer 2113 wird als neue Berufskrankheit in die Anlage 1 zur Verordnung die Erkrankung "Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (CarpaltunnelSyndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen" aufgenommen.

Bei dem Carpaltunnel-Syndrom (CTS) handelt es sich um eine meist chronische Kompressionsneuropathie des Nervus medianus im Bereich des Handgelenkes. Infolge einer Überbeanspruchung des Sehnengleitgewebes kommt es durch die in der Legaldefinition aufgeführten arbeitsbedingten Belastungen zu einer Anschwellung des Synovialgewebes und einer Verdickung der Sehnenscheiden. Wegen der engen und starren Begrenzung des Carpaltunnels führt dies zu einer entsprechenden Druckerhöhung in dem Kanal, die eine Kompression und dadurch bedingte Schädigung des Nervus medianus zur Folge hat.

Die schädigenden Einwirkungen sind gekennzeichnet durch

die zu einer Volumenzunahme mit Druckerhöhung im Carpaltunnel führen. Das Risiko erhöht sich bei einer Kombination dieser Faktoren. Insbesondere beim Umgang mit handgehaltenen vibrierenden Werkzeugen ist davon auszugehen, dass diese mit Kraftaufwand der Fingerbeuger und entsprechenden Zwangshaltungen der Finger und im Handgelenk festgehalten werden müssen, sodass sich hier mehrere Expositionskomponenten überlagern.

Das Krankheitsbild eines CTS beginnt meist mit örtlichen Schmerzen im Handgelenk, vor allem bei der Beugung der Hand zum Handrücken hin (Dorsalflexion), die gelegentlich auch bis in die Schulter ausstrahlen können. In der Regel kommen dann eine verminderte Berührungs- und Drucksensibilität (Hypästhesie) und Missempfindungen (Parästhesien) im Versorgungsgebiet des Nervus medianus, später auch eine Muskelatrophie des Daumenballens hinzu. Charakteristischerweise verstärken sich die Beschwerden bei Handbewegungen, bei denen der Druck im Carpaltunnel ansteigt.

Ganz überwiegend ist die dominante Hand befallen. Bei bestimmten Berufen können unabhängig von der Händigkeit aufgrund der Belastungssituation auch an der nichtdominanten Hand Beschwerden auftreten. Ein bilaterales Auftreten ist möglich; dann ist aber die Intensität der Beschwerden in der mehr beanspruchten Hand höher.

Der kausale Zusammenhang zwischen repetitiven manuellen Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Hände im Handgelenk oder erhöhtem Kraftaufwand der Hände oder Hand-Arm-Schwingungen und der Entstehung eines CTS ist aus pathophysiologischer und epidemiologischer Sicht gesichert. Im Laborexperiment wurde ein Druckanstieg im Carpaltunnel unter entsprechender Belastung nachgewiesen (biologische Plausibilität), nach Expositionsende kam es zu einer Druck-Entlastung im Carpaltunnel. In einer Vielzahl von Studien wurde eine im Vergleich zu nicht exponierten Personen mindestens um das Doppelte erhöhte signifikante Risikoerhöhung festgestellt. Die Ergebnisse wurden vielfach repliziert und lassen sich regelmäßig in den verschiedenen untersuchten Subgruppen aufzeigen. Bei höheren manuellen Belastungen zeigen sich höhere CTS-Erkrankungsrisiken als deutlicher Hinweis auf ein Dosis-Effekt-Kriterium. Für Personen, die einer Kombination der Belastungsfaktoren ausgesetzt sind, ist das Erkrankungsrisiko besonders hoch.

Zum zeitlichen Verlauf bis zum Auftreten der Krankheit liegen in der medizinischen Wissenschaft unterschiedliche Angaben vor, ganz überwiegend reichen aber kurze Expositionszeiten von weniger als zwölf Monaten aus. Ein Kausalzusammenhang ist plausibel, wenn der Erkrankungsbeginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition steht.

Als "bestimmte Personengruppen", die durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade der Gefahr ausgesetzt sind, ein CTS zu entwickeln, als die übrige Bevölkerung, gelten z.B. Personen, die als Fleischverpacker, Fließbandarbeiter in der Automobilindustrie, Forstarbeiter beim Umgang mit handgehaltenen vibrierenden Werkzeugen (Motorsägen), Geflügelverarbeiter, Kassierer im Supermarkt mit Umsetzen von Lasten, Masseure, Polsterer oder Steinbohrer den dargestellten Belastungen ausgesetzt sind. Arbeiten mit einer Computertastatur gehören nicht dazu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und der zugrunde gelegten wissenschaftlichen Literatur wird auf die wissenschaftliche Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales verwiesen, veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 27 vom 30. Juni 2009 S. 573 ff.

Zu Berufskrankheit Nummer 2114

Unter der Nummer 2114 wird als neue Berufskrankheit in die Anlage 1 zur Verordnung die Erkrankung "Gefäßschädigung der Hand durch stoßartige Krafteinwirkung (HypothenarHammer-Syndrom und Thenar-Hammer-Syndrom)" aufgenommen.

Beim Hypothenar-Hammer-Syndrom (HHS) handelt es sich um eine Gefäßwandschädigung im Bereich des Kleinfingerballens (Hypothenar) der Hohlhand bei der Verwendung der Hand, Handkante oder des Kleinfingerballens als Schlagwerkzeug oder bei Tätigkeiten mit direkter mechanischer Gewalteinwirkung auf diese anatomische Region. Ursache der Schädigung sind die einmaligen, meist aber wiederholten oder chronischen stumpfen Gewalteinwirkungen - auch in Form von Vibrationen - auf die handversorgenden Abschnitte der Arteria ulnaris, die zu einer traumatischen Endothelläsion des Gefäßes führen. Aufgrund der Gefäßveränderungen kommt es zu Durchblutungsstörungen der betroffenen Finger. Meist sind hiervon die Finger III bis V betroffen, durch embolische Verschlüsse können auch weitere Finger, insbesondere der Finger II, betroffen sein. Die Beschwerden können akut, aber auch Stunden, Tage oder Monate nach der ursprünglichen Traumatisierung auftreten und werden durch Kälteexposition und Beanspruchung der Hand verstärkt.

Wird der Daumenballen (Thenar) einmalig oder wiederholt Kontusionen in Form stoßartiger Gewalteinwirkung - auch in Form von Vibrationen - ausgesetzt, kann es in der Thenarregion zu einer Läsion der Arteria radialis - entsprechend der Gefäßschädigung beim HHS - kommen, dem sogenannten Thenar-Hammer-Syndrom (THS).

HHS und THS werden in Abhängigkeit von der Einwirkung der stumpfen Gewalt sowohl einseitig als auch beidseitig beobachtet.

Der kausale Zusammenhang zwischen der Gewalteinwirkung auf die anatomischen Regionen des Kleinfinger- bzw. des Daumenballens und der Entstehung eines HHS sowie eines THS ist pathophysiologisch eindeutig belegt. Diese Erkenntnis wird in einer Vielzahl von Kasuistiken bestätigt. Darüber hinaus liegen valide epidemiologische Studien vor, die eine signifikante Risikoerhöhung aufzeigen, bei beruflicher Verwendung der Hand in der beschriebenen Art und Weise ein HHS zu erleiden. Dieses Ergebnis wurde zuletzt auch in einer deutschlandweiten multizentrischen Fall-Kontroll-Studie im Jahr 2011 bestätigt.

Als "bestimmte Personengruppen", die durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade der Gefahr ausgesetzt sind, ein HHS oder ein THS zu entwickeln als die übrige Bevölkerung, gelten Personen, die einmaligen, meist jedoch wiederholten bzw. chronischen Einwirkungen stumpfer Gewalt - auch in Form von Vibrationen - im Hypothenarsowie im Thenarbereich der Hohlhand ausgesetzt sind. Derartige Tätigkeiten kommen u.a. in folgenden Berufsgruppen vor:

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und der zugrunde gelegten wissenschaftlichen Literatur wird auf die wissenschaftliche Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales verwiesen, veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 25 vom 6. Juni 2012 S. 449 ff.

Zu Buchstabe c

Unter der Nummer 5103 wird als neue Berufskrankheit in die Anlage 1 zur Verordnung die Erkrankung "Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung" aufgenommen.

Plattenepithelkarzinome der Haut sind maligne epitheliale Tumoren und gehen von den Keratinozyten der Epidermis aus. Sie wachsen destruktiv und metastasieren. Aktinische Keratosen sind raue, schuppende Hautveränderungen. Sie manifestieren sich als Makulae, Papeln oder Plaques, die hautfarben bis rötlich oder rötlichbraun imponieren; ihre Größe kann dabei von etwa einem Millimeter bis zu etwa zwei Zentimeter im Durchmesser reichen. Aktinische Keratosen treten nahezu ausschließlich in solar UV-belasteten Hautarealen, den sogenannten "Sonnenterrassen", auf, insbesondere an Kopf und Hals,

Dekolleté, Armen, Handrücken, sowie am Lippenrot der Unterlippe. Bei etwa 10 Prozent aller Patienten mit aktinischen Keratosen wird im weiteren Verlauf der Übergang in ein invasives Plattenepithelkarzinom der Haut beobachtet.

Als multipel im Sinne dieser Berufskrankheit gelten aktinische Keratosen wenn sie - mit einer Zahl von mehr als 5 pro Jahr einzeln oder - konfluierend in einer Fläche von größer als 4 cm2 (Feldkanzerisierung) auftreten.

UV-Strahlung ist die bedeutendste Ursache für Plattenepithelkarzinome der Haut und aktinische Keratosen. UV-Strahlung wird nach ihrer Wellenlänge in UVA- (315-400 nm), UVB- (280-315 nm) und UVC-Strahlung (100-280 nm) eingeteilt, wobei wir auf der Erde aus natürlichen Quellen nur der von der Sonne emittierten UVA- und UVB-Strahlung ausgesetzt sind. UV Strahlung (insbesondere UVB-Strahlung) wirkt durch Schädigung der DNA in den Keratinozyten direkt kanzerogen. Darüber hinaus kann UVA-Strahlung auch indirekt durch die Schwächung des zellulären Immunsystems die Krebsentstehung fördern. Grundsätzlich werden in Plattenepithelkarzinomen die gleichen Mutationen der sogenannten Tumorsupressorgene (p53) gefunden wie bei aktinischen Keratosen.

Der kausale Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen der Haut und aktinischen Keratosen ist aus pathophysiologischer, experimenteller und epidemiologischer Sicht gesichert. Diese Erkenntnis ist auch durch die klinische Verteilung und durch molekularbiologische Untersuchungen gut belegt. Die grundsätzliche Geeignetheit von natürlichen UV-Strahlen für die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen der Haut ist wissenschaftlich unumstritten.

Epidemiologische Studien zeigen einen konsistenten, vielfach replizierten, statistisch signifikanten und klinisch relevanten Zusammenhang zwischen arbeitsbedingter UV-Exposition und steigendem Risiko für die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen der Haut. Ein systematischer Review und eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2011 haben epidemiologisch eindeutig nachgewiesen, dass Berufstätige mit langjähriger Außenbeschäftigung ein signifikant höheres Plattenepithelkarzinom-Risiko gegenüber Personen haben, die nicht im Freien arbeiten.

Insgesamt belegt die epidemiologische Evidenz die Erkenntnis, dass in Deutschland Beschäftigte mit langjähriger Außentätigkeit im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ein im Durchschnitt etwa verdoppeltes Risiko für die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen haben.

Als "bestimmte Personengruppen", die durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade der Gefahr ausgesetzt sind, ein beruflich verursachtes Plattenepithelkarzinom oder multiple aktinische Keratosen der Haut zu entwickeln als die übrige Bevölkerung, gelten Personen, die durch Arbeiten im Freien eine besondere solare UV-Exposition in ihrer Arbeitstätigkeit haben. Dazu gehören insbesondere die Bereiche:

Besonders zu berücksichtigen sind dabei Arbeiten im Ausland in südlichen Ländern.

Für die aufgeführten Berufsgruppen liegen personendosimetrische Messdaten vor, die eine relevante arbeitsbedingte Exposition gegenüber natürlicher UV-Strahlung belegen. Sowohl aus den epidemiologischen als auch experimentellen Studien kann zusammenfassend hinsichtlich der UV-Belastung bei Außenarbeitern ein etwa 2- bis 3fach höherer Anteil gegenüber nicht Außenbeschäftigten abgeleitet werden. Die Ableitung eines DosisMaßes im Sinn einer wissenschaftlich begründeten Dosis-Wirkungs-Beziehung als Mindesteinwirkung und Abschneidekriterium ist aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren für die Entstehung der Krankheiten aus der epidemiologischen Literatur nicht möglich.

Allerdings kann aus der wissenschaftlichen Datenlage und der klinischen Erfahrung die Grundannahme abgeleitet werden, dass eine zusätzliche arbeitsbedingte UV-Belastung von 40 Prozent in dem Hautareal, in dem sich der Tumor entwickelt hat, für eine überwiegend arbeitsbedingte Verursachung spricht. Dieser Wert hat den Charakter einer wissenschaftlichen Konvention und kann der Kausalfeststellung im Einzelfall zugrunde gelegt werden. Die entsprechenden individuellen UV-Belastungen sind im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Freien Beschäftigte einer höheren Belastung ausgesetzt waren, wenn sie beispielsweise in den Tropen oder in großer Höhe gearbeitet haben. Wurde nur ein Teil des Tages im Freien gearbeitet, muss die Tätigkeit entsprechend länger ausgeübt worden sein.

Der Hauttyp spielt grundsätzlich keine Rolle für die Anerkennung als Berufskrankheit, da er das Risiko für die Krebsentstehung durch die außerberufliche und die berufliche UV-Belastung gleichermaßen modifiziert. Der Hauttyp hat aber einen Einfluss auf den möglichen Zeitpunkt des Auftretens der Erkrankung.

Aktinische Keratosen, die die Voraussetzungen dieser Berufskrankheit nicht erfüllen, können sich zu multiplen aktinischen Keratosen oder invasiven Plattenepithelkarzinomen weiter entwickeln. Daher können beim Auftreten einzelner aktinischer Keratosen Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung angezeigt sein.

Zu weiteren bösartigen Erkrankungen der Haut wird auf Folgendes hingewiesen:

Basalzellkarzinome und maligne Melanome sind deshalb nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit.

Ein Zusammenhang zwischen arbeitsbedingter Belastung mit künstlicher UV-Strahlung und dem Auftreten von Malignomen an der Haut kann aus epidemiologischen Studien derzeit nicht abgeleitet werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und der zugrunde gelegten wissenschaftlichen Literatur wird auf die wissenschaftliche Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales verwiesen, veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt Ausgabe Nr. 35 vom 12. August 2013 S. 671 ff.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 3063:
Entwurf der Dritten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerDie Anerkennungsfälle über Berufskrankheiten werden grundsätzlich von Amts wegen durchgeführt. Nur bei Bestandsfällen ist ein Antrag zu stellen. Dabei beträgt der Zeitaufwand 16 Minuten
pro Einzelfall.
Wirtschaft
Informationspflichten im Einzelfall:12,40 €
Verwaltung
Jährlicher Erfüllungsaufwand:In den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung rd. 20 Mio. €,
danach rd. 6 Mio. €.
Der NKR erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben.

II. Im Einzelnen

Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung werden vier Erkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten (Larynxkarzinom, Carpaltunnel-Syndrom Hypothenar-Hammer-Syndrom und Thenar-Hammer-Syndrom, Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratose der Haut) aufgenommen.

1. Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger

Bürgerinnen und Bürger müssen in den Fällen einen Antrag stellen, deren Antrag in der Vergangenheit auf Anerkennung einer der nunmehr neu aufgenommenen Berufskrankheit in die Berufskrankheiten-Verordnung bestandskräftig abgelehnt wurde. Nur für diese Fälle wird eine neue Informationspflicht eingeführt, da ansonsten die Anerkennungsverfahren über Berufskrankheiten grundsätzlich von Amts wegen durchgeführt werden. Eine Fallzahl konnte hierzu nicht ermittelt werden.

2. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Aufnahme der vier Berufskrankheiten in die Berufskrankheiten-Verordnung werden sich die Fallzahlen bei den bestehenden Anzeige- und Meldepflichten erhöhen. Der überwiegende Teil der Verdachtsmeldungen werden von Ärztinnen und Ärzten erstattet. Die Kosten für eine Verdachtsmeldung betragen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 12,40 Euro. Durch den zu wartenden Anstieg der Fallzahlen werden die bestehenden Informationspflichten nur in geringem Umfang steigen.

3. Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Der jährliche Erfüllungsaufwand der Unfallversicherungsträger beläuft sich rechnerisch in den ersten Jahren auf durchschnittlich knapp 20 Mio. Euro. Der Erfüllungsaufwand wird im weiteren Zeitablauf eine stark abnehmende Tendenz aufweisen. Nach den ersten fünf Jahren sinkt der langfristig auftretende Erfüllungsaufwand auf rund 6 Mio. Euro jährlich.

Es wird erwartet, dass der tatsächliche Erfüllungsaufwand in der Praxis geringer ausfallen wird, da die nunmehr gelisteten Berufskrankheiten in der Vergangenheit bereits als "Wie-Berufskrankheiten" gemäß § 9 Absatz 2 SGB VII anerkannt wurden.

4. Evaluierung

Neue Berufskrankheiten werden auf Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirates "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in die Verordnung aufgenommen. Fragen, ob die beabsichtigten Wirkungen der Verordnung erreicht worden sind, Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung sowie Erkenntnisse für mögliche Präzisierungen oder Weiterentwicklungen fließen in die ständige Beratungsarbeit dieses Gremiums ein. Aus diesen Gründen erfolgt deshalb keine gesonderte Evaluation der Berufskrankheiten-Verordnung.

Das BMAS hat die Auswirkungen des Regelungsvorhabens auf den Erfüllungsaufwand ausführlich und nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Dr. Dückert
Vorsitzender Berichterstatterin