Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

836. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2007

A

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 19 Buchstabe b - neu - (§ 73 Abs. 3 Satz 1 SGB IV)

In Artikel 1 ist Nummer 19 wie folgt zu fassen:

"19. § 73 wird wie folgt geändert:

Begründung

Buchstabe b ist eine Folgeänderung zu der in Buchstabe a vorgesehenen Änderung.

2. Zu Artikel 1 Nr. 20 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb - neu - (§ 79 Abs. 1 Satz 2 SGB IV)

In Artikel 1 Nr. 20 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

"a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung

Nach § 79 Abs. 1 Satz 2 SGB IV werden aufbereitete Gesamtdaten nur dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales weitergeleitet. Die Landesaufsichtsbehörden erhalten dagegen nur Teildaten der landesunmittelbaren Versicherungsträger. Die zusammengefassten Daten aller Sozialversicherungsträger, die erst eine Gesamtbeurteilung möglich machen, werden nur den jeweils zuständigen Bundesministerien übermittelt.

Insbesondere im Bereich der Finanzstatistiken sind die Teilberichte etwa der Regionalträger der Rentenversicherung für sich alleine ohne jegliche Aussagekraft. Eine Beurteilung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung - und damit auch der Finanzlage der der Aufsicht der Länderbehörden unterstehenden Regionalträger - ist nur nach Kenntnis der zusammengeführten Finanzdaten aller Regional- und Bundesträger möglich.

3. Zu Artikel 2 Nr. 1 (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SGB I)

In Artikel 2 ist Nummer 1 zu streichen.

Begründung

Das SGB I trifft keine Aussage, wie bei der Ausführung von Sozialleistungen Kommunikationshilfen nach § 17 SGB I zu vergüten sind. Im Zuge der systematischen Auslegung wird auf die Regelung im Verwaltungsverfahren nach § 19 SGB X oder auf das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG) und der damit verbundenen Kommunikationshilfenverordnung (KHV) zurückgegriffen. Nach § 5 Abs. 1 KHV würde demnach die Vergütung in entsprechender Anwendung des ZuSEG (jetzt JVEG) erfolgen müssen.

Die Länder haben sich jedoch in ihren eigenen Behindertengleichstellungsgesetzen bzw. Kommunikationshilfenverordnungen nur zum Teil den Regelungen der KHV des Bundes angeschlossen.

Die mit der Gesetzesänderung geplante Bindung der Sozialleistungsträger nach dem SGB I, soweit es sich um Landes- oder Kommunalbehörden handelt, wird abgelehnt.

Eine generelle Erweiterung des § 17 SGB I in dem Sinne, dass bei der Vergütung von Gebärdendolmetscherleistungen die Sätze des ZuSEG (jetzt JVEG) einschlägig sein sollen, würde eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung der Länder und ihrer Kommunen bedeuten, deren Behörden sich bei der Ausführung von Sozialleistungen i.S.d. § 17 SGB I an den abweichenden Sätzen der Kommunikationshilfenverordnungen der Länder orientieren.

4. Zu Artikel 5 Nr. 1 - neu - (§ 78 Abs. 3 Satz 3 SGB V), Nr. 3 - neu - (§ 208 Abs. 2 Satz 2 SGB V), Nr. 4 - neu - (§ 281 Abs. 2 Satz 1 SGB V)

Artikel 5 ist wie folgt zu fassen:

Artikel 5
Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (860-5)

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Begründung

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Artikel 1 Nr. 19 des Gesetzentwurfs.

Nicht nur bei den in § 35a Abs. 1 SGB IV genannten Krankenkassen wird die Selbstverwaltung lediglich durch ein Selbstverwaltungsorgan neben dem hauptamtlichen Vorstand wahrgenommen. Die Änderungen stellen sicher, dass auch bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, den Medizinischen Diensten der Krankenkassen, den Landesverbänden der Krankenkassen und beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Einwilligung in über- und außerplanmäßige Ausgaben durch das Selbstverwaltungsorgan erteilt wird.

5. Zu Artikel 6 Nr. 01 - neu - ( § 34 Abs. 3 SGB VI)

(bei Annahme entfällt Ziffer 10)

Dem Artikel 6 ist folgende Nummer voranzustellen:

"01. § 34 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

Folgeänderungen:

Begründung

Die Differenzierung zwischen der Entgeltgrenze für eine geringfügige Beschäftigung von 400 Euro und der Hinzuverdienstgrenze für eine in voller Höhe bezogene Rente von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (2007 = 350 Euro) ist für viele Rentner nicht nachvollziehbar. Sie gehen davon aus, dass sie neben ihrer Rente eine geringfügige Beschäftigung ausüben dürfen, so dass es in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen zu Überzahlungen kommt. Die Vereinheitlichung mit der Geringfügigkeitsgrenze durch Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf 400 Euro vermeidet Rentenkürzungen und bedeutet eine nicht unerhebliche Verwaltungsvereinfachung für die Rentenversicherungsträger, weil aufwändige Prüfungen und Rückforderungen entfallen.

Zu den Folgeänderungen: zu a: zu Doppelbuchstabe aa:

Folgeänderung zur Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf 400 Euro für vorgezogene Altersrenten in voller Höhe (vgl. obige Begründung zu § 34). Die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe wird ebenfalls auf 400 Euro angehoben. zu Doppelbuchstabe bb:

Folgeänderung zur Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf 400 Euro. In dieser Vorschrift ist u. a. geregelt, dass die an die Bezugsgröße (West) anknüpfenden Hinzuverdienstgrenzen durch Anwendung eines Quotienten in den neuen Ländern niedriger ausfallen als in den alten Ländern. Mit einer Ausnahmeregelung wurde sichergestellt, dass dies aber - wie schon nach geltendem Recht - nicht für die Hinzuverdienstgrenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (2007 = 350 Euro) beispielsweise für eine Altersrente in voller Höhe gilt. Da diese Hinzuverdienstgrenze nunmehr einheitlich 400 Euro beträgt, also nicht mehr an die Bezugsgröße anknüpft, kann die bisherige Regelung entfallen. zu Doppelbuchstabe cc:

Folgeänderung zur Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf 400 Euro. Die Hinzuverdienstgrenze von 400 Euro soll auch im Übergangsrecht gelten für nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Invalidenrenten, Bergmannsinvalidenrenten, die vom 1. Januar 1992 an als Erwerbsunfähigkeitsrenten geleistet werden, oder bei Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente gelten. zu b: zu Doppelbuchstabe aa:

Folgeänderung zu den entsprechenden Änderungen der Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI. Die Neufassung tritt an die Stelle der bisher im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vorgesehenen Neufassung, da zusätzlich - neben den im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vorgenommenen Änderungen - eine Anhebung der Mindesthinzuverdienstgrenze erfolgen soll. zu Doppelbuchstabe bb:

Die Änderung entspricht der Änderung in § 228a Abs. 2 SGB VI und stellt - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - eine Folgeänderung zu den Änderungen bei Hinzuverdienstgrenzen dar.

Die Neufassung tritt an die Stelle der bisher im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vorgesehenen Neufassung, da zusätzlich - neben den im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vorgenommenen Änderungen - eine Anhebung der Mindesthinzuverdienstgrenze erfolgen soll.

6. Zu Artikel 6 Nr. 11 (§ 184 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VI)

Artikel 6 Nr. 11 ist zu streichen.

Begründung

Zur Klärung der Frage der Erhebung von Säumniszuschlägen ist derzeit eine Reihe von Rechtsstreiten anhängig, deren Ausgang vor einer gesetzlichen Klarstellung zum Zeitpunkt des Eintritts der Säumnis abgewartet werden sollte. Darüber hinaus ist die Dreimonatsfrist aus Sicht der Dienstherren zu knapp bemessen, um zur Entscheidung über einen eventuellen Aufschub der Nachversicherung mit dem ausgeschiedenen Beschäftigten dessen weitere Berufsabsichten klären zu können.

7. Zu Artikel 6a - neu - (§ 254d Abs. 3 Satz 01 - neu - SGB VI)

Nach Artikel 6 ist folgender Artikel 6a neu einzufügen:

Artikel 6a
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (860-6)

Dem § 254d Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), das zuletzt durch Artikel 1 Nr. 65 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung zur Stärkung der Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz - geändert worden ist, wird folgender Satz vorangestellt:

Folgeänderung:

Dem Artikel 21 ist folgender Absatz anzufügen:

Begründung

Bis Ende des Jahres 2009 gelten Entgeltpunkte (Ost) in einem Kalendermonat für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als Entgeltpunkte, wenn im selben Kalendermonat bereits Entgeltpunkte vorliegen. Diese Regelung betrifft alle denkbaren Fälle des Zusammentreffens von Entgeltpunkten mit unterschiedlicher Wertigkeit.

Mit der Neuregelung wird diese Begünstigung für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 aufrecht erhalten, um die Anwendung der Regelung über Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt ( § 262 SGB VI), die auf Pflichtbeitragszeiten vor dem 1. Januar 1992 begrenzt ist, sicher zu stellen.

(Antrag Bayern, Sachsen: 16 : 0 : 0)

8. Zu den Vorruhestandsvereinbarungen

Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz enthaltenen Vertrauensschutzregelungen für Versicherte, die am 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltersteilzeitG vereinbart hatten, auf Versicherte, die an diesem Stichtag im Besitz einer Vorruhestandsvereinbarung waren, gleichermaßen zu erstrecken.

Begründung

Die Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung kann für Bezieher von Vorruhestandsgeld über den 31. Dezember 2007 hinaus nur fortbestehen, wenn gewährleistet ist, dass das Vorruhestandsgeld bis unmittelbar vor Beginn der Altersrente gezahlt wird. Mit dem Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes zum 1. Januar 2008 ist dies auf Grund der Anhebung der Altersgrenzen bei einer Vielzahl der bereits seit Jahren geschlossenen Vorruhestandsvereinbarungen nicht mehr gewährleistet.

Der gleitende Übergang aus dem Erwerbsleben in die Ruhephase ist für Versicherte sowohl nach dem Altersteilzeitgesetz, als auch mit den Regelungen über einen Vorruhestand möglich. Beide Modelle beruhen auf einer tarif- bzw. einzelvertraglichen Ausgestaltung, für die der Gesetzgeber einen unterstützenden gesetzlichen Rahmen geschaffen hat, so dass hinsichtlich der Vertrauensschutzregelungen bei der Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Gleichbehandlung beider Personenkreise geboten ist.

Auch wenn die Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit für den Vorruhestand bereits zum 31. Dezember 1988 ausgelaufen ist, ist das Vertrauen der Betroffenen in die auf der Basis des geltenden Rechts getroffenen Vorruhestandsvereinbarungen im Hinblick auf ihre Lebensplanung im Alter gleichermaßen schützenswert wie bei der Altersteilzeit.

(entfällt bei Annahme von Ziffer 5)

B