Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entschließung des Bundesrates zur Befreiung von fair gehandeltem Kaffee von der Kaffeesteuer

Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 18. November 2014

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Befreiung von fair gehandeltem Kaffee von der Kaffeesteuer zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen, mit dem Ziel der abschließenden Befassung in der Plenarsitzung am 19. Dezember 2014.

Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz

Entschließung des Bundesrates zur Befreiung von fair gehandeltem Kaffee von der Kaffeesteuer

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung:

Kaffee ist mit einem weltweiten jährlichen Umsatz von rund 22 Milliarden Euro das zehntwichtigste globale Handelsgut. Die weltweite Produktion betrug im Jahr 2012 rund 8,7 Millionen Tonnen. Von seiner Produktion in den Entwicklungs- und Schwellenländern sind bis zu 100 Millionen Menschen ökonomisch abhängig.

Die Produktion des Rohkaffees erfolgt in Entwicklungs- und Schwellenländern in Lateinamerika, Afrika und Asien, die Weiterverarbeitung und der Endverbrauch jedoch vor allem in den Industrieländern. Vor allem einige kleinere Produzentenländer in Afrika und Lateinamerika, wie etwa Äthiopien, Honduras oder Nicaragua, sind in hohem Maße vom Kaffeeexport abhängig.

Der Rohkaffee in diesen Ländern wird zu circa 80 Prozent, also weit überwiegend, von Kleinbauern erzeugt. Ihre Zahl wird auf circa 25 Millionen geschätzt. Den dezentralen und überwiegend kaum oder gar nicht organisierten Kleinbauern stehen als Abnehmer wenige große internationale Handelshäuser gegenüber, die wiederum wenige Rösterunternehmen in den Industrieländern beliefern. Die Hälfte des Weltmarktes wird von nur fünf Unternehmen kontrolliert. Dieses Ungleichgewicht zwischen vielen kleinen, dezentralisierten Produzenten und wenigen hochkonzentrierten Händlern und Endverarbeitern führt dazu, dass die Produzenten wenig Einfluss auf den Verkaufspreis ihres Rohkaffees haben und seinen enormen Schwankungen nahezu schutzlos ausgeliefert sind.

Der für Kaffee wird an den Börsen von New York und London definiert - häufig spielen dabei Spekulationen eine Rolle. Neben realwirtschaftlichen Gründen, etwa aufgrund klimatisch bedingter Ertragsschwankungen, führen vor allem diese Spekulationen zu extremen Schwankungen des Kaffeepreises, wodurch die Lebensbedingungen vieler Bauernfamilien oftmals von extremer Armut gekennzeichnet sind.

Während diese Preisschwankungen für die großen Handels- und Endverarbeitungsunternehmen verhältnismäßig gut zu verkraften sind, weil sie im Endpreis an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden und durch begleitende Börsengeschäfte abgesichert werden können, sind die Auswirkungen bei den Produzenten des Rohkaffees erheblich. Vom Endverkaufspreis des Kaffees erhalten die produzierenden Bauern 7 bis maximal 10 Prozent. Der weit überwiegende Teil der Erlöse wird bei den Zwischenhändlern, Röstern und beim endverkaufenden Einzelhandel erzielt.

Um den Produzenten bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verschaffen, sind vielfältige Initiativen ins Leben gerufen worden. Die vermutlich wichtigste dieser Initiativen ist FairTrade. Bei fair gehandeltem Kaffee zu den Zertifizierungsbedingungen von Fairtrade International wird den Produzenten, die als genossenschaftliche Kooperativen organisiert sind, ein fester Mindestpreis garantiert. Dieser setzt sich zusammen aus einem Mindestgrundpreis, einer Fairtrade-Prämie sowie bei biologisch angebautem Kaffee einem Bioaufschlag. Der Mindestpreis gilt, wenn der Marktpreis unter diesen Wert fällt. Soweit der Marktpreis über diesem Wert liegt, wird der Marktpreis plus Prämie und Zulage gezahlt. Dadurch ist garantiert, dass die Produzenten zumindest ein existenzsicherndes Einkommen haben.

Der deutsche Kaffeemarkt ist nach dem US-amerikanischen der zweitgrößte weltweit. Fast 20 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion werden allein in Deutschland verarbeitet, wobei davon circa 40 Prozent in Deutschland konsumiert und circa 60 Prozent reexportiert werden. Deutschland ist mit einem globalen Marktanteil von mehr als einem Drittel der größte Kaffee-Re-Exporteur weltweit. Aber auch beim Pro-KopfKonsum ist Deutschland mit rund 150 Litern im Jahr weltweit Spitze. Beim FairtradeAnteil des Kaffeemarkts gehört Deutschland jedoch mit nur 2,2 Prozent im Jahr 2012 noch zu den Schlusslichtern, obwohl der Marktanteil langsam wächst. In Österreich liegt der Anteil fair gehandelten Kaffes immerhin schon bei 4 Prozent, in der Gastronomie sogar bei 25 Prozent.

Um den Anteil des fair gehandelten Kaffees zu erhöhen, muss er zu wettbewerbsfähigeren Preisen angeboten werden können. Dabei spielt die Kaffeesteuer eine besondere Rolle. Die Kaffeesteuer ist eine traditionelle Verbrauchssteuer. Sie ist eine reine Bundessteuer und beträgt aktuell 2,19 Euro pro Kilogramm Röstkaffee und 4,78 Euro pro Kilogramm löslichem Kaffee (Instantkaffee). Mit rund 1,10 Euro pro 500g-Packung Röstkaffee ist ihr Anteil am Endverbraucherpreis des Kaffees erheblich, je nach aktuellem Preis und Qualität zwischen 15 und über 30 Prozent. Sie erbringt aktuell rund eine Milliarde Euro Einnahmen pro Jahr für den Bundeshaushalt.

Eine Befreiung des fair gehandelten Kaffees von der Kaffeesteuer könnte seine Marktposition erheblich stärken. Die Höhe des Steueranteils am Endpreis beträgt einen Gutteil der Höhe des Preisnachteils, den der fair gehandelte Kaffee eben aufgrund seiner für die Ursprungsproduzenten sozial gerechteren Preisstruktur gegenüber dem konventionell gehandelten Kaffee hat. Aus Umfragen ist bekannt, dass rund zwei Drittel aller Verbraucher sich für eine Stärkung des fairen Handels aussprechen. Daher wäre eine durch die Befreiung von der Kaffeesteuer vorgenommene Förderung des fair gehandelten Kaffees neben verstärkter Werbung und Aufklärung ein wirksames Instrument zur Stärkung dieser Produkte.

Entsprechende Regelungen für bestimmte, klar und nachprüfbar abgegrenzte und zertifizierte Produktgruppen sind steuerrechtlich möglich und - zum Beispiel bei Biokraftstoffen - auch bereits angewandt worden.