Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2008 zur Verteidigung der Rechte des Europäischen Parlaments vor nationalen Gerichten (2007/2205(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 115580 - vom 5. August 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 8. Juli 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament keine Rechtspersönlichkeit besitzt und deshalb beim Schutz seiner Rechte vor nationalen Gerichten häufig auf Probleme stößt, die mit seiner spezifischen Natur zusammenhängen,

B. in der Erwägung, dass das Parlament das Initiativrecht der Kommission respektiert, jedoch gemäß Artikel 192 EG-Vertrag auf seinem Recht besteht, die Kommission aufzufordern, Legislativvorschläge einzubringen,

C. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in diesem Zusammenhang über eine Reihe von im Vertrag vorgesehenen Abhilfemöglichkeiten verfügt, die ihm den Schutz seiner Rechte gegenüber den anderen Gemeinschaftsorganen garantieren, wie das Einreichen von Untätigkeitsklagen (Artikel 232 EG-Vertrag) und Nichtigkeitsklagen gegen Rechtsakte der Gemeinschaft (Artikel 230 EG-Vertrag),

D. in der Erwägung, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Verantwortlichkeit eines Mitgliedstaats besteht, wenn gegen aus dem Vertrag erwachsende Verpflichtungen verstoßen wird, unabhängig davon, welches Staatsorgan durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat, selbst wenn es sich um ein verfassungsmäßig unabhängiges Organ handelt1,

E. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament dennoch nicht über die gleichen Rechtsinstrumente zum Schutz seiner Rechte vor nationalen Gerichten verfügt, insbesondere wenn auf nationaler Ebene ein Urteil gefällt wird, das diese Rechte verletzt, da es weder an nationalen Gerichtsverfahren teilnehmen noch zur Verteidigung seiner Entscheidungen unmittelbar den Gerichtshof anrufen kann,

F. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament auch nicht die Möglichkeit hat, als Ultima Ratio ein Vertragsverletzungsverfahren (nach Artikel 226 EG-Vertrag) gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, da dieses Recht der Kommission vorbehalten ist,

G. in der Erwägung, dass das Fehlen angemessener Instrumente zur wirksamen Verteidigung der eigenen Entscheidungen die Effektivität des Europäischen Parlaments als politisches und legislatives Organ behindern kann,

H. in der Erwägung, dass das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen und Einrichtungen der Europäischen Union sowie das Prinzip einer guten Verwaltung es erforderlich machen, dass die Tätigkeit der Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen durch Transparenz und Verständlichkeit gekennzeichnet ist, damit die Gründe, welche zur Annahme oder Ablehnung einer bestimmten Maßnahme führen, offenkundig werden,

I. in der Erwägung, dass es zur Behebung der oben genannten Probleme angebracht wäre, eine Verstärkung der Mittel zum Schutz der parlamentarischen Rechte nicht etwa durch eine Änderung des EG-Vertrags herbeizuführen, sondern indem versucht wird, aus der Erfahrung der nationalen Parlamente auf geeignete Abhilfemaßnahmen zu schließen, die den spezifischen Bedürfnissen des Europäischen Parlaments gerecht werden,

J. in der Erwägung, dass die Ergebnisse der zu diesem Zweck anhand eines breiten Querschnitts von Mitgliedstaaten durchgeführten Studie deutlich zeigen, dass ein Großteil der nationalen Rechtsordnungen den jeweiligen nationalen Parlamenten Rechtsmittel an die Hand gibt, mit denen nicht nur die Verteidigung der Interessen des Parlaments als Ganzem, sondern auch jedes einzelnen Mitglieds gewährleistet sein soll,

K. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 10 EG-Vertrag dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet sind und dass sie - nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs - darüber hinaus verpflichtet sind, "ein System von Rechtsbehelfen und Verfahren vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann"2,

L. in der Erwägung, dass es angemessen wäre, dem Europäischen Parlament, wenn nicht die gleichen, so doch zumindest solche Instrumente zum Schutz der eigenen Rechte vor Gericht - sei es vor dem Gerichtshof oder vor nationalen Gerichten - an die Hand zu geben, die denjenigen entsprechen, welche in den nationalen Rechtsordnungen für die jeweiligen nationalen Parlamente vorgesehen sind,