Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

G. Gender Mainstreaming

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 29. August 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 10.10.08

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S.706) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens vom 20. Juli 1988 (BGBl. 1988 II S. 630) wird wie folgt geändert:

Artikel 3

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung des Entwurfs

Das Bereitstellen von öffentlichem Parkraum für bestimmte Personengruppen ist nach dem Straßenverkehrsrecht nur unter engen Voraussetzungen möglich. So können derzeit nach dem Straßenverkehrsgesetz (gefahr.gut/strassestvg_ges.htm ) und der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) lediglich für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel ("Bewohnerparken") sowie für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und blinde Menschen ("Behindertenparkplätze") bestimmte Parkplätze reserviert werden.

Der Bundesverband Contergangeschädigter e.V. hat im Oktober 2007 einen Forderungskatalog aufgestellt in dem u.a. die Benutzung von Behindertenparkplätzen auch für contergangeschädigte Menschen gefordert wird. Bislang konnte diese Personengruppe Behindertenparkplätze nicht nutzen, da aus medizinischer Sicht keine Behinderung vorliegt, die als eine außergewöhnliche Gehbehinderung angesehen werden kann. Contergangeschädigte Menschen ohne Arme müssen aber das Fehlen der Hände durch die Füße ausgleichen, was zu einer verstärkten Beanspruchung der Gelenke führt. Der Ausgleich der Handfunktion durch die Füße verlangt eine besondere Schonung derselben, z.B. durch das Vermeiden längerer Wegstrecken. Die Bedürfnisse sind nachvollziehbar und auch auf Grund der relativ geringen Anzahl der Betroffenen (weniger als 3 000) aus verkehrlicher Sicht vertretbar.

Aus Gründen der Gleichbehandlung sollen auch andere schwerbehinderte Menschen ohne Arme oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen, die nicht zu den contergangeschädigten Menschen gehören, diesen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen können.

Deshalb wird die Gruppe der Berechtigten, die Behindertenparkplätze nutzen dürfen, um schwerbehinderte Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen erweitert. Personen mit beidseitiger Amelie fehlen beide Arme. Bei Personen mit beidseitiger Phokomelie setzen die Hände oder Füße unmittelbar am Rumpf an. Diese Formulierung stellt nicht ursachenbezogen auf eine Conterganschädigung ab, sondern vielmehr auf die körperliche Einschränkung.

Durch Einfügung einer Bekanntmachungserlaubnis in das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens kann dem dringenden Wunsch aller Beteiligten Rechnung getragen werden, die sich aus notwendigen Anpassungen des technischen Regelwerks ergebenden regelmäßigen Änderungen in eine verbindliche und lesbare Form umzusetzen. Dabei erfolgt gleichzeitig eine Anpassung an zwischenzeitlich erfolgte Änderungen der Behördenbezeichnung und Zuständigkeiten.

II. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 22 (Straßenverkehr) Grundgesetz (allgemeigg_ges.htm ). Die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 GG für eine bundesgesetzliche Regelung sind erfüllt. Die Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erfordert, dass die Beschränkung des Haltens und Parkens zugunsten bestimmter Personengruppen einheitlich geregelt wird. Die Beschränkung des Haltens und Parkens zugunsten von Kfz schwerbehinderter Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen stellt lediglich eine Ergänzung von bereits durch Bundesgesetz getroffenen Regelungen dar.

Hinsichtlich der Änderungen bezüglich des Vertragsgesetzes zum ATP handelt es sich um eine Änderung eines Bundesgesetzes im Sinne des Artikels 59 Abs. 2 Satz 1 GG.

III. Kosten, Auswirkungen auf das Preisgefüge

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Dem Bundeshaushalt entstehen keine Mehrkosten. Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Gemeinden sind nicht ersichtlich.

2. Haushaltsausgaben mit Vollzugsaufwand

Das Gesetz löst für Bund, Länder und Kommunen keine Ausgaben mit Vollzugsaufwand aus.

IV. Sonstige Kosten

Sonstige Kosten sind nicht ersichtlich. Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, entstehen durch die Änderung des StVG nicht, denn durch die Änderung des StVG wird lediglich die Ermächtigungsgrundlage für Änderungen in der StVO und der VwV-StVO geschaffen. Kosten für die Wirtschaft ergeben sich nicht. Auswirkungen auf Einzelpreise sowie das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

V. Bürokratiekosten

Informationspflichten entstehen weder für die Unternehmen noch für die Bürger oder die Verwaltung; es werden auch keine Informationspflichten vereinfacht oder abgeschafft.

Durch die Änderung des StVG wird lediglich die Ermächtigungsgrundlage für Änderungen in der StVO und der VwV-StVO geschaffen (vgl. III. Sonstige Kosten).

VI. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Gleichstellungspolitische Auswirkungen der Regelungen sind nicht gegeben. Das Gesetz bietet keine Grundlage für verdeckte Benachteiligungen, Beteiligungsdefizite oder die Verfestigung tradierter Rollen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 6 Abs. 1a Nr. 14)

Eine Änderung ist notwendig, da genauso wie bei den bislang in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG genannten Personengruppen eine Einschränkung des Gemeingebrauchs von öffentlichem Verkehrsraum vorgenommen werden soll. Diese Einschränkung können die zuständigen Landesbehörden jedoch nur auf Grundlage der Straßenverkehrs-Ordnung und der diese begleitenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vornehmen.

Die beabsichtigte Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung und der Verwaltungsvorschrift muss sich aber im Rahmen des ermächtigenden Gesetzes, hier des Straßenverkehrsgesetzes, halten. Das Straßenverkehrsgesetz lässt bislang eine Privilegierung beim Parken aber nur für Bewohner sowie schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und blinde Menschen zu.

Der Berechtigtenkreis wird um schwerbehinderte Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen erweitert. Menschen mit beidseitiger Amelie fehlen beide Arme; bei Menschen mit beidseitiger Phokomelie setzen die Hände (oder Füße) unmittelbar am Rumpf an. Diese Erweiterung ist gerechtfertigt, weil sie das Fehlen der Hände bzw. Arme durch die Füße ausgleichen, was zu einer verstärkten Beanspruchung der Gelenke führt. Der Ausgleich der Handfunktionen durch die Füße verlangt eine besondere Schonung derselben, z.B. durch das Vermeiden längerer Wegstrecken. Das Parken auf den Behindertenparkplätzen ist daher geeignet, erhebliche Erleichterungen zu verschaffen. In Anbetracht der geringen Zahl schwerbehinderter Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen kann ausgeschlossen werden dass der Berechtigtenkreis unangemessen ausgeweitet wird.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 66)

Rechtsverordnungen nach dem Straßenverkehrsgesetz sollten grundsätzlich auch im elektronischen Bundesanzeiger und damit beschleunigt verkündet werden können, um flexibel auf aktuelle Anforderungen reagieren zu können.

Zu Artikel 2 Nr. 1:

Folgeänderung von zwischenzeitlich erfolgten Änderungen der Behördenbezeichnung und Zuständigkeitsanpassungen.

Zu Artikel 2 Nr. 2:

Änderungen des Übereinkommens sowie seiner Anlagen werden innerstaatlich nach Maßgabe der gesetzlich bestimmten Voraussetzungen durch Ministerverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in Kraft gesetzt, jedoch nur in Form der jeweiligen Änderungsbefehle, nicht aber im Wege einer konsolidierten Neufassung. Da aufgrund der zahlreichen Änderungen der Text nur noch schwer lesbar ist, soll die Möglichkeit eröffnet werden, den Wortlaut des Übereinkommens in einer konsolidierten Fassung bekanntzumachen soweit eine Rechtsverordnung zur Änderung des Übereinkommens in Kraft getreten ist.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 652:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und zur Änderung der Anlagen 1 und 3 des ATP-Übereinkommens

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o.g. Gesetzes auf Bürokratiekosten geprüft die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter