Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entschließung des Bundesrates zur eigenständigen gesetzlichen Ausgestaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes

Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 11. September 2008

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

die rheinlandpfälzische Landesregierung hat beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage mit Begründung beigefügten


einzubringen.
Ich bitte Sie, diesen Entschließungsantrag gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008 aufzunehmen und eine sofortige Entscheidung in der Sache herbeizuführen.


Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Entschließung des Bundesrates zur eigenständigen gesetzlichen Ausgestaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, angesichts der Vorfälle von Arbeitnehmerüberwachung in Unternehmen und angesichts der für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer unübersichtlichen Gesetzeslage einen Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz vorzulegen. Dieser soll die Grenzen zulässiger Datenerhebung, -verarbeitung und -verwendung klar definieren und für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen.

Begründung

Fortlaufend werden Informationen zum Beschäftigtenverhalten aus Internet-, E-Mail- oder Telefondaten, PC-Arbeiten, Zeiterfassungen, Navigationssystemen, Chipkarten oder Kamerabeobachtungen registriert. Hinzu kommen Dokumentationen von ärztlichen Untersuchungen, biometrischen- oder motosensorischen Aufnahmen. Diese Informationen zu sammeln und auszuwerten bereitet technisch keine nennenswerten Schwierigkeiten. Die benötigten Hilfsmittel sind ebenso marktgängig wie erschwinglich.

Wenig Unterschied macht es auch, ob Informationen gezielt oder eher zufällig entgegengenommen werden.

In der jüngsten Vergangenheit sind wiederholt Fälle von Arbeitnehmerüberwachung offenkundig geworden, die eklatant die Würde von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern missachtet haben und gegen die informationelle Selbstbestimmung verstoßen haben. Neben der Willkür des Arbeitgebers, die Beschäftigten in unzulässiger Weise zu überwachen und über ihre Arbeitsleistung hinaus zu kontrollieren, spielt die Unwissenheit über bestehende gesetzliche Regelungen und über die Rechtsprechung eine große Rolle. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen ihre Rechte und die Grenzen des Umfangs und der Verwendung von Arbeitnehmerdaten kennen. Dieses ist nur mit einem übersichtlichen, zusammenfassenden Gesetz zu gewährleisten.

Auch die Beauftragten des Bundes und der Länder für Datenschutz fordern den Entwurf eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes.

Die bestehenden Regeln zum Datenschutz in Arbeitsverhältnissen sind unzulänglich.

Auf Bundes- und EU-Ebene sind hierzu nur vereinzelt begleitende Regelungen ergangen.

Die arbeitsrechtliche Praxis orientiert sich überwiegend an Normen, die - bis auf wenige Ausnahmen - nicht speziell auf die Interessenlagen im Arbeitsverhältnis zugeschnitten sind. Innerbetriebliche Regelungen zwischen Arbeitgebern und Interessenvertretungen der Beschäftigten schaffen keine vollständige Abhilfe. Teils gibt es in Betrieben keine Beschäftigtenvertretung. Teils verstehen sich die abgeschlossenen Vereinbarungen eher als anlassbezogene Klärung von Detailfragen.

Eine praktikable, verständliche Gesetzesregelung zum Arbeitnehmerdatenschutz muss die Prinzipien der Transparenz, der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, der legitimen Zweckbindung wie auch der Datensparsamkeit und Datensicherheit berücksichtigen.

Kernelement eines effektiven Arbeitnehmerdatenschutzes muss die sachgerechte Begrenzung der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten sein mit strengen Zweckbindungs-und Verwertbarkeitsregelungen. Ebenso grundlegend ist die Achtung der grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte. Weiterhin ist an eine Stärkung der institutionellen Rechte von betrieblicher Interessenvertretung und Betriebsbeauftragten für Datenschutz zu denken, sind die modernen Kommunikations- und Auswertungstechniken in einen Gesetzesvorschlag aufzunehmen wie auch zureichende Informations-, Kontroll- und Sanktionsregelungen einzuführen.