Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden

Der Bundesrat hat in seiner 827. Sitzung am 3. November 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 1 USchadG)

In Artikel 1 ist § 1 nach der Überschrift wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die wesentliche Aussage des § 1, dass weiter gehende Anforderungen im Bundesund Landesrecht an die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden unberührt bleiben sollen, wird auch mit o. a. Formulierung prägnant wiedergeben. Die schwer verständliche Fassung des bisherigen Satzes 1 ("nicht näher bestimmen oder ... nicht entsprechen") ist nicht erforderlich, und zwar weder als Hinweis auf einen etwaigen Rahmencharakter des Gesetzes, noch als Vorrangregelung. Soweit Bundes- oder Landesrecht konkretisierende Vorschriften über Vermeidung oder Sanierung von Umweltschäden enthalten, dürfte sich die Frage des Vorrangs dieser Vorschriften schon nach allgemeinen Auslegungsregeln beantworten.

§ 1 regelt in einem als abschließend zu verstehenden Sinne das Verhältnis der Vorschriften des Gesetzentwurfs zu anderen Bundes- oder Landesgesetzen. Die gewählte Formulierung erweckt den Eindruck, als wolle die Vorschrift auch als lex specialis gegenüber den allgemeinen ordnungsbehördlichen und polizeilichen Befugnissen gelten. Dadurch könnte es in der Praxis der Gefahrenabwehr zu erheblicher Rechtsunsicherheit kommen. Dies insbesondere hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den Regelungen des Entwurfs (z.B. §§ 4 bis 8) um Spezialregelungen mit abschließender Wirkung handelt und damit ein (ergänzender) Rückgriff auf die allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse ausgeschlossen ist. Es müsste insofern auch zukünftig möglich sein, die bestehenden Handlungsmöglichkeiten zu nutzen. Es bedarf daher der Klarstellung.

2. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 1 USchadG)

Die Definition des Schadensbegriffs in § 2 Nr. 1 USchadG-E ist zu präzisieren. Zwar ist nach dem Sinn des Entwurfs nicht jede nachteilige Veränderung ein Umweltschaden, jedoch steht nicht fest, ob zur weiteren Präzisierung des Begriffs auf die Grenzwerte der Erheblichkeitsschwellen für Arten nach der FFH-Richtlinie zurückgegriffen werden kann bzw. soll. Eine derartige Erheblichkeitsschwelle von 1 % ist für die Forstwirtschaft nicht sachgerecht. Dort besteht das Grundprinzip, im Rahmen der Holznutzung nachhaltigen Lebensraum für geschützte Arten zur Verfügung zu stellen, aber schon allein durch Witterungseinflüsse variieren diese im Jahresbestand um 20 bis 50 %.

3. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 1 Buchstabe c USchadG)

In Artikel 1 sind in § 2 Nr. 1 Buchstabe c die Wörter "Gefahren für die menschliche Gesundheit" durch die Wörter "die ein erhebliches Risiko einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit" zu ersetzen.

Begründung:

Die Formulierung des Umweltschadensgesetzes soll stärker an den Wortlaut der EU-Richtlinie angeglichen werden. Gleichzeitig soll die 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinie gewährleistet werden. Die Definitionen der EU-Richtlinie zum Begriff "Umweltschaden" - Artikel 2 Nr. 1 - enthalten hinsichtlich der Schutzgüter Arten und Lebensräume, Gewässer und Boden jeweils den Begriff erheblich. Der Begriff "erheblich" beschreibt die Qualität nachteiliger Auswirkungen bei Arten/Lebensräumen und Gewässern bzw. des Risikos einer Beeinträchtigung bei Bodenschädigungen. Die dem Wort "erheblich" immanente Einschränkung wird hinsichtlich der Schutzgüter Arten, Lebensräume und Gewässer zwar nicht in § 2 USchadG im Rahmen der Definitionen aufgegriffen, findet sich aber in den neu zu schaffenden § 22a Abs. 1 WHG und in § 21a Abs. 1 BNatSchG. Bezüglich des Bodens fehlt eine vergleichbare Regelung. Insbesondere kann - wie zutreffend in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt - insoweit nicht auf das Bundes-Bodenschutzgesetz verwiesen werden, weil die von der EU-Richtlinie vorgesehene Verknüpfung zu Risiken für die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit nicht enthalten ist. Der vom Gesetzentwurf in § 2 Nr. 1 Buchstabe c verwendete Begriff "Gefahren" geht über erhebliche Risiken einer Beeinträchtigung hinaus und soll deshalb richtlinienkonform ersetzt werden.

4. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 2 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 2 Nr. 2 die Wörter "Schaden oder" zu streichen.

Begründung:

Mit der Änderung soll für die Verwaltungspraxis eine bereits durch die Richtlinie geschaffene Unklarheit beseitigt werden. Es ist nicht eindeutig, wie sich der Begriff des "Umweltschadens" in Nummer 1 zu dem Begriff des "Schadens" in Nummer 2 verhält, wie das Verhältnis der Definitionen nach Nummer 1 und Nummer 2 zu verstehen ist.

Sinnvoll ist folgendes Verständnis: Nummer 1 definiert den Umweltschaden durch Schädigungen von Arten und natürlichen Lebensräumen, von Gewässern und des Bodens. In Nummer 2 wird der Begriff der Schädigung weiter erläutert, z.B. hinsichtlich der Kausalität.

Die vorgeschlagene Änderung verfolgt das Ziel, dieses Verständnis eindeutig zu regeln.

5. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 2 USchadG)

In Artikel 1 ist in § 2 Nr. 2 nach dem Wort "feststellbare" das Wort "erhebliche" einzufügen.

Begründung:

In Artikel 2 Nr. 1 Buchstabe a bis c Richtlinie 2004/35/EG wird der Begriff des Umweltschadens dahingehend definiert, dass "erhebliche nachteilige Auswirkungen" eintreten müssen, um den Tatbestand zu erfüllen. Die Voraussetzung der Erheblichkeit enthalten § 2 Nr. 1 Buchstabe a bis c und Nr. 2 USchadG nicht. Stattdessen wird dieses Tatbestandsmerkmal in § 22a Abs. 1 WHG (Artikel 2 Nr. 2) und § 21a Abs. 1 BNatSchG (Artikel 3 Nr. 4) eingefügt. Zur Vermeidung von Missverständnissen wird vorgeschlagen, das Tatbestandsmerkmal "erhebliche" auch in § 2 Nr. 2 aufzunehmen. Da § 2 Nr. 2 den in § 2 Nr. 1 Buchstabe a bis c verwendeten Begriff der "Schädigung" definiert, ist die Erheblichkeit somit auch Voraussetzung für einen Umweltschaden im Sinne des § 2 Nr. 1.

6. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 3 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 2 Nr. 3 die Wörter "und dadurch unmittelbar einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens verursacht hat" durch die Wörter "und dadurch einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens im polizeirechtlichen Sinn verursacht hat" zu ersetzen.

Begründung:

Mit dem Änderungsvorschlag soll auf den im Polizei- und Ordnungsrecht geltenden Verursachungsbegriff und damit die dort geltenden Prinzipien zur Heranziehung Verantwortlicher (so genannter "Störer") verwiesen werden. Dies führt zu einer eindeutigen Begriffsdefinition.

7. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 6 USchadG)

In Artikel 1 ist § 2 Nr. 6 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2004/35 EG des EU-Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 sollen 1:1 in das Umweltschadensgesetz übernommen werden. Die Richtlinie spricht dann von Vermeidungsmaßnahmen, wenn ein Ereignis, eine Handlung oder eine Unterlassung die unmittelbare Gefahr eines Umweltschadens verursacht hat.

8. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 8 USchadG)

In Artikel 1 ist § 2 Nr. 8 wie folgt zu fassen:

Folgeänderung:

In Artikel 1 sind in § 9 Abs. 1 Satz 2 die Wörter "des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. EU (Nr. ) L 143, S. 56)" zu streichen.

Begründung:

In Anhang II der Umwelthaftungsrichtlinie sind mögliche Sanierungsmaßnahmen beschrieben. In den Artikeln 2 und 3 des Gesetzentwurfs ist bei den fachgesetzlichen Änderungen jeweils eine Bezugnahme auf den Anhang II der Richtlinie 2004/35/EG für die Beurteilung der erforderlichen Maßnahmen zur Sanierung von Schädigungen des Wassers bzw. der natürlichen Lebensräume und Arten vorgesehen. Dieser Hinweis sollte auch in der allgemeinen Definition der Sanierungsmaßnahme enthalten sein, um eine eindeutige Umsetzung der Richtlinie sicherzustellen.

9. Zu Artikel 1 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 3 Abs. 1 Nr. 2 nach dem Wort "Lebensräumen" die Wörter "im Sinn des § 21a Abs. 2 und 3 des Bundesnaturschutzgesetzes" einzufügen.

Begründung:

Klarstellung durch Verweisung auf die Definition in § 21a BNatSchG. Nach § 21a Abs. 2 und 3 BNatSchG soll dies nur für bestimmte Arten und natürliche Lebensräume gelten.

10. Zu Artikel 1 (§ 3 Abs. 4a - neu - USchadG)

In Artikel 1 ist in § 3 nach Absatz 4 folgender Absatz 4a einzufügen:

Begründung:

Gemäß Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2004/35/EG sollen ausschließlich Ansprüche im nichtprivaten Bereich geregelt werden. Der Regelungsbereich des Gesetzes ist hierauf zu begrenzen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich geschützte Flächen auch im Privateigentum befinden können und deshalb nicht per se ausgeschlossen werden dürfen.

11. Zu Artikel 1 (§ 3 Abs. 5 Satz 2 - neu - USchadG)

In Artikel 1 ist dem § 3 Abs. 5 folgender Satz anzufügen:

Begründung:

Bei der Beseitigung von Fundmunition aus den beiden Weltkriegen usw. können ggf. auch Schäden für die Umwelt im Sinne der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden entstehen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen z.B. Bombenblindgänger gesprengt werden müssen, weil sie nicht entzündet werden können und nicht transportsicher sind. Die Beseitigung von Fundmunition trägt neben der Abwehr von Gefahren für höchste Rechtsgüter auch dazu bei, Umweltschäden oder Bodenbelastungen zu verhindern.

Aus den o.a. Gründen enthalten z.B. das Bundes-Bodenschutzgesetz und das Sprengstoffgesetz besondere Regelungen hinsichtlich der Beseitigung bzw. des Umgangs mit Fundmunition.

Eine entsprechende Regelung ist ebenso in das Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umweltschadensgesetz) aufzunehmen, damit auch zukünftig eine sachgerechte Kampfmittelbeseitigung erfolgen kann.

12. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 USchadG)

In Artikel 1 ist § 7 Abs. 2 Nr. 1 wie folgt zu fassen:

Begründung:

In § 7 Abs. 2 Nr. 1 USchadG-E sollte klargestellt werden, dass der Verantwortliche nur ihm tatsächlich vorliegende Informationen vorzulegen hat.

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 USchadG-E soll der Betreiber der Behörde alle erforderlichen Informationen über eine unmittelbare Gefahr oder einen eingetretenen Schaden vorlegen. Eine derartige Verpflichtung sollte dem Betreiber nur auferlegt werden, wenn ihm diese Informationen tatsächlich vorliegen bzw. er diese ohne großen Aufwand selbst feststellen kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass dem Betreiber umfangreiche Informationspflichten auferlegt werden, die er sich nur unter Einsatz externen Sachverstandes und erheblichen Kosten beschaffen kann. Es muss ausgeschlossen werden, dass das Unternehmen umfangreiche und kostenintensive Sachverständigengutachten einzureichen hat.

13. Zu Artikel 1 (§ 8 Abs. 4 Satz 1, Satz 3 - neu - USchadG)

In Artikel 1 ist § 8 Abs. 4 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nicht die Antragsberechtigten nach § 10 USchadG-E, sondern diejenigen, die tatsächlich einen begründeten Antrag gestellt haben, sind zu unterrichten. Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie 2004/35/EG differenziert hinsichtlich der Beteiligungspflicht zwischen prinzipiell antragsbefugten Personen und den Eigentümern betroffener Grundstücke (diese sind in jedem Fall zu beteiligen) und eröffnet damit einen Umsetzungsspielraum. Mit dieser Regelung wird keine Einschränkung der nach materiellem Recht bestehenden Pflichten zur Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt. Nur wenn für eine Maßnahme nach materiellem Recht keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, soll der zu beteiligende Kreis auf die Antragsteller und betroffenen Grundstückseigentümer eingeschränkt werden.

Die Frist zur Stellungnahme sollte der bei anderen Öffentlichkeitsbeteiligungen angeglichen werden, zumal die zu Unterrichtenden durch ihren begründeten Antrag bereits mit dem Vorgang vertraut sind. Um einen Schaden schnell abwenden zu können, muss die Möglichkeit der sofortigen Handlung ohne Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben sein.

14. Zu Artikel 1 (§ 10 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 10 die Wörter "nach diesem Gesetz tätig," durch die Wörter "nach diesem Gesetz von Amts wegen tätig oder" zu ersetzen.

Begründung:

Bei der bisher im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Fassung des § 10 wird dessen Verhältnis zu § 7 nicht deutlich. Mit der derzeitigen Formulierung wird sprachlich der Eindruck erweckt, dass die Behörde im Hinblick auf die Durchsetzung der Sanierungspflichten ausschließlich dann tätig werden kann, wenn dies von den genannten Antragsberechtigten beantragt wird. Dies widerspricht jedoch der Anordnungsbefugnis nach § 7 und den Grundsätzen des Vollstreckungsrechts. Insoweit wird an dieser Stelle eine Klarstellung für erforderlich gehalten, dass die Behörde sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen tätig werden kann.

15. Zu Artikel 1 (§ 11 Abs. 1 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 11 Abs. 1 die Wörter "zu begründen und" zu streichen.

Begründung:

Die Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten ergibt sich bereits aus § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und den entsprechenden Vorschriften der Länder. Es besteht deshalb keine Notwendigkeit für die in § 11 Abs. 1 USchadG vorgesehene Regelung.

Die Schaffung solcher verfahrensrechtlichen Regelungen in Fachgesetzen, die lediglich den Inhalt von Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts wiederholen und diese dadurch ohne Not verdrängen, widerspricht den Bestrebungen zur Rechtsvereinfachung und Vermeidung überflüssiger Regelungen.

16. Zu Artikel 1 (§ 12 USchadG)

In Artikel 1 ist § 12 zu streichen.

Begründung:

§ 12 USchadG-E enthält eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zum Erlass einer Deckungsvorsorgeverordnung. Die Umwelthaftungsrichtlinie fordert keine derartige Regelung. Der in Brüssel gefundene Kompromiss zur Deckungsvorsorge sieht in Artikel 14 Abs. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie vor, dass die EU-Kommission im April 2010 die Situation der finanziellen Sicherungssysteme ergebnisoffen prüfen und erst dann neu über die Einführung einer Deckungsvorsorgeverpflichtung entscheiden soll. Der Bundesgesetzgeber sollte diesem Entscheidungsprozess nicht durch Einführung einer (vorsorglichen) Verordnungsermächtigung vorgreifen.

Weder jetzt noch zu einem späteren Zeitpunkt ist die Einführung einer Deckungsvorsorgepflicht geeignet, die Entwicklung von bislang in ganz Europa nicht vorhandenen Möglichkeiten zur Versicherung der neuen Umwelthaftung zu fördern. Im Gegenteil: Die Entwicklung geeigneter Versicherungslösungen kann ohne entsprechende Erfahrungswerte seitens der Versicherer nur schrittweise erfolgen, und sie braucht außer klaren Haftungsgrundlagen, die derzeit noch nicht vorliegen, insbesondere auch Zeit. Die Einführung einer Deckungsvorsorgepflicht würde die Entwicklung eines Versicherungsmarktes für Umweltrisiken erheblich behindern und eine Absicherung gegen diese neuen Haftungsrisiken extrem erschweren. Der Gesetzgeber sollte daher zum jetzigen Zeitpunkt jeden Eindruck vermeiden, es werde grundsätzlich erwogen, in Deutschland eine Deckungsvorsorgepflicht einzuführen.

17. Zu Artikel 1 (§ 12 USchadG)

Der Bundesrat begrüßt, dass die EU-Kommission beabsichtigt, im Jahr 2010 ihre Ergebnisse zu Überlegungen im Hinblick auf Vorschriften für eine ggf. EU-weit einzuführende Deckungsvorsorge vorzulegen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, für den Fall, dass die EU-Kommission beim Komplex Deckungsvorsorge aktiv wird, diese Diskussion dann offen zu führen.

18. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 1 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 14 Abs. 1 die Wörter "vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes" durch die Wörter "vor dem 30. April 2007" zu ersetzen.

Begründung:

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass das Gesetz nicht für Emissionen, Ereignisse oder Vorfälle gilt, die spätestens bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist erfolgt sind. Zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 30. April 2007 wird das Gesetz nicht in Kraft getreten sein, da dies erst sechs Monate nach der Bekanntgabe erfolgt (Artikel 4). Deswegen muss das Datum "30. April 2007" eingesetzt werden.

Für Emissionen, Ereignisse oder Vorfälle, die zwischen dem 30. April 2007 und dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen, handelt es sich schon deswegen nicht um eine unerlaubte Rückwirkung, weil damit zu rechnen ist, dass das Gesetz bis zum 30. April 2007 verkündet sein wird und deswegen mit der Regelung gerechnet werden musste, somit kein Vertrauensschutz besteht.

19. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 1 USchadG)

In Artikel 1 sind in § 14 Abs. 1 die Wörter "berufliche Tätigkeit" durch die Wörter "spezielle Tätigkeit" zu ersetzen.

Begründung:

Der Vorschlag zielt auf eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie 2004/35/EG ab. Die Übergangsvorschrift in § 14 Abs. 1 USchadG-E kann gegenüber den Vorgaben der Richtlinie missverständlich gedeutet werden, da der Begriff der beruflichen Tätigkeit definiert ist und weiter reicht als eine "spezielle Tätigkeit". Sofern eine Schädigung nicht auf ein einzelnes Ereignis, sondern auf eine langjährige, fortgeführte berufliche Tätigkeit (Allmählichkeitsschaden u. ä.) zurückzuführen ist, würde eine Haftung auch für Handlungen gelten, die vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgten, sich aber jetzt als Schaden zeigen. Voraussetzung für eine Haftung wäre lediglich, dass die berufliche Tätigkeit im Allgemeinen fortgeführt wurde.

20. Zu Artikel 1 (Anlage 1 Nr. 3, 4, 5 und 6 (zu § 3 Abs. 1 USchadG))

In Artikel 1 ist Anlage 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Nummern 3 bis 6 der Anlage 1 zum USchadG setzen die Nummern 3 bis 6 des Anhangs III der EU-Umwelthaftungsrichtlinie um. Dabei wird bei sämtlichen wasserbezogenen Tätigkeiten nicht der Text der Umwelthaftungsrichtlinie übernommen, sondern direkt auf die im WHG enthaltenen Vorschriften, die der Umsetzung der in der Umwelthaftungsrichtlinie zitierten weiteren EU-Richtlinie dienen, verwiesen. Die Verweise bedürfen der Korrektur, weil der jeweils zitierte § 3 in den Nummern 3, 4, 5 und 6 nicht das Erfordernis einer Erlaubnis oder Bewilligung regelt, sondern Benutzungen im Sinne des WHG definiert.

Das Erfordernis einer Erlaubnis oder Bewilligung beruht auf § 2 Abs. 1 WHG.

Dementsprechende Korrekturen enthalten die obigen Änderungsvorschläge unter Buchstabe a bis c. Der Änderungsvorschlag unter Buchstabe d formuliert Nummer 6 der Anlage 1 um, wobei bezüglich der Benutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 WHG auf Erlaubnis oder Bewilligung gemäß § 2 Abs. 1 WHG verwiesen wird. Getrennt davon sind die Ausbauten nach § 31 Abs. 2 oder 3 WHG zu behandeln, die der Planfeststellung oder Plangenehmigung bedürfen. Diese Begriffe sollten auch verwendet werden. Der im Gesetzentwurf verwendete Begriff "Zulassung" entspricht nicht der Terminologie des WHG und kann unnötige Interpretationsfragen aufwerfen.

21. Zu Artikel 2 Nr. 01 - neu - (Inhaltübersicht zum WHG)

In Artikel 2 ist vor Nummer 1 folgende Nummer 01 einzufügen:

Begründung:

Der neu zu schaffende § 22a muss in das Inhaltsverzeichnis des WHG aufgenommen werden.

22. Zu Artikel 3 Nr. 3 (§ 21 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG)

In Artikel 3 Nr. 3 sind in § 21 Abs. 4 Satz 2 nach der Angabe "§ 19" die Wörter "oder entsprechendem Landesrecht" einzufügen.

Begründung:

Angleichung an den Wortlaut in § 21a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG-E. § 19 BNatSchG gilt nicht unmittelbar.

23. Zu Artikel 3 Nr. 4 (§ 21a Überschrift, Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 BNatSchG)

In Artikel 3 Nr. 4 ist § 21a wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In Artikel 1 ist in § 2 Nr. 1 Buchstabe a und in § 3 Abs. 1 Nr. 2 vor dem Wort "Arten" jeweils das Wort "geschützten" einzufügen.

Begründung:

Das Begriffspaar "Arten und natürliche Lebensräume" sollte durch "geschützte Arten und natürliche Lebensräume" ersetzt werden, um es an den Wortlaut der Richtlinie anzupassen.

Der Begriff "geschützt" bezieht sich sowohl auf Arten als auch auf Lebensräume, wie sich aus dem Wortlaut von Anhang II Nr. 1.1.3 der Umwelthaftungsrichtlinie ("geschützten natürlichen Lebensräume und Arten") ergibt.

24. Zu Artikel 3 Nr. 4 (§ 21a Abs. 1 Satz 2 BNatSchG)

In Artikel 3 Nr. 4 ist § 21a Abs. 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Abweichend von Satz 1 liegt eine Schädigung nicht vor bei zuvor ermittelten nachteiligen Auswirkungen von Tätigkeiten eines Verantwortlichen, die von der zuständigen Behörde nach §§ 34, 34a, 35 oder entsprechendem Landesrecht, nach § 43 Abs. 8 oder § 62 Abs. 1 genehmigt wurden oder, wenn eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist, die

Begründung:

Der Gesetzestext ist redaktionell verunglückt und entsprechend zu korrigieren. Die Einfügung "oder entsprechendem Landesrecht" dient der Angleichung an den Wortlaut in § 21a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG-E.

Die §§ 34, 34a, 35 BNatSchG gelten mit Ausnahme von § 35 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BNatSchG nicht unmittelbar.

25. Zu Artikel 3 Nr. 4 (§ 21a Abs. 1 Satz 3 - neu - BNatSchG)

In Artikel 3 Nr. 4 ist dem § 21a Abs. 1 folgender Satz anzufügen:

Begründung:

Die Richtlinie 2004/35/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 definiert in Anhang I Schädigungen, die als nicht erheblich eingestuft werden können. Die Verankerung dieser im EU-Recht zugelassenen Ausnahmen im nationalen Recht ist unentbehrlich.

26. Zu Artikel 3 Nr. 4 (§ 21a Abs. 2 und 3 BNatSchG)

In Artikel 3 Nr. 4 ist § 21a Abs. 2 und 3 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Aus dem Text der Umwelthaftungsrichtlinie selbst wird nicht klar, ob die natürlichen Lebensräume und Arten innerhalb der FFH- und EG-Vogelschutz-Richtlinie (Natura 2000-Richtlinien) gemeint sind. Bei einer systematischen Auslegung des Europarechts ist davon auszugehen, dass es sich nur um die natürlichen Lebensräume und Arten innerhalb der Natura 2000-Gebiete handeln kann. So ergibt sich z.B. aus dem dritten Erwägungsgrund der Umwelthaftungsrichtlinie eine Verflechtung der Umwelthaftungsrichtlinie mit den Natura 2000-Richtlinien. Die Natura 2000-Richtlinien sehen außerhalb der Natura 2000-Gebiete keine Schutzvorschriften für die Arten und Lebensraumtypen, für die Natura 2000-Gebiete ausgewiesen werden sollen, vor. Es wäre völlig systemwidrig, wenn die Haftung (nach dem Umweltschadensgesetz) weiter gehen würde als der Schutz (nach den Natura 2000-Richtlinien). Daher ist bei der Auslegung und Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie in nationales Recht auch der schutzgebietsbezogene Ansatz der Natura 2000-Richtlinien zu berücksichtigen.

27. Zu Artikel 3 Nr. 3 und 4 (§ 21 Abs. 4 und § 21a BNatSchG) Der Bundesrat stellt fest, dass die Regelungen der § 21 Abs. 4, § 21a BNatSchG-E hinsichtlich des Artenschutzrechts u.a. nicht den Anforderungen des EuGH-Urteils vom 10. Januar 2006 - C 98/03 - entsprechen.

Insbesondere schließen die baurechtlichen Entscheidungen nicht die artenschutzrechtlich erforderlichen Entscheidungen über Ausnahmen/Befreiungen der § 43 Abs. 8, § 62 BNatSchG (vgl. auch Beschluss des BVerwG vom 25. August 1997 - 4 NB 012/97 - und Urteil des BVerwG vom 11. Januar 2001 - 4 C. 6.00/OVG A 2 S 363/97 ) mit ein. Eine diesbezügliche Konzentrationswirkung besteht weder in Bezug auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, noch bezüglich der Zulassung von Plänen und Programmen auf der Grundlage der §§ 34 ff. BNatSchG.

Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Regelung zu schaffen, die mit dem EU-Recht vor dem Hintergrund der in Rede stehenden EuGH-Entscheidung zum Artenschutzrecht übereinstimmt.

28. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat stimmt der Bundesregierung zu, dass europäisches Recht im Sinne einer 1:1-Umsetzung in das deutsche Recht übertragen werden muss. Hierbei kann es bei einer rein wörtlichen Übertragung der europäischen Richtlinie in deutsches Recht zu einer nicht gewollten Verschärfung des Rechts führen, wenn bereits anderweitig materielle Regelungen vorhanden sind. So würden sich zum Beispiel Doppelregelungen zum Bodenschutzgesetz (§§ 7 ff. BBodG) ergeben, die zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen können. Hier insbesondere, weil in beiden Regelungen unterschiedliche Verpflichtete genannt werden. Auch ist der Schadensbegriff möglichst entsprechend der Richtlinie zu übernehmen, da im Gegensatz zu den einschlägigen deutschen Fachgesetzen es sich hier ausschließlich um "erhebliche" Schäden oder eine "erhebliche" Gefahr handeln soll.

Im Einzelnen regt der Bundesrat an, die Verzahnung zwischen den Fachgesetzen und dem Umweltschadensgesetz so auszugestalten, dass das Ziel des Gesetzes aus dem Wortlaut unmittelbar erkennbar wird. Es könnte daher sinnvoll sein, die jeweiligen Regelungen in den Fachgesetzen aufzuheben und allein in das Umweltschadensgesetz zu übertragen. Auch die umgekehrte Regelung ist denkbar, würde dann aber das Umweltschadensgesetz selber hinfällig machen. Ein solches, der Richtlinie entsprechendes, einheitliches und in sich abgeschlossenes Umweltschadensgesetz würde auch die geplante Übernahme in das erste Buch des künftigen Umweltgesetzbuches erleichtern.

Für die verfassungsrechtlich gebotene Gesetzesklarheit ist es notwendig, die Verweise auf die Anhänge der Richtlinie 2004/35/EG durch die Übernahme der Anhänge in das Gesetz zu ersetzen. Die vollständige wörtliche Übernahme ist hierbei allerdings problematisch, da die Anhänge auch Umsetzungsanregungen an die Mitgliedstaaten enthalten.

Es ist zu beachten, dass die Regelungen des Gesetzentwurfs zu erhöhtem Verwaltungs- und Vollzugsaufwand führen dürften; insofern sollte bei der Einführung neuer und zusätzlicher Instrumente besonders zurückhaltend vorgegangen werden. Maßstab soll bei der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie - wie anderenorts auch - das "Prinzip 1:1" sein.