Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und kostenrechtlicher Vorschriften

850. Sitzung des Bundesrates am 7. November 2008

A.

Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe c (§ 31 Abs. 3 BRAO)

Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe c ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Das Rechtsanwaltsverzeichnis soll Auskunft darüber geben, wer zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist und den Beruf ausüben darf. Neben Berufs- und Vertretungsverboten stellen auch Ausübungsverbote nach § 47 BRAO Einschränkungen der anwaltlichen Tätigkeitsbefugnis dar, die in gleicher Weise bekannt zu machen sind.

2. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BRAO)

Artikel 1 Nr. 13 § 36 Abs. 2 Satz 3 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Für die Vorbereitung eines Widerrufs der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls des Rechtsanwalts ist die Kenntnis der Rechtsanwaltskammer von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Rechtsanwälte sowie deren Ausgang unverzichtbar.

Die Finanzbehörden vertreten bezogen auf die Weitergabe von Informationen über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Rechtsanwälte wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge teilweise die Auffassung, das durch § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 1 SGB X geschützte Sozialgeheimnis stehe einer Übermittlung der entsprechenden Informationen entgegen.

Diese Auffassung ist nicht überzeugend, da die sozialrechtlichen Vorschriften in § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 1 SGB X Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nur schützen, wenn der Betriebs- oder Geschäftsinhaber oder ein Dritter an der Geheimhaltung ein sachlich begründetes Interesse hat. Ein solches Interesse des Rechtsanwalts besteht jedoch angesichts des zwingenden öffentlichen Interesses zum Schutz der Rechtsuchenden und damit der Verbraucher nicht.

Angesichts der Haltung der Finanzbehörden ist eine gesetzgeberische Klarstellung notwendig.

Eine solche Klarstellung wurde bereits mit der Ergänzung des § 36a Abs. 3 BRAO durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 358) hinsichtlich der Information über die Höhe rückständiger Steuerschulden von Rechtsanwälten vorgenommen. In § 36a Abs. 3 Satz 3 BRAO - jetzt § 36 Abs. 2 Satz 3 BRAO-E - ist entgegen § 30 der Abgabenordnung eine Information der Rechtsanwaltskammer über die Höhe rückständiger Steuerschulden zum Zweck der Vorbereitung und Prüfung eines Widerrufs der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorgesehen. Auch im Hinblick auf die Information der Rechtsanwaltskammer über rückständige Sozialversicherungsbeiträge sollte eine entsprechende Klarstellung in das Gesetz aufgenommen werden.

Soweit der Standpunkt eingenommen wird, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I i.V.m. § 67 Abs. 1 SGB X sei einschlägig und stünde als besondere gesetzliche Verwendungsregelungen einer Information der zuständigen Stelle über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Rechtsanwälte wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge entgegen, würde die vorgeschlagene Änderung die Zulässigkeit der Weitergabe entsprechender Informationen begründen.

Einer zusätzlichen Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bedarf es - auch vor dem Hintergrund der Regelung in § 67d Abs. 1 SGB X - nicht. Eine - spezielle und zeitlich spätere - Regelung in der dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch in der Normenhierarchie gleichrangigen bundesgesetzlichen Rechtsanwaltsordnung würde der Regelung des § 67d Abs. 1 SGB X vorgehen.

Soweit die Auffassung vertreten wird, eine Ermächtigungsgrundlage im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch sei erforderlich, könnte alternativ über eine entsprechende Erweiterung des Katalogs in § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB X nachgedacht werden.

3. Zu Artikel 1 Nr. 21a - neu - (§ 57 Abs. 1 Satz 1 BRAO)

Nach Artikel 1 Nr. 21 ist folgende Nummer 21a einzufügen:

Begründung

Die Pflicht eines Rechtsanwalts, in einem Vermittlungsverfahren auf Verlangen vor dem Vorstand oder einem vom Vorstand beauftragten Mitglied der Rechtsanwaltskammer persönlich zu erscheinen (§ 56 Abs. 2 BRAO-E), ist von der Zwangsgeldbewehrung auszunehmen. Der Rechtsanwalt kann in einem Vermittlungsverfahren nicht zur Einigung gezwungen werden; eine Zwangsgeldbewehrung der Pflicht zum Erscheinen auf Verlangen erscheint kaum geeignet, die Einigungsbereitschaft zu fördern.

4. Zu Artikel 1 Nr. 25 Buchstabe c (§ 59i Abs. 2 BRAO)

Artikel 1 Nr. 25 Buchstabe c ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Das Rechtsanwaltsverzeichnis soll Auskunft darüber geben, wer zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist und den Beruf ausüben darf. Das Informationsinteresse der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter umfasst nicht nur natürliche Personen, sondern auch die Zulassung und die Vertretungsberechtigung von Rechtsanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung. Auch zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaften können als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden und hierbei die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts haben (§ 59l BRAO).

5. Zu Artikel 1 Nr. 29 Buchstabe b (§ 73 Abs. 3 Satz 3 BRAO)

Artikel 1 Nr. 29 Buchstabe b § 73 Abs. 3 Satz 3 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Die Unterrichtung des Beschwerdeführers über den Ausgang des Verfahrens stellt eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht des § 76 BRAO dar. Der Hinweis auf § 76 BRAO trifft somit nicht zu. Die Grenzen für die Auskunftserteilung gegenüber dem Beschwerdeführer sind deshalb - entsprechend der Regelung in § 51 Abs. 6 BRAO - durch eine Verhältnismäßigkeitsklausel gesondert festzulegen.

6. Zu Artikel 1 Nr. 33a - neu - (§ 93 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BRAO)

Nach Artikel 1 Nr. 33 ist folgende Nummer 33a einzufügen:

"33a. § 93 wird wie folgt geändert:

Begründung

Die Bezeichnungen "Vorsitzender" bzw. "Geschäftsleitender Vorsitzender" geben nur unzureichend die gemeinte Funktion, nämlich die Behördenleitung, wieder.

Zudem erschließt sich die Unterschiedlichkeit in den Bezeichnungen der Behördenleiter von einkammerigen und mehrkammerigen Anwaltsgerichten nur schwer.

Die moderne Bezeichnung "Präsident", die z.B. auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit durchgängig Verwendung findet, erlaubt eine sehr viel verständlichere und einheitliche Darstellung der Bedeutung des Behördenleiters des Anwaltsgerichts nach außen.

7. Zu Artikel 1 Nr. 35 (§ 95 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 - neu - BRAO)

Artikel 1 Nr. 35 ist wie folgt zu fassen:

"35. § 95 wird wie folgt geändert:

Begründung

Wird gegen einen Anwaltsnotar, der Mitglied eines Anwaltsgerichts ist, im Disziplinarverfahren wegen eines Verstoßes gegen seine Pflichten als Notar z.B. ein Verweis verhängt, kann er nach geltendem Recht nicht seines Amtes als Anwaltsrichter enthoben werden. Anders ist dies bei Verhängung eines Verweises durch das Anwaltsgericht wegen eines Verstoßes gegen seine anwaltlichen Pflichten (§ 95 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 94 Abs. 3 Satz 1, § 66 Nr. 3 Alternative 1 BRAO).

Da aber ein Anwaltsrichter, gegen den in seiner Funktion als Notar ein Verweis verhängt worden ist, genausowenig als Mitglied des Anwaltsgerichts tragbar ist wie ein Anwaltsrichter, gegen den der Verweis aufgrund von Verstößen gegen anwaltliche Berufspflichten verhängt worden ist, soll die Möglichkeit eröffnet werden, auch diesen auf Antrag der Landesjustizverwaltung durch den Anwaltsgerichtshof seines Amtes als Anwaltsrichter zu entheben. Das Gleiche gilt im Fall der Verhängung einer Geldbuße, der Entfernung auf bestimmte Zeit aus seinem Amt als Notar oder der Amtsenthebung als Notar gemäß § 50 oder § 54 BNotO.

8. Zu Artikel 1 Nr. 35a - neu - (§ 102 BRAO)

Nach Artikel 1 Nr. 35 ist folgende Nummer 35a einzufügen:

"35a. § 102 wird wie folgt geändert:

Begründung

§ 112c Abs. 1 Satz 2 BRAO-E stellt den Anwaltsgerichtshof in Verwaltungssachen einem Oberverwaltungsgericht gleich. Das Verfahren in Verwaltungssachen wird sich künftig grundsätzlich an der Verwaltungsgerichtsordnung orientieren.

Dies legt es nahe, den Kreis der Personen, aus dem nach § 102 Abs. 1 BRAO berufsrichterliche Mitglieder des Anwaltsgerichtshofs bestellt werden können, zu erweitern. Bislang beschränkt § 102 Abs. 1 Satz 2 BRAO diesen Personenkreis auf die Richter des Oberlandesgerichts. Diese Beschränkung war bislang wegen der Anwendung des FGG sachlich richtig, obwohl die Verwaltungssachen schon immer den Charakter verwaltungsgerichtlicher Verfahren hatten. Künftig sollten allerdings auch Richter des Oberverwaltungsgerichts zu berufsrichterlichen Mitgliedern des Anwaltsgerichtshofs ernannt werden können. Dies ermöglicht es den Landesjustizverwaltungen zugleich, die mit der Übernahme des weiteren Richteramts verbundenen Belastungen besser zu verteilen.

Dem steht nicht entgegen, dass für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Anwaltsgerichtshofs weiterhin der Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof zuständig ist. Die Berufsrichter beim Anwaltsgerichtshof, die Richter am Oberlandesgericht oder Oberverwaltungsgericht sind, entscheiden nicht als Richter des Oberlandesgerichts oder des Oberverwaltungsgerichts, sondern als Richter am Anwaltsgerichtshof. Im Gegensatz zur Bundesebene stellt das oberste Landesgericht in der Anwaltsgerichtsbarkeit ein selbständiges Gericht dar. Diese Selbständigkeit ermöglicht es, als berufsrichterliche Mitglieder alle fachlich geeigneten Berufsrichter heranzuziehen. Anders verhält es sich beim Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs. Die Mitwirkung des Richters eines anderen Bundesgerichts bei den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Anwaltssachen wäre mit den Strukturen der Gerichtsverfassung nicht vereinbar.

9. Zu Artikel 1 Nr. 41 (§ 112c Abs. 1a - neu - BRAO)

In Artikel 1 Nr. 41 § 112c ist nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung

Das Vorverfahren wird insgesamt zu einer erheblichen Verfahrensverlängerung führen, wobei zu erwarten ist, dass die mit einem Vorverfahren verfolgten Ziele nicht erreicht werden können. Im Gegensatz zu anderen den Verwaltungsverfahrensgesetzen und der Verwaltungsgerichtsordnung unterworfenen Rechtsgebieten zeichnet sich das berufsrechtliche Anwaltsverfahren dadurch aus, dass sämtliche Beteiligte des Verwaltungsverfahrens Volljuristen sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass die entscheidungserheblichen Tatsachen und Argumente im Ausgangsverfahren vorgetragen werden. Eine Kontrolle im Widerspruchsverfahren durch die Rechtsanwaltskammern verspricht daher weder höhere Richtigkeitsgewähr der Entscheidung noch eine nennenswerte Entlastungswirkung für die Berufsgerichtsbarkeit. Es ist allerdings mit einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand für die Rechtsanwaltskammern und mit einer Verlängerung der Verfahren zu rechnen, ohne dass dem Entlastungen gegenüberstehen. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und zum Abbau von Bürokratie soll daher bereits in der BRAO selbst auf ein Widerspruchsverfahren verzichtet werden.

10. Zu Artikel 1 Nr. 54 (§ 191f Abs. 5 Nr. 5 BRAO)

Artikel 1 Nr. 54 § 191f Abs. 5 Nr. 5 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Eine geringfügige Kostenbeteiligung im Einzelfall dient dem Schutz der Schlichtungsstelle vor querulatorischen Beschwerden. Die Erhebung einer moderaten Gebühr ist durch Ziffer IV, Spiegelstrich 2, der Empfehlung der Kommission 98/257/EG vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten zuständig sind (ABl. EU (Nr. ) L 115 S. 31) nicht ausgeschlossen, vielmehr ausdrücklich für zulässig erklärt.

11. Zu Artikel 3 Nr. 01 - neu - (§ 7 Abs. 7 Satz 1 BNotO)

Dem Artikel 3 Nr. 1 ist folgende Nummer 01 voranzustellen:

Begründung

Für die Entlassung eines Notarassessors auf Verlangen soll § 48 BNotO ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt werden.

12. Zu Artikel 3 Nr. 1a - neu - (§ 17 Abs. 1 Satz 3 BNotO) Nr. 11 (§ 93 Abs. 3 Satz 4 BNotO)

Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Im Hinblick auf den mit Gesetz vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1531) neu gefassten § 113 BNotO soll § 17 Abs. 1 Satz 3 BNotO an die neue Terminologie des § 113 Abs. 3 BNotO ("Kassen") angepasst werden.

13. Zu Artikel 3 Nr. 3a - neu - (§ 41 Abs. 1 Satz 3 - neu - bis 5 - neu - BNotO)

Nach Artikel 3 Nr. 3 ist folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung

Im Hinblick auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs wurde im Jahr 2007 in die Dienstordnung für Notarinnen und Notare (DONot) u.a. der neue § 33 Abs. 4 DONot eingefügt, wonach der Nachweis der Stellung als Notarvertreterin oder Notarvertreter bei der Erstellung elektronischer Urkunden den Namen der vertretenen Notarin oder des vertretenen Notars, den Amtssitz und das Land, in dem das Notaramt ausgeübt wird, enthalten muss. Der Nachweis kann durch eine mit qualifizierter elektronischer Signatur der zuständigen Aufsichtsbehörde versehene Abschrift der Vertreterbestellungsurkunde oder eine elektronisch beglaubigte Abschrift der Vertreterbestellungsurkunde geführt werden und ist mit dem zu signierenden Dokument zu verbinden. Im Sinne der Rechtssicherheit sollten die wesentlichen Anforderungen an den Nachweis der Notarvertretereigenschaft im elektronischen Rechtsverkehr in das Gesetz selbst aufgenommen werden.

14. Zu Artikel 3 Nr. 3a - neu - (§ 46 Satz 3 - neu - BNotO)

Nach Artikel 3 Nr. 3 ist folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung

Die BNotO enthält derzeit in § 46 eine unbillige Haftungsverteilung zwischen Notaren und Notarassessoren, die in der Praxis durch Freistellungserklärungen im Einzelfall korrigiert wird. Die haftungsrechtliche Stellung der als Notarvertreter tätigen Notarassessoren im Innenverhältnis zum Notar soll durch eine Ergänzung von § 46 BNotO verbessert werden.

15. Zu Artikel 3 Nr. 4a - neu - (§ 48 Satz 3 - neu - BNotO)

Nach Artikel 3 Nr. 4 ist folgende Nummer 4a einzufügen:

Begründung

Die BNotO enthält derzeit keine Regelung über den Zeitpunkt, bis zu dem ein Notar ein von ihm gestelltes Entlassungsverlangen zurücknehmen kann. Die bisherige Gesetzeslücke sollte aus Gründen der Rechtssicherheit entsprechend den Regelungen im Beamtenrecht geschlossen werden.

16. Zu Artikel 3 Nr. 5a - neu - (§ 51 Abs. 2 BNotO)

Nach Artikel 3 Nr. 5 ist folgende Nummer 5a einzufügen:

Begründung

Komplementär zu der in § 2 Abs. 3 Satz 2 DONot geregelten Anzeigepflicht bei Verlust der Signaturkarte soll eine gesetzliche Ablieferungspflicht für die Signaturkarte bei der Aufsichtsbehörde in den Fällen des Erlöschens des Amtes und der Amtssitzverlegung begründet werden.

17. Zu Artikel 3 Nr. 7 Buchstabe c (§ 54 Abs. 4 Nr. 4 - neu - BNotO)

Artikel 3 Nr. 7 Buchstabe c ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Die Insolvenzordnung und das notarielle Berufsrecht sind nur unzureichend aufeinander abgestimmt. Im notariellen Berufsrecht soll der Vermögensverfall, der gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu vermuten ist, zur Amtsenthebung führen. Dagegen ermöglicht die Insolvenzordnung durchaus die Fortführung des Unternehmens auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter kann jedoch das Amt des Notars nicht ausüben.

Die von der Insolvenzordnung eröffnete Möglichkeit der überwachten Eigenverwaltung des (insolventen) Notars nach den §§ 270 ff. InsO führt zu unbefriedigenden Ergebnissen. Denn dem Insolvenzverwalter stehen Prüfungs- und Überwachungsrechte und -pflichten zu, die sich mit dem Amt des Notars und insbesondere dessen Verschwiegenheitspflicht nicht in Einklang bringen lassen.

Bisher ermöglicht lediglich § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNotO der Landesjustizverwaltung die vorläufige Amtsenthebung. Die mangelnde Abstimmung von BNotO und InsO führt - insbesondere wenn auch noch ein Insolvenzplanverfahren beantragt wird - aber zu erheblichen Anwendungsproblemen, wie beispielhaft die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 31. August 2005 (1 BvR 912/04 -, DNotZ 2007, 548) und des Bundesgerichtshofes vom 20. November 2006 (NotZ 26/06 -, DNotZ 2007, 552) zeigen.

Im Interesse der Rechtsuchenden ist sicherzustellen, dass das Insolvenzverfahren lediglich das Privatvermögen des Notars umfasst und keine Auswirkungen auf das Amt des Notars als solches zeigen kann. Nur auf diese Weise kann der Schutz der Vertraulichkeit der notariellen Vorgänge auch gegenüber dem bestellten Insolvenzverwalter sichergestellt werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass der Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in den Katalog der Sachverhalte aufgenommen wird, die kraft Gesetzes zu den Wirkungen der vorläufigen Amtsenthebung führen. Die notariellen Geschäfte sind dann während der Dauer des Insolvenzverfahrens von einem Notarvertreter oder Notarverwalter gemäß § 56 BNotO vorzunehmen. Den Interessen des betroffenen Notars wird dadurch Rechnung getragen, dass die vorläufige Amtsenthebung kraft Gesetzes entfällt, wenn es während der Zeit der vorläufigen Amtsenthebung zu einer Ordnung der Vermögensverhältnisse durch Aufstellung und Genehmigung eines Insolvenzplans kommen sollte, bevor die endgültige Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO bestandskräftig ist.

18. Zu Artikel 3 Nr. 8 Buchstabe b (§ 64a Abs. 2 BNotO)

Artikel 3 Nr. 8 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Der Entwurf sieht vor, § 64a Abs. 2 BNotO zu streichen, weil vergleichbare Bestimmungen künftig über die Verweisung in § 64a Abs. 1 BNotO-E gelten. Insofern regelt § 26 Abs. 2 VwVfG den Umfang der Mitwirkungsobliegenheiten der am Verfahren Beteiligten. Mitwirkungspflichten werden hierdurch nach der herrschenden Meinung indes nicht begründet. Dies wäre aber sachgerecht.

Die in § 93 Abs. 4 Satz 1 BNotO vorgesehene Mitwirkungspflicht des Notars bezieht sich nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzessystematik nämlich nur auf die Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Notare, also auf die laufende Geschäftsprüfung, nicht dagegen auf das Verwaltungsverfahren nach den §§ 50, 54 i.V.m. § 64a BNotO. Für den Bereich des notariellen Berufsrechts sind jedoch weiter gehende Mitwirkungspflichten des Notars zum Schutz der Interessen der Rechtsuchenden unabdingbar. Jedenfalls für die Verfahren nach den §§ 50, 54 BNotO - und insbesondere für die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse - sollte in § 64a BNotO eine ausdrückliche Mitwirkungs- und Auskunftspflicht des Notars normiert werden. Verstöße hiergegen wären dann nach § 95 BNotO disziplinarisch zu ahnden.

Kann die Justizverwaltung den Notar dagegen nicht mit disziplinarischen Mitteln mittelbar zur Mitwirkung zwingen, ist eine Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nur schwer durchführbar. Der Umfang der durch die Prüfung zu gewinnenden Erkenntnisse über die wirtschaftliche Situation ist dann letztlich in das Belieben des Notars gestellt. Das wiederum führt aber die gesetzliche Regelung des § 50 Abs. 1 BNotO ad absurdum: Danach ist u.a. der Schutz der Allgemeinheit vor Notaren, deren wirtschaftliche Verhältnisse kritisch sind, eine Amtspflicht der Justizbehörde. Eine Verletzung dieser Amtspflicht kann Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB auslösen.

Die bisher für die Justizverwaltung bestehende Möglichkeit, den Notar darauf hinzuweisen, dass Rechtsbehelfe aussichtslos sein können, wenn gerade durch seine verweigerte Mitwirkung der Sachverhalt nicht umfassend aufgeklärt werden kann und die getroffene Entscheidung ausschließlich oder überwiegend auf der fehlenden Mitwirkung beruht, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG unzulässig.

Die Justizverwaltung steht damit vor dem Dilemma, dass sie ihrer Pflicht zur Aufsicht über die Notare nach § 50 Abs. 1 BNotO ohne eine damit korrespondierende gesetzliche Mitwirkungspflicht des Notars nicht mit der im Hinblick auf das Grundrecht des Notars aus Artikel 12 GG gebotenen Prüfungstiefe nachkommen kann.

Mit der vorgeschlagenen Änderung könnten die Aufsichtsbehörden adäquat auf eine mit dem Ansehen des Notaramts unvereinbare Weigerung zur Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde reagieren (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO).

19. Zu Artikel 3 Nr. 8 Buchstabe c (§ 64a Abs. 3 Satz 3 BNotO)

Artikel 3 Nr. 8 Buchstabe c ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Für die Durchführung eines Amtsenthebungsverfahrens nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO wegen Vermögensverfalls des Notars oder wegen einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Art der Wirtschaftsführung des Notars ist die Kenntnis der Aufsichtsbehörden von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Notarinnen und Notare sowie deren Ausgang unverzichtbar.

Die Finanzbehörden vertreten teilweise die Auffassung, das durch § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 1 SGB X geschützte Sozialgeheimnis stehe einer Weitergabe von Informationen über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Notare wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge entgegen.

Diese Auffassung ist nicht überzeugend, da die sozialrechtlichen Vorschriften in § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 1 SGB X Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nur schützen, wenn der Betriebs- oder Geschäftsinhaber oder ein Dritter an der Geheimhaltung ein sachlich begründetes Interesse hat. Ein solches Interesse der Notarin oder des Notars besteht jedoch angesichts des zwingenden öffentlichen Interesses zum Schutz der Rechtsuchenden und damit der Verbraucher nicht.

Angesichts der Haltung der Finanzbehörden ist eine gesetzgeberische Klarstellung notwendig.

Eine solche Klarstellung wurde bereits mit der Ergänzung des § 64a Abs. 3 BNotO durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 358) hinsichtlich der Information über die Höhe rückständiger Steuerschulden von Notaren vorgenommen. In § 64a Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BNotO ist eine Information der zuständigen Stelle über die Höhe rückständiger Steuerschulden - entgegen § 30 der Abgabenordnung - zum Zweck der Vorbereitung der Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO vorgesehen. Auch im Hinblick auf die Information der Rechtsanwaltskammer über rückständige Sozialversicherungsbeiträge sollte eine entsprechende Klarstellung in das Gesetz aufgenommen werden.

Soweit der Standpunkt eingenommen wird, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 1 SGB X sei einschlägig und stünde als besondere gesetzliche Verwendungsregelungen einer Information der zuständigen Stelle über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Notare wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge entgegen, würde die vorgeschlagene Änderung die Zulässigkeit der Weitergabe entsprechender Informationen begründen.

Einer zusätzlichen Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bedarf es - auch vor dem Hintergrund der Regelung in § 67d Abs. 1 SGB X - nicht. Eine - spezielle und zeitlich spätere - Regelung in der dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch in der Normenhierarchie gleichrangigen bundesgesetzlichen Notarordnung würde der Regelung des § 67d Abs. 1 SGB X vorgehen.

Soweit die Auffassung vertreten wird, eine Ermächtigungsgrundlage im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch sei erforderlich, könnte alternativ über eine entsprechende Erweiterung des Katalogs in § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB X nachgedacht werden.

20. Zu Artikel 3 Nr. 9 Buchstabe 0a - neu - (§ 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 11 BNotO)

Dem Artikel 3 Nr. 9 Buchstabe a ist folgender Buchstabe 0a voranzustellen:

Begründung

Die Richtlinienkompetenz der Notarkammer soll in Bezug auf die Berufspflichten eines Notars gegenüber einem Notarassessor klargestellt werden.

21. Zu Artikel 3 Nr. 17 (§ 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die Verweisung auf die Verwaltungsgerichtsordnung in § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO dahin gehend beschränkt werden könnte, dass als Klagearten lediglich Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig sind.

Begründung

Durch die generelle Verweisung auf die Verwaltungsgerichtsordnung und die damit verbundene Erweiterung des Klageartenkanons um Feststellungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage ist mit einer Zunahme von Anträgen zu rechnen, die die Justizverwaltungen, die Gerichte und die Kammern bzw. Kassen mit einem erheblichen Mehraufwand belasten würden. Nach bisherigem Recht war die Feststellungsklage nur ausnahmsweise zulässig, ohne dass die Beschränkung des Klageartenkanons zu feststellbaren Rechtsschutzlücken geführt hätte.

22. Zu Artikel 3 Nr. 17 (§ 111b Abs. 1a - neu - BNotO)

In Artikel 3 Nr. 17 § 111b ist nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung

Das Vorverfahren wird insgesamt zu einer erheblichen Verfahrensverlängerung führen, wobei zu erwarten ist, dass die mit einem Vorverfahren verfolgten Ziele nicht erreicht werden können. Im Gegensatz zu anderen den Verwaltungsverfahrensgesetzen und der Verwaltungsgerichtsordnung unterworfenen Rechtsgebieten zeichnet sich das berufsrechtliche Notarverfahren dadurch aus, dass sämtliche Beteiligte des Verwaltungsverfahrens Volljuristen sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass die entscheidungserheblichen Tatsachen und Argumente im Ausgangsverfahren vorgetragen werden. Eine Kontrolle im Widerspruchsverfahren durch die Notarkammern oder Kassen verspricht daher weder höhere Richtigkeitsgewähr der Entscheidung noch eine nennenswerte Entlastungswirkung für die Berufsgerichtsbarkeit. Es ist allerdings mit einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand für die Notarkammern und Kassen sowie mit einer Verlängerung der Verfahren zu rechnen, ohne dass dem Entlastungen gegenüberstehen. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und zum Abbau von Bürokratie soll daher bereits in der BNotO selbst auf ein Widerspruchsverfahren verzichtet werden.

In der Folge ist die beabsichtigte Änderung von § 54 BNotO (Artikel 3 Nr. 7 Buchstabe a) anzupassen.

B.