Empfehlungen der Ausschüsse 805. BR. Sitzung des Bundesrates am 5. November 2004
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften

Der Verkehrsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 5 Abs. 1d AEG)

In Artikel 1 § 5 ist Absatz 1d zu streichen.

Begründung

In § 5 Abs. 1d AEG-E ist vorgesehen, dass der Bund künftig ausschließlich für die Eisenbahnaufsicht und die Genehmigung von Eisenbahninfrastrukturen und Fahrzeugen, die auf dieser Eisenbahninfrastruktur verkehren, zuständig sein soll soweit der Betrieb des transeuropäischen konventionellen Eisenbahnnetzes betroffen ist. Damit werden die Aufsichts- und Genehmigungskompetenzen für Strecken des transeuropäischen Netzes und für Fahrzeuge, die auf diesem Netz verkehren, neu geregelt. Dabei wird abweichend von der bisher in § 5 AEG festgelegten Zuständigkeit der Länder für Strecken und Fahrzeuge der nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) eine allumfassende Zuständigkeit des Bundes geschaffen, da nahezu alle NE auch Strecken befahren die zum transeuropäischen Netz gehören.

Die im Rahmen des Vierten Eisenbahnrechtsänderungsgesetzes umzusetzenden Vorgaben der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems gehören zu den klassischen Befugnissen einer Eisenbahnaufsichtsbehörde. Die in § 5 AEG derzeit bestehenden Aufgabenzuweisungen decken den Aufgabenbereich der Eisenbahnaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder ab. Dies gilt auch für die künftig zu beachtenden besonderen Genehmigungsvoraussetzungen für Anlagen, die Bestandteil des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems sind, und für Fahrzeuge, die auf diesem Netz eingesetzt werden. Die neuen Aufgaben setzen nicht die hier vorgesehene Aufgabenkonzentration auf den Bund voraus. Die Vorgaben der EU­Richtlinie können auch ohne diese neue Zuständigkeitszuweisung umgesetzt werden. Damit geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die erforderliche Umsetzung der Richtlinie hinaus.

Die in § 5 Abs. 1d AEG-E vorgesehene Regelung ist daher zu streichen.

2. Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 5 Abs. 1e AEG)

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die in § 5 Abs. 1e AEG-E vorgesehene ausschließliche Einrichtung der nach Artikel 20 Abs. 1 der Richtlinie 2001/16/EG zu meldenden "Benannten Stellen" beim Eisenbahn-Bundesamt im Rahmen der Umsetzung des Zweiten Eisenbahnpakets der Europäischen Union zu überprüfen, den Bundesrat über das Ergebnis der Überprüfung zu unterrichten und den Ländern ggf. Gelegenheit zu geben, die nationale Rechtsgrundlage für die Einrichtung "Benannter Stellen" neu zu formulieren.

Begründung

Die bisher vorgesehene Regelung in § 5 Abs. 1e AEG-E sieht vor, dass die Aufgaben der nach Artikel 20 Abs. 1 der Richtlinie 2001/16/EG zu meldenden "Benannten Stellen" ausschließlich vom Bund wahrgenommen werden sollen.

Diese Funktion wird nach dem vorliegenden Entwurf dem Eisenbahn-Bundesamt übertragen.

Die "Benannte Stelle" hat im Auftrag des Herstellers die Übereinstimmung seiner Produkte mit den europäischen Spezifikationen zu bewerten. Eine derartige "Benannte Stelle" sehen verschiedene EU­Richtlinien vor (z.B. Artikel 16 der Richtlinie 2000/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über Seilbahnen für den Personenverkehr, Artikel 9 der Richtlinie 1995/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 1995 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aufzüge). Dabei hat der Hersteller die freie Wahl unter den in der Europäischen Union bestehenden "Benannten Stellen". Im Hinblick auf Wettbewerbsgesichtspunkte ist daher die Konzentration dieser Aufgaben auf eine Bundesbehörde problematisch. Um die kurzfristige Umsetzung der Richtlinie 2001/16/EG nicht zu behindern, wird diese Konstruktion zunächst von den Ländern akzeptiert. Sie fordern jedoch die Bundesregierung auf, diese Regelung spätestens im Rahmen der Umsetzung des Zweiten Eisenbahnpakets der Europäischen Union zu überprüfen und den Bundesrat über das Ergebnis der Überprüfung zu unterrichten, damit dieser zu gegebener Zeit eine neue Bewertung der bisher vorgesehenen Struktur der "Benannten Stelle" in der Bundesrepublik Deutschland vornehmen kann.