Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG in Bezug auf Seeleute - COM (2013) 798 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 1002/98 = AE-Nr. 984221,
Drucksache 503/08 (PDF) = AE-Nr. 080521 und AE-Nr. . 964249, 001576, 061704

Brüssel, den 18.11.2013
COM (2013) 798 final
2013/0390 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG in Bezug auf Seeleute (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2013) 461 final}
{SWD(2013) 462 final}

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags

Die EU-Richtlinien im Bereich des Arbeitsrechts sind grundsätzlich auf alle Branchen und alle Arbeitnehmerkategorien anzuwenden. Seeleute sind jedoch von dem Anwendungsbereich von sechs Richtlinien ausgeschlossen oder können ohne ausdrückliche Begründung ausgenommen werden. Dabei handelt es sich um folgende Richtlinien:

Je nach der nationalen Situation könnten Ausschlussregelungen sich negativ auf einige der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte auswirken, insbesondere auf das Recht auf Unterrichtung und Anhörung im Unternehmen (Artikel 27) und das Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen (Artikel 31).

Die meisten Mitgliedstaaten haben keinen oder nur selten Gebrauch von den Ausschlussregelungen gemacht. Acht Mitgliedstaaten7 haben Seeleute von keiner der Richtlinien ausgenommen, acht weitere Staaten haben nur von einer Ausschlussregelung Gebrauch gemacht. Diese Situation kann dazu führen, dass die gleiche Arbeitnehmerkategorie in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich behandelt wird.

Wie die Kommission bereits unterstrich, sinkt zudem die Zahl der aus den EU-Mitgliedstaaten stammenden Seeleute ständig, was künftig Probleme verursachen könnte, vor allem weil Erfahrung auf See für bestimmte Tätigkeiten an Land unerlässlich ist. Obwohl wahrscheinlich mehrere Faktoren für das schwindende Interesse an der Ausübung eines seemännischen Berufs verantwortlich sind, wird diese Entwicklung möglicherweise noch durch den Eindruck verstärkt, dass Seeleute einen geringeren Sozialschutz genießen als andere Arbeitnehmer8.

Folglich liegen derzeit unterschiedliche Ausgangsbedingungen auf dem europäischen Markt vor, da einige Unternehmen von bestimmten Verpflichtungen ausgenommen sind - vor allem was die Unterrichtung und Anhörung angeht -, die für Konkurrenzunternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gesetzlich vorgeschrieben sind.

Ziel dieses Vorschlags ist daher, im EU-Arbeitsrecht den Schutz der in der EU-Grundrechtecharta verankerten Rechte zu verbessern und EU-weit gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Zudem trägt der Vorschlag zu den allgemeinen politischen Zielen nach Artikel 151 AEUV bei, d.h. Förderung der Beschäftigung, Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, ein angemessener Sozialschutz und sozialer Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

1.1. Übereinstimmung mit anderen Politikfeldern und Querschnittszielen der EU

Im Rahmen dieses Vorschlags soll bewertet werden, inwiefern und aus welchen Gründen Seeleute vom Anwendungsbereich der Richtlinien im Bereich des Arbeitsrechts ausgeschlossen werden oder werden können. Es ist Aufgabe der Kommission, die Vereinbarkeit eines jeden neuen Legislativvorschlags mit der EU-Grundrechtecharta zu gewährleisten und die Auswirkungen eines solchen Vorschlags auf die von der Charta geschützten Rechte und Grundsätze abzuschätzen. In dem vorliegenden Fall würde die Abschaffung der Ausschlussregelungen sich positiv auf die Rechte nach Artikel 27 und 31 der Charta auswirken.

Der Vorschlag steht außerdem in vollem Einklang mit der integrierten Meerespolitik für die Europäische Union, die 2007 mit dem sogenannten Blaubuch eingeführt wurde9. Darin betonte die Kommission ihr Ziel, im maritimen Bereich mehr und bessere Arbeitsplätze für europäische Bürger zu schaffen". Dabei hob sie besonders hervor, dass

"eine bessere Personalpolitik und bessere Arbeitsbedingungen (einschließlich Gesundheits- und Sicherheitsaspekten) im Rahmen einer konzertierten Aktion von Seiten aller Stakeholder der maritimen Wirtschaft und ein effizienter rechtlicher Rahmen, der dem globalen Umfeld Rechnung trägt, [erforderlich sind], damit sich wieder mehr Europäer für seemännische Berufe entscheiden."

Um dieses Ziel zu erreichen, versprach die Kommission, "in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern die für die maritime Wirtschaft geltenden Ausnahmeregelungen in der EU-Arbeitsgesetzgebung [zu] überprüfen".

Die Kommission bekräftigte ihr Ziel, mehr und bessere Arbeitsplätze im maritimen Sektor zu schaffen, in der Mitteilung zum "Blauen Wachstum"10, die von den für die integrierte Meerespolitik zuständigen europäischen Ministern in der LimassolErklärung11 gebilligt wurde.

Der Vorschlag steht zudem im Einklang mit der Strategie Europa 2020 und insbesondere ihren beschäftigungspolitischen Zielen. Die Verbesserung der Qualität der Arbeitsplätze und der Arbeitsbedingungen und insbesondere die Überprüfung der geltenden Rechtsvorschriften und die Schaffung eines verbesserten EU-Rechtsrahmens für Beschäftigung und Arbeitsschutz sind die wichtigsten Maßnahmen der "Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten: Europas Beitrag zur Vollbeschäftigung"12.

2. Ergebnisse der Konsultation interessierter Kreise und Folgenabschätzung

2.1. Konsultation interessierter Kreise

Dem Vorschlag ging eine Reihe von allgemeinen und gezielten Konsultationen voraus. Außerdem stützte sich die Kommission bei der Ausarbeitung des Vorschlags auf externe Fachleute.

Allgemeine Konsultation

Im Zusammenhang mit der Einführung einer integrierten Meerespolitik wurde die Frage der arbeitsrechtlichen Ausnahmeregelungen im Grünbuch 13 aus dem Jahr 2006 behandelt. In ihrer Mitteilung von 0714 zog die Kommission einige Schlussfolgerungen aus der im Zuge des Grünbuchs durchgeführten Konsultation. Zum Thema Arbeitsplätze im maritimen Sektor stellte sie fest:

"Während hinsichtlich der Frage, ob bzw. in welchen Fällen in der EU-Sozialgesetzgebung Ausnahmeregelungen für die maritime Wirtschaft gerechtfertigt sind, unterschiedliche Positionen vertreten wurden, herrscht Einvernehmen über die Notwendigkeit, weltweit faire Wettbewerbsbedingungen für den Sektor zu schaffen, sowie über die Rolle, die die EU-Gesetzgebung in diesem Zusammenhang spielen kann."

Gezielte Konsultation

Im Oktober 2007 nahm die Kommission eine Mitteilung15 an, mit der sie die erste Phase der Anhörung der Sozialpartner gemäß Artikel 154 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einleitete. Daraufhin folgte im April 2009 die zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner auf EU-Ebene.

Die Anhörung ergab, dass die Sozialpartner im Seeverkehr unterschiedliche Ansichten darüber vertreten, ob die geltenden Ausschlussregelungen abzuschaffen seien. Die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) befürwortete die Abschaffung aller Ausschlussregelungen. Der Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) war dagegen der Auffassung, dass die Gründe für die Einführung dieser Regelungen, die mit der Besonderheit der Seeverkehrsbranche zusammenhängen, weiterhin Gültigkeit besäßen und die Ausschlussregelungen daher beizubehalten seien.

Im Fischereisektor waren beide Seiten für die Abschaffung einiger Ausschlussregelungen (Insolvenzrichtlinie, Richtlinie über Massenentlassungen und Richtlinie über den Übergang von Unternehmen) oder die Einführung gleichwertiger Sonderbestimmungen, vor allem für die Unterrichtung und Anhörung. Zur Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat äußerten sie sich nicht.

Alle Mitgliedstaaten erhielten einen ausführlichen Fragebogen. Es gingen Antworten aus zwanzig Mitgliedstaaten ein 16. Die Angaben finden sich in Anhang 3 des Berichts über die Folgenabschätzung.

Zusammenfassend ist zu betonen, dass die Mitgliedstaaten, die die Richtlinien auf Seeleute anwenden, einstimmig der Ansicht sind, dass dies keine spürbaren Zusatzkosten im Vergleich zur Anwendung auf Unternehmen in anderen Branchen mit sich bringt. Keiner dieser Mitgliedstaaten - auch nicht diejenigen mit einem großen maritimen Sektor - hat negative Auswirkungen festgestellt, insbesondere bei der Veräußerung eines Schiffes. Im Gegenteil: Einige maritime Staaten, die die Ausschlussregelungen nicht anwenden, haben ein Wachstum ihrer Flotte festgestellt, während die Flotte der Mitgliedstaaten, die Gebrauch von den Ausnahmeregelungen machten, kleiner wurde.

Mitgliedstaaten, die die Ausschlussregelungen nutzen, sind sich einig, dass diese beizubehalten sind und dass eine Anwendung der Richtlinien auf den Seeverkehr beträchtliche Zusatzkosten verursachen würde, ohne diese Zusatzkosten jedoch zu beziffern.

Externe Fachleute

Die Taskforce für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit im Seeverkehr, die die Europäische Kommission im Zusammenhang mit der integrierten Meerespolitik eingerichtet hatte, legte ihren Bericht 17 im Juli 2011 vor. Zur Frage des Ausschlusses von Seeleuten von bestimmten Richtlinien des Arbeitsrechts stellte die Taskforce Folgendes fest:

"Seit der Verabschiedung der Bestimmungen haben grundlegende Entwicklungen stattgefunden, vor allem bei den Kommunikationstechnologien, wodurch die Anforderungen an Unterrichtung und Anhörung möglicherweise leichter zu erfüllen sind. Würden die Ausnahmeregelungen abgeschafft oder die Anforderungen an die Besonderheiten einer Beschäftigung auf See angepasst, könnte dies dazu beitragen, das Vorurteil auszuräumen, dass Seeleute einen geringeren Sozialschutz nach dem EU-Arbeitsrecht genießen als andere Beschäftigte. Dieser Eindruck könnte ein Grund für das mangelnde Interesse an einer Laufbahn im Seeverkehr sein."

Die Kommission veröffentlichte eine Ausschreibung für eine Vorstudie zur Folgenabschätzung für eine mögliche Überprüfung des derzeit geltenden Ausschlusses von Seeleuten vom Anwendungsbereich des EU-Arbeitsrechts. Die Studie wurde von einem Zusammenschluss unter der Leitung von MRAG Limited durchgeführt. Der Schlussbericht 18 wurde im Dezember 2010 vorgelegt.

2.2. Folgenabschätzung

Aus den Diskussionen und den Konsultationen mit den Interessenträgern ergeben sich für die Folgenabschätzung folgende politische Optionen:

Option 1: Verzicht auf EU-Maßnahmen

Bei dieser Option würde die EU keine neuen - legislativen oder nichtlegislativen - Maßnahmen ergreifen. Die derzeit geltenden Richtlinien blieben unverändert.

Es gibt Hinweise darauf, dass die rückläufige Zahl der aus der EU stammenden Seeleute in der EU voraussichtlich weiter sinkt, während immer mehr Personal aus Drittstaaten an Bord europäischer Schiffe beschäftigt wird.

Option 2: Ausnahme nur bei Gewährleistung eines gleichwertigen Schutzniveaus

Bei dieser Option würde die Pauschal-Ausschlussregelung durch eine Bestimmung ersetzt, der zufolge die Mitgliedstaaten Seeleute vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausnehmen dürfen, solange ein den Richtlinien gleichwertiges Schutzniveau gewährleistet wird und die Beschäftigten ihre Rechte tatsächlich wahrnehmen können.

So könnte der Rechtsrahmen an die Besonderheiten des maritimen Sektors - vor allem an die lange Abwesenheit der Beschäftigten vom Sitz ihres Unternehmens - angepasst werden, die Mitgliedstaaten wären jedoch weiter grundsätzlich zur Gewährleistung des Schutzes verpflichtet, möglicherweise sogar für die praktische Umsetzung verantwortlich.

Option 3: Abschaffung der Ausschlussregelungen in allen Richtlinien

Diese Option würde auf der Annahme beruhen, dass alle Richtlinien ursprünglich für alle Branchen gelten sollten und dass die Ausschlussregelungen für Seeleute ungerechtfertigt sind.

Option 4: Anpassung der Regeln an die Besonderheit der Branche

Bei dieser Option müssten materiellrechtliche Vorschriften erlassen werden, um die Rechtstexte an die Besonderheiten des maritimen Sektors anzupassen. In dieser Branche ist beispielsweise der Erwerb und Verkauf von Schiffen gängige Praxis. In diesem wettbewerbsintensiven Markt sollte die Annahme von Vorschriften keine Wettbewerbsnachteile für den Verkäufer eines Schiffes bedeuten, der seinen Sitz in der EU hat.

Je nach Richtlinie könnten spezielle Regelungen notwendig werden, was die Wählbarkeit als Arbeitnehmervertreter oder die Anwendung allgemeiner Regeln für den Verkauf eines Schiffes angeht.

Die Optionen wurden für jede Richtlinie in eine Rangordnung gebracht, die je nach Richtlinie unterschiedlich ausfallen kann. Für diesen Vorschlag wird - je nach Richtlinie - eine Kombination aus den vier Optionen befürwortet:

Dieser Vorschlag entspricht den Schlussfolgerungen der Folgenabschätzung, was die Rangordnung der Optionen angeht.

Die Folgen dieser Initiative für KMU (vor allem Klein- und Kleinstunternehmen) sind nur gering, da diese Unternehmen von den meisten Richtlinien bereits ausgenommen sind.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

Es werden Änderungen an fünf geltenden Richtlinien vorgeschlagen. Vor allem wird ein uneingeschränktes Recht für Seeleute auf Unterrichtung und Anhörung in allen Richtlinien anerkannt, die zuvor Ausnahmeregelungen für dieses Recht zuließen (Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat, Richtlinie über Unterrichtung und Anhörung, Richtlinie über Massenentlassungen, Richtlinie über den Übergang von Unternehmen).

Die Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern tragen zur Verbesserung der Unternehmenssteuerung bei und verringern die negativen Auswirkungen plötzlicher Umstrukturierungen. Den Unternehmen wird die bessere Vermittlung von Informationen zur Unternehmensstrategie und zur Begründung einzelner Entscheidungen an die Beschäftigten, vor allem in Zeiten des Wandels, zugutekommen, ohne dass sie Zusatzkosten zu tragen hätten.

Es werden noch andere Rechte anerkannt, wobei der Besonderheit der Branche Rechnung getragen wird (Richtlinie über Massenentlassungen: Streichung von Bedenkzeiten in bestimmten Fällen; Richtlinie über den Übergang von Unternehmen: Streichung der Übertragung eines Arbeitsvertrags/Beschäftigungsverhältnisses).

Angesichts der Art der Änderungen und ihrer Beschränkung auf eine Branche sowie aufgrund des Grundsatzes der Verfahrensökonomie sollten die Richtlinien mittels einer einzigen Richtlinie abgeändert werden.

Rechtsgrundlage

Mit diesem Vorschlag werden Änderungen für fünf geltende Richtlinien vorgeschlagen: 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG. Rechtsgrundlage für drei dieser Richtlinien ist Artikel 153 AEUV (Ex-Artikel 137 EGV): 2009/38/EG, 2002/14/EG und 2008/94/EG. Die Rechtsgrundlagen für die Richtlinien 98/59/EG und 2001/23/EG waren Artikel 100 EGV bzw. Artikel 94 EGV, denen heute Artikel 115 AEUV entspricht.

Obwohl die zu ändernden Richtlinien unterschiedliche Rechtsgrundlagen haben, dienen sie inhaltlich offensichtlich alle dazu, das Handeln der Mitgliedstaaten auf den in Artikel 153 Absatz 1 AEUV aufgeführten Gebieten zu unterstützen und zu ergänzen und so die sozialpolitischen Ziele der Union zu erreichen.

Daher bietet Artikel 153 Absatz 2 AEUV eine geeignete Rechtsgrundlage für einen gemeinsamen Vorschlag zur Änderung der fünf oben genannten Richtlinien.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Gegenstand des vorliegenden Vorschlags ist die Überarbeitung von fünf Richtlinien. Diese kann nur auf EU-Ebene mittels einer oder mehrerer Richtlinien zur Änderung der bestehenden Rechtsakte erfolgen.

Der Vorschlag betrifft eine Branche, in der ein starker internationaler Wettbewerb herrscht und ein großer Teil der Personen, die auf Schiffen aus einem Mitgliedstaat beschäftigt sind, aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern stammt. Daher wurden die Auswirkungen der gewählten Optionen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit und der Kosten für die Branche sorgfältig abgewägt.

Während die derzeitige Rechtslage zur ungleichen Behandlung der gleichen Arbeitnehmerkategorie in verschiedenen Mitgliedstaaten führt - je nachdem, ob ein Mitgliedstaat von den derzeit zulässigen Ausschlussregelungen Gebrauch macht -, würde eine EU-Initiative zumindest auf den unter der Flagge eines EU-Staates fahrenden Schiffen für gerechte Ausgangsbedingungen sorgen.

Mit diesem Lösungsvorschlag, der auf einer sorgfältigen Analyse der Verhältnismäßigkeit beruht, sollen übermäßige Kosten vermieden werden.

Wahl des Instruments

Als Instrument wurde eine Richtlinie gewählt, da sie das einzig angemessene Instrument ist. Ziel ist es, fünf geltende Richtlinien zu ändern, was nur mittels einer Richtlinie geschehen kann.

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen

Die ausgewählten Optionen, die mit den untenstehenden Bestimmungen umgesetzt werden, entsprechen den Schlussfolgerungen der Folgenabschätzung19, die die Kommission für jede Richtlinie durchgeführt hat (wie in Abschnitt 2.2 beschrieben).

Artikel 1

Dieser Artikel sieht die Streichung von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 2008/94/EG vor. Dadurch wird die Möglichkeit aufgehoben, Fischer, die in Form eines Erlösanteils entlohnt werden, vom Anwendungsbereich der Insolvenzrichtlinie auszuschließen.

Artikel 2

Mit Artikel 2 wird Artikel 1 Absatz 7 der Richtlinie 2009/38/EG gestrichen, so dass auch das seefahrende Personal der Handelsmarine nunmehr unter die Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat fällt.

Artikel 3

Mit diesem Artikel wird Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2002/14/EG dahingehend geändert, dass Mitgliedstaaten nur dann von dieser Richtlinie abweichen können, wenn ein gleichwertiges Schutzniveau und eine tatsächliche Ausübung der entsprechenden Rechte durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet werden.

Artikel 4

Mit Artikel 4 werden vier Änderungen an der Richtlinie 98/59/EG vorgenommen.

Erstens wird die Definition des Begriffs "Übergang" eingeführt, wobei auf die Richtlinie 2001/23/EG verwiesen wird.

Zweitens wird Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c gestrichen, so dass die Richtlinie über Massenentlassungen auch auf die Besatzungen von Seeschiffen Anwendung findet.

Drittens wird klargestellt, dass die Information gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 98/59/EG immer an die zuständige Behörde des Flaggenstaates zu ergehen hat. Diese Klärung ist notwendig, da möglicherweise verschiedene Arbeitsverträge parallel existieren, die unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen.

Viertens wird eine neue Bestimmung eingeführt, der zufolge die Mitgliedstaaten der zuständigen Behörde das Recht übertragen können, ganz oder teilweise von den Bestimmungen über "Bedenkzeiten" abzuweichen, wenn die geplante Massenentlassung Ergebnis eines Übergangs ist, der ausschließlich ein oder mehrere Schiffe betrifft, oder wenn der Arbeitgeber nur ein einziges Schiff betreibt. Will ein Mitgliedstaat von dieser Bestimmung Gebrauch machen, so muss er die Sozialpartner bei der Umsetzung in sein nationales Recht konsultieren. Diese Änderung trägt der Besonderheit des maritimen Sektors Rechnung. Die Verpflichtung, in einem so wettbewerbsintensiven Markt wie dem Erwerb und Verkauf von Schiffen "Bedenkzeiten" einzuhalten, würde einen Wettbewerbsnachteil für Händler mit Sitz in der EU bedeuten. Zudem sind Ausgleichsmaßnahmen für Unternehmen vorgesehen, die nur ein einziges Schiff betreiben.

Es sei darauf hingewiesen, dass bei einem Verkauf, der ausschließlich ein oder mehrere Schiffe betrifft, oder im Falle eines Arbeitgebers, der nur ein einziges Schiff betreibt, die Unterrichtung und Anhörung gemäß Artikel 2 weiterhin Anwendung finden.

Die Richtlinie gilt außerdem uneingeschränkt in allen anderen Situationen, in denen die Massenentlassung von Mitgliedern einer Schiffsbesatzung geplant ist.

Artikel 5

Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2001/23/EG wird aufgehoben. Damit findet die Richtlinie volle Anwendung auf Seeschiffe, die in einem Mitgliedstaat registriert sind und/oder unter seiner Flagge fahren, unabhängig von ihrem Standort. Aufgrund der Besonderheit des maritimen Sektors können die Mitgliedstaaten jedoch nach Konsultation der Sozialpartner bei Übergängen, die ausschließlich ein oder mehrere Seeschiffe betreffen, oder bei Übergängen von Unternehmen, die nur ein einziges Seeschiff betreiben, von den Bestimmungen in KapitelI I der Richtlinie abweichen. Aus diesem Grund gelten bei Übergängen, die ausschließlich Schiffe betreffen, oder im Fall von Unternehmen, die nur ein einziges Schiff betreiben, mindestens die Bestimmungen der Richtlinie zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer.

Schiffe fallen dann in den Anwendungsbereich der Richtlinie, wenn sie Teil der übertragenen Vermögenswerte sind.

Artikel 6

Artikel 6 betrifft das Regressionsverbot. Es dient dazu, die Rechte der von dem Vorschlag betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits vor dem Inkrafttreten von den Mitgliedstaaten anerkannt waren, zu schützen.

Artikel 7

Hierbei handelt es sich um eine Überprüfungsklausel. Ziel der Überprüfung ist die Überwachung der Umsetzung und Anwendung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie in den Mitgliedstaaten, insbesondere hinsichtlich des Phänomens der Ausflaggung und des Beschäftigungsgrades von EU-Seeleuten.

Artikel 8

Damit die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Struktur des maritimen Sektors und den Grad der Einbindung von Seeleuten in den Geltungsbereich des nationalen Arbeitsrechts berücksichtigt werden, ist in Artikel 8 ein Übergangszeitraum von 5 Jahren vorgesehen.

Artikel 9 und 10

Hierbei handelt es sich um Standardbestimmungen zum Inkrafttreten und zu den Adressaten der Richtlinie.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.

5. weitere Angaben Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie die Richtlinie umgesetzt haben, zu übermitteln, müssen jedoch keine Entsprechungstabelle liefern.

Europäischer WIRTSCHAFTSRAUM

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG in Bezug auf Seeleute (Text von Bedeutung für den EWR)

DAS Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 153 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses20, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen21, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1
Änderung der Richtlinie 2008/94/EG

Artikel 1 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

'(3) Die Mitgliedstaaten können, sofern eine solche Vorschrift nach ihrem innerstaatlichen Recht bereits angewandt wird, Hausangestellte, die von einer natürlichen Person beschäftigt werden, auch weiterhin vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschließen."

Artikel 2
Änderung der Richtlinie 2009/38/EG

Die Richtlinie 2009/38/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Absatz 7 wird gestrichen.

Artikel 3
Änderungen der Richtlinie 2002/14/EG

Die Richtlinie 2002/14/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 3 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

'(3) Die Mitgliedstaaten können durch Erlass besonderer Bestimmungen für die Besatzung von Hochseeschiffen von dieser Richtlinie abweichen, sofern diese besonderen Bestimmungen ein gleichwertiges Schutzniveau des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung und dessen tatsächliche Ausübung durch die betroffenen Arbeitnehmer gewährleisten."

Artikel 4
Änderungen der Richtlinie 98/59/EG

Die Richtlinie 98/59/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderungen der Richtlinie 2001/23/EG

Die Richtlinie 2001/23/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

Artikel 6

Die Umsetzung dieser Richtlinie darf keinesfalls als Rechtfertigung für eine Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits in den Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und/oder 2001/23/EG garantierten allgemeinen Schutzniveaus für die Personen, die unter diese Richtlinie fallen, dienen.

Artikel 7

In Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf Unionsebene legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens 2 Jahre nach dem in Artikel 8 genannten Zeitpunkt einen Bericht über die Umsetzung und Anwendung der Artikel 4 und 5 dieser Richtlinie vor.

Artikel 8

Artikel 9

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 10

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident/Die Präsidentin
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin