Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises

953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 3

Begründung:

Die bisherige Formulierung "keine Hauptwohnung in Deutschland" ist dem Melderecht mit "keine Wohnung in Deutschland" anzupassen. Eine Einstufung in Haupt- und Nebenwohnung gibt es auch nach dem neuen Bundesmeldegesetz nur, wenn eine Person mehrere Wohnungen im Inland hat. Besteht nur eine Wohnung im Inland, ist dies stets die alleinige Wohnung im Sinne des Melderechts, unabhängig davon, in welchem Umfang diese (auch im Verhältnis zu weiteren Wohnungen im Ausland) genutzt wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b (§ 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG)

In Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b § 11 Absatz 3 ist Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Mit dem Gesetzentwurf wird auch das Ziel verfolgt, das Ausstellungsverfahren für Personalausweise zu vereinfachen, um damit zu einer zeitlichen und finanziellen Entlastung der Bürgerämter beizutragen. Dies wird mit Blick auf die vorgesehene Beibehaltung der Verpflichtung zum Vorhalten von gedrucktem Informationsmaterial in § 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG-E nicht konsequent genug umgesetzt.

Die bestehende Gebühr für den Personalausweis in Höhe von 28,80 Euro (für antragstellende Personen ab 24 Jahre) ist nach § 3a PAuswGebV durch die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement im Auftrag des Bundesministeriums des Innern evaluiert worden. Das Gutachten wurde den Ländern im Februar 2014 vorgelegt.

Im Ergebnis wurde eine Unterdeckung des in den Personalausweisbehörden in den Kommunen entstehenden Aufwands in Höhe von 9,35 Euro je ausgegebenen Personalausweis identifiziert. Um eine weitere Anhebung der Gebühren für den Personalausweis als Pflichtdokument zu vermeiden, hat das Bundesministerium des Innern alle Prozessschritte bei der Beantragung und Ausgabe des Personalausweises im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe geprüft und Vorschläge zur Reduzierung des Aufwands in den Personalausweisbehörden erarbeitet.

Einer der Vorschläge der Arbeitsgruppe lautete "Verzicht auf die im Gesetz geforderte Übergabe einer Informationsbroschüre zur eID-Funktion, die Bereitstellung könnte zukünftig gegebenenfalls in elektronischer Form erfolgen". Als Einsparungspotential wurde der Wegfall der Druck-, Logistik- und Lagerkosten identifiziert.

In der Folge hat das Bundesministerium des Innern den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden in Aussicht gestellt, die notwendigen Änderungen des Pass- und Personalausweisrechts einzuleiten, um die Vorschläge zur Entlastung umzusetzen.

Der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form sieht in § 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG-E im Rahmen einer "Soll-Bestimmung" vor, dass der antragstellenden Person die Übergabe von entsprechendem Informationsmaterial angeboten werden soll.

Bei diesem Informationsmaterial kann es sich dem Wortlaut entsprechend nur um die bisherige "Pflichtbroschüre" handeln, die aktuell in § 11 Absatz 2 PAuswG geregelt ist, welcher durch Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a aufgehoben werden soll. Diese Informationsbroschüre müsste - mit angepasstem Inhalt - durch die vorgesehene Regelung in § 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG-E weiterhin in gedruckter Form zur Übergabe an die antragstellende Person vorgehalten werden.

Der Nationale Normenkontrollrat geht in seiner Stellungnahme davon aus, dass an mindestens 50 Prozent der antragstellenden Personen eine Informationsbroschüre ausgehändigt würde. Hierdurch würden auch künftig erhebliche Druck-, Logistik- und Lagerkosten entstehen, obwohl die Broschüre häufig nach Beobachtungen der Personalausweisbehörden unmittelbar nach dem Behördengang achtlos weggeworfen wird.

Angesichts der identifizierten Unterdeckung von 9,35 Euro pro ausgegebenem Personalausweis ist die vom Nationalen Normenkontrollrat kalkulierte Aufwandsersparnis von rund 12 Millionen Euro bei Weitem nicht ausreichend. Hierbei ist auch zu bedenken, dass die Kosten, die durch die Herstellung, Lieferung und Lagerung der Informationsbroschüren entstehen, in dem oben genannten Gutachten gar nicht berücksichtigt worden sind. Es ist daher dringend geboten, jede Möglichkeit zur Reduzierung der Aufwände in den kommunalen Personalausweisbehörden konsequent auszuschöpfen.

Die vorgesehene Gesetzesänderung würde im Übrigen sogar zu einer Mehrbelastung der Personalausweisbehörden führen, weil die Informationsbroschüre nach der aktuellen Fassung des § 11 Absatz 2 PAuswG auch elektronisch durch Übersendung per De-Mail übermittelt werden kann. Die nunmehr vorgesehene Regelung in § 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG-E ermöglicht nur eine Übergabe und verpflichtet damit zur Herstellung von Druckexemplaren. Schon dieser Umstand wird dem Ziel des Gesetzentwurfs, elektronische Verfahren auszuweiten, nicht gerecht.

Im Ergebnis bedarf es einer Korrektur des Gesetzentwurfs dahingehend, den Vorschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe folgend, die Verpflichtung zur Vorhaltung gedruckten Informationsmaterials (§ 11 Absatz 3 Satz 2 PAuswG-E) zu streichen. Unberührt bleibt die Verpflichtung der Personalausweisbehörden zur Unterrichtung über den elektronischen Identitätsnachweis, das VorOrt-Auslesen sowie über Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Sicherheit der Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises zu gewährleisten.

Es bleibt dabei allerdings der Personalausweisbehörde überlassen, in welcher praxisgerechten Form diese Unterrichtung stattfindet. Die Möglichkeiten reichen von mündlicher Unterrichtung, Vorlage eines Merkblatts oder Karteikarten bis hin zur Vorhaltung einer Broschüre in elektronischer Form zum Herunterladen.

3. Zu Artikel 2 ( § 25 Absatz 2 PAuswG), Artikel 4 (§ 22a Absatz 2 PassG)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Mit Artikel 2 und 4 des Gesetzentwurfs werden das Personalausweisgesetz und das Passgesetz zum automatisierten Abruf geändert.

Wie sich aus der Begründung ergibt, soll der Abruf nicht mehr an eine Nichterreichbarkeit der Personalausweis- oder Passbehörde gebunden sein. Leider lassen die gewählten Änderungsbefehle eine andere Interpretation zu, weil sich der bisherige § 25 Absatz 2 Satz 3 PAuswG auf den neuen Satz 2 bzw. Satz 3 bezieht.

Mit dem Änderungsantrag wird eine Formulierung gewählt, mit der den Aufgaben der Personalausweis- oder Passbehörden als auch denen der Sicherheitsbehörden als auch der derzeitigen Sicherheitslage gerecht wird. Hierbei sollte man sich daran orientieren, was bei den Meldebehörden bei Datenabrufen durch Sicherheitsbehörden längst Standard ist.

Zusätzlicher Änderungsbedarf ergibt sich daraus, dass auch die Steuerfahndungsdienststellen und die Zollverwaltung den Sicherheitsbehörden zu zurechnen sind.

Aus Datenschutzgründen ist auch die Protokollierungsregel entsprechend dem Melderecht anzupassen.

Im Einzelnen:

Mit § 25 Absatz 2 Satz 3 PAuswG-E und § 22a Absatz 2 Satz 4 PassG-E wird ein automatisierter Lichtbildabruf für die Polizeibehörden des Bundes und der Länder, das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Verfassungsschutzbehörden der Länder, den Militärischen Abschirmdienst, den Bundesnachrichtendienst, die Steuerfahndungsdienststellen der Länder, den Zollfahndungsdienst und die Hauptzollämter eingeführt. Die Aufnahme des Zollfahndungsdiensts, der Hauptzollämter und der Steuerfahndungsdienststellen der Länder entspricht der Regelung des § 15 Absatz 1 PAuswG und der Einordnung als sogenannte Sicherheitsbehörde nach § 34 Absatz 3 BMG. Durch die in dem Gesetzentwurf gewählte Formulierung könnte die Zulässigkeit der jederzeitigen Abrufmöglichkeit fraglich sein. Diese ist aber erforderlich, weil die Identitätsüberprüfung von Personen durch die genannten Sicherheitsbehörden auf der Grundlage von Lichtbildern zumeist zeitkritisch und zugleich auch aus Gründen der Gefahrenabwehr rund um die Uhr an allen Tagen der Woche erforderlich ist. Grundsätzlich steht daher eine Zeitspanne, die ein Abwarten für eine herkömmliche Abfrage zu den üblichen Geschäftszeiten einer Pass- und Ausweisbehörden ermöglicht, nicht zur Verfügung. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine Abfrage auf manuellem Weg für die Sicherheitsbehörden als Regelfall daher ausscheidet.

Ebenso besteht bei manuellen Abfragen die Gefahr der Enttarnung von Personen oder der Verhinderung von Maßnahmen der Polizeibehörden und anderen Sicherheitsdiensten, da in diesen Fällen regelmäßig weitere Personen an der Bearbeitung beteiligt sind. Ziel der Sicherheitsbehörden ist es jedoch, die Zahl der ins Vertrauen zu ziehenden Personen auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Der automatisierte Abruf, bei dem nur die Sicherheitsbehörden protokollieren, schützt die Geheimschutzinteressen in stärkerem Maße durch die Möglichkeit der Schaffung technischer und organisatorischer Vorgaben und Beschränkungen. Er schützt aber auch die Interessen der abgerufenen Personen, da die Zahl der vom Abruf Kenntnis habenden Personen klein zu halten ist.

Auch für die Pass- und Ausweisbehörden bringt ein automatisierter Abruf eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands mit sich. Dem Datenschutz wird durch die hiermit verbundene automatisierte Protokollierung der Abrufe und die Nutzung vorgegebener sicherer Wege für den Datentransport Rechnung getragen.

Der automatisierte Abruf ist zugleich die schnellere Form der Kommunikation.

4. Zu Artikel 7 (Inkrafttreten)

Artikel 7 ist wie folgt zu fassen:

"Artikel 7
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft."

Folgeänderungen:

Begründung:

In Anbetracht dessen, dass eine Vielzahl von Personalausweis- und Passbehörden schon heute in der Lage sind, den örtlich zuständigen Polizeibehörden den automatisierten Abruf zu ermöglichen, soll die Berechtigung zum Abruf sofort mit Verkündung des Gesetzes erfolgen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass für die Personalausweis- und Passbehörden eine Verpflichtung besteht, den Abruf sicherzustellen.