Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien (2006/2034(INI))


Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2006.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 28. September 2006 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Indien die weltweit größten Demokratien sind und ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung zu Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit beständige Handels- und Wirtschaftsbeziehungen fördert, Rechtssicherheit für Investitionen bietet und zur regionalen und globalen Stabilität beiträgt,

B. in der Erwägung, dass der Gemeinsame Aktionsplan eine umfassende Reihe von Maßnahmen enthält, die im Rahmen des Dialogs und der Zusammenarbeit im Bereich Handels- und Wirtschaftspolitik ergriffen werden sollen, jedoch in der Erwägung, dass darin keine Prioritäten und Fristen festgelegt werden,

C. in der Erwägung, dass der größte Teil der ausländischen Direktinvestitionen in Indien aus der Europäischen Union kommt - 2004 beliefen sich die Abflüsse auf 1,1 Mrd. Euro -, und ferner in der Erwägung, dass die Zuflüsse der indischen Auslandsdirektinvestitionen in die Europäische Union von 140 Mio. Euro im Jahr 2002 auf 600 Mio. Euro im Jahr 2003 gestiegen sind,

D. in der Erwägung, dass 22,4 % der Exporte Indiens und 20,8 % seiner Importe in EU-Mitgliedstaaten gehen bzw. aus ihnen kommen, und ferner in der Erwägung, dass der Handel zwischen der Europäischen Union und Indien zwischen 1980 und 2004 von 4,4 Mrd. auf 33,2 Mrd. Euro und von 2003 bis 2004 um 16,9 % gestiegen ist,

E. in der Erwägung, dass das Verhältnis zwischen den relativen Handelsumfängen zwischen der Europäischen Union und Indien äußerst unausgewogen ist; in der Erwägung, dass 21 % des Handels Indiens auf die Europäische Union entfallen, dass jedoch der Anteil Indiens am EU-Handel weniger als 1 % beträgt; in der Erwägung, dass die Europäische Union der größte Handelspartner Indiens ist, Indien hingegen in der entsprechenden Liste der Europäischen Union erst an 10. Stelle erscheint,

F. in der Erwägung, dass die Wirtschaft Indiens im vergangenen Jahrzehnt um durchschnittlich 6 % pro Jahr gewachsen ist, und ferner in der Erwägung, dass sie im kommenden Jahrzehnt um 7-8 % weiter wachsen könnte,

G. in der Erwägung, dass ein ineffizienter Finanzsektor ein Hindernis dafür ist, dass Indien eine Wirtschaftswachstumsrate von 8 % beibehalten kann,

H. in der Erwägung, dass Indien sich wegen seiner Größe, seiner Bevölkerungszahl und seines dynamischen Wirtschaftswachstums in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer aufstrebenden Regionalmacht und einer der globalen Atommächte entwickelt hat, die den Lauf der Weltwirtschaft und die Sicherheit in der Welt beeinflussen kann, wodurch das Land größere Verantwortung in multilateralen Foren wie der Organisation der Vereinten Nationen (UNO), der Welthandelsorganisation (WTO) oder der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), und innerhalb regionaler Organisationen in Asien, vor allem SAARC und ASEAN, trägt,

I. in der Erwägung, dass der Aufstieg Indiens zwar einerseits gute Möglichkeiten bietet, andererseits jedoch für bestimmte Industriebranchen der Europäischen Union auch Anlass zu berechtigter Sorge ist und politisches Handeln und Zusammenarbeit auf EUEbene dringend geboten sind, damit die Ausfuhren Indiens unter wirtschafts- und handelspolitischen Aspekten bewältigt werden können,

J. in der Erwägung, dass Indien im Jahr 2025 eine Bevölkerung von 1,4 Milliarden haben und China als das bevölkerungsreichste Land der Welt wohl ablösen wird, wenn die Bevölkerungswachstumsrate von derzeit 2 % unverändert bleibt,

K. in der Erwägung, dass im Jahr 2020 der durchschnittliche Westeuropäer 45, der durchschnittliche Inder hingegen nur 29 Jahre alt sein wird; in der Erwägung, dass infolge der derzeitigen demographischen Entwicklung das potenzielle Wachstum der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 zurückgehen wird; in der Erwägung, dass im Gegensatz dazu Indiens wichtigster Wettbewerbsvorteil eine große Reserve an jungen, ausgebildeten Englisch sprechenden, preiswerten Arbeitskräften ist,

L. in der Erwägung, dass ein erfolgreicher Abschluss der Doha-Entwicklungsagenda (DDA) sowohl für die Europäische Union als auch für Indien von zentraler Bedeutung ist und in der Erwägung, dass eine derartige Einigung bilaterale "WTO+"-Abkommen nicht ausschließt,

M. in der Erwägung, dass Indien zu den Ländern gehört, die das Antidumping-Instrument höchst aktiv handhaben, indem es einerseits selbst Verfahren einleitet - 412 Untersuchungen im letzten Jahrzehnt, gefolgt von den USA mit 358 und der Europäischen Union mit 318 - , andererseits aber auch Verfahren gegen indische Akteure eröffnet werden,

N. in der Erwägung, dass Indien erst vor kurzem einen Rechtsrahmen für geografische Angaben festgelegt hat, dass jedoch bereits 27 geografische Angaben aus Indien eingetragen und mehr als 40 Anträge anhängig sind,

O. in der Erwägung, dass die Durchsetzung der Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Rechten an geistigem Eigentum im Rahmen der WTO sowohl für die Europäische Union als auch für Indien wichtig ist,

P. in der Erwägung, dass mehr als 20 Millionen Inder im Ausland leben, davon etwa 3 Millionen in der Europäischen Union, und durchschnittlich 6 Mrd. US-Dollar pro Jahr nach Indien überweisen,

Q. in der Erwägung, dass die seit 1947 anhaltenden Spannungen zwischen den nunmehr nuklear bewaffneten Ländern Indien und Pakistan, die die Welt an den Rand eines Atomkriegs gebracht haben, Investitionen und Zusagen aus dem Ausland in beiden Ländern verhindern,

R. in der Erwägung, dass die weltweite Nachfrage nach Öl seit dem Jahr 2000 um 7 Mio. Barrel pro Tag gestiegen ist, wovon 1 Mio. Barrel nach Indien fließen, dessen Ölverbrauch schnell ansteigt; in der Erwägung, dass Indiens Äthanolindustrie mit einer Jahresproduktion von 462 Mio. Gallonen weltweit die viertgrößte ist; in der Erwägung, dass 70 % der in Indien verbrauchten Energie importiert werden, dass sein anhaltendes Wirtschaftswachstum von der Eröffnung neuer Energieversorgungsmöglichkeiten abhängt und dass die zunehmende weltweite Nachfrage nach Öl eine potenzielle Quelle wirtschaftlicher Instabilität und strategischer und politischer Spannungen ist,

S. jedoch in der Erwägung, dass Indien als erstes südasiatisches Land strategische Erdölreserven anlegt,

T. in der Erwägung, dass 390 Mio. Inder von weniger als 1 US-Dollar pro Tag leben und dass die verschieden Bevölkerungsschichten in höchst ungleichem Maße vom Wachstum Indiens profitieren, das eigentlich nur einem winzigen Teil der Gesellschaft zugute kommt,

U. in der Erwägung, dass sich das BNP in Gujarat, dem Bundesstaat Indiens mit der höchsten Wachstumsrate, zwischen 1993 und 2003 verdoppelt hat und das Pro-Kopf-BNP um 73 % gestiegen ist; in der Erwägung, dass dagegen im gleichen Zeitraum die Steigerung des Pro-Kopf-BNP im ärmsten Bundesstaat Indiens, Bihar, nur 22 % betrug,

V. in der Erwägung, dass am 2. Februar 2006 im Bezirk Anantapur (Bundesstaat Andhra Pradesh) die Initiative "Rural Employment Guarantee Scheme" auf den Weg gebracht wurde die jeweils einem Mitglied von Familien mit geringem Einkommen hundert Tage Arbeit pro Jahr zu einem Mindestlohn in öffentlichen Projekten garantiert, und dass dieses Programm die ehrgeizigste Maßnahme im Kampf gegen die Armut in ländlichen Gebieten in Indien darstellt,

W. in der Erwägung, dass Indien am meisten vom Allgemeinen Präferenzsystem (APS) profitiert und 2005 Ausfuhren in Höhe von 7,7 Mrd. Euro mit präferenziellem Zugang zum EU-Markt unter Zollbefreiung oder mit herabgesetzten Zollsätzen tätigte; in der Erwägung, dass somit fast die Hälfte der Ausfuhren Indiens in die Europäische Union, die auf etwas mehr als 17 Mrd. Dollar geschätzt werden, vom ASP profitierten; in der Erwägung, dass die Zollsätze für indische Bekleidung im Durchschnitt von 12 % auf 9,5 % gesenkt wurden,

X. in der Erwägung, dass sowohl China als auch Indien am stärksten von der Abschaffung der Textil- und Bekleidungsquoten seit dem 1. Januar 2005 profitiert haben da ihre Ausfuhren letztes Jahr um 42 % bzw. 18 % angestiegen sind, wogegen die meisten anderen Hersteller aus Entwicklungsländern Verluste hinnehmen mussten, wenn auch die Wiedereinführung von Quoten für chinesische Exporte Mitte des Jahres 2005 einen positiven Effekt auf ihre Ausfuhren in der zweiten Jahreshälfte hatte,

Y. in der Erwägung, dass Indien zu den Ländern mit den weltweit meisten Fällen von Kinderarbeit gehört,

Z. in der Erwägung, dass in Indien nach dem Bericht der Vereinten Nationen über die globale AIDS-Epidemie von 2006 5,7 Mio. Menschen mit HIV/AIDS infiziert sind; in der Erwägung, dass schätzungsweise weniger als 1 % der erwachsenen Bevölkerung in Indien derzeit infiziert ist, dass Indien aber bei der Zahl der mit HIV/AIDS infizierten Menschen weltweit noch vor Südafrika an erster Stelle steht, wodurch deutlich wird, wie stark sich diese Krankheit auf dem südasiatischen Subkontinent ausgebreitet hat; in der Erwägung, dass die Wirtschaft von Staaten mit hoher Inzidenzrate boomt und die Infektion also auch durch Wanderarbeitnehmer und Lastwagenfahrer eingeschleppt wird

AA. in der Erwägung, dass etwa 80 % des geografischen Gebiets Indiens immer wieder von Zyklonen, Überflutungen, Erdrutschen, Dürren, Erdbeben und lokal auftretenden Gefahren heimgesucht werden, und in der Erwägung, dass die Kombination von schlechter sozioökonomischer Lage und Katastrophen einen Teufelskreis von Armut und Gefährdung geschaffen haben,

AB. in der Erwägung, dass das Auftreten von Malaria und Cholera noch immer Anlass zu schwerer Sorge im Land gibt, und dass dafür spezifische Maßnahmen getroffen werden müssen,

AC. in der Erwägung, dass Indien aufgrund der im Kastensystem verankerten anhaltenden Diskriminierung das Potenzial und die Fertigkeiten seiner Bevölkerung noch immer nicht optimal nutzen kann, Handel

Zusammenarbeit zwischen der EU und Indien

Die wirtschaftliche und soziale Lage Indiens

Entwicklung und Umwelt