Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Belarus

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5309 - vom 27. Oktober 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 29. September 2005 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Belarus

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich die Situation in Belarus keineswegs verbessert, sondern weiter verschlechtert und einen Punkt erreicht hat, an dem die grundlegenden Menschenrechte mit Füßen getreten werden, das Parlament über keinerlei Gesetzgebungsbefugnisse mehr verfügt und das Wirtschaftsleben vom Präsidenten kontrolliert wird, in der Erwägung, dass diese Verstöße die Inhaftierung von Mitgliedern der demokratischen Opposition und andere Formen von Repression gegen sie umfassen,

B. in der Erwägung, dass in den letzten Jahren mehrere politische Parteien, 22 unabhängige Zeitungen, über fünfzig nichtstaatliche Organisationen, die auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen politischen Ausrichtungen für Demokratie eintreten, sowie verschiedene Bildungseinrichtungen "aus technischen Gründen" geschlossen wurden, dass aber diese Organisationen in allen Fällen eindeutig wegen Kritik am Präsidenten und seiner Politik bestraft wurden,

C. in der Erwägung, dass der belarussische Justizminister Viktar Halavanau eine Verfügung erlassen hat, wonach sich alle Parteien, Gewerkschaften, Koalitionen, Bürgerinitiativen und Bewegungen registrieren lassen müssen, und dass damit bezweckt wird, die Vereinigung der politischen Kräfte zu behindern, die bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr einen Herausforderer Lukaschenkos unterstützen würden,

D. in der Erwägung, dass der belarussische Präsident Lukaschenko am 13. September 2005 eine Verfügung erlassen hat, wonach ihm das Recht auf Begnadigung bei Eigentumsdelikten zusteht, und dass dies ein weiterer Schritt ist, um alle Macht im Lande, einschließlich der Rechtsprechung, in einer Hand zu konzentrieren,

E. in der Erwägung, dass die UN-Menschenrechtskommission Belarus im April 2005 kritisiert hat, weil immer wieder berichtet wird über Repressalien gegen und die Auflösung von nichtstaatlichen Organisationen sowie Organisationen der nationalen Minderheiten, gegen unabhängige Medien, Oppositionsparteien, unabhängige Gewerkschaften und religiöse Organisationen sowie über Repressalien gegen Einzelpersonen, die sich demokratisch engagieren, auch in unabhängigen Medien,

F. in der Erwägung, dass nach der Schließung der unabhängigen Universitäten in Belarus die Europäische Humanistische Universität für belarussische Studenten im Exil in Vilnius eröffnet wurde,

G. in der Erwägung, dass es in Belarus nach wie vor zu politisch motivierten Festnahmen und Verfahren gegen Aktivisten der demokratischen Bewegung und unabhängige Journalisten sowie zur Abschiebung ausländischer Bürger kommt,

H. in der Erwägung, dass keine Fortschritte bezüglich der ungeklärten Fälle mehrerer verschwundener Personen zu verzeichnen sind,

I. in der Erwägung, dass der Vorstand der Vereinigung der Polen in Belarus vom belarussischen Justizministerium am 12. Mai 2005 für illegal erklärt wurde, dass eine Druckerei es auf Anweisung der Regierung abgelehnt hat, die polnische Wochenzeitung "Glos znad Niemna" zu drucken, und statt dessen im Auftrag der Regierung gefälschte Ausgaben gedruckt wurden,

J. in der Erwägung, dass das Regime von Lukaschenko am 27. August 2005 eine Vorstandssitzung der Vereinigung der Polen in Belarus einberufen hat, um den demokratisch und rechtmäßig gewählten Vorstand zum Rücktritt zu zwingen und ihn durch einen dem Regime genehmen Vorstand zu ersetzen,

K. in der Erwägung, dass sich die Lage der anderen Minderheiten, einschließlich der Roma, sowie der religiösen Minderheiten immer weiter verschlechtert, in der Erwägung, dass protestantische Kirchen geschlossen wurden und die evangelische Kirche verboten wurde,

L. in der Erwägung, dass das Recht auf Informationsfreiheit nicht wahrgenommen werden kann, da alle Fernsehsender, die nationalen wie die regionalen, von der Regierung kontrolliert werden und alle Internetverbindungen über ein staatliches Unternehmen hergestellt werden, das zahlreiche Accounts und Websites blockiert,

M. in der Erwägung, dass alle Kabelnetzbetreiber strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie ausländische Kanäle anbieten, die von der belarussischen Regierung nicht genehmigt wurden, in der Erwägung, dass es den belarussischen Kabel-TV-Anbietern auf dieser Grundlage auch verboten wurde, sämtliche ukrainischen Sender sowie den polnischen Sender Polonia auszustrahlen,

N. in der Erwägung, dass jegliche Registrierung neuer Zeitungen von den staatlichen Organen gestoppt wurde, dass tagtäglich Verfahren gegen Zeitungen und Journalisten stattfinden und dass viele bestehende Zeitungen mit hohen Geldbußen belegt wurden, die es ihnen unmöglich machen, weiterhin zu erscheinen,

O. in der Erwägung, dass Präsident Lukaschenko es nahezu gänzlich verhindert, dass das internationale Netz von nichtstaatlichen Organisationen in Europa und Belarus Kindern, die unter den Folgen der Katastrophe von Tschernobyl leiden, dabei hilft, zur Erholung in verschiedene europäische Länder zu reisen,

P. in der Erwägung, dass Polen vorübergehend seinen Botschafter aus Minsk abberufen hat, nachdem eine Reihe von Diplomaten ausgewiesen worden waren, und die Beschuldigungen von Präsident Lukaschenko, Polen mische sich in die inneren Angelegenheiten des Landes ein, zurückweist,

Q. in der Erwägung, dass Präsident Lukaschenko auf dem UN-Gipfel in New York am 15. September 2005 die UN-Menschenrechtsgremien beschuldigte, sie ließen sich missbrauchen, um Kontrolle über andere Länder zu erlangen,

R. in der Erwägung, dass es der Vorgehensweise des Rates gegenüber Belarus an Bestimmtheit und Entschlossenheit mangelt,


1 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0080.
2 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0295.