Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

A. Problem und Ziel

Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften dient dazu, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 in nationales Recht umzusetzen. Der EGMR hat festgestellt, dass die mit der Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften verbundene Pflicht eines Grundeigentümers, die Ausübung der Jagd durch Dritte auf seinem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive zu dulden, gegen Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt.

Nach dem Bundesjagdgesetz gehören Eigentümer von Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 75 ha einer Jagdgenossenschaft an und müssen die Bejagung ihrer Flächen dulden. Hiergegen hatte sich ein Grundstückseigentümers gewandt, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Der EGMR hat seiner Beschwerde stattgegeben und eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentums festgestellt.

Die Bundesrepublik Deutschland hat als Unterzeichnerstaat der Menschenrechtskonvention die Pflicht, das Urteil umzusetzen und eine konventionskonforme Rechtslage herzustellen.

B. Lösung

Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfs.

Der Entwurf ermöglicht Grundeigentümern, die einer Jagdgenossenschaft angehören und die Bejagung ihrer Flächen aus ethischen Gründen ablehnen, auf Antrag aus der Jagdgenossenschaft auszuscheiden. Praktisch wird dies dadurch erreicht, dass das betroffene Grundstück durch die zuständige Behörde unter bestimmten Voraussetzungen aus ethischen Gründen für befriedet erklärt werden kann. Die ethischen Motive sind vom Grundeigentümer glaubhaft zu machen. Die Befriedung hat zur Folge, dass die betreffende Fläche grundsätzlich nicht mehr bejagt werden darf. Da die Nichtbejagung einzelner Flächen des gemeinschaftlichen Jagdbezirks in mehrfacher Hinsicht erhebliche Auswirkungen auf die übrigen Flächen haben kann (insbes. bzgl. Regulierung des Wildbestandes, Vermeidung von Wildschäden, Vermeidung von Wildseuchen etc.), sind bei der Entscheidung über den Antrag neben den Interessen des Antragstellers auch verschiedene Allgemeinwohlbelange sowie die Interessen betroffener Dritter (insbes. Land- und Forstwirtschaft) von der Behörde gegeneinander abzuwägen. Die Behörde hat vor ihrer Entscheidung über den Antrag eine Anhörung unter Einbeziehung aller Betroffenen durchzuführen: neben dem Antragsteller sind auch Jagdgenossenschaft, Jagdpächter, angrenzende Grundeigentümer, Jagdbeirat sowie Träger öffentlicher Belange anzuhören.

Flankierende Regelungen enthält der Entwurf zur Haftung des ausscheidenden Grundeigentümers für Wildschäden, zur Wildfolge und zum jagdlichen Aneignungsrecht.

Darüber hinaus wird die Strafvorschrift zur Jagdwilderei ( § 292 StGB) an die neu geschaffene Befriedung aus ethischen Gründen angepasst. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Betreten der aus ethischen Gründen befriedeten Grundflächen, die in der Flur nicht unbedingt als solche erkennbar sind, für die im Jagdbezirk zur Jagdausübung befugten Personen keine Strafbarkeit nach sich zieht.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Zur Beendigung der Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften ist ein Antrag des Grundeigentümers erforderlich, bei dem er die ethischen Motive für die Ablehnung der Jagd glaubhaft zu machen hat. Der dadurch entstehende Aufwand ist geringfügig, da zur Glaubhaftmachung die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ausreicht.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft wird keine Informationspflicht oder weitere Vorgabe neu eingeführt, geändert oder abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

a) Bund

Durch das Gesetz entstehen für den Haushalt des Bundes keine Mehrkosten.

b) Länder

Für die Verwaltung der Länder entsteht zusätzlicher Vollzugsaufwand durch Amtshandlungen bei der Antragsbearbeitung.

Im Einzelnen stellt sich der Erfüllungsaufwand für die Länder wie folgt dar:

Bundesweit werden voraussichtlich höchstens 300 Anträge auf Austritt aus der Jagdgenossenschaft gestellt werden. Der Bearbeitungsaufwand pro Antrag wird bei etwa 30 Stunden durch einen Mitarbeiter des gehobenen Dienstes (pro Stunde 35,10 €) liegen. Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Verwaltung wird daher bis zu 315.900 Euro betragen.

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 21. Dezember 2012
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, um eine rasche Umsetzung des EGMR-Urteils zu erreichen und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Federführend ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 01.02.13
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bundesjagdgesetzes

Nach § 6 des Bundesjagdgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2557) geändert worden ist, wird folgender § 6a eingefügt:

" § 6a Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen

Artikel 2
Änderung des Strafgesetzbuchs

Dem § 292 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2012 (BGBl I S. 1374) geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für die in einem Jagdbezirk zur Ausübung der Jagd befugten Personen hinsichtlich des Jagdrechts auf den zu diesem Jagdbezirk gehörenden nach 6a Bundesjagdgesetz für befriedet erklärten Grundflächen."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ...[einsetzen: Datum desjenigen Tages des sechsten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats, dessen Zahl mit der des Tages der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, Datum des ersten Tages des darauffolgenden Kalendermonats] in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit

Ziel des vorliegenden Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften ist es, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 in nationales Recht umzusetzen. Nach den Feststellungen des Gerichts verletzt die mit der im Bundesjagdgesetz verankerten Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften verbundene Pflicht eines Grundeigentümers, die Ausübung der Jagd durch Dritte auf seinem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive zu dulden, Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die Bundesrepublik Deutschland hat als Unterzeichnerstaat der Menschenrechtskonvention die Pflicht, das Urteil umzusetzen und eine Rechtslage herzustellen, die mit der Konvention im Einklang steht.

II. Sachverhalt

Nach dem Bundesjagdgesetz gehören Eigentümer von Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 75 ha kraft Gesetzes einer Jagdgenossenschaft an. Diese Eigentümer müssen die Bejagung ihrer Flächen durch Dritte dulden, wenn die Jagdgenossenschaft die Jagd auf den Genossenschaftsflächen - was in der Praxis die Regel ist - verpachtet oder aber durch angestellte Jäger ausüben lässt.

Durch die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften (§§ 8 und 9 BJagdG) stellt das deutsche Jagdrecht sicher, dass kleinere Flächen zu wildbiologisch sinnvollen Flächeneinheiten gebündelt werden. Denn: Wild macht an Grundstücksgrenzen nicht Halt, sondern folgt artspezifischen Verhaltensweisen und Lebensraumansprüchen. Durch die Bündelung der Flächen wird ein grundstücksübergreifendes einheitliches Wildmanagement ermöglicht, um die Ziele der Jagd auch auf kleineren Flächen zu gewährleisten. Diese Regelung, die Ausdruck des deutschen Reviersystems ist, hat der EGMR vom Grundsatz her nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr anerkannt, dass die Bejagung auch kleinerer Grundflächen dem Allgemeinwohl (insbes. der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes, dem Tier- und Artenschutz, der Vermeidung von Tierseuchen etc.) dient sowie auch der Vermeidung von Wildschäden insbesondere in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und damit dem Schutz der Interessen Dritter.

Die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft knüpft an das Grundstückseigentum an und lässt subjektive Einstellungen des jeweiligen Eigentümers zur Jagd unberücksichtigt. Hiergegen hatte sich ein Grundstückseigentümers in dem vom EGMR entschiedenen Fall gewandt, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Nach Ansicht des EGMR führt die deutsche Rechtslage hier zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Eigentums, die über eine dem Gesetzgeber zuzubilligende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums hinausgeht. Das Gericht hat mit dem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen in Frankreich und Luxemburg fortgesetzt.

III. Alternativen

Andere Möglichkeiten für eine bundesweit einheitliche Lösung bestehen nicht. Das Gesetz ist zur nationalen Umsetzung des EGMR-Urteils erforderlich.

IV. Mitteilungspflichten, andere administrative Pflichten oder Genehmigungsvorbehalte

Über die Befriedung soll in einem Verwaltungsverfahren, das auf Antrag des Grundeigentümers bei den nach Landesrecht zuständigen Jagdbehörden eingeleitet wird, entschieden werden. Der Entwurf sieht ferner für den Fall, dass das Eigentum an einem aus ethischen Gründen befriedeten Grundstück nach der Befriedung wechselt, eine Mitteilung an die zuständige Behörde vor.

V. Gesetzesfolgen

Durch das Gesetz entstehen für den Haushalt des Bundes keine Mehrkosten. Der Erfüllungsaufwand für die Länder stellt sich wie folgt dar:

Bundesweit werden voraussichtlich höchstens 300 Anträge auf Austritt aus der Jagdgenossenschaft gestellt werden. Der Bearbeitungsaufwand pro Antrag wird bei etwa 30 Stunden durch einen Mitarbeiter des gehobenen Dienstes (pro Stunde 3 5, 10 €) liegen. Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Verwaltung wird daher bis zu 315.900 € Euro betragen.

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht nur im Falle einer fakultativen Antragstellung Aufwand, der als geringfügig einzustufen ist. Für die Glaubhaftmachung ethischer Motive reicht die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung aus.

Für die Wirtschaft entstehen keine Belastungen.

Gleichstellungspolitische Aspekte werden durch den Gesetzentwurf nicht berührt.

Auch die Belange der Nachhaltigkeit sind gewahrt. Das zur Regulierung einer angemessenen Wildpopulation durch Jagdausübung erforderliche und im Bundesjagdgesetz verankerte Reviersystem wird trotz Ermöglichung der Einrichtung zusätzlicher neuer befriedeter Bezirke beibehalten.

VI. Gesetzgebungszuständigkeit, Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt im Wesentlichen aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 28 (Jagdwesen) des Grundgesetzes (GG). Das Gesetz betrifft die Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften. Es regelt insoweit Ausnahmen und trifft ergänzende Regelungen zu den damit zusammenhängenden Fragen wie Regulierung des Wildbestandes, Aneignung von Wild und Wildschadensersatz.

Darüber hinaus ergibt sich die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 20 (Tierschutz) GG, da das Gesetz ergänzend auch Regelungen zur Wildfolge trifft, die der Verhinderung vermeidbarer Schmerzen oder Leiden bei verletztem Wild dienen. Insofern ist die bundeseinheitliche Regelung zur Wahrung insbesondere der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Da mit dem vorliegenden Gesetz die Ausnahmen zur Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften länderübergreifend gelten, ist insoweit auch eine einheitliche, grundlegende Wildfolgeregelung erforderlich, um bundesweit ein gleichmäßig hohes Tierschutzniveau zu erhalten. Soweit die Länder konkretisierende Reglungen zum Inhalt der Wildfolge getroffen haben, bleiben diese unberührt.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Änderung von § 292 Strafgesetzbuch (Jagdwilderei) ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat - hier insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention - vereinbar.

VII. Inkrafttreten und Befristung

Das Gesetz, das das Urteil des EGMR vom 26. Juni 2012 in nationales Recht umsetzt und damit den vom Gericht festgestellten Verstoß des Bundesjagdgesetzes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention beseitigt, soll sobald wie möglich in Kraft treten. Nach Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 GG treten Bundesgesetze auf dem Gebiet des Jagdwesens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft.

Eine Befristung des Gesetzes ist nicht sinnvoll, da der vom Gericht festgestellte Verstoß durch eine befristete Lösung nicht kompensiert werden kann.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderungen des Bundesjagdgesetzes)

Zu Nummer 1 ( § 6a BJagdG)

Die neu eingefügt Vorschrift ermöglicht Grundeigentümern mit weniger als 75 ha Fläche, die von Gesetzes wegen Mitglieder in einer Jagdgenossenschaft sind (§§ 8, 9 Absatz 1 Satz 1 BJagdG), diese Zwangsmitgliedschaft unter bestimmten Voraussetzungen aufzulösen.

Dabei knüpft § 6a inhaltlich und systematisch an bereits bestehende Regelungen an (vgl. §§ 6 und 9 BJagdG) und macht sich insoweit eine bereits bestehende Ausnahme zunutze, nach der Eigentümer von Flächen, auf denen die Jagd nicht ausgeübt werden darf, der Jagdgenossenschaft nicht angehören (§ 9 Absatz 1 Satz 2 BJagdG).

Zu diesen Flächen zählen die sog. befriedeten Bezirke, in denen die Jagd grundsätzlich ruht (§ 6 Satz 1 BJagdG).

Der neue § 6a eröffnet nun Grundeigentümern, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, die Möglichkeit, über ein Antragsverfahren ihre Flächen zu befriedeten Bezirken erklären zu lassen. Wird dem Antrag stattgegeben, besteht auf den befriedeten Flächen Jagdruhe. Sie sind damit von der Bejagung im gemeinschaftlichen Jagdbezirk - dem das Grundstück nach wie vor angehört (Reviersystem - §§ 7, 8 BJagdG) - ausgenommen.

Zu Absatz 1

Absatz 1 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen eine Befriedung von Grundstücken in gemeinschaftlichen Jagdbezirken aus ethischen Gründen möglich ist.

Für die Befriedung eines Grundstücks aus ethischen Gründen bedarf es nach § 6a Absatz 1 eines Antrags, der schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde, zu stellen ist (Absatz 1 Satz 3).

Antragsberechtigt sind nur natürliche Personen, da die Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen Ausdruck einer persönliche Überzeugung und Gewissensentscheidung ist. Daher entfällt eine Befriedung bei juristischen Personen. Im Falle von Mit- oder Gesamthandseigentum mehrerer natürlicher Personen muss der Antrag von allen Eigentümern gestellt und begründet sein.

Die ethischen Motive sind glaubhaft zu machen. Ihre bloße Behauptung reicht also nicht aus. Vielmehr wird vom Antragsteller verlangt, dass er seine verfahrensrechtlich bedeutsame Behauptung mit Hilfe der Glaubhaftmachung bekräftigt, also objektive Umstände nachweist, die das Vorliegen einer ernsthaften und echten Gewissensentscheidung nachvollziehbar machen, so dass zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein ethischer Motive spricht. Die Glaubhaftmachung kann durch jedes Beweismittel, auch durch eidesstattliche Versicherung erfolgen.

Ethische Gründe für eine Ablehnung der Jagd sind dagegen nicht anzuerkennen, wenn objektive Umständen vorliegen, die im Widerspruch zur der vom Antragsteller behaupteten Motivation stehen: Regelbeispiel dafür ist der Fall, dass der Antragsteller die Jagd selbst ausübt oder die Ausübung der Jagd durch Dritte duldet (Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a). Dabei ist die Duldung im Rahmen der bisherigen Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft unerheblich, da sie gesetzlich vorgeschrieben und somit nicht Ausdruck einer individuellen/subjektiven Entscheidung war.

Ethische Motive sind im Rahmen eines weiteren Regelbeispiel gleichfalls ausgeschlossen, wenn der Antragsteller Inhaber eines gültigen Jagdscheins (vgl. § 15 BJagdG) ist oder einen solchen beantragt hat (Absatz 1 Satz 2 Buchstabe b) und dieser Sachverhalt im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Antrag auf Befriedung noch fortbesteht. Die bloße Ablegung der Jägerprüfung in der Vergangenheit reicht hierfür allein nicht aus.

Hat der Antragsteller ethische Gründe für die Ablehnung der Jagd glaubhaft dargelegt, ist sein Interesse an einer Befriedung bzw. der daraus folgenden Jagdruhe mit den Belangen des Allgemeinwohls sowie den geschützten Interessen Dritter abzuwägen, denn die Befriedung führt zu einer Durchbrechung des jagdlichen Systems, die evtl. weitreichende Folgen für die vorgenannten Belange haben kann. Mit Rücksicht darauf, dass Wild nicht an Grundstücksgrenzen Halt macht, sondern seinen artspezifischen Bedürfnissen bzgl. Verhalten und Lebensraum folgt, sieht das Bundesjagdgesetz vom Grundsatz her die flächendeckende Bejagung aller Grundflächen vor (Reviersystem, §§ 4, 7, 8 BJagdG). Dabei sind vor allem die Ziele der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, wie sie u.a. in § 1 Absatz 2 und § 21 Absatz 1 BJagdG näher konkretisiert sind, zu berücksichtigen. Dies gilt ebenso für Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie für den Schutz vor Tierseuchen und die Anforderungen an die Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (z.B. Straßenverkehr). Mit diesen Belangen muss eine Befriedung vereinbar sein. Nur dann ist eine Durchbrechung des Systems zugunsten rein privater Interessen zu rechtfertigen.

Bei der Prüfung ist zu beachten, dass es an der Vereinbarkeit mit den geschützten Gemeinwohlbelangen nur dann fehlt, wenn die im Einzelfall beantragte Befriedung eine durch Tatsachen belegte konkrete Gefährdung für diese Belange verursacht. Anhaltspunkte dafür liegen z.B. vor, wenn die Befriedung die Durchführung einer Bewegungsjagd im betroffenen Jagdbezirk unzumutbar erschweren würde. Denn ohne Bewegungsjagd lassen sich die dem Gemeinwohl verpflichteten Ziele der Jagd nicht erreichen. Kann der Gefährdung etwa auch durch Maßnahmen nach Absatz 3 (räumlich oder zeitlich beschränkte Befriedung) oder Absatz 5 (Anordnung der Jagd in befriedeten Bezirken) hinreichend entgegengewirkt werden, dürften diese Maßnahmen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Versagung der Befriedung vorgehen.

Der Entscheidung über den Antrag auf Befriedung aus ethischen Gründen hat eine Anhörung der Betroffenen vorauszugehen. Der Kreis der Anhörungsberechtigten spiegelt weitgehend die von der Behörde abzuwägenden Belange wider: Neben dem Antragsteller nennt die Vorschrift die Jagdgenossenschaft, zu deren Jagdbezirk das Grundstück zählt. Sofern die Jagdgenossenschaft die Jagd verpachtet hat, ist auch der Jagdpächter anzuhören. Der Wegfall von Grundstücken infolge Befriedung kann im Einzelfall zu erheblichen Behinderungen bei der Jagdausübung auf der verbleibenden Jagdbezirksfläche führen und negative Auswirkungen auf den laufenden Jagdpachtvertrag haben. Dies gilt nicht nur für den eigentlichen Jagdbetrieb (z.B. grundstücksübergreifende Bejagung durch Drückjagden/ räumliche Organisation der Jagd/ Aufstellen von Hochsitzen/ Ausbringen von Kirrungen etc.), von dem das befriedete Grundstück auszunehmen ist, sondern auch für weitere Hegemaßnahmen (z.B. Anlegen von Wildäckern und Hecken). Befriedete Grundstücke können zu Rückzugsgebieten für das Wild werden, einen Anstieg der Wildpopulation befördern und ggf. einen Anstieg von Wildschäden auf den benachbarten Flächen verursachen. Vor diesem Hintergrund sind auch die angrenzenden Grundeigentümer anzuhören (aus dem betroffenen Jagdbezirk/ den angrenzenden Jagdbezirken) sowie der Jagdbeirat und sonstige Träger öffentlicher Belange (z.B. Landwirtschaftsamt bzw. -kammer, Straßenverkehrsbehörden, Naturschutzbehörden), soweit sie betroffen sind.

Eigenjagdbezirke, also Grundflächen mit einer land-, forst- und fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von mindestens 75 ha, die im Eigentum einer Person oder Personengemeinschaft stehen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 1 BJagdG), sind - ausgenommen die ihnen kraft Gesetzes oder auf Grund einer behördlichen Entscheidung angegliederten Grundflächen (vgl Absatz 10) - nicht von der Möglichkeit einer Befriedung erfasst. Hier ist die Eröffnung einer Befriedungsmöglichkeit weder erforderlich noch wäre sie zweckmäßig. Denn der Inhaber eines Eigenjagdbezirks unterliegt nicht den Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die das BJagdG für Eigentümer von Grundflächen kleiner 75 ha vorsieht und die der EGMR in dem hier umzusetzenden Urteil in ihrer Ausnahmslosigkeit als unverhältnismäßig eingestuft hat. Der Eigentümer eines Grundstücks im Umfang von mindestens 75 ha ist eben nicht kraft Gesetzes Mitglied einer Jagdgenossenschaft. Er muss auch nicht die Ausübung der Jagd durch Dritte auf seinem Grundstück dulden. Der Inhaber eines Eigenjagdbezirks kann vielmehr selbst über die Wahrnehmung und Ausübung des Jagdrechts in dem Eigenjagdbezirk entscheiden. Folglich ist der Eigenjagdbezirk nicht in die neuen Regelungen zur Befriedung von Grundstücken einzubeziehen.

Zu Absatz 2

§ 6a Absatz 2 bestimmt als Zeitpunkt, zu dem die Befriedung bei begründetem Antrag wirksam wird, das Ende des Jagdpachtvertrages. Hat die Jagdgenossenschaft das Jagdausübungsrecht verpachtet, müssen die Vertragspartner des Jagdpachtvertrages die Möglichkeit haben, sich auf die veränderte Situation einzustellen. Ein unmittelbares Wirksamwerden der Befriedung während des laufenden Jagdpachtvertrages wäre angesichts der Auswirkungen, die die Befriedung auf die praktische Jagdausübung haben kann, nicht sachgerecht. Dies gilt umso mehr, je nachhaltiger und tiefgreifender die Befriedung eine Veränderung der ursprünglichen Geschäftsgrundlage des Jagdpachtvertrages zur Folge hat. Nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf finanzielle Aspekte wie Höhe der Jagdpacht, Höhe des vom Jagdpächter übernommenen Wildschadensersatzes etc. ordnet Absatz 2 deshalb an, dass die Befriedung grundsätzlich mit Wirkung zum Ende des Jagdpachtvertrages erfolgt. Da Jagdpachtverträge jedoch regelmäßig auf mehrere Jahre abgeschlossen werden (vgl. nur § 11 Absatz 4 Satz 2 BJagdG: 9 Jahre), kann eine Befriedung zum Ende des Jagdpachtvertrages für den Antragsteller im Einzelfall eine ungerechtfertigte Härte darstellen. Das Gesetz trägt dem in Absatz 2 Satz 2 Rechnung: Sofern dem Antragsteller ein Wirksamwerden der Befriedung zum Vertragsende unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten ist, kann die Behörde ein früheres Wirksamwerden bestimmen (frühestens jedoch zum Ende des laufenden Jagdjahres (1. April bis 31. März - vgl. § 11 Absatz 4 Satz 5 BJagdG). In diesen Fällen kann die Jagdgenossenschaft vom Antragsteller den Schaden ersetzt verlangen, der ihr durch eine vorzeitige Befriedung entsteht (z.B. im Rahmen der Anpassung des laufenden Jagdpachtvertrages).

Zu Absatz 3

Absatz 3 eröffnet der Behörde Gestaltungsmöglichkeiten beim räumlichen und zeitlichen Umfang der Befriedung und ermöglicht so flexiblere Lösungen im Einzelfall. Insbesondere bei größeren zusammenhängenden oder aber verstreut liegenden, kleineren Antragsflächen kann im Einzelfall nach Abwägung aller betroffenen Belange auch eine teilweise Befriedung angemessen sein.

Zu Absatz 4

Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen, unter denen eine erteilte Befriedung erlischt bzw. nachträglich wieder aufgehoben werden kann.

Da die Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen eng mit der Person des jeweiligen Eigentümers und seiner höchstpersönlichen Einstellung zur Jagd verbunden ist, ist ein Erlöschen der Befriedung sachgerecht, wenn die Person des Eigentümers wechselt, wie dies z.B. bei Tod des Grundeigentümers oder bei Veräußerung des Grundstücks der Fall ist.

Mit dem Tod des Eigentümers bzw. dem Übergang des Grundeigentums auf den Käufer verknüpft die Regelung daher ein Erlöschen der Befriedung (Absatz 4 Satz 1). Die Befriedung geht nicht auf einen neuen Eigentümer über. Die vorgesehene Karenzzeit von drei Monaten dient der Wahrung der Rechtssicherheit. Sie vermeidet, dass sich der jagdliche Status eines Grundstücks und die daran anknüpfenden rechtlichen Implikationen innerhalb kurzer und in der Jagdpraxis nicht zu berücksichtigender Zeiträume (unter Umständen sogar wiederholt) ändern. Satz 2 und 3 treffen Sonderregelungen hinsichtlich des Zeitpunkts des Erlöschens der bestehenden Befriedung für Fälle, in denen der neue Eigentümer aus in seiner Person liegenden ethischen Gründen eine erneute Befriedung beantragt oder in denen der neue Eigentümer auf die Beantragung einer erneuten Befriedung verzichtet.

Absatz 4 Satz 4 ermöglicht einen Widerruf der Befriedung und unterscheidet zwischen zwingenden Aufhebungsgründen (Nummer 1 und 2) und der Aufhebung im Regelfall, die im Ermessen der Behörde liegt.

Die Befriedung ist nach Absatz 4 Satz 4 Nummer 1 zu widerrufen, wenn der Eigentümer auf die Befriedung verzichtet. Eine Aufhebung ist aber auch dann angezeigt, wenn der Eigentümer in Widerspruch zu den bei Antragstellung vorgebrachten ethischen Motiven handelt, indem er die Jagd ausübt, einen Jagdschein löst oder die Jagdausübung durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet (Absatz 4 Satz 4 Nummer 2). Eine zum Widerruf führende Duldung liegt in den Fällen der Absätze 3, 5 und 8 nicht vor, da sie gesetzlich angeordnet und daher nicht Ausdruck einer freien Willens- und Gewissensentscheidung ist.

Darüber hinaus ist die Befriedung in der Regel aufzuheben, wenn Tatsachen bekannt werden, die den Anspruch auf Erklärung zum befriedeten Bezirk entfallen lassen. Diese Regelung fungiert als Auffangtatbestand für die Fälle, die nicht bereits von den Nummern 1und 2 abgedeckt sind und knüpft ebenfalls beispielsweise an ein widersprüchliches Verhalten des Antragstellers an.

Zu Absatz 5

§ 6a Absatz 5 stellt eine flankierende Regelung und notwendige Ergänzung zu § 27 BJagdG dar.

Fällt ein Grundstück infolge der Befriedung aus der Bejagung des gemeinschaftlichen Jagdbezirks heraus, findet auf dieser Grundfläche auch keine Wildregulierung mehr statt. Dies kann insbesondere bei Schalenwild problematisch werden, da Beutegreifer wie Wolf und Bär in Deutschland insgesamt kaum und in den meisten Regionen gar nicht vorkommen und eine natürliche Regulierung insoweit ausscheidet. Je nach Region, Lage/Standort und Größe der befriedeten Fläche kann sich diese infolge der Befriedung und des mangelnden Jagddrucks zu einem Rückzugsgebiet für das Wild entwickeln und einen Populationsanstieg befördern, der ein regulierendes Eingreifen z.B. wegen übermäßiger Wildschäden (auf Nachbargrundstücken) oder der Gefahr von Wildseuchen erfordert. In Ergänzung und Anlehnung an die Vorschrift des § 27 BJagdG, die in vergleichbarer Situation bei Eigenjagdbezirken und gemeinschaftlichen Jagdbezirken Anwendung findet, ermöglicht § 6a Absatz 5 ein behördliches Einschreiten auch bei Grundflächen, die aus ethischen Gründen befriedet worden sind.

Widerspruch und Klage gegen eine behördlich angeordnete Bejagung haben mit Rücksicht auf die vorrangigen Allgemeinwohlbelange keine aufschiebende Wirkung.

Zu Absatz 6

§ 6a Absatz 6 regelt flankierend die Haftung des Grundeigentümers für Wildschäden, die außerhalb seiner ethisch befriedeten Fläche im gemeinschaftlichen Jagdbezirk entstehen. Die Vorschrift sieht eine anteilige Haftung nach dem Verhältnis der befriedeten Grundfläche zu der Gesamtfläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirks vor und ist Ausdruck des Solidaritätsgedankens, der der Zusammenfassung von Grundstücken in gemeinsamen Jagdbezirken zugrunde liegt: Die Bündelung von Grundstücken in gemeinschaftlichen Jagdbezirken ermöglicht eine flächenübergreifende (entgeltliche) Nutzung durch Jagd und damit zugleich die Vermeidung von Wildschäden. Kommt es dennoch zu Wildschäden, haften die Jagdgenossen des gemeinschaftlichen Jagdbezirks als Solidargemeinschaft jeweils anteilig (vgl. § 29 Absatz 1 BJagdG). Mit der Befriedung eines Grundstücks wird der o.g. Mechanismus durchbrochen. Auf den befriedeten Flächen kann und darf Jagd nicht mehr regulierend und schadensmindernd eingreifen. Dadurch steigt bei bestimmten Wildarten (insbes. Schalenwild) das Risiko von Wildschäden auch auf Flächen der Grundstücksnachbarn, die eine Regulierung durch Jagd grundsätzlich befürworten. Diese können jedoch Wild aus dem befriedeten Bezirk, das bei ihnen Schäden verursacht, nicht nachhaltig bejagen, wenn sich das Wild der Bejagung durch Rückzug in den befriedeten Bezirk entziehen kann. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, den Eigentümer des befriedeten Bezirks anteilig an der Haftung für Wildschäden zu beteiligen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das schädigende Wild auf dem befriedeten Grundstück nicht vorkommt, da in diesem Fall von der befriedeten Fläche kein erhöhtes Risiko von Wildschäden ausgeht. Nach zivilprozessrechtlichen Grundsätzen liegt die Beweislast dafür, dass das schädigende Wild nicht auf der befriedeten Fläche vorkommt oder der Schaden auch ohne die Befriedung eingetreten wäre, beim Eigentümer der Fläche. Dies ist sachgerecht, da nur der Eigentümer die relevanten tatsächlichen Verhältnisse auf seinem Grundstück kennt oder ermitteln kann. Folglich wird die Darlegungs- und Beweislast nicht dem Geschädigten auferlegt.

Zu Absatz 7

Nach § 6a Absatz 7 sind Ansprüche des Eigentümers der befriedeten Fläche auf den Ersatz von Wildschäden an seinem Grundstück ausgeschlossen. Dies ist konsequent, denn wer eine Bejagung aus ethischen Gründen ablehnt, nimmt im Umkehrschluss auch alle damit verbundenen Konsequenzen, wie z.B. höhere Konzentration von Wild auf seinen Flächen und entsprechende Wildschäden in Kauf. Die Vorschrift dient darüber hinaus im Wesentlichen der Klarstellung, denn schon nach geltendem Recht gehören Eigentümer von (aus anderen Gründen als ethischen Motiven) befriedeten Flächen, auf denen die Jagd ruht, der Jagdgenossenschaft nicht an (§ 9 Absatz 1 Satz 2 i. V.m. § 6 BJagdG). Folglich haben sie als Geschädigte auch keinen Anspruch auf Wildschadensersatz gegen die Jagdgenossenschaft.

Zu Absatz 8

Die Vorschrift beinhaltet eine flankierende Regelung zur Wildfolge. Die geltenden Wildfolgevorschriften des Bundes (§ 22a BJagdG) und der Länder regeln nur den Fall, dass krank geschossenes oder schwerkrankes Wild in einen fremden Jagdbezirk wechselt und ermöglichen unter bestimmten Voraussetzungen eine Verfolgung des Wildes, um es vor vermeidbaren Schmerzen oder Leiden zu bewahren. Diese Regeln passen nicht für die Fallkonstellation, in der angeschossenes Wild innerhalb des gemeinschaftlichen Jagdbezirks auf eine ethisch befriedete Grundfläche wechselt und eine Nachsuche notwendig wird. Um aber auch hier das gleiche Tierschutzniveau zu gewährleisten, ist eine entsprechende Regelung erforderlich. Sie ist insofern modifiziert, als Absatz 8 eine Vereinbarung nach § 22a Absatz 2 BJagdG nicht verlangt. Der Eigentümer des befriedeten Bezirks ist aber über die Notwendigkeit der Wildfolge unverzüglich, soweit Tierschutzbelange nicht entgegenstehen vor Beginn der Wildfolge, in Kenntnis zu setzen.

Zu Absatz 9

§ 6a Absatz 9 ist eine notwendige Folgeregelung zu Absatz 5 und Absatz 8.

Zu Absatz 10

Da sich die Betroffenheit der Eigentümer von Grundstücken, die einem Eigenjagdbezirk kraft Gesetzes oder auf Grund behördlicher Entscheidung angegliedert sind, nicht signifikant von der Lage der Eigentümer von Grundstücken in gemeinschaftlichen Jagdbezirken unterscheidet, sind die Vorschriften über die Befriedung aus ethischen Gründen sowie die flankierenden Regelungen in jenen Fällen entsprechend anzuwenden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Strafgesetzbuchs - § 292 StGB)

Mit der Änderung von § 292 StGB (Jagdwilderei) erfolgt in strafrechtlicher Hinsicht eine Anpassung an die mit § 6a BJagdG neu geschaffene Befriedung aus ethischen Gründen.

§ 292 StGB stellt die Verletzung fremden Jagdrechts unter Strafe. Der Begriff des Jagdrechts umfasst dabei sowohl das dingliche, mit dem Eigentum am Grundstück verbundene Recht (vgl. § 3 BJagdG), als auch das Jagdausübungsrecht. Solange ein Grundeigentümer Mitglied einer Jagdgenossenschaft ist, steht dieses Jagdausübungsrecht der Jagdgenossenschaft zu, die es z.B. an einen Jagdpächter verpachten kann. Ist ein Grundstück jedoch befriedet, darf dort keine Jagd mehr ausgeübt werden (vgl. § 6 Satz 1 BJagdG). Dem Jagdausübungsberechtigten des umschließenden Jagdbezirks steht an den befriedeten Flächen daher kein Jagdausübungsrecht zu, vielmehr steht dieses Recht mit der Befriedung dem Grundeigentümer zu. Der Jagdausübungsberechtigte des umschließenden Jagdbezirks wäre deshalb bei der (mindestens bedingt vorsätzlichen) Jagd auf dem befriedeten Grundstück von der Strafvorschrift des § 292 StGB erfasst.

Dies soll mit § 292 Absatz 3 StGB-neu aus den nachfolgenden Gründen ausgeschlossen werden:

§ 292 StGB schützt das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten an dem Wild und ist deshalb im Wesentlichen ein Vermögensdelikt. Erfolgt die Befriedung aus ethischen Gründen durch einen Grundstückseigentümer, der die Jagd grundsätzlich ablehnt, so verzichtet der Grundstückseigentümer damit auf die mit dem Eigentum am Grundstück verbundene Möglichkeit der Aneignung des Wildes und der Mehrung seines Vermögens. Die Jagd auf dem nach § 6a BJagdG-neu befriedeten Grundstück verletzt also nicht den Grundstückseigentümer in seinen Vermögensinteressen. Der vollständige und freiwillige Verzicht des Grundstückseigentümers auf die Möglichkeit der Gewinnerzielung durch die Jagd auf seinem Grundstück rechtfertigt eine unterschiedliche strafrechtliche Behandlung nach § 292 StGB der Jagd auf herkömmlich befriedeten und auf aus ethischen Gründen befriedeten Flächen. Dem weitergehenden Interesse an einer Ahndung der vorsätzlichen Verletzung der Jagdruhe in befriedeten Bezirken trägt bereits § 39 Absatz 1 Nummer 1 BJagdG Rechnung, nach dem ein Verstoß mit Geldbuße bis zu 5000 € bedroht ist.

Zudem bestünde bei aus ethischen Gründen befriedeten Flächen ein unangemessen höheres Risiko des Jagdausübungsberechtigten des umschließenden Jagdbezirkes, sich wegen (bedingt vorsätzlicher) Jagdwilderei strafbar zu machen, als bei herkömmlichen befriedeten Bezirken (wie Hausgärten, Friedhöfen etc.). Dies gilt insbesondere bei der Ausübung der Bewegungsjagd mit Hunden. So sind etwa nach § 6a BJagdG befriedete Flächen im Gelände nicht ohne weiteres erkennbar. Die Frage, ob eine Verletzung fremden Jagdrechts vorliegt, ist zudem nicht nach dem Standort des Jägers, sondern nach dem des Wildes - also in einiger Entfernung - zu beurteilen. Jagdhunde können befriedete Bezirke naturgemäß nicht erkennen und können, wenn sie ihrem Jagdtrieb nachgehen, auch nicht so konsequent geführt werden, dass eine Verletzung fremden Jagdrechts in einem befriedeten Bezirk mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist. Dementsprechend müsste ein Jagdausübungsberechtigter seine Jagd in unzumutbarer Weise einschränken, um sich nicht dem Vorwurf der Verletzung fremden Jagdrechts auszusetzen. Er müsste auf die Bewegungsjagd bzw. den Einsatz von Hunden verzichten und um die eigentlich befriedeten Bezirke herum nochmals weitläufige Karenzzonen einrichten, in denen er die Jagd nicht mehr ausübt. Auf diese Weise würden jedoch die mit der Jagd verfolgten Gemeinwohlinteressen gefährdet.

Vor diesem Hintergrund nimmt der neue Absatz 3 die in einem Jagdbezirk zur Jagd befugten Personen (Jagdausübungsberechtigte und Jagdgäste) hinsichtlich der Verletzung des Jagdrechts an den aus ethischen Gründen befriedeten Flächen von der Strafbarkeit nach § 292 Absatz 1 und 2 StGB aus.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Nach Artikel 72 Absatz 3 Nummer 2 GG treten Bundesgesetze auf dem Gebiet des Jagdwesens grundsätzlich frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 2375:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und Bürgergeringfügiger Mehraufwand
Verwaltung
Bundkeine Auswirkungen
Länder315.900 Euro jährlich
Wirtschaftkeine Auswirkungen
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

II. Im Einzelnen

Das Regelungsvorhaben dient der Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 in Bezug auf die im Bundesjagdgesetz verankerte Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften.

Bislang gehören Eigentümer von Grundstücken, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, kraft Gesetzes einer Jagdgenossenschaft an. Diese Eigentümer müssen die Bejagung ihrer Flächen durch Dritte dulden. Mit dem Regelungsvorhaben soll den Grundeigentümern ein Anspruch auf Errichtung eines befriedeten Bezirks aus ethischen Gründen eröffnet werden. Die Befriedung hat zur Folge, dass der Eigentümer aus der Jagdgenossenschaft ausscheidet. Der Anspruch ist in einem Antragsverfahren geltend zu machen.

Unter Zugrundelegung von Angaben aus den Bundesländern geht das Ressort davon aus, dass in den nächsten Jahren bis zu 300 Anträge jährlich auf Austritt aus Jagdgenossenschaften gestellt werden. Der Bearbeitungsaufwand der zuständigen Landesbehörden (umfassende Abwägung mit den Belangen des Allgemeinwohls, Durchführung von Anhörungen) wird dabei pro Antrag auf ca. 30 Stunden geschätzt. Bei angenommenen Lohnkosten von 35,10 Euro pro Stunde ist ein jährlicher Erfüllungsaufwand der Verwaltung von bis zu 315.900 Euro zu erwarten.

Der durch das Stellen der Anträge entstehende zusätzliche Aufwand der Bürgerinnen und Bürger wird als gering eingeschätzt, da zur Glaubhaftmachung der ethischen Motive für die Ablehnung der Jagd die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ausreicht.

Auf den Erfüllungsaufwand der Wirtschaft hat das Regelungsvorhaben keine Auswirkungen.

Das Ressort hat die mit dem Regelungsvorhaben verbundene Änderung des Aufwands nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Störr-Ritter
Vorsitzender Berichterstatterin