A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Agrarausschuss (A),
der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS),
der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In),
der Rechtsausschuss (R),
der Verkehrsausschuss (Vk),
der Wirtschaftsausschuss (Wi) und
der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo)
empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Allgemeine Vorbemerkungen
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in ihrer Mitteilung "Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Eine Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds" erste Vorschläge zur Vereinfachung des bestehenden Gemeinschaftsrechts vorgelegt hat. Die Kommission setzt damit Ankündigungen in ihrer Mitteilung vom März 2005 "Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union" um, zu welcher der Bundesrat am 8. Juli 2005 Stellung genommen hat (BR-Drucksache 286/05(B) ). Der Bundesrat begrüßt ferner, dass die Kommission in Umsetzung ihrer Mitteilung vom März 2005 auch bereits überarbeitete Leitlinien für ihre Dienststellen zur verbesserten Gesetzesfolgenabschätzung verabschiedet sowie die noch schwebenden (von der Kommission vor dem 1. Januar 2004 angenommenen) Rechtsetzungsvorschläge mit dem Ergebnis überprüft hat, 68 dieser laufenden Vorhaben zurückziehen zu wollen.
- 2. Dies entspricht auch den nationalen Bemühungen auf Bundes- und Landesebene zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau.
- 3. Der Bundesrat betont die hohe Priorität, die er den Arbeiten an einer besseren EU-Rechtsetzung und insbesondere einer umfassenden Vereinfachung des gemeinschaftlichen Besitzstands als wesentlichem Bestandteil der Lissabon-Strategie beimisst. Ein möglichst einfacher, unnötige Belastungen für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung vermeidender EU-Regelungsrahmen ist von zentraler Bedeutung für mehr Wachstum und Beschäftigung durch Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Bundesrat ist mit der Kommission der Auffassung, dass die Initiative zur Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts vor allem für die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) in Europa besonders wichtig ist, die 99 % aller Unternehmen und zwei Drittel der Arbeitsplätze stellen. Der Bundesrat begrüßt deshalb die Absicht der Kommission, im Rahmen der Vereinfachung speziell den Bedürfnissen der KMU Rechnung zu tragen und dabei insbesondere der Verringerung der Belastung für KMU durch Statistiken und Datensammlungen besondere Beachtung zukommen zu lassen.
- 4. Dies kann jedoch nur ein erster Schritt zu einer tatsächlichen strukturellen Entlastung insbesondere der kleinen Unternehmen sein. Vor diesem Hintergrund spricht sich der Bundesrat dafür aus, bei der wirtschaftsbezogenen Rechtsetzung der EU generell Grenzen bei den Betriebsgrößen festzulegen, unterhalb derer den Mitgliedstaaten die verpflichtende Umsetzung der Regelung freigestellt bleibt oder in stark vereinfachter Form zulässig ist.
- 5. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich die in der Vereinfachungsstrategie genannten Methoden der Aufhebung, der Kodifizierung und der Neufassung von Rechtsvorschriften sowie der Koregulierung und Selbstregulierung. Er begrüßt insbesondere die Ankündigung der Kommission, künftig entweder eine Überprüfungsklausel oder, sofern die rechtliche Kontinuität nicht gefährdet ist, eine Sunset-Klausel in alle Rechtsetzungsvorschläge aufzunehmen. Damit wird einer Forderung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 286/05(B) ) entsprochen.
- 6. Die Kommission beschränkt sich bei den Methoden der Vereinfachung aber weiterhin auf ein Konzept der Normsetzung mit zusätzlichen Kontrollvorgaben. Der Bundesrat regt an, die Methoden des Vereinfachungskonzepts der Kommission dahingehend zu ergänzen, dass statt einer rechtlichen Regelung das Instrument der Selbstverpflichtung der Wirtschaft vorrangig zu nutzen ist. Freiwillige Verpflichtungen sollten an die Stelle von Normierung treten.
- 7. Äußerst kritisch sieht der Bundesrat jedoch die geplante verstärkte Nutzung von Verordnungen anstelle von Richtlinien. Eine Verordnung kann zwar im Einzelfall das geeignetere Regelungsinstrument sein. Grundsätzlich ist aus Gründen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit jedoch einer Richtlinie, die den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume bei der Umsetzung zur Berücksichtigung ihrer spezifischen Gegebenheiten belässt, der Vorzug zu geben. Der Hinweis darauf, dass eine Verordnung zur Vereinfachung führt, weil alle Akteure zur gleichen Zeit den gleichen Vorschriften unterliegen und abweichende nationale Maßnahmen verhindert würden,
- 8. läuft faktisch auf eine grundsätzliche Bevorzugung der Verordnung hinaus,
(bei Annahme entfällt Ziffer 9) - 9. darf aber nicht auf eine grundsätzliche Bevorzugung der Verordnung hinauslaufen.
- 10. Das wird dem Subsidiaritätsprinzip nicht gerecht und schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten weiter ein. Weiterer Prüfung bedürftig ist nach Auffassung des Bundesrates der Vorschlag der Kommission, die Flexibilität des EU-Rechts in manchen Sektoren dadurch zu erhöhen, dass auf der Grundlage von Rahmenrechtsakten die Zuständigkeit der Kommission anerkannt wird, Umsetzungsmaßnahmen durch schnellere Verfahren vorzusehen. Der Bundesrat betont, dass auch künftig ein ausreichender Einfluss der Mitgliedstaaten im Rahmen von Komitologie-Verfahren gewahrt bleiben muss.
- 11. Der Bundesrat begrüßt, dass es sich bei dem von der Kommission vorgelegten fortlaufenden Vereinfachungsprogramm, in dem die Rechtsakte aufgeführt werden, welche die Kommission in den kommenden drei Jahren zu vereinfachen beabsichtigt, nur um eine erste Gruppe von Vorschlägen handelt. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands zu einem kontinuierlichen und systematischen Prozess werden muss. Er begrüßt deshalb, dass das Vereinfachungsprogramm systematisch überarbeitet und aktualisiert werden soll.
- 12. Der Bundesrat teilt die in der Vorlage zum Ausdruck kommende Einschätzung der Kommission, dass in einem Dreijahresprogramm nicht alle Vorhaben erwähnt sein können und daher eine Fortschreibung des Programms erforderlich ist. Er begrüßt ferner die beabsichtigten sektorbezogenen Prüfungen in den Bereichen Baugewerbe, Kraftfahrzeugsektor und Abfallwirtschaft.
- 13. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ihren Einfluss bei der Kommission mit dem Ziel geltend zu machen, dass das europäische Umweltschutzrecht, insbesondere das Naturschutz- und das Wasserrecht als besonders betroffene Bereiche, schon in dieses Dreijahresprogramm einbezogen werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Bundesrat kann die Priorisierung insofern nicht nachvollziehen, als weder die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), die Vogelschutz-Richtlinie (VRL) noch die Wasserrahmenrichtlinie (eu/00_0400_60gs.htm ) im anstehenden Dreijahresprogramm thematisiert werden. Der Bundesrat hat am 8. Juli 2005 in seinem Beschluss (BR-Drucksache 286/05(B) ) eine große Anzahl von konkreten Vorschlägen u. a. auch zu diesen drei Richtlinien vorgelegt. Diese Richtlinien verursachen in ihrer jetzigen Form ganz besonders große Belastungen durch Verwaltungsaufwände, Rechtsunsicherheiten und kaum einzugrenzende Kostenfolgen. Zudem stehen diese Richtlinien im Widerspruch zum Lissabon-Programm, da wirtschaftliche und soziale Belange den naturschutzfachlichen Vorgaben untergeordnet werden. Dies kommt mittlerweile durch die ständige Rechtsprechung des EuGH klar zum Ausdruck. Besonders akut sind derzeit die artenschutzrechtlichen Regelungen der Artikel 12 und 16 FFH-RL insbesondere im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des EuGH. Demnach muss für derzeit 323 Tierarten des Anhangs IV der FFH-RL sichergestellt werden, dass ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht geschädigt oder zerstört werden. Entgegen der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht lässt sich dieses Verbot nicht auf absichtliche Handlungen einschränken. In der Rechtssache C-98/03 Kommission gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der FFH-RL in das nationale Recht liegen nun die Schlussanträge des Generalanwalts vom 24. November 2005 vor. Eine Verurteilung Deutschlands nach allen Rügen erscheint somit sehr wahrscheinlich, da das Gericht dem Votum des Generalanwalts regelmäßig folgt. Unter diesen Vorraussetzungen dürfte ein Einhalten der Cross-Compliance für die Landwirtschaft erheblich erschwert und evtl. sogar unmöglich werden. Die Rechtssicherheit für z.B. jegliche bauliche Maßnahme sinkt beträchtlich, da sich jederzeit Tiere des Anhangs IV FFH-RL einfinden und eine Fortführung der baulichen Maßnahme verhindern bzw. verzögern, weil sie dort eine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte beziehen. Dann erforderliche Ausnahmegenehmigungen verursachen weitere bürokratische Hürden und sind mit hohen Anforderungen für den Antragsteller verbunden. Zur Umsetzung der Richtlinie wird ein Tierartenmonitoring erforderlich, wie dies bisher noch nicht in Deutschland praktiziert wurde. Der erforderliche Ressourcenaufwand ist noch nicht seriös abschätzbar, dürfte aber sehr hoch sein. Schon alleine dieses Beispiel verdeutlicht die Dringlichkeit des vorliegenden Anliegens.
- 14. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass das von der Kommission unterbreitete fortlaufende Vereinfachungsprogramm einige Rechtsakte enthält, die auch in der Anlage zu seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 286/05(B) ) aufgeführt sind. Größtenteils ist bei diesen Rechtsakten derzeit jedoch noch nicht erkennbar, ob sich die Vereinfachungsziele der Kommission mit den vom Bundesrat vorgelegten Vorschlägen decken. Insoweit sieht der Bundesrat den entsprechenden Rechtsetzungsvorschlägen der Kommission erwartungsvoll entgegen.
- 15. Der Bundesrat stellt fest, dass ein Großteil der im fortlaufenden Vereinfachungsprogramm enthaltenen Vorschläge lediglich auf eine Aufhebung überholter Vorschriften und auf Kodifizierung oder Zusammenfassung verschiedener einzelner Rechtsakte in einem Rechtsakt abzielt. Zwar ist auch die Verbesserung der Lesbarkeit, der Transparenz und der Kohärenz von Gemeinschaftsrechtsakten durch Kodifizierung und Zusammenfassung zu begrüßen. Dadurch wird die Umsetzung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts für die Betroffenen erleichtert. Der Bundesrat betont, dass dies allein jedoch nicht genügt, um einen signifikanten Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas zu leisten. Das Ziel muss sein, die Kosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung deutlich zu senken
- 16. sowie eine Verschärfung der bestehenden Regeln auszuschließen.
(bei Annahme entfällt Ziffer 17) - 17. sowie eine Verschärfung bestehender Regeln zuvor einer umfassenden Folgenabschätzung zu unterziehen.
- 18. Die Aufhebung ohnehin überholter Vorschriften sowie rechtstechnische Bereinigungen führen allein noch nicht zu einer die Wettbewerbsfähigkeit steigernden wesentlichen Entlastung für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung.
- 19. Der Bundesrat weist darauf hin, dass in den Fällen, in denen die Kommission eine Neufassung oder Vereinfachung bei in der Liste aufgeführten Rechtsakten ankündigt, zumeist nicht näher dargelegt ist, welche inhaltlichen Änderungen und insbesondere in welcher Hinsicht Vereinfachungen angestrebt werden. Insoweit können die Vorschläge der Kommission derzeit inhaltlich nicht beurteilt werden, sondern es muss zunächst die Vorlage der jeweiligen Rechtsetzungsvorschläge abgewartet werden.
- 20. Der Bundesrat nimmt den ausdrücklichen Hinweis der Kommission darauf, dass bessere Regulierung nicht gleichbedeutend mit Deregulierung sei, sowie den Umstand zur Kenntnis, dass in der Mitteilung nicht von Deregulierung gesprochen wird. Dies kann nach Auffassung des Bundesrates aber nicht bedeuten, dass es nur um den Abbau unnötiger bzw. überzogener bürokratischer Lasten (z.B. Statistiken, Meldepflichten) oder Verfahrensvereinfachungen gehen soll. Im Zuge der Vereinfachungsbestrebungen müssen gleichzeitig auch materielle Inhalte auf den Prüfstand.
- 21. Der Bundesrat wird sich weiterhin konstruktiv in die Arbeiten an einer besseren Rechtsetzung auf EU-Ebene einbringen. Er wird insbesondere die von der Kommission im Zuge der Abarbeitung des Vereinfachungsprogramms im Einzelnen vorzulegenden Rechtsetzungsvorschläge intensiv auf ihr Entlastungspotenzial hin prüfen und in seinen Stellungnahmen hierzu erforderlichenfalls weiter gehende Vereinfachungen einfordern. Der Bundesrat bringt ferner seine Erwartung zum Ausdruck, dass wichtige vom Bundesrat vorgelegte Vorschläge, die im jetzigen Vereinfachungsprogramm der Kommission nicht aufgegriffenen worden sind, im Rahmen der angekündigten Fortschreibungen dieses Programms Berücksichtigung finden werden.
- 22. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass mittlerweile eine Gruppe hochrangiger nationaler Rechtsetzungssachverständiger eingesetzt worden ist und bekräftigt sein bereits in der Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 286/05(B) ) erhobenes Anliegen, dass ein Vertreter der Länder in dieser Gruppe vertreten sein sollten.
- 24. Er bittet die Bundesregierung ferner, die Länder in die vorgesehene sektorbezogene Überprüfung frühzeitig und eng einzubeziehen.
- 25. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, parallel zur Prüfung der EU die mit den EU-Vorhaben korrespondierenden bundesrechtlichen Umsetzungsnormen in gleicher Weise einer flächendeckenden und systematischen Überprüfung auf Verfahrensvereinfachungen und Verminderung von materiellrechtlichen Belastungen zu unterziehen.
- 26. Der Bundesrat weist ergänzend auf folgende Punkte besonders hin:
Bereich Statistik
-- Unternehmensstatistik
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Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 8. Juli 2005 mit Blick auf die Arbeiten der Kommission Beispiele für Überregulierungen bei geltenden oder geplanten Regelungen aufgelistet. Im Bereich der Statistik war ein besonders wichtiger Punkt die Anhebung der Abschneidegrenzen bei der Unternehmensstatistik. Da der Beitrag der kleinen Unternehmen zum Gesamtergebnis oftmals nur gering ist, lassen sich solche Kleinunternehmen mitunter durch Abschneidegrenzen von statistischen Erhebungen freistellen, ohne dass es zu unvertretbaren Informationsverlusten kommt. Der Bundesrat forderte, dass es den Mitgliedstaaten bei den Statistiken zur Unternehmensstruktur freigestellt werden solle, kleine Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten von der Berichterstattung auszunehmen. Deutschlandweit könnten so bis zu 12 000 Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe entlastet werden.
Nach der von der Kommission am 25. Oktober 2005 angenommenen Mitteilung zur "Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds" soll die Unternehmensstatistik neu gefasst werden. Sofern darin eine Anhebung der Abschneidegrenzen auf mindestens 20 Beschäftigte enthalten ist, ist die Neufassung zu begrüßen. Man könnte sogar noch einen Schritt weitergehen und die anvisierte 20er-Abschneidegrenze auf 30 und mehr Beschäftigte erhöhen. Generell wäre eine Anhebung der Abschneidegrenze zumindest auf 20 und mehr Beschäftigte für alle EU-Statistiken begrüßenswert, in deren Erhebungsprogramm bislang Datenlieferungen in Beschäftigtengrößenklassen von 1 bis 19 verbindlich vorgeschrieben sind.
-- Arbeitskräfteerhebung
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Ein weiterer wichtiger Punkt im o. g. Beschluss des Bundesrates war die Reduzierung des Merkmalsumfangs der Adhoc-Module bei der Arbeitskräfteerhebung. Der Bundesrat forderte, dass die bei einem Adhoc-Modul maximal zulässige Anzahl an erhobenen Variablen von elf auf sechs Variablen herabgesetzt wird.
Die von der Kommission angenommene Mitteilung zur "Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds" geht auf diese Möglichkeit der Entlastung von Wirtschaft und Verwaltung nicht ein. Aus Gründen der Kostenreduzierung und Akzeptanz auf Seiten der Auskunftspflichtigen sollte jedoch unbedingt eine Reduzierung erfolgen.
- 27. Finanzdienstleistungen/Grenzüberschreitende Kredite Der Vorschlag, die Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über grenzüberschreitende Überweisungen sowie drei Empfehlungen durch einen neuen Richtlinienentwurf zu ersetzen, ist zu begrüßen. Der mittlerweile vorgelegte Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2000/12/EG und 2002/65/EG geht indessen über eine Neufassung hinaus, insbesondere bezieht er auch rein innerstaatliche Zahlungsvorgänge mit ein. Der Bundesrat nimmt hierzu gesondert Stellung.
- 28. Urheberrecht Gegen die beabsichtigte Überprüfung der geltenden sechs Richtlinien im Bereich des Urheberrechts bestehen keine grundsätzlichen Einwände. Diese sechs Richtlinien befassen sich alle mit einzelnen Aspekten des Urheberrechts. Insofern ist eine Verbesserung der Kohärenz und des gesetzlichen Rahmens ebenso wie die Zusammenfassung in einer einzigen Richtlinie prüfenswert. Eine echte Deregulierung stellt dies aber nach Auffassung des Bundesrates nicht dar. Da die Mehrzahl der Richtlinien schon mehr als zehn Jahre alt ist, sollte man daher auch prüfen, inwieweit die Regelungen wirklich noch erforderlich sind. Da alle Richtlinien in Deutschland bereits umgesetzt wurden, sollten andererseits im Rahmen der Zusammenfassung Änderungen vermieden werden, die nicht wirklich erforderlich sind, um einen in der Sache nicht notwendigen Anpassungsbedarf in Deutschland und in den übrigen Ländern zu vermeiden.
Arbeit und Sozialordnung
- 29. Der Bundesrat hinterfragt insbesondere kritisch das von der Kommission genannte Beispiel der Ausdehnung des "Neuen Ansatzes" (grundlegende Sicherheitsanforderungen in der Richtlinie, Konkretisierung in europäischen Normen) auf den Bereich von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Anders als im Bereich der binnenmarktbezogenen Vorschriften nach Artikel 95 EGV beruht die Konzeption des Artikels 137 EGV als sozialpolitische Kompetenznorm der EU auf dem Prinzip der allmählichen Angleichung des Arbeitsschutzniveaus durch Mindestvorschriften. Die auf europäischer Ebene nach den Artikeln 137 bis 139 EGV und auf nationaler Ebene durch Mitwirkung der Sozialpartner und beteiligten Kreise in verschiedenen Arbeitsschutzausschüssen bereits bestehenden Möglichkeiten der Koregulierung würden durch den Vorschlag der Kommission faktisch beseitigt. Die Anwendung des Neuen Ansatzes auf den betrieblichen Arbeitsschutz läuft auch in weiten Bereichen insbesondere den Interessen der KMU an betriebsbezogenen flexiblen und kostengünstigen Arbeitsschutzlösungen zuwider. Nur in einzelnen Bereichen, u. a. bei Mess- und Prüfverfahren, kann das Verfahren des Neuen Ansatzes im Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes mit Erfolg eingesetzt werden.
- 30. Der Bundesrat fordert die Nutzung der anerkannten Methodik der Evaluation bei der systematischen Überprüfung der europäischen Arbeitsschutzrichtlinien und unterstützt insoweit die Bestrebungen der Bundesregierung.
In der Vergangenheit hat es an EU-Arbeitschutzrichtlinien häufig Kritik gegeben. Die konkreten Forderungen bezogen sich jedoch nicht auf den Kern der Richtlinien, sondern betrafen Einzelvorschriften. Die Nachteile einer an Einzelaspekten orientierten Vorgehensweise zur Vervollkommnung der europäischen Richtlinien liegen in der mangelnden Ausgewogenheit, der Zufälligkeit des Aufgreifens der Forderungen und dem hohen Aufwand der Umsetzung von Änderungen der Richtlinie in den Einzelpunkten. Eine systematische Evaluation der Wirkungen europäischer Arbeitsschutzrichtlinien ermöglicht dagegen ein transparentes Verfahren, eine qualitativ hochwertige Politikberatung und eröffnet darüber hinaus gesicherte Perspektiven für die Weiterentwicklung des europäischen Rechts.
- 31. Der Bundesrat begrüßt, dass der Vorschlag der Kommission die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (KOM (2003) 703 endg.) erfasst, die auch in der Liste des Bundesrates enthalten ist (Anlage zu BR-Drucksache 286/05(B) : BR-Drucksache 286/1/05, Ziffer 11). Ob sich der Vorschlag der Kommission mit dem des Bundesrates deckt, kann allerdings erst nach Vorlage des Rechtsetzungsvorschlags beurteilt werden.
- 32. Der Bundesrat stellt fest, dass folgende Vorschläge nur auf eine Kodifizierung oder Zusammenfassung einzelner Rechtsakte abzielen:
- - die Richtlinien zum Insolvenzschutz für Arbeitnehmer (RL 80/987/EWG und 2002/74/EG),
- - die Verordnungen über Ausbildungs- und Beschäftigungsbeihilfen (VO (EG) Nr. 068/2001, 363/2004, 2204/2002) sowie
- - die Richtlinien über den Nachweis von Arbeitsbedingungen (RL 091/533/EWG), über Massenentlassungen (RL 098/59/EG) und die Anhörung von Arbeitnehmern (RL 2002/14/EG). Im Hinblick auf die letztgenannte Richtlinie verweist der Bundesrat auf seinen Vereinfachungsvorschlag (Anlage zu BR-Drucksache 286/05(B) : BR-Drucksache 286/1/05, Ziffer 12).
Land- und Forstwirtschaft
- 33. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, im Jahr 2006 einen Aktionsplan für eine vereinfachte und bessere Rechtsetzung in der Gemeinsamen Agrarpolitik vorzulegen sowie eine Konferenz hierzu zu veranstalten. Der Bundesrat bringt seine Erwartung zum Ausdruck, dass die Länder eng in die Beratungen eingebunden werden.
- 34. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Aktionsplan ein fortlaufendes Programm für die Verringerung des Verwaltungsaufwands für alle Akteure des Agrarsektors vorgesehen werden sollte. Hierzu hält der Bundesrat eine sektorübergreifende und koordinierte Vorgehensweise der Kommission für erforderlich, damit die Vereinfachungsmaßnahmen breite Wirksamkeit entfalten können.
- 35. Der Bundesrat gibt seiner Erwartung Ausdruck, dass die Kommission neben Vorschlägen für technische Vereinfachungen auch Vorschläge für eine Vereinfachung des Politikrahmens der Gemeinsamen Agrarpolitik unterbreitet. Entsprechende Vorschläge sollten möglichst früh, spätestens jedoch zu den in den jeweiligen Rechtsakten dafür vorgesehenen Überprüfungszeitpunkten vorgelegt beziehungsweise umgesetzt werden.
Öffentliches Auftragswesen
- 36. Gegen die Aufhebung der Richtlinie 71/304/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 zur Aufhebung der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge und bei öffentlichen Bauaufträgen, die an die Auftragnehmer über ihre Agenturen oder Zweigniederlassungen vergeben werden, bestehen keine Bedenken.
Die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 zur Änderung des Anhangs IV der Richtlinie 93/36/EWG des Rates, der Anhänge IV, V und VI der Richtlinie 93/37/EWG des Rates, der Anhänge III und IV der Richtlinie 92/50/EWG des Rates in der durch die Richtlinie 97/52/EWG des Rates geänderten Fassung, sowie der Anhänge XII bis XV, XVII und XVIII der Richtlinie 93/38/EWG des Rates in der durch die Richtlinie 98/4/EG geänderten Fassung (Richtlinie über die Verwendung von Standardformularen für die Bekanntmachung öffentlicher Aufträge) ist bereits durch Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 vom 7. September 2005 ersetzt worden. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen des VHB Hochbau Bunds.
Die Vereinfachung der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge wird unterstützt.
Verarbeitendes Gewerbe
- 37. In Anhang 2 ist im Abschnitt 2006 (Wirtschaftszweig "Verarbeitendes Gewerbe") die Aufhebung der Richtlinie 68/89/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Sortierung von Rohholz vorgesehen. Diese Richtlinie wurde in Deutschland durch das "Gesetz über gesetzliche Handelsklassen für Rohholz" (HKS) vom 25. Februar 1969 umgesetzt, das in den Ländern einem Großteil der Holzverkäufe zu Grunde liegt.
Daneben ist auf europäischer Ebene seit Jahren ein Rundholznormungsprozess im Gange. Der Bundesrat stellt fest, dass die Sortierung nach den als Zwischenergebnis dieses Prozesses inzwischen vorliegenden CEN-Normen derzeit keine praktikable Alternative zur Sortierung nach HKS darstellt. Die CEN-Normen weisen wesentliche Mängel auf, die eine ausschließliche Anwendung zur Dimensions- und Gütesortierung von Rohholz verhindern.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der Kommission mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die Richtlinie 68/89/EWG erst dann aufgehoben wird, wenn eine den nationalen Interessen ohne Einschränkung Rechnung tragende CEN-Norm ausgearbeitet und vereinbart ist.
Bereich Straßenverkehr
- 38. Die Vorschläge der Kommission werden begrüßt. Ergänzend wird Folgendes dargelegt:
Seite 33 der Kommissionsmitteilung Richtlinie 94/55/EG vom 21. November 1994 und Richtlinie 96/49/EG vom 23. Juli 1996
Der angeführten Maßnahme kann zugestimmt werden, da die EU in zunehmendem Maße auch auf dem Gefahrgutsektor tätig wird. Es wäre nicht opportun, neben den bereits existenten internationalen Regelungen des ADR - die zudem noch von anderen internationalen Expertengremien "bearbeitet" werden - neue, eigene Gefahrgutvorschriften, zu schaffen. Vom Verzicht auf die Übersetzung und Veröffentlichung der Anhänge in sämtlichen Amtssprachen sollte aber abgesehen werden.
Bauprodukte
- 39. Die Kommission möchte die EU-Vorschriften grundlegend und umfassend vereinfachen. Dazu sind eine Reihe von unterschiedlichen Strategien bei der Überarbeitung von EU-Rechtsvorschriften (z.B. Aufhebung oder Neufassung) vorgesehen, die vor allem dazu dienen sollen, KMU zu entlasten. In dem Kommissionspapier wird allerdings zu wenig deutlich, mit welchen (konkreten) Verfahren und durch welche Stellen die Überarbeitung der Vorschriften erfolgen soll.
In einer ersten Tranche sollen in den nächsten drei Jahren zunächst schwerpunktmäßig Vorschriften u. a. aus dem Bereich Baugewerbe, zu diesem Sektor zählt auch die Bauprodukterichtlinie (BPR), überarbeitet werden. Auf Seite 41 von Anhang 2 wird die BPR genannt. Als Zielvorstellung ist angegeben, dass durch eine flexiblere Formulierung und Nutzung technischer Spezifikationen (darunter sind europäische Normen und europäisch technische Zulassungen zu verstehen) eine Vereinfachung insbesondere für KMU erreicht werden soll. Es ist jedoch nicht aufgeführt, was im Detail genau vereinfacht werden soll.
Sofern mit Vereinfachung gemeint sein sollte, dass die bisher geforderten Nachweise des Herstellers für eine ordnungsgemäße Herstellung des Bauprodukts (z.B. bei der werkseigenen Produktionskontrolle oder bei der Einschaltung einer notifizierten Stelle) eingespart oder vereinfacht werden sollen, ist dies der falsche Weg. Nach Auffassung des Bundesrates muss die Kontrolle an der "Quelle" - also bei der Herstellung des Produkts - ansetzen, um zu gewährleisten, dass das Produkt der zugrunde liegenden technischen Spezifikation entspricht. Weniger effektiv ist es diesbezüglich, wenn die Kontrollen im Rahmen der Marktaufsicht durchgeführt werden, weil das ... (möglicherweise unsichere) Produkt dann schon im Handel ist und erst entdeckt und aus dem Verkehr gezogen werden muss. Marktaufsichtsprogramme schaffen bürokratischen Aufwand und sind teuer. Deswegen sollte dieses Instrument nach Auffassung des Bundesrates nur anlassbezogen (im konkreten Verdachtsfall) verwendet werden und im Übrigen die Überprüfung der Konformität eines Produkts mit der zugrunde liegenden technischen Spezifikation weiterhin bei der Herstellung erfolgen.
Finanzdienstleistungen/Kraftfahrzeugversicherung
- 40. Die bloße Zusammenfassung der im Bereich der Kraftfahrzeugversicherung bestehenden Richtlinien in einer neuen Richtlinie trägt zu keiner großen Rechtsvereinfachung bei. Die Schaffung einer neuen Richtlinie sollte daher mit einer inhaltlichen Überprüfung der bestehenden Vorschriften verbunden werden. Da die 5. Kfz-Haftpflichtversicherungs-Richtlinie, die die bisherigen vier Richtlinien zur Kfz-Haftpflichtversicherung aktualisiert, erst am 11. Mai 2005 in Kraft getreten ist, sieht der Bundesrat derzeit jedoch keinen Bedarf für eine erneute inhaltliche Überarbeitung der fünf Richtlinien.
Rechungslegung und Gesellschaftsrecht
- 41. Der Bundesrat geht davon aus, dass bei der in den Sektoren "Rechnungslegung" und "Gesellschaftsrecht" beabsichtigten Überprüfung des gesamten Acquis des Gemeinschaftsrechts im Jahr 2007 auch Vereinfachungen für KMU bei der Erstellung des Jahresabschlusses erreicht werden. Der Bundesrat verweist hierzu auf die entsprechenden Vorschläge aus den Ländern in der Anlage zur Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (a.a.O., Anlage, Ziffer 102).
Acquis im Bereich Verbraucherschutz
- 42. Hinsichtlich der Vorschläge der Kommission zur Vereinfachung des Acquis im Bereich Verbraucherschutz geht der Bundesrat davon aus, dass mit der Schaffung des angestrebten einheitlichen Rechtsrahmens für den Verbraucherschutz (mit ergänzenden Regelungen für die einzelnen Sektoren) auch eine dringend notwendige Harmonisierung und Straffung der Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern erreicht wird. Der Bundesrat verweist insoweit auf die dazu vorgelegten konkreten Vorschläge aus den Ländern in der Anlage zur Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (a.a.O., Anlage, Ziffer 102).
B
- 43. Der Finanzausschuss und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.