Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament: Vorbereitung auf den "GAP-Gesundheitscheck" KOM (2007) 722 endg.; Ratsdok. 15351/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 27. November 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 23. November 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 23. November 2007 dem Generalsekretär / Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 061/03 (PDF) = AE-Nr. 030339

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament

Vorbereitung auf den "GAP-Gesundheitscheck"

1. Die gemeinsame Agrarpolitik Heute

1.1. Eine radikal umgestaltete, leistungsfähigere Politik

In den letzten 15 Jahren hat sich die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) unter dem Druck der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Europa grundlegend verändert. Die Reformen der Jahre 2003 und 2004 waren eine wichtige Etappe in diesem Prozess, als mit der Betriebsprämienregelung in den meisten Sektoren des ersten Pfeilers der GAP produktionsentkoppelte Direktzahlungen eingeführt wurden und gleichzeitig die Entwicklung des ländlichen Raums als zweiter Pfeiler der GAP eine Stärkung erfuhr. Dieser Prozess wurde mit der Reform des Zuckersektors (2006) und der Reform des Sektors Obst und Gemüse (2007) fortgesetzt und geht mit den kürzlich vorgelegten Legislativvorschlägen für die Reform der Weinmarktordnung weiter.

Die Unterstützung der Erzeuger erfolgt zurzeit weitgehend produktionsentkoppelt, d.h., die europäischen Landwirte können bei ihren betrieblichen Entscheidungen auf Marktsignale reagieren und sich bei der Anpassung an das veränderte wirtschaftliche Umfeld auf ihr landwirtschaftliches Potenzial und ihre Präferenzen verlassen, was zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors beiträgt.

Die GAP-Reform hat also durch die Abkehr von der produktionsgekoppelten Stützung, die allgemein als ein Grund für die Überschussprobleme der Vergangenheit angesehen wurde, die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Die EU-Stützungspreise wurden in allen Sektoren gesenkt und liegen nun in der Nähe der Weltmarktpreise. Die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft nimmt in wichtigen Sektoren trotz des rückläufigen Anteils der EU auf den meisten Rohstoffmärkten zu, und die EU ist heute der weltweit größte Ausführer landwirtschaftlicher Erzeugnisse - hauptsächlich Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung. Die EU ist aber auch der weltweit größte Einführer von Agrarerzeugnissen und immer noch der bei weitem wichtigste Absatzmarkt für die Entwicklungsländer.

Daneben trägt die GAP zunehmend dazu bei, die Gefahr von Umweltschädigungen abzuwehren und viele der öffentlichen Güter zu liefern, die unsere Gesellschaften erwarten. Die Erzeuger erhalten Stützungszahlungen nur, wenn sie bestimmte Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie Tierschutz einhalten.

Schließlich dient auch die gestärkte Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums dem Schutz der Umwelt und der Kulturlandschaften und schafft Wachstum, Arbeitsplätze und Innovation in den ländlichen Gebieten. Auch wenn in immer mehr ländlichen Gebieten der Gemeinschaft zunehmend Faktoren eine Rolle spielen, die mit der Landwirtschaft nichts zu tun haben, sehen sich Gebiete in Randlage, mit geringer Bevölkerungsdichte oder starker Abhängigkeit vom Agrarsektor mit besonderen Herausforderungen in Bezug auf die wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit konfrontiert. Daher ist der Agrar- und Lebensmittelsektors, der immer noch mehr als 4 % zum Gesamt-BIP der Gemeinschaft und 8 % zur Gesamtbeschäftigung beiträgt, für viele ländliche Gebiete überlebenswichtig.

1.2. Weitere Verbesserungen im Rahmen des "Gesundheitschecks"

Diese Ausführungen zeigen, dass sich die heutige GAP von der GAP früherer Jahre grundlegend unterscheidet, was wegen der oft paradoxen Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der Reformen und der Wahrnehmung der GAP (vor allem in der Zeit vor der Reform) häufig nicht gesehen wird. Um aber die GAP zukunftsfähig zu machen, müssen die Instrumente dieser Politik bewertet werden und es muss geprüft werden, ob sie korrekt funktionieren oder ob Anpassungen notwendig sind, damit die GAP ihre erklärten Ziele erreichen und sich neuen Herausforderungen stellen kann.

Dass weitere Schritte folgen müssen, ist unvermeidlich - jede in Stein gemeißelte Politik ist in einem sich rasch verändernden Umfeld schnell überholt. Die GAP hat bewiesen, dass die europäische Landwirtschaft solche Schritte erfolgreich gehen und sich verändern kann, sie muss aber nun den Landwirten die Möglichkeit geben, sich im Rahmen verlässlicher Vorgaben anzupassen.

Die Reform von 2003 war der erste Schritt, um die GAP fit für das 21. Jahrhundert zu machen. Eine Einigung über sämtliche Elemente der Reform konnte damals aber nicht erzielt werden. Deshalb wurden bereits in der abschließenden Vereinbarung und auch bei den Reformen nach 2003 mehrere Überprüfungsklauseln vorgesehen.

Diese Überprüfungsklauseln implizieren keine grundlegende Reform der bestehenden Politik, ermöglichen aber je nach den Entwicklungen auf den Märkten und anderswo weitere Anpassungen. Die Themen dieser Überprüfung wurden in der vorliegenden Mitteilung unter dem Begriff "Gesundheitscheck" zusammengefasst. Beim Gesundheitscheck wird es um die folgenden drei Fragen gehen:

2. Die Betriebsprämienregelung und mögliche Vereinfachungen

2.1. Vereinfachung der Betriebsprämienregelung

Während die neuen Mitgliedstaaten noch bis Ende 2010 (Bulgarien und Rumänien noch bis Ende 2011) die vereinfachte Regelung für die einheitliche Flächenzahlung nutzen können, musste die Betriebsprämienregelung in den EU-15-Mitgliedstaaten bereits Anfang 2007 umgesetzt sein.

Die Mitgliedstaaten konnten zwischen einem historischen Betriebsprämienmodell (Zahlungsansprüche auf der Grundlage einzelbetrieblicher Referenzbeträge), einem regionalen Modell (Zahlungsansprüche auf der Grundlage regionaler Referenzbeträge) und einem Mix aus beiden Modellen wählen.

Die Mitgliedstaaten hatten die Möglichkeit, bestimmte produktionsgekoppelte Beihilfen (teilweise gekoppelte Unterstützung) beizubehalten, wenn sie dies für nötig hielten, um ein Mindestmaß an produktiver Tätigkeit sicherzustellen und einen Umweltnutzen zu generieren. Sie konnten außerdem bis zu 10 % ihrer nationalen Obergrenze einbehalten, um besondere Formen der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu unterstützen, die für den Schutz oder die Verbesserung der Umwelt oder zur Verbesserung der Qualität und der Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse wichtig sind (Artikel 69 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates).

Dank der Entkoppelung, ob anhand historischer oder regionaler Bezugsgrößen, können die Landwirte das produzieren, was sie wollen, anstatt sich bei ihren betrieblichen Entscheidungen von den produktionsgekoppelten Beihilfen beeinflussen zu lassen. Die Höhe der Stützungszahlungen, die der einzelne Betrieb erhält, ergibt sich zurzeit jedoch in beiden Fällen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, aus den früheren Produktionsmengen, so dass es mit der Zeit immer schwieriger werden wird, unterschiedlich hohe Stützungszahlungen zu rechtfertigen, speziell beim historischen Modell. Es erscheint deshalb sinnvoll, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, das einmal gewählte Modell anzupassen und im Zeitraum 2009 bis 2013 einheitlichere Sätze vorzusehen. Vor diesem Hintergrund sollte auch darüber nachgedacht werden, ob die, die derzeit die SAPS-Regelung anwenden, die Möglichkeit haben sollten, diese noch bis 2013 anzuwenden.

Nachdem in der Zwischenzeit weitere Sektoren in die Betriebsprämienregelung einbezogen wurden und man Erfahrung mit der Verwaltung des Systems gewonnen hat, werden außerdem bestimmte Durchführungsbestimmungen und Regeln als unnötig rigide und kompliziert empfunden.

Der Gesundheitscheck bietet eine gute Gelegenheit, um Änderungen vorzuschlagen, die das System nicht von Grund auf verändern, es aber verbessern und seine Durchführung vereinfachen.

2.2. Stärkere Zielorientierung der Cross-Compliance-Regelung

Das System der Cross-Compliance, das es ermöglicht, Zahlungen an Landwirte zu kürzen, die sich nicht an die für die landwirtschaftliche Tätigkeit geltenden EU-Standards und -Auflagen halten, ist ein wesentliches Element der GAP und wird es auch künftig bleiben. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass in diesem Bereich ein deutlicher Vereinfachungsbedarf besteht.

Solche Vereinfachungen wurden bereits auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Rates, der den Bericht der Kommission vom März 2007 über die Cross-Compliance unterstützt, in Angriff genommen. Die Vorschläge für die Verbesserung der Kontroll- und Sanktionsbestimmungen der Regelung befinden sich bereits in den jeweiligen Legislativverfahren und dürften 2008/2009 in Kraft treten. Außerdem werden die derzeitigen Arbeiten zur Vereinfachung weiterer Elemente der Cross-Compliance-Regelung auch in den Gesundheitscheck einfließen.

Die Kommission ist in ihrem Bericht aber nicht direkt auf den Umfang der Cross-Compliance eingegangen. Um sinnvoll zu bleiben, muss die Cross-Compliance gesellschaftliche Anliegen widerspiegeln und auf ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Kosten und Nutzen der einzelnen Vorschriften ausgerichtet sein. Zielgerichtete Vorschriften über die Grundanforderungen an die Betriebsführung (SMR) und die Erhaltung des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes (GAEC) machen aus der Cross-Compliance-Regelung ein wirksames Instrument für die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft.

Aufgrund des Mandats des Rates und im Hinblick auf die angestrebte Vereinfachung soll die Cross-Compliance-Regelung beim GAP-Gesundheitscheck mit folgendem Ziel überprüft werden:

2.3. Teilweise gekoppelte Beihilfen

Wegen der Auswirkungen der letzten Reformen und der Einbeziehung weiterer Sektoren in die Betriebsprämienregelung werden die teilweise gekoppelten Beihilfen aus Sicht der Erzeuger immer weniger wichtig. Bei der vollständigen Entkoppelung geht es den Erzeugern mindestens genauso gut wie zuvor und wegen der größeren Flexibilität bei den Produktionsentscheidungen sehr wahrscheinlich besser, zusätzlich entfallen die Probleme und Kosten, die durch das Nebeneinanderbestehen zweier Systeme verursacht werden. Sehr deutlich ist dies im Sektor Ackerkulturen.

Teilweise gekoppelte Beihilfen könnten jedoch, zumindest bis auf weiteres, in bestimmten Regionen mit insgesamt geringer, aber wirtschaftlich oder ökologisch wichtiger Produktion eine gewisse Bedeutung behalten (Beispiel: die Mutterkuhprämie in Regionen mit extensiver Rindfleischerzeugung).

Ob, in welchem Umfang und wie lange die teilweise gekoppelten Beihilfen beibehalten werden sollen, kann nur im regionalen Kontext beurteilt werden. Die Kommission schlägt eine Einzelfallanalyse vor, um die potenziellen Risiken einer Umstellung auf die vollständige Entkoppelung erkennen und mögliche Alternativen aufzeigen zu können.

2.4. Höchst- und Mindestbeträge

Die Frage der Verteilung der GAP-Stützungszahlungen ist nicht neu, hat aber seit kurzem durch die Transparenzinitiative, die die Veröffentlichung der Namen der Empfänger von EU-Mitteln vorsieht, neue Bedeutung erlangt. Mit der Einführung der Betriebsprämienregelung wurde die Verteilung der Agrarförderung sichtbarer, so dass erneut die Forderung nach einer Deckelung der Stützungszahlungen für die wenigen Großbetriebe laut wurde. Außerdem hat sich bei der Durchführung der Betriebsprämienregelung gezeigt, dass es unter den vielen Empfängern, die sehr geringe, noch unter den Verwaltungskosten liegende Beträge erhalten, auch solche gibt, die gar keine echten Landwirte sind.

Beim Gesundheitscheck sollte daher geprüft werden, ob die Zahlungen in irgendeiner Form sowohl nach oben als auch nach unten begrenzt werden können:

Die dadurch erzielten Einsparungen sollten in dem betreffenden Mitgliedstaat verbleiben und könnten für neue Aufgaben insbesondere im Rahmen eines überarbeiteten Artikels 69 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 eingesetzt werden.

3. Neue Chancen ergreifen und die Marktorientierung verbessern

3.1. Die Rolle der Marktintervention und der Angebotssteuerung

In der Vergangenheit ergab sich die Notwendigkeit von Reformen der Interventionsmechanismen aus den Entwicklungen auf den Weltmärkten, wobei alle Überschüsse zumindest teilweise über Ausfuhren vom Gemeinschaftsmarkt genommen werden mussten. Die Realität der Globalisierung und einer EU mit 27 Mitgliedstaaten erfordert ein Nachdenken über die Zukunft der noch verbleibenden Instrumente der "alten GAP" (Quoten, öffentliche Intervention, Preisstützung, Erstattungen etc.), vor allem in Anbetracht der derzeitigen mittelfristigen Marktaussichten, die speziell für Getreide und Milcherzeugnisse hervorragend sind.

Somit stellt sich die Frage, wie ein wirksames Interventionssystem geschaffen werden kann, das als Sicherheitsnetz fungiert und gleichzeitig ohne subventionierte Verkäufe (auf dem Welt- oder auf dem Binnenmarkt) auskommt. Da die Erhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf den Agrarmärkten eines der Ziele der GAP bleibt, wird die Kommission prüfen, ob die vorhandenen Instrumente zur Angebotssteuerung heute noch sinnvoll sind, oder ob sie die EU-Landwirtschaft unfähig machen, auf Marktsignale zu reagieren.

Außerdem wird die Kommission die derzeitige Marktsituation genau überwachen, um zu beurteilen, ob es sich um eine kurzfristige Reaktion auf die schlechten Ernteergebnisse im Wirtschaftsjahr 2006/07 handelt oder aber um ein Indiz für einen längerfristigen Trend, der Druck auf die Agrarmärkte und die Angebotslage ausüben könnte. Anhand dieser Analyse wird die Kommission gegebenenfalls weitere Maßnahmen vorschlagen.

3.2. Interventionsregelung für Getreide

Aufgrund des Mandats in der kürzlich ergangenen Entscheidung des Rates hat die Kommission mit einer umfassenden Überprüfung der Interventionsregelung für Getreide begonnen und dabei die wachsenden Märkte für Biokraftstoffe und die möglichen Auswirkungen der gestiegenen Nachfrage nach Getreide berücksichtigt.

Die 2007 getroffene Entscheidung, die Interventionsankäufe von Mais zu begrenzen, war notwendig, weil die Intervention nicht entsprechend ihrem ursprünglichen Zweck als Sicherheitsnetz eingesetzt wurde. Dies könnte zu einem relativen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit von Gerste und möglicherweise auch von Weichweizen führen und einen Anstieg der öffentlichen Bestände an diesen Getreidearten nach sich ziehen.

Daher scheint die Anwendung des Modells für die Reform der Interventionsregelung für Mais auf anderes Futtergetreide im derzeitigen Kontext die beste Lösung zu sein. Die Kommission könnte dann in Krisensituationen reagieren, aber gleichzeitig hätten die Landwirte die Möglichkeit, ihre Produktionsentscheidungen an den Marktpreisen auszurichten. Die Beibehaltung der Intervention für eine einzige Getreideart (Weichweizen) könnte dann als Sicherheitsnetz fungieren, gleichzeitig könnten die anderen Getreidearten ihr realistisches Preisniveau finden.

3.3. Flächenstilllegung: keine Angebotssteuerung, mehr Umweltnutzen

Die Flächenstilllegung wurde eingeführt, um die Getreideerzeugung der EU in einer Zeit hoher Bestände zu drosseln und die Anpassung des EU-Getreidemarktes an die Weltmarktbedingungen zu ermöglichen. Diese Funktion der Flächenstilllegung ist aufgrund der Marktentwicklung und der Einführung der Betriebsprämienregelung immer mehr in den Hintergrund getreten.

Die vorhersehbare Angebots- und Nachfragesituation bei Getreide einschließlich der Nachfrage im Zusammenhang mit der Erfüllung des Biokraftstoffziels der EU spricht dafür, Flächen, die derzeit im Rahmen der obligatorischen Flächenstilllegung nicht bestellt werden, zu reaktivieren.

Beim Wegfall der Flächenstilllegungsregelung auf Dauer sind jedoch Maßnahmen erforderlich, um den ökologischen Nutzen zu erhalten, den die derzeitige Regelung gebracht hat. Eine Möglichkeit wäre, die Flächenstilllegung durch gezielte Maßnahmen des zweiten Pfeilers zu ersetzen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Agrarumweltbedingungen regional sehr unterschiedlich sind.

Um den ökologischen Nutzen der Flächenstilllegung zu erhalten und noch zu vergrößern, müssten die Stützungszahlungen des zweiten Pfeilers für umweltfreundliche Formen der Boden-, Wasser- und Ökosystembewirtschaftung aufgestockt werden. Hierzu gehören Maßnahmen wie ökologische Flächenstilllegungen, der Schutz von Uferstreifen, Aufforstungsmaßnahmen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Anpassung an den Klimawandel und der Politik für erneuerbare Energien wie die Ausweisung von ökologischen Korridoren zum Schutz der Artenvielfalt.

3.4. Auslaufen der Milchquotenregelung: Vorbereitung auf eine sanfte Landung

Die Kommission wird noch vor Jahresende einen ausführlichen Bericht über die Entwicklungen auf den Milchmärkten vorlegen, doch lässt sich schon jetzt aus der Marktentwicklung seit 2003 ein genereller Schluss ziehen: Die Gründe für die Einführung der Milchquotenregelung sind heute nicht mehr gültig.

Anstatt mit einem wachsenden Angebot und einer stagnierenden Nachfrage nach Massengütern konfrontiert zu sein, gibt es heute innerhalb und außerhalb der EU eine steigende Nachfrage nach Produkten mit hoher Wertschöpfung (vor allem Käse und Frischmilcherzeugnisse) und hohe Preise, was zur Folge hat, dass die Intervention als Absatzmarkt für Butter und Magermilchpulver immer mehr an Bedeutung verliert.

In dieser Situation muss man sich fragen, ob und wenn ja welche Maßnahmen getroffen werden sollen, um einen reibungsloseren Übergang zu einer stärker am Markt ausgerichteten Milchpolitik zu gewährleisten, bevor die Milchquotenregelung am 31. März 2015 ausläuft.

Auslaufen der Milchquotenregelung

Unter Marktgesichtspunkten hat die im Jahr 2003 getroffene Entscheidung, die Milchquoten nicht weiter aufzustocken, die Fähigkeit des Sektors eingeschränkt, sich stärker am Markt auszurichten und wettbewerbsfähiger zu werden. Agrarpolitisch gesehen hat die Quotenregelung die Kluft zwischen dem Milchsektor und den anderen reformierten Agrarsektoren vergrößert.

Falls nichts geschieht, bis die Quotenregelung im Wirtschaftsjahr 2014/15 ausläuft, würden hohe Quotenmengen die leistungsfähigeren Landwirte daran hindern, von neuen Chancen zu profitieren, während die am wenigsten leistungsfähigen Landwirte in benachteiligten Gebieten und speziell in Berggebieten durch den erwarteten dramatischen Preisrückgang nach dem plötzlichen Wegfall der Milchquotenregelung mit großen Problemen konfrontiert wären.

Dies führt zu dem Schluss, dass eine schrittweise Aufstockung der Milchquoten die beste Vorbereitung auf eine sanfte Landung zum Zeitpunkt des Auslaufens der Quotenregelung wäre. Die Kommission wird die geeignete Aufstockung auf der Grundlage einer derzeit laufenden Analyse vorschlagen, die darauf abzielt, Klarheit über die Auswirkungen des Wegfalls der Quotenregelung in den einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen zu gewinnen und herauszufinden, mit welchen flankierenden Maßnahmen (beispielsweise Anpassungen der Interventionsregelung oder der Zusatzabgabenregelung) sich der Übergang möglichst reibungslos gestalten lässt.

Maßnahmen für die Berggebiete

Allgemein wird erwartet, dass das Auslaufen der Milchquotenregelung zu einem Anstieg der Produktion, zu sinkenden Preisen und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit für den Milchsektor führen wird. Gleichzeitig werden bestimmte Regionen, vor allem aber nicht ausschließlich die Berggebiete, Probleme haben, eine Mindestproduktion aufrechtzuerhalten.

Einige dieser Probleme könnten durch Maßnahmen des zweiten Pfeilers gelöst werden, die darauf abzielen, die Wertschöpfung der Milchprodukte zu erhöhen. Da es aber nicht Ziel dieser Maßnahmen ist, die Erzeugung zu erhalten, muss für die Berggebiete eine andere Lösung gefunden werden, um nach dem Auslaufen der Quotenregelung eine sanfte Landung zu ermöglichen. Eine Möglichkeit bestünde darin, besondere Stützungsmaßnahmen im Rahmen eines überarbeiteten Artikels 69 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 vorzusehen. Dies würde eine Lockerung der derzeitigen Vorschrift voraussetzen, derzufolge derartige Maßnahmen nur auf Sektorebene angewendet werden dürfen.

Somit sollten im Rahmen des Gesundheitschecks für den Zeitpunkt des Wegfalls der Milchquotenregelung

3.5. Andere Maßnahmen zur Angebotssteuerung

In einer Reihe anderer, kleinerer Sektoren (Trockenfutter, Stärke, Lein und Hanf) gibt es ebenfalls Maßnahmen zur Angebotssteuerung und produktionsgekoppelte Stützungszahlungen. Beim Gesundheitscheck muss genau untersucht werden, wie leistungsfähig diese Maßnahmen sind und ob sie langfristig sinnvoll bleiben.

Dabei wird es um die Maßnahmen und um das geeignete Timing für die Einbeziehung der noch bestehenden produktionsgekoppelten Zahlungen in die Betriebsprämienregelung gehen. Beim Gesundheitscheck muss ebenfalls untersucht werden, ob es Fälle gibt, wo unter Umständen weitere Stützungszahlungen notwendig sind, um die Nutzeffekte der Agrarerzeugung für die regionale Wirtschaft zu erhalten, die sich auf andere Weise nicht erzielen lassen.

4. Auf neue Herausforderungen reagieren

4.1. Risikomanagement

Die entkoppelte Einkommensstützung, bei der die Höhe der betrieblichen Zahlungen unabhängig von der erzeugten Menge ist, gestattet es den Landwirten, sich besser auf erwartete Risiken einzustellen, beispielsweise, indem sie die Erzeugung auf rentablere Produkte umstellen. Die Entkoppelung ermöglicht es ihnen aber auch, unerwartete Risiken abzufedern.

Die Veränderungen bei den traditionellen Marktinstrumenten und der Übergang zur direkten Einkommensstützung haben jedoch auch Diskussionen über verschiedene Arten des Risikomanagement ausgelöst, wobei das Preisrisiko und das Produktionsrisiko (z.B. ungünstige Witterungsbedingungen oder Pflanzen- und Tierkrankheiten) als die beiden wichtigsten einkommensrelevanten Variablen angesehen werden.

Nach den Erörterungen im Rat im Jahr 2005 hat sich die Kommission auf der Grundlage interner und externer Analysen weiter mit dem Problem des Risikomanagement befasst; gleichzeitig wurde bei der Reform des Sektors Obst und Gemüse eine Förderung von Risikomanagementmaßnahmen durch die EU vorgesehen, d.h., die Erzeugerorganisationen können nun beschließen, derartige Maßnahmen in ihre Programme aufzunehmen. Auch der Vorschlag der Kommission für die Reform des Weinsektors sieht Risikomanagementmaßnahmen vor, die aus den nationalen Finanzrahmen finanziert werden.

Die Analyse der Kommission und Expertenmeinungen zeigen jedoch, dass die Art der Risiken und ihr Ausmaß stark variieren und so viele Unsicherheiten einschließen, dass in dieser Phase, zumindest solange die Intervention als Sicherheitsnetz bestehen bleibt, eine EU-weite Lösung nach einem Einheitsrezept nicht der richtige Weg wäre.

Zusätzlich sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden, Instrumente des zweiten Pfeilers zu nutzen, weil sich damit leichter gezielte Lösungen finden lassen. Nicht alle Mitgliedstaaten, nicht alle Sektoren und vor allem nicht alle Regionen und Sektoren innerhalb eines Mitgliedstaats sind mit den gleichen Markt- und Witterungsrisiken konfrontiert. Es ist daher besser, wenn die Mitgliedstaaten, die Regionen oder auch die Erzeugerorganisationen über Maßnahmen des zweiten Pfeilers die Möglichkeit haben, die eigenen Risiken besser zu beurteilen und maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten.

Daher sollte nach Auffassung der Kommission im Rahmen des Gesundheitschecks Folgendes geleistet werden:

4.2. Klimawandel, Bioenergie, Wasserwirtschaft und Artenvielfalt

Drei wichtige neue Herausforderungen, vor die sich die EU-Landwirtschaft gestellt sieht, sind der Klimawandel, die Bioenergie und das Wasserbewirtschaftung. Dabei ist der Klimawandel das größte Problem und beeinflusst die Entwicklungen in den beiden anderen Bereichen.

Durch die Abmilderung der Auswirkungen des Klimawandels hat die EU-Landwirtschaft mehr als andere Wirtschaftszweige zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen beigetragen. Dies ist hauptsächlich auf verbesserte Produktionsmethoden (z.B. wirksamerer Einsatz von Düngemitteln) und den Rückgang des Rinderbestandes zurückzuführen. Aber der Agrarsektor muss künftig im Rahmen der EU-Gesamtstrategie für die Bekämpfung des Klimawandels noch mehr für die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen tun.

Andererseits ist die EU-Landwirtschaft durch den Klimawandel auch stark gefährdet. Eine Vielzahl von Problemen ergibt sich durch die ungewissen Niederschlagsmengen, extreme Witterungsereignisse und Temperaturen, die ungewisse Wasserverfügbarkeit und die Bodenverhältnisse. Daher besteht auch hier Änderungsbedarf, um die Anpassungstechniken zu verbessern. Im kürzlich veröffentlichten Grünbuch "Anpassung an den Klimawandel in Europa" werden von der EU-Landwirtschaft weitere Beiträge zum Klimaschutz gefordert.

Im "Fahrplan für erneuerbare Energien" wurden verbindliche Ziele für den Anteil von Biokraftstoffen (10 %) und erneuerbaren Energien (20 %) am Gesamtkraftstoff- und Energieverbrauch bis 2020 festgelegt. Diese Ziele stehen in engem Zusammenhang mit den Zielen der Abschwächung des Klimawandels und dürften beträchtliche Auswirkungen auf die EU-Landwirtschaft haben. Gleichzeitig bleibt die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln auch künftig die vorrangige Aufgabe der EU-Landwirtschaft.

Wie bereits in der Mitteilung der Kommission zu Wasserknappheit und Dürre in der Europäischen Union vom Juni 2007 gesagt, soll beim Gesundheitscheck geprüft werden, wie Fragen der Wasserbewirtschaftung verstärkt in die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes einbezogen werden können. Für die EU-Landwirtschaft ist ein nachhaltiges Wassermanagement außerordentlich wichtig, weil anderenfalls der Zugang zu ausreichenden Mengen Wasser von guter Qualität immer schwieriger wird.

Eine weitere wichtige Herausforderung besteht darin, dem Rückgang der Artenvielfalt Einhalt zu gebieten, der durch den Klimawandel und die steigende Nachfrage nach Wasser noch beschleunigt wird. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, diesen Rückgang bis 2010 zu stoppen, aber dieses Ziel dürfte unrealistisch sein, wobei der Landwirtschaft für den Schutz der Artenvielfalt eine außerordentlich wichtige Rolle zukommt.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, um beim Gesundheitscheck auf diese Herausforderungen einzugehen:

4.3. Stärkung des zweiten Pfeilers

Die neuen Herausforderungen, die sich aus den in dieser Mitteilung dargestellten Problemen ergeben, erfordern einen weiteren Ausbau der Maßnahmen des zweiten Pfeilers, vor allem, weil die Mitgliedstaaten wegen der in der Finanziellen Vorausschau 2005 beschlossenen Mittelkürzungen mit weniger Geld auskommen müssen. Ein Ausbau der Maßnahmen des zweiten Pfeilers ist auch notwendig, um den größeren Innovationsbedarf zu decken, der sich durch die neuen Herausforderungen in den Bereichen Produktivität und Umwelt sowie Entwicklung von Biokraftstoffen der zweiten Generation ergibt.

Da der Haushalt der GAP nun bis 2013 feststeht, lässt sich eine Aufstockung der Mittel für Maßnahmen des zweiten Pfeilers nur durch die Erhöhung der obligatorischen Modulation mit entsprechender Kofinanzierung erreichen. Eine solche Entscheidung, die sich, sobald die Stützungszahlungen überall gleich hoch sind, in allen Mitgliedstaaten auswirken wird, setzt voraus, dass es bei der derzeitige Aufteilung der Modulationsmittel auf die Mitgliedstaaten bleibt und dass die bestehenden Vorschriften berücksichtigt werden. Dies ließe sich wie folgt erreichen:

5. Finanzrahmen

Die Kommission geht in der vorliegenden Mitteilung von der Annahme aus, dass es im Zeitraum 2007 bis 2013 weder für den ersten noch für den zweiten Pfeiler der GAP zusätzliche EU-Mittel geben wird.

In diesem Fall wird die Ausgabenobergrenze in konstanten Preisen sinken. Dies bedeutet, dass in diesem Zeitraum die Vorschriften über die Haushaltsdisziplin für die Landwirte zum Tragen kommen könnten, allerdings in geringerem Umfang als bisher erwartet, wenn sich die Marktpreise auf ihrem derzeitigen hohen Niveau halten.

Wie aus der nachstehenden Grafik hervorgeht, sinkt die Obergrenze für die Ausgaben des ersten Pfeilers in konstanten Preisen von 2004, während gleichzeitig für die EU-12-Mitgliedstaaten aufgrund der Bestimmungen in den Beitrittsverträgen stetig steigende Beträge für die direkten Beihilfen erforderlich werden.

6. Schluss

Wie in ihrer Mitteilung "Den Haushalt reformieren, Europa verändern" angekündigt, wird die Kommission in den Jahren 2007 und 2008 ihr Konzept für die 2008/2009 anstehende Überprüfung des EU-Haushalts erarbeiten. Der Gesundheitscheck ist eine Vorbereitung hierauf, ohne dass er den Ergebnissen dieser Überprüfung vorgreift. Er ermöglicht eine Feinabstimmung der Reformen von 2003 und bereichert die Diskussion über die künftigen Prioritäten im Agrarbereich.

Die Kommission gibt in ihrer Mitteilung "Vorbereitung auf den GAP-Gesundheitscheck" einen ersten Überblick über die notwendigen Anpassungen mehrerer Elemente der GAP. Diese Anpassungen ergeben keine grundlegende Reform, ermöglichen es aber der EU-Landwirtschaft, sich besser auf ein sich rasch veränderndes Umfeld einzustellen. Anhand der Ergebnisse des öffentlichen Dialogs mit den Beteiligten und der derzeit durchgeführten Folgenabschätzung wird die Kommission im Frühjahr 2008 geeignete Vorschläge vorlegen.

Um diesen Dialog in Gang zu bringen, wird die Kommission zwei Seminare für die Beteiligten2 veranstalten und damit die öffentliche Anhörung über diese Mitteilung beginnen.