Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel - Entwurf des gemeinsamen Fortschrittsberichts 2010 des Rates und der Kommission über die Umsetzung des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" KOM (2009) 640 endg.; Ratsdok. 15897/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 02. Dezember 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 25. November 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 26. November 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 856/03 (PDF) = AE-Nr. 033738,
Drucksache 830/05 (PDF) = AE-Nr. 053096,
Drucksache 837/07 (PDF) = AE-Nr. 070890,
Drucksache 026/09 (PDF) = AE-Nr. 090022,
Drucksache 434/09 (PDF) = AE-Nr. 090365 und AE-Nr. 090028

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel

Entwurf des gemeinsamen Fortschrittsberichts 2010 des Rates und der Kommission über die Umsetzung des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" (Text von Bedeutung für den EWR)

1. Einleitung

Die allgemeine und berufliche Bildung ist ein zentrales Element der Lissabon-Agenda für Wachstum und Beschäftigung und ein Schlüsselelement für ihr Followup in der Zeit bis 2020. Die Schaffung eines gut funktionierenden "Wissensdreiecks" aus Bildung, Forschung und Innovation und die Unterstützung aller Bürger bei der Verbesserung ihrer Kompetenzen sind entscheidende Faktoren sowohl für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung als auch für Gerechtigkeit und gesellschaftliche Integration. Durch die Wirtschaftskrise rücken diese langfristigen Herausforderungen noch stärker in den Blickpunkt. Staatliche Stellen und Unternehmen stehen unter hohem finanziellen Druck, bestehende Arbeitsplätze werden abgebaut und neu geschaffene Arbeitsplätze erfordern oft andere oder höhere Qualifikationen. Deshalb müssen die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sehr viel offener gestaltet und besser auf die Bedürfnisse der Bürger, des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft insgesamt abgestimmt werden.

Die politische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung hat seit 20021 die Bildungsreformen in den beteiligten Ländern maßgeblich vorangebracht und zur Ausweitung der europaweiten Mobilität von Lernenden und Berufstätigen beigetragen. Im Mai 2009 hat der Rat auf dieser Grundlage und unter voller Berücksichtigung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Bildungssysteme einen Strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung ("ET 2020") verabschiedet2.

Im vorliegenden vierten gemeinsamen Bericht werden die im Zeitraum 2007-2009 erzielten Fortschritte beim Erreichen der vereinbarten Ziele im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung untersucht. Die Analyse stützt sich auf eine eingehende Auswertung der nationalen Berichte und die im Hinblick auf die festgelegten Indikatoren und Benchmarks erzielten Leistungen3. Im Mittelpunkt des Berichts seht insbesondere die Umsetzung der Empfehlung zu Schlüsselkompetenzen aus dem Jahr 20064. Zugleich vermittelt er einen Überblick über die Entwicklung der nationalen Strategien für lebenslanges Lernen sowie über die Bemühungen zur Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung, um sie attraktiver zu machen und besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts abzustimmen, sowie zur Modernisierung der Hochschulbildung. Zudem berücksichtigt der Bericht auch neue Herausforderungen, insbesondere die im Rahmen der Initiative "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen"5 festgelegten Prioritäten. Die Mitgliedstaaten gehen in ihren Berichten zwar nicht ausdrücklich darauf ein, wie die allgemeine und berufliche Bildung auf die Rezession reagieren sollte; die in den Berichten behandelten Themen, insbesondere die Fortschritte bei der Umsetzung des kompetenzbasierten Ansatzes und die Modernisierung von Berufs- und Hochschulbildung, spielen jedoch eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Überwindung der Krise.

Folgende Trends und Herausforderungen sind festzustellen:

2. Schlüsselkompetenzen

Im Europäischen Bezugsrahmen zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen6 werden acht Schlüsselkompetenzen genannt und definiert, die in der Wissensgesellschaft für persönliche Entfaltung, aktive Bürgerschaft, sozialen Zusammenhalt und Beschäftigungsfähigkeit notwendig sind:

Die allgemeine und die berufliche Bildung sollten den Erwerb dieser Schlüsselkompetenzen unterstützen, so dass alle jungen Menschen - auch die benachteiligten - das Rüstzeug für ihren weiteren Lernweg und ihr Berufsleben erhalten. Die Erwachsenenbildung und die Berufsbildung sollten allen Erwachsenen echte Chancen bieten, damit sie während ihres ganzen Lebens ihre Schlüsselkompetenzen erwerben, ausbauen und aktualisieren können.

2.1. Fortschritte bei der Reform der Curricula

In der gesamten EU geht die Entwicklung eindeutig in Richtung des kompetenzbasierten Lehrens und Lernens und eines auf Lernergebnisse ausgerichteten Konzepts. Der europäische Bezugsrahmen für Schlüsselkompetenzen hat hier einen maßgeblichen Beitrag geleistet. In einigen Ländern war er das zentrale Element der Bildungsreformen.

Insbesondere bei den Schulcurricula wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Klassische Fächer wie Muttersprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften werden stärker lehrplanübergreifend unterrichtet, und neben der Wissensvermittlung rückt zunehmend auch die Entwicklung von Kompetenzen und positiven Einstellungen in den Mittelpunkt. Zudem kommen verstärkt Anwendungsbeispiele aus dem "echten Leben" zum Einsatz. Die bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen werden in den Curricula expliziter genannt und erhalten einen höheren Stellenwert. Da in vielen Mitgliedstaaten die Ergebnisse der PISA-Studie 2006 als zu schlecht erachtet worden waren, haben mehrere Länder Strategien oder Aktionspläne festgelegt, um das allgemeine Niveau bei den Grundfertigkeiten, insbesondere in den Bereichen Lesen, Rechnen und Naturwissenschaften, anzuheben.

2.2. Weiterer Verbesserungsbedarf bei der Organisation des Lernens in den Schulen

Die angelaufene Reform der Curricula allein reicht jedoch nicht aus. Der kompetenzbasierte Ansatz erfordert auch die Vermittlung von Fertigkeiten und Einstellungen, um erworbenes Wissen in geeigneter Weise anzuwenden, sowie die Entwicklung einer positiven Einstellung zu kontinuierlichem Lernen, kritischem Denken und zur Kreativität. Dies ist eine echte Herausforderung für die Organisation des Lernens; hier spielen die Fähigkeiten der Lehrkräfte und der Schulleitung die entscheidende Rolle. Zudem sollten die Schulen stärker als bisher die ausdrückliche Verantwortung für die Vorbereitung der Schüler auf ihren weiteren Lernweg übernehmen und dies als Kernaufgabe ansehen.

2.2.1. Anwendung der bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen in der Praxis

Derzeit wird viel unternommen, um Schulen mit neuen Technologien auszustatten und den Schülern IKT-Kenntnisse zu vermitteln, um digitale Kompetenz ("Computerkompetenz") zu entwickeln. Allerdings erwerben junge Menschen IKT-Kenntnisse zunehmend auf informellem Weg, während Aspekten wie kritischem Denken bei der Nutzung neuer Technologien und Medien, Risikobewusstsein sowie ethischen und rechtlichen Überlegungen bislang weniger Bedeutung beigemessen wurde. Diese Themen sollten jedoch ausdrücklich im Unterricht und beim Lernen berücksichtigt werden, da die IKT-Nutzung zunehmend Teil des Alltags wird. Zudem ist es notwendig, das Potenzial der neuen Technologien besser für den Ausbau von Innovation und Kreativität, für neue Partnerschaften und für die stärkere Berücksichtigung des persönlichen Lernbedarfs auszuschöpfen.

Die Lernkompetenz wird ebenfalls in vielen Curricula aufgegriffen;

Schulen und Lehrkräfte müssen jedoch in größerem Maße dabei unterstützt werden, die Vermittlung von Lernkompetenz systematisch in die Lehr- und Lernprozesse zu integrieren und ein Lernethos in der gesamten Schule zu verankern. Innovative Methoden wie individuelle Lernpläne und problembasiertes Lernen können besonders für diejenigen hilfreich sein, deren bisherige Schulerfahrungen von Misserfolgen oder negativen Erlebnissen geprägt waren.

Auch bei der Vermittlung anderer bereichsübergreifender Kompetenzen - soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz, Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz sowie Kulturbewusstsein - besteht die Herausforderung darin, über die Wissensvermittlung hinauszugehen. Die Schüler benötigen mehr Gelegenheiten, um Initiativen zu ergreifen und in schulischen Umfeldern zu lernen, die offen sind für die Arbeitswelt, für Freiwilligenaktivitäten sowie für Sport und Kultur. Dies lässt sich beispielsweise im Rahmen von Kooperationsprojekten mit Arbeitgebern, Jugendgruppen, Kultureinrichtungen und der Zivilgesellschaft umsetzen.

Es gibt immer mehr Beispiele für den erfolgreichen Erwerb unternehmerischer Kompetenz durch Partnerschaften mit Firmen oder durch die Gründung von Kleinstunternehmen, die von Schülern geführt werden. Der Erfahrungsaustausch zeigt, dass solche Initiativen durch Maßnahmen zur Förderung des Initiativgeistes, der Kreativität und der Innovation in Schulen flankiert werden müssen.

2.2.2. Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und Schulleitern

Die Qualität der Lehre ist der schulinterne Faktor, der sich maßgeblich auf die Leistungen der Schüler auswirkt. In einigen Ländern ist festzustellen, dass die Anwendung des auf Schlüsselkompetenzen beruhenden Ansatzes in der Erstausbildung der Lehrkräfte vermittelt wird. Die Mehrzahl der derzeit tätigen Lehrkräfte, die ihre Ausbildung ja bereits beendet hat, bleibt hierbei jedoch unberücksichtigt. Für deren Weiterbildung werden den nationalen Berichten und dem Erfahrungsaustausch zufolge jedoch kaum Anstrengungen unternommen.

Die TALIS-Umfrage7 hat ergeben, dass Lehrkräften wenig Anreize geboten werden, um ihren Unterricht zu verbessern, und dass die gängigsten Angebote für Lehrkräfte zur beruflichen Weiterentwicklung nicht unbedingt die wirksamsten sind. Die Mehrzahl der Lehrkräfte wünscht eine umfassendere berufliche Weiterentwicklung, insbesondere in den Bereichen sonderpädagogische Förderung, IKT und Schülerverhalten.

Die berufliche Weiterentwicklung von Schulleitern spielt eine zentrale Rolle. Schließlich tragen sie die Verantwortung für die Schaffung eines Umfelds, in dem Schulen zu lernenden Gemeinschaften werden, wovon Schüler und Lehrkräfte gleichermaßen profitieren. Eine obligatorische berufsbegleitende Weiterbildung für Schulleiter ist jedoch nur in wenigen Ländern vorgesehen.

2.2.3. Weiterentwicklung von Bewertung und Evaluierung

Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Bewertung einen großen Beitrag zur Wirksamkeit des Lernens leisten und die Motivation verbessern kann.

In den meisten Ländern werden mittlerweile - zumindest in der allgemeinen Bildung - Mindeststandards und zentralisierte Bewertungen genutzt, um den Erwerb von Schlüsselkompetenzen im Vergleich zu beurteilen.

Bei den meisten derzeit angewandten Bewertungsmethoden steht jedoch vor allem die Wissensabfrage im Mittelpunkt, während die entscheidende Dimension der Schlüsselkompetenzen - Fähigkeiten und Einstellungen - nicht hinreichend erfasst wird. Auch die Bewertung bereichsübergreifender Schlüsselkompetenzen und die Bewertung im Kontext lehrplanübergreifender Arbeit erscheinen unzureichend. Die Erfahrungen der Länder, die ergänzende Methoden, beispielsweise Peer-Bewertungen, Portfolios, Bewertungspläne für individuelles Lernen und/oder für Schulen, sowie projektbasierte Bewertungsmethoden anwenden, sollten näher untersucht werden und als Grundlage weiterer Arbeiten dienen.

2.3. Lese-/Schreibkenntnisse und Förderung benachteiligter Gruppen: größere Anstrengungen notwendig

Eine gute Beherrschung der Grundfertigkeiten Lesen und Schreiben bildet das Fundament für den Erwerb von Schlüsselkompetenzen und für das lebenslange Lernen. Die Vermittlung dieser Grundfertigkeiten muss daher vom frühesten Kindesalter an gewährleistet werden. Umso besorgniserregender ist die Tatsache, dass sich die Lesekompetenz gemessen an der EU-Benchmark für 2010 sogar verschlechtert. Unzureichende Lese- und Schreibkenntnisse, die insbesondere bei Jungen und bei Kindern aus Migrantenfamilien festzustellen sind, verschlechtern die Aussichten für Beschäftigung und persönliches Wohlbefinden erheblich. Zwar haben die meisten Länder spezielle Initiativen zur Förderung der Alphabetisierung ergriffen; die Wirksamkeit der nationalen Maßnahmen muss jedoch eindeutig verbessert werden.

Während die EU-Benchmark für 2010 eine Verringerung des Anteils der 15-Jährigen mit schlechten Lesefähigkeiten um 20 % vorsieht, ist dieser Anteil sogar von 21,3 % im Jahr 2000 auf 24,1 % im Jahr 2006 gestiegen. Die Leistungen der Schüler mit Migrationshintergrund in den Fächern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften sind schwächer als die Leistungen der einheimischen Schüler (PISA-Daten).

In Bezug auf benachteiligte Schüler setzt sich eindeutig ein stärker auf den Einzelnen zugeschnittener Ansatz für das Lernen durch. Dies wird häufig flankiert von gezielten Maßnahmen zur Unterstützung von Schülern mit schwachen Lese-/Schreibleistungen (einschließlich Migranten) oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie von Schülern, bei denen die Gefahr eines Schulabbruchs besteht. Die nationalen Berichte lassen jedoch erkennen, dass die Fortschritte recht langsam sind, so dass die Bekämpfung von Benachteiligungen weiterhin eine große Herausforderung darstellt.

Bei der Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es zwei grundverschiedene Ansätze: In manchen Ländern wird eine Integration in die Regelschulen angestrebt, während andere eine getrennte Beschulung vorziehen. Entsprechend variiert der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in speziellen Förderschulen unterrichtet werden, an der Gesamtzahl der Schüler an den Pflichtschulen zwischen 0,01 % und 5,1 % (EU-Durchschnitt: 2,1 %).

In den meisten Ländern fassen Konzepte, die auf den frühzeitigen Erwerb von Grundkompetenzen (insbesondere Lesen, Schreiben und Rechnen) abzielen, immer mehr Fuß. In einigen Fällen werden sie ergänzt durch systematische Programme zur Früherkennung von Lernschwierigkeiten und anschließende Fördermaßnahmen, um zu verhindern, dass Schüler den Anschluss verlieren, sowie durch Programme, die Interesse an Fächern wie Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften wecken sollen.

Während viele Länder spezifische, auf die Bedürfnisse benachteiligter Gruppen ausgerichtete Maßnahmen ergreifen, haben manche Länder bereichsübergreifende Rechtsrahmen eingerichtet, deren Bestimmungen auf Rechten basieren und die sowohl für Schüler ohne besonderen Förderbedarf als auch für spezifische Zielgruppen gelten.

2.4. Unzureichende Vermittlung von Schlüsselkompetenzen in der Berufs- und Erwachsenenbildung

In der beruflichen Aus- und Weiterbildung stehen Kompetenzen traditionell stärker im Vordergrund als in der allgemeinen Bildung. In seiner Gesamtheit wird das im Europäischen Bezugsrahmen definierte Spektrum der Schlüsselkompetenzen in der Berufsbildung jedoch weniger systematisch berücksichtigt als in der allgemeinen Bildung. Vor allem der fremdsprachlichen Kommunikation und sämtlichen bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen, die angesichts des Wandels auf dem Arbeitsmarkt und der gesellschaftlichen Anforderungen immer wichtiger werden, sollte größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese Herausforderung betrifft sowohl Curricula, Lehre und Lernmethoden als auch die Ausbildung von Lehrkräften und Ausbildern in der Berufsbildung.

Die meisten Länder betonen, wie wichtig ein effizientes Erwachsenenbildungssystem ist. Die Ziele der Erwachsenenbildung bestehen darin, die Chancen von Erwachsenen auf dem Arbeitsmarkt durch die Vermittlung geeigneter Kompetenzen zu verbessern, ihre soziale Eingliederung zu fördern und sie auf ein aktives Altern vorzubereiten.

Bei der Steigerung des Anteils der Erwachsenen, die an allgemeinen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen teilnehmen, wurden einige Fortschritte erzielt, die jedoch nicht genügen, um die für 2010 vorgegebene Benchmark von 12,5 % zu erreichen. Im Jahr 2008 nahmen 9,5 % der Europäer im Alter von 25-64 Jahren in den letzten vier Wochen vor der Umfrage an Bildungsmaßnahmen teil, wobei der Anteil in der Gruppe der hoch qualifizierten Erwachsenen fünfmal höher lag als in der Gruppe der gering qualifizierten.

Noch immer verfügen 77 Mio. Europäer im Alter von 25-64 Jahren (fast 30 %) allenfalls über einen Abschluss der Sekundarstufe I.

Die Maßnahmen zur Unterstützung der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen an Erwachsene umfassen den Erlass neuer und die Änderung bestehender Vorschriften, die Verbesserung des Unterrichts und des Managements sowie spezifische Finanzierungsmaßnahmen. Im Einklang mit dem Aktionsplan zur Erwachsenenbildung8 rücken vor allem Lese-/Schreibkenntnisse, Sprachen und die digitale Kompetenz in den Blickpunkt, insbesondere bei Bildungsangeboten für gering qualifizierte und/oder arbeitslose Bürger sowie Immigranten. Auch Angebote des "zweiten Bildungswegs", über die Sekundarschulabschlüsse erworben werden können, sind gängige Praxis. Die Vermittlung von Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten ist gelegentlich auch Teil von beruflich orientierten Bildungsgängen. Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg solcher Maßnahmen besteht darin, sie mit Orientierungsangeboten und der Anerkennung des formalen, nichtformalen und informellen Lernens zu verknüpfen.

In der Erwachsenenbildung ist es zudem entscheidend, dass der Unterricht das gesamte Spektrum der Schlüsselkompetenzen abdeckt, nicht nur einzelne Kompetenzen (z.B. Lesen/Schreiben) oder spezielle berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten. Zudem sollte es Angebote für Erwachsene aller Qualifikationsstufen geben - einschließlich gering qualifizierter Erwachsener, Bürgern mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen und älteren Menschen. Die Kompetenzen des in der Erwachsenenbildung tätigen Personals sollten entsprechend verbessert werden.

3. Strategien und Instrumente für lebenslanges Lernen

3.1. Ein etabliertes Konzept

In sämtlichen EU-Mitgliedstaaten ist lebenslanges Lernen von der Kindheit bis ins hohe Alter als Schlüsselfaktor für Wachstum, Beschäftigung und soziale Eingliederung anerkannt. Ein wichtiger Indikator ist hier die Teilnahmequote der 4- bis 64-Jährigen an der allgemeinen und beruflichen Bildung, die in fast allen EU-Ländern ansteigt9.

Die meisten Länder haben explizite Strategien für lebenslanges Lernen festgelegt. Besondere Anstrengungen wurden bei der Entwicklung von Instrumenten unternommen, die flexible Lernwege zwischen den verschiedenen Komponenten der Bildungs- und Berufsbildungssysteme unterstützen.

Die Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) tritt in eine entscheidende Phase ein. Die meisten Länder machen beträchtliche Fortschritte bei der Etablierung nationaler Qualifikationsrahmen, die sämtliche Ebenen und Arten der allgemeinen und beruflichen Bildung abdecken, und bei deren Verknüpfung mit dem EQR bis zum Jahr 2010. Lernergebnisse werden in diesem Zusammenhang verstärkt dazu genutzt, Qualifikationen zu beschreiben und zu definieren, und nichtformales und informelles Lernen erfährt eine zunehmende Validierung.

Außerdem wurden Maßnahmen ergriffen, um Systeme für lebenslange Orientierung - insbesondere für Erwachsene - weiterzuentwickeln. Allerdings müssen die verschiedenen Orientierungssysteme noch besser koordiniert werden, auch um junge Menschen beim Abschluss ihrer Grund- und Erstausbildung sowie beim Übergang ins Arbeitsleben zu unterstützen.

3.2. Die Umsetzung bleibt eine Herausforderung

Die Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategien für lebenslanges Lernen ist nach wie vor eine erhebliche Herausforderung. Nur manche Strategien sind wirklich kohärent und umfassend, während andere nach wie vor auf bestimmte Bereiche oder Zielgruppen und nicht lebensumspannend angelegt sind. Strategien für lebenslanges Lernen sind nur wirksam, wenn sie hinreichend lange Zeiträume abdecken, in jedem Alter Chancen eröffnen und kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt werden. Um die Relevanz und Wirkung der Strategien zu verbessern und die einzelnen Bürger für das Lernen zu motivieren, ist es notwendig, die Stakeholder stärker einzubeziehen und über die allgemeine und berufliche Bildung hinaus die Zusammenarbeit mit anderen Politikfeldern zu verbessern. Angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise besteht ein zentrales Problem darin, dass keine geeigneten Mechanismen zur Verfügung stehen, um die begrenzten Ressourcen strategisch sinnvoll einzusetzen, auch um neuem und entstehendem Qualifikationsbedarf Rechnung zu tragen.

4. Berufliche Aus- und Weiterbildung

4.1. Verbesserung von Attraktivität und Qualität

Zur Erreichung des zentralen Ziels des Kopenhagen-Prozesses - der Verbesserung der Attraktivität und der Qualität der Berufsbildungssysteme - werden insbesondere Qualitätssicherungssysteme eingeführt, die sich am kürzlich angenommenen europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung10 ausrichten. In den meisten EU-Mitgliedstaaten wurde diesem Vorhaben Priorität eingeräumt. Einer der Schwerpunkte der Bemühungen ist die Professionalisierung der Lehrkräfte und Ausbilder in der Berufsbildung. Die Länder setzen verstärkt modulare Ansätze ein, damit die Berufsbildung flexibler wird und besser auf die Bedürfnisse der Lernenden und der Unternehmen reagieren kann.

4.2. Steigerung der Relevanz der Berufsbildung

Wie in der Mitteilung zur Initiative "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen" dargelegt, sind nach wie vor großen Herausforderungen zu bewältigen. Wenn die Berufsbildungssysteme nicht schneller und flexibler auf den zu erwartenden Anstieg des Qualifikations- und Kompetenzbedarfs reagieren können, dürfte sich die Kluft zwischen Kompetenzniveau und beruflichen Anforderungen bis 2020 weiter vergrößern.

Um die Relevanz der Berufsbildung für die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts zu verbessern, wird die schulische Ausbildung zunehmend durch eine berufspraktische Ausbildung ergänzt. Einige Länder, die über eine lange Tradition in diesem Bereich verfügen, entwickeln neue Ausbildungsmodelle und bauen Kooperationen mit den Sozialpartnern für die Planung und Aktualisierung des Berufsbildungsangebots auf. Um den im ständigen Wandel befindlichen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes Rechnung zu tragen, ist es jedoch notwendig, noch engere Beziehungen zur Wirtschaft zu knüpfen und das berufspraktische Lernen noch weiter auszubauen. Zudem muss die Entwicklung wirksamer Instrumente zur Ermittlung des künftigen Qualifikationsbedarfs vorangetrieben werden.

Der Schaffung von Querverbindungen zwischen der Berufsbildung und der Hochschulbildung wird zwar verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt, die Fortschritte in diesem Bereich müssen jedoch beschleunigt werden. Den Teilnehmern beruflicher Bildungsgänge mangelt es nach wie vor an attraktiven Qualifikationsperspektiven und Mobilitätsangeboten; zudem benötigen sie eine bessere Orientierung und Beratung sowie besseren Sprachunterricht.

5. Modernisierung der Hochschulbildung

5.1. Fortschritte bei der Verbesserung des Zugangs und der Diversifizierung der Finanzierungsquellen erkennbar

In der Politik wächst dass Bewusstsein dafür, dass die Öffnung der Hochschulbildung für Lernende, die nicht den klassischen Zielgruppen zuzurechnen sind, eine zentrale Rolle für die Verwirklichung des lebenslangen Lernens spielt. Die meisten Länder haben Maßnahmen zur Steigerung der Beteiligung sozioökonomisch benachteiligter Studierender ergriffen, die auch finanzielle Anreize umfassen.

In Europa haben 24 % der erwachsenen Bevölkerung (25-64 Jahre) einen hohen Bildungsabschluss (tertiäres Niveau). In den USA und in Japan ist dieser Anteil wesentlich höher (40 %).

Die Diversifizierung der Finanzierungsquellen für die Hochschulbildung schreitet voran, wobei insbesondere der Anteil der Studiengebühren zunimmt. Im Kommen sind ebenfalls leistungsbasierte Verträge und der Wettbewerb zwischen den Hochschulen, auch in Bezug auf öffentliche Mittel.

5.2. Finanzierung und Verwirklichung des lebenslangen Lernens weiter problematisch

Die Steigerung der Investitionen von öffentlicher und privater Seite ist weiterhin eine große Herausforderung, insbesondere in der Wirtschaftskrise. Begrüßenswert ist die Tatsache, dass einige EU-Mitgliedstaaten Initiativen ergriffen haben, um die Mittel für die Hochschulbildung zu erhöhen und gezielter einzusetzen. Um den Zufluss zusätzlicher Mittel in Schwung zu bringen, sollte jedoch eine weitere Diversifizierung angestrebt werden.

Die größten Hürden, die einer Stärkung der Rolle der Hochschulbildung für die berufliche Weiterbildung und die persönliche Entwicklung der Arbeitskräfte entgegenstehen, sind strukturelle und kulturelle Unflexibilität. Für die Hochschulen sollten Anreize geschaffen werden, um flexiblere Curricula und Teilnahmemodelle zu entwickeln und die Validierung früheren Lernens auszuweiten. Die Hochschulbildung muss eng in die Entwicklung sektorübergreifender nationaler Qualifikationsrahmen eingebunden werden.

Die Stärkung der Unabhängigkeit der Hochschulen, die Verbesserung ihres Managements und der Ausbau ihrer Rechenschaftspflicht spielen eine zentrale Rolle für die Öffnung der Hochschulen für Lernende, die nicht den klassischen Zielgruppen angehören, sowie für die Diversifizierung der Finanzierung. Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen11 können geeignete Rahmenbedingungen für die Steigerung des Finanzierungsanteils der Privatwirtschaft schaffen und - im Einklang mit der Initiative "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen" - die Hochschulen dabei unterstützen, Curricula und Qualifikationen zu entwickeln, die besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes und die Bedürfnisse der Studierenden abgestimmt sind12.

6. Ausblick

6.1. Intensivierung der Zusammenarbeit in der EU - Umsetzung des neuen strategischen Rahmens

Im vorliegenden Gemeinsamen Bericht über die Umsetzung des Arbeitsprogramms für 2010 werden Fortschritte in verschiedenen wichtigen Bereichen festgestellt, und es wird deutlich, wie die europäische Zusammenarbeit zur Verwirklichung nationaler Reformen beigetragen hat13. Zugleich werden jedoch auch wesentliche Herausforderungen beschrieben, die insbesondere die volle Umsetzung des Bezugsrahmens für Schlüsselkompetenzen sowie die Verbesserung der Offenheit und Relevanz der allgemeinen und beruflichen Bildung betreffen. Hier müssen weitere politische Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene ergriffen werden.

Der Strategische Rahmen "ET 2020" ist ein Instrument zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Deren Followup sollte in die prioritären Arbeitsbereiche der ersten Phase (2009-2011) des "ET 2020" eingehen und mit der Umsetzung der Initiative "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen" sowie der EU-Strategie für die Jugend14 verknüpft werden.

6.2. Schlüsselkompetenzen für alle durch lebenslanges Lernen

Viele Länder reformieren derzeit auf Grundlage des Bezugsrahmens für Schlüsselkompetenzen ihre Curricula - insbesondere im Bereich der Schulbildung. Innovative Konzepte für das Lehren und Lernen müssen jedoch in breiterem Umfang entwickelt und umgesetzt werden, um zu gewährleisten, dass alle Bürger Zugang zu qualitativ hochwertigen Angeboten für lebenslanges Lernen erhalten.

6.3. Ausweitung des partnerschaftlichen Ansatzes

Um die Kompetenzen der Bürger zu steigern und sie dadurch besser für die Zukunft zu rüsten, müssen die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sich weiter öffnen und ihren Bezug zur Außenwelt verbessern.

6.4. Die Rolle der allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU-Strategie für die Zeit nach 2010

Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung sind entscheidend für die Überwindung der Wirtschaftskrise - sowohl im Kontext langfristiger Strukturreformen als auch zur Abmilderung der unmittelbaren gesellschaftlichen Folgen der Krise. Schließlich ist der Erfolg Europas im globalen Wettbewerb mehr denn je abhängig von seinen Kompetenzen und seiner Innovationskapazität sowie von einem raschen Übergang zu einer Wissensgesellschaft mit geringem Kohlendioxidausstoß.

Entsprechend muss die Rolle der allgemeinen und beruflichen Bildung als Teil des Wissensdreiecks gestärkt werden. Ohne ein breites Fundament aus Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen - das darauf beruht, dass vom frühen Kindesalter an Talente und Kreativität gefördert werden, und das während des gesamten Erwachsenenlebens fortlaufend auf den neuesten Stand gebracht wird - werden wir kaum Fortschritte bei Innovation und Wachstum erzielen.

Lebenslanges Lernen und Mobilität in einer allgemeinen und beruflichen Bildung von hoher Qualität sind unerlässlich dafür, dass alle Bürger die Kompetenzen erwerben können, die sie nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch für ihre soziale Eingliederung und für ihr aktives Engagement als Bürger benötigen. Der Strategische Rahmen "ET 2020" und die Initiative "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen" werden Kernstücke der künftigen Strategie für Wachstum und Beschäftigung bilden und damit einen maßgeblichen Beitrag zur Ereichung dieses Gesamtziels leisten.