Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Strategische Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union KOM (2006) 689 endg.; Ratsdok. 15510/06

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 29. November 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 17. November 2006 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 17. November 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 817/05 (PDF) = AE-Nr. 052947
und Drucksache 826/06 (PDF) = AE-Nr. 061678

Mitteilung der Kommission an den Rat, Das Europäische Parlament, Den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Strategische Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union

Zusammenfassung

Rechts- und Verwaltungsvorschriften sind für einen wettbewerbsfähigen Markt mit fairen Bedingungen, den Wohlstand der Bürger sowie den wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt von grundsätzlicher Bedeutung. Bessere Rechtsetzung zielt darauf ab dass die erforderlichen Regelungen bei möglichst geringen Kosten größtmögliche Wirkung entfalten. Eine bessere Rechtsetzung kann sehr positive Auswirkungen auf Produktivität und Beschäftigung haben und damit zu Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

In der Europäischen Union werden die rechtlichen Rahmenbedingungen sowohl durch die Union als auch durch die Mitgliedstaaten in einem internationalen Kontext entwickelt - die Verbesserung der Rechtsetzung ist daher eine gemeinsame Verantwortung.

Im Rahmen dieser strategischen Überlegungen und der zugehörigen Dokumente zur Verwaltungsvereinfachung und zu den Verwaltungskosten werden die bereits erzielten Fortschritte analysiert und die wesentlichen künftigen Herausforderungen aufgezeigt.

Die Verbesserung der Rechtsetzung erstreckt sich auf den gesamten Prozess, d.h. von der Konzeption über die Durchführung bis zur Durchsetzung der Rechtsvorschriften, wobei von Anfang an das Subsidiaritätsprinzip sorgfältig beachtet wird. Heute ist gewährleistet, dass beim Entwurf von politischen Maßnahmen den Auffassungen der Betroffenen durch umfassende Konsultation systematisch Rechnung getragen wird. Anhand umfassender Leitlinien wurden über 160 Folgenabschätzungen vorgenommen, um sachgerechte und konsensfähige Kommissionsbeschlüsse auszuarbeiten. Darüber hinaus werden die Verwaltungskosten berechnet. Nach Überprüfung der bei ihrer Amtsübernahme 2004 anhängigen Vorschläge hat die derzeitige Kommission bereits 68 Vorschläge zurückgezogen und gedenkt, 2007 weitere zehn zurückzuziehen.

Die bereits bestehenden Rechtsakte sind für die Bürger und Unternehmen besonders wichtig.

Die Kommission hat daher für die Jahre 2005 bis 2008 ein umfassendes Vereinfachungsprogramm mit über 100 Vorschlägen aufgelegt, von denen bis Ende 2006 etwa 50 angenommen sein werden. Bei über 20 dieser Vorschläge sind die Beratungen im Rat und im Europäischen Parlament aber noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jetzt vorrangig behandelt werden.

Das Europäische Parlament und der Rat haben eine interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung geschlossen und Maßnahmen zu deren Anwendung in der Praxis getroffen (z.B. Folgenabschätzungen bei wichtigen Änderungen an Kommissionsvorschlägen).

Es kann aber noch mehr getan werden.

Auf der Ebene der Mitgliedstaaten werden seit der Annahme der Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung wesentlich raschere Fortschritte erzielt - 19 Mitgliedstaaten haben bereits Strategien zur besseren Rechtsetzung vorgelegt oder arbeiten daran und 17

Mitgliedstaaten haben ihre Verwaltungskosten bereits berechnet oder sind gerade dabei. Einige Mitgliedstaaten haben sich auch eine globale Verringerung der Verwaltungslasten zum Ziel gesetzt. Auch Folgenabschätzungen werden jetzt in größerem Umfang als früher vorgenommen, decken häufig allerdings nur Teilaspekte ab. Neun Mitgliedstaaten verfügen über Vereinfachungsprogramme und acht haben einschlägige Adhoc-Initiativen gestartet.

Konsultationen sind allerdings nur in neun Mitgliedstaaten obligatorisch.

Es ist ermutigend festzustellen, dass sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene erhebliche Fortschritte zu erkennen sind. Da die Verbesserung der Rechtsetzung aber ein Prozess ist und nicht nur ein einzelner Vorgang, sind weiterhin große Herausforderungen zu bewältigen. Nach Auffassung der Kommission sollten die Beteiligten folgende Prioritäten setzen:

Europäische Kommission:

Rat und Europäisches Parlament:

Mitgliedstaaten:

EU und Mitgliedstaaten:

Die Kommission schlägt vor, eine ehrgeizige Strategie zur Verringerung der Verwaltungslasten in die Wege zu leiten. Da die Verwaltungslasten sowohl auf gemeinschaftliche als auch auf nationale Rechtsvorschriften zurückzuführen sind, schlägt die Kommission vor, auf der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2007 als gemeinsames Ziel zu beschließen, die Verwaltungslasten bis 2012 um 25 % zu verringern.

In der Zwischenzeit sollten die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene ähnliche Maßnahmen einzuleiten und in dem genannten Zeitraum klaren Verpflichtungen zur Verringerung der Verwaltungslasten nachkommen. Fortschritte auf diesem Gebiet sollten im Rahmen der nationalen Reformprogramme erfasst und im Zusammenhang mit den jährlichen Fortschrittsberichten auf den Frühjahrstagungen des Europäischen Rates erörtert werden.

I. Das Programm für bessere Rechtsetzung

Die Europäische Union strebt rechtliche Rahmenbedingungen an, die die Bürger schützen und zugleich die europäischen Unternehmen darin unterstützen, im harten globalen Wettbewerb besser und mit innovativeren Konzepten bestehen zu können. Die Gemeinschaftsvorschriften zielten zum großen Teil darauf ab, die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes herzustellen. Sie decken auch andere politische Bereiche ab, in denen die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Politik verfolgen (z.B. Landwirtschaft, Fischerei, Handel, Zoll) oder in denen Regelungen auf EU-Ebene einen größeren Nutzen versprechen (z.B. Umwelt, Gesundheits- und Verbraucherschutz). In diesen Politikbereichen bedarf es gemeinsamer Regelungen, die kohärent angewandt werden.

Die Rechtsetzung auf EU-Ebene hat bereits eine erhebliche Reduzierung des Verwaltungsaufwands bewirkt, denn es ist wesentlich einfacher und wirksamer, in allen Mitgliedstaaten eine gemeinsame Vorschrift anzuwenden, als in einem komplizierten Geflecht unterschiedlicher Regelungen auf nationaler und regionaler Ebene zu agieren.

Rechtsakte der Gemeinschaft haben einen wirksamen Beitrag zur Beseitigung von Hemmnissen für den Wettbewerb und von kollidierenden nationalen Regelungen geleistet.

Das Gemeinschaftsrecht entwickelte sich progressiv im Wege der Ausgestaltung vorhandener Grundlagen durch immer neue Vorschriften. In den meisten etablierten Politikbereichen ist es nun an der Zeit, den so erreichten Bestand an Rechtsvorschriften zu sichten und zu prüfen, ob nicht Vereinfachungen möglich sind, um die Belastungen für Unternehmen und Bürger zu mindern und dafür zu sorgen, dass die Vorschriften klar, aktuell, effizient und benutzerfreundlich sind. Die Rechtsvorschriften müssen ständig überprüft und angepasst werden um mit den technischen Entwicklungen und den globalen Märkten Schritt zu halten.

Die amtierende Kommission hat der Vereinfachung und Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen allerhöchste Priorität eingeräumt. Gestützt auf frühere Initiativen, legte sie 2005 ein Programm für bessere Rechtsetzung auf, um zu erreichen, dass neue Vorschläge für Rechtsakte hohen Ansprüchen genügen und um die bestehenden Rechtsvorschriften zu modernisieren und zu vereinfachen. Dieses Programm erfasst sämtliche Phasen der Rechtsetzung:

Diese Maßnahmen ergänzen sich gegenseitig. Vor der Vereinfachung von Rechtsvorschriften werden die Folgen abgeschätzt und Möglichkeiten zur Verringerung der Verwaltungslasten geprüft. Überschneidungen und Inkohärenzen werden aufgedeckt und behoben. Sowohl bei der Ausarbeitung von politischen Entwürfen und Rechtsakten als auch bei deren Überarbeitung und etwaiger Änderung wird Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Diese Bemühungen zielen auf eine qualitativ hochstehende Rechtsetzung in der jeweils am besten geeigneten Weise ab, nicht auf Deregulierung.

Für eine bessere Rechtsetzung sind alle Beteiligten gemeinsam verantwortlich: Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat Vorschläge für Rechtsakte.

Nach deren Annahme werden so entstandenen Rechtsakte der Gemeinschaft von den nationalen Regierungen und Parlamenten in innerstaatliches Recht umgesetzt und häufig auf regionaler und lokaler Ebene angewandt. Es besteht die Gefahr, dass die Vorschriften auf diesem Wege von der Ausarbeitung zur Anwendung immer weiter "ausgeschmückt" werden. Bei dem Bemühen um gute Rechtsetzung ist die Kommission jedoch auf die enge Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinschaftsorganen, den Mitgliedstaaten und den Behörden vor Ort angewiesen. Die Gemeinschaftsorgane haben in der interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung von 2003 und mehreren ergänzenden Vereinbarungen niedergelegt, wie sie bei der Verbesserung der Rechtsetzung zusammenarbeiten können.

II. Bisherige Fortschritte und künftige Herausforderungen

1. Modernisierung der bestehenden Rechtsvorschriften

Auch wenn das Gemeinschaftsrecht an sich schon eine Vereinfachung darstellt ("eine Regelung statt 25"), ist es in einer von raschem Wandel geprägten Welt doch von wesentlicher Bedeutung, Rechtsvorschriften zu überprüfen und zu straffen, Überschneidungen zu beseitigen und mit der schnellen Entwicklung der Technik Schritt zu halten.

Vereinfachung der bestehenden Rechtsvorschriften

Die Kommission bemüht sich verstärkt um die Modernisierung und Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts. Von den im fortlaufenden Vereinfachungsprogramm3 für den Zeitraum 2005-2008 ursprünglich vorgesehenen 100 Vorschlägen wird Ende 2006 etwa die Hälfte angenommen sein, darunter für die Wirtschaft wichtige Vorschläge: so sieht etwa ein den Zollkodex betreffender Vorschlag die Erleichterung des Datenaustauschs sowie die Straffung und Vereinfachung der Verfahren vor, ein anderer Vorschlag enthält klarere Definitionen für den Abfallbereich und soll dem Recyclingmarkt Impulse vermitteln und ein weiterer Vorschlag zielt auf die Vereinfachung der Verfahren bei Zahlungsverkehrsdienstleistungen ab.

Die Kommission hat jetzt ihr fortlaufendes Vereinfachungsprogramm aktualisiert4, das weitere Initiativen beispielsweise in den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei, in Bezug auf Etikettierung und im Bereich der Statistik vorsieht. Die Kommission macht keine Abstriche an ihren hohen Ansprüchen und passt ihre Zeitplanung entsprechend an, um gute Vorbereitungsarbeit leisten zu können (z.B. Folgenabschätzung, Konsultation und Ex-Post-Evaluierung bestehender Rechtsvorschriften).

Da Vereinfachung mit Änderungen und Anpassungen verbunden ist, sind Konsultationen auf Sektorebene erforderlich. Die Kommission bemüht sich aktiv um Konsultation der am stärksten Betroffenen sowie um die Analyse der Probleme und die Suche nach praxisgerechten Lösungen. Von Bedeutung ist auch der internationale Kontext (z.B. in den Bereichen Rechnungslegung, öffentliches Auftragswesen und Rechte an geistigem Eigentum).

Die Mitgesetzgeber müssen Vereinfachungsvorschlägen eine höhere Priorität einräumen, denn derzeit sind mehr als 20 derartige Vorschläge noch nicht abschließend beraten. Es sollte untersucht werden, wie die Annahme von Vereinfachungsvorschlägen beschleunigt werden kann.

Die Mitgliedstaaten müssen eigene Vereinfachungsprogramme ausarbeiten, damit gewährleistet ist, dass die positiven Effekte von Entlastungen auf Gemeinschaftsebene nicht durch nationale Vorschriften wieder aufgehoben werden. Häufig werden Richtlinien bei ihrer Umsetzung in innerstaatliches Recht in einer Weise ergänzt ("goldplating"), die weit über die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts hinausgeht.

Verringerung der Verwaltungslasten Der größte Teil der durch Rechtsvorschriften verursachten Kosten fällt im Zusammenhang mit den zur Erfüllung der Vorschriften erforderlichen Investitionen an (z.B. Einbau von Sicherheitsvorrichtungen). Es gibt aber auch andere administrativ bedingte Kosten, etwa aufgrund von Berichtspflichten. Diese Kosten sollten verringert werden, wo dies möglich ist, ohne die Zielsetzung der Rechtsvorschriften zu beeinträchtigen. Erfahrungen aus den Mitgliedstaaten zeigen, dass die Behörden eine Menge tun können, um unnötige Verwaltungslasten zu verringern - der wirtschaftliche Nutzen entsprechender Maßnahmen könnte sich nach Schätzungen in einem Anstieg des BIP um bis zu 1,5 % bzw. 150 Mrd. EUR niederschlagen5.

Die Kommission hat eine einheitliche Methode für die Bewertung von Verwaltungskosten entwickelt die sie bei ihrer Folgenabschätzung geplanter neuer Rechtsvorschriften verwendet.

Vorrangig sind nun die durch die bestehenden Rechtsvorschriften hervorgerufenen Verwaltungslasten zu verringern. Die Kommission arbeitet mit den Mitgliedstaaten an einem Konzept für die einheitliche Messung der durch die bestehenden Rechtsvorschriften in der EU hervorgerufenen Belastungen. In dem Arbeitspapier der Kommission ist im Einzelnen dargelegt mit welchen Fragen sich die Kommission befasst (u.a. Vergleichbarkeit der Messungen, Feststellung des Ursprungs von Pflichten, angestrebte Kostensenkung, Verteilung der Lasten) und welche Ergebnisse ein einschlägiger Pilotversuch erbracht hat.

Die Kommission untersucht außerdem, wie bei der Festsetzung von quantitativen Zielen für die Verringerung von Verwaltungslasten bei den bestehenden Rechtsvorschriften am besten vorzugehen ist. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits einschlägige Berechnungen vorgenommen und sind zu dem Schluss gelangt, dass eine Verringerung der Verwaltungslasten um 25 % ehrgeizig, aber machbar ist. In einigen Mitgliedstaaten hat sich gezeigt dass derartige Ziele am besten erreicht werden, wenn entsprechende Maßnahmen die nötige Dringlichkeit erhalten, ein Rahmen vorgegeben wird und die erforderlichen Impulse vermittelt werden. Die Ziele sollten danach differenziert werden, wo die Belastungen jeweils entstehen. In bestimmten Bereichen (z.B. Landwirtschaft und Zoll) können Verwaltungslasten direkt durch Maßnahmen auf EU-Ebene verringert werden, während in anderen Bereichen Maßnahmen der Mitgliedstaaten wesentlich mehr zum Erreichen des Ziels beitragen. Es wird notwendig sein, dass Mitgliedstaaten und Kommission eine allgemeine Berechnungsbasis in vorrangigen Bereichen und je nach Ursprung der jeweiligen Verwaltungslasten - Gemeinschaft oder Mitgliedstaaten - bestimmte Ziele vereinbaren.

Anfang 2007 wird die Kommission einen Aktionsplan für die Berechnung und Verringerung der Verwaltungslasten vorlegen, in dem neben Sofortmaßnahmen ein abgestimmtes längerfristiges Konzept für gemeinsame Ziele der EU und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Berechnung und Senkung der Verwaltungskosten vorgeschlagen wird. Die Kommission wird die Organe ersuchen zu prüfen, ob die Sofortmaßnahmen nicht in einem beschleunigten Verfahren angenommen werden können.

Der Europäische Rat soll auf seiner Frühjahrstagung 2007 um Zustimmung in folgenden Punkten ersucht werden:

Kodifizierung und Aufhebung überholter Rechtsvorschriften

Das Gemeinschaftsrecht hat sich im Laufe der Zeit auch durch die Änderung von Rechtsvorschriften weiterentwickelt. Diese Änderungen wurden jedoch nicht systematisch in die jeweiligen Grundrechtsakte integriert. Im Wege der so genannten Kodifizierung werden die Bestimmungen eines Rechtsakts mit allen späteren Änderungen desselben in einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst. Dies trägt zur Reduzierung des Umfangs des Gemeinschaftsrechts bei und sorgt damit für mehr Transparenz und eindeutigere Vorschriften, was wiederum insbesondere den KMU zugute kommt und die Durchsetzung der Rechtsvorschriften erleichtert. Das Kodifizierungsprogramm der Kommission erfasst etwa 500 Rechtsakte in sämtlichen Bereichen6. Bisher hat die Kommission Vorschläge für 85

Rechtsakte vorgelegt, von denen 52 angenommen und im Amtsblatt veröffentlicht wurden und 33 noch im Rat und im Europäischen Parlament anhängig sind. Diese 85 Rechtsakte ersetzen bereits 300 Rechtsakte - durch die vorgesehenen 500 Kodifizierungen würden insgesamt etwa 2 000 Rechtsakte ersetzt.

Die Kommission möchte das Programm 2008 abschließen. Dazu werden die Übersetzung beschleunigt und - soweit möglich - an bestehenden Rechtsvorschriften keine wesentlichen Änderungen mehr vorgenommen. Die anderen Organe werden aufgefordert, ihren Beitrag zum Abschluss des Kodifizierungsprogramms zu leisten und die betreffenden Rechtsakte so schnell wie möglich anzunehmen.

Künftig wird es zur Vermeidung von erneuten Rückständen bei der Kodifizierung darauf ankommen systematischer als bisher im Wege der Neufassung7 von Rechtsakten dafür zu sorgen dass Änderungen gleich bei ihrer Annahme in die bestehenden Rechtsvorschriften integriert werden.

Bei überholten Rechtsakten, die nicht mehr wirksam, formal jedoch noch in Kraft sind, weil sie nicht ausdrücklich aufgehoben wurden, sollte dies getan werden. 2003 hat die Kommission ein Screening eingeleitet, um derartige Rechtsakte zu ermitteln, und vereinfachte Verfahren zu ihrer Aufhebung festgelegt. Dieser Prüfungsprozess sollte fortgeführt werden.

Er könnte sogar beschleunigt werden, wenn das Europäische Parlament und der Rat entsprechende Verfahren vereinbaren würden.

2. Verbesserung der Ausarbeitung von Vorschlägen

Folgenabschätzung

Eine wichtige Voraussetzung für eine bessere Rechtsetzung ist ein genaues Bild der wirtschaftlichen sozialen und umweltpolitischen Folgen (auch auf internationaler Ebene), die mit den jeweiligen Rechtsvorschriften einhergehen. Über die Befragung der Betroffenen hinaus hat die Kommission ein integriertes Verfahren zur Folgenabschätzung geschaffen sowie Leitlinien aufgestellt und bei wichtigen politischen Vorschlägen angewandt. Seit 2003 hat die Kommission mehr als 160 Folgenabschätzungen durchgeführt. Seit September 2006 wird eine Zusammenfassung der Berichte über die Folgenabschätzungen in alle Amtssprachen übersetzt. Die Beschlüsse der Kommission über das Ob und Wie des Procedere bei einer Initiative basieren auf einer sorgfältigen Prüfung der jeweiligen Optionen. Die Möglichkeiten für ein Nichttätigwerden der EU oder für rechtlich nicht verbindliche Alternativen (Selbstregulierung und gemeinsame Regulierung) werden systematisch geprüft. Das hat dazu geführt dass manche der geplanten Maßnahmen stark abgeändert wurden: So ergaben Folgenabschätzungen bei Biomasse, städtischer Umwelt oder Urheberrechten in der Online-Musikbranche, dass rechtsverbindliche Maßnahmen nicht erforderlich sind.

Ein wichtiger neuer Aspekt für die Verbesserung der Beschlussfassung der Kommission ist die Einsetzung eines Ausschusses für Folgenabschätzung (IAB), der bei der Entwicklung kodifizieren zu können, und 152 sind überholt oder kommen nicht für eine Kodifizierung in Frage, weil an ihnen nur geringfügige Änderungen vorgenommen wurden. einer Kultur der Folgenabschätzung innerhalb der Kommission beratend und unterstützend tätig wird. Die Arbeit des Ausschusses erstreckt sich auf umfassende und qualitativ anspruchsvolle Beratungs- und Prüftätigkeiten, wobei gewährleistet ist, dass die Verantwortung für die Ausarbeitung der Bewertungen und der einschlägigen Vorschläge den zuständigen Dienststellen und Kommissaren vorbehalten bleibt. Der IAB, dem ranghohe Beamte angehören, arbeitet unabhängig von den politisch ausgerichteten Abteilungen und untersteht unmittelbar dem Kommissionspräsidenten. Er gibt Stellungnahmen zur Qualität der Folgenabschätzungen ab. Der IAB trägt dazu bei, dass die Qualität der Folgenabschätzungen gewährleistet ist, dass die Folgenabschätzungen die verschiedenen politischen Optionen berücksichtigen und dass sie im gesamten legislativen Verfahren genutzt werden können. Der IAB kann externe Sachverständige zu Rate ziehen, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen. Die Kommission geht davon aus, dass sich der IAB zu einem Kompetenzzentrum entwickeln wird.

Weitere wichtige Maßnahmen, die derzeit durchgeführt werden, schließen eine externe Bewertung des Folgenabschätzungssystems der Kommission ein. Die Kommission wird ferner einen Maßnahmenplan8 vorlegen, um die Nutzung der expost Bewertung bei der Strategieentwicklung zu verbessern.

Die übrigen Organe sollten die wichtigsten Änderungen, die sie an Vorschlägen der Kommission vornehmen, ebenfalls systematisch bewerten und dabei nach Möglichkeit dieselbe Methode wie die Kommission benutzen. Den Vorschlägen des Rates/der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Titel VI EU-Vertrag (Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) sollte eine Folgenabschätzung beigefügt werden.

Sichtung und Zurückziehung anhängiger Vorschläge

In manchen Mitgliedstaaten enden die Legislativprogramme von Regierung und Parlament mit der jeweiligen Legislaturperiode. Dieses Diskontinuitätsprinzip ist im EG-Vertrag nicht vorgesehen. Angesichts der besonderen Herausforderungen der europäischen Integration und der spezifischen Prägung des institutionellen Rahmens der EU kann eine undifferenzierte Übernahme dieser Praxis die Balance zwischen den Organen beeinträchtigen und zu einer unangemessen langen Unterbrechung des Arbeitsablaufs führen.

Regelmäßige Bewertungen der anhängigen Rechtsvorschriften durch die Kommission während ihrer gesamten Amtsperiode können jedoch dazu beitragen, die Identifikation mit der Politik und die Kohärenz der Strategieplanung der EU zu stärken.

Deshalb hat die amtierende Kommission bei ihrem Amtsantritt Ende 2004 beschlossen, die im Rat und im Europäischen Parlament anhängigen Vorschläge der vorherigen Kommission zu sichten um festzustellen, inwieweit sie mit den Wachstums- und Beschäftigungsprioritäten in Einklang stehen und den Anforderungen einer besseren Rechtsetzung genügen. 68 anhängige Vorschläge wurden daraufhin Anfang 2006 zurückgezogen. 10 weitere Vorschläge sollen 2007 zurückgezogen werden; die Kommission wird anhängige Rechtsvorschriften auch künftig regelmäßig auf ihre Relevanz und Aktualität hin überprüfen.

Unbeschadet ihrer Befugnis, anhängige Vorschläge jederzeit zurückzunehmen, führt die amtierende Kommission ihre regelmäßige Sichtung anhängiger Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Vorbereitung ihrer Arbeitsprogramme durch, um sicherzustellen, daß die dem Gesetzgeber vorliegenden Gesetzesentwürfe mit ihren politischen Prioritäten im Einklang stehen, und um jene Vorschläge zurückzuziehen, bei denen dies nicht der Fall ist oder die obsolet sind. Sie ist der Auffassung, dass jede neu ins Amt gekommene Kommission grundsätzlich während der ersten sechs Monate nach Amtsantritt ähnlich verfahren sollte.

3. Anwendung des EU-Rechts

Die Bemühungen der Kommission um eine Vereinfachung und Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen können nur dann zu den gewünschten Ergebnissen führen, wenn die EU-Vorschriften in den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß und effizient angewandt werden.

Wenn es zu Problemen kommt, müssen Unternehmen, Verbraucher und Bürger ihre Rechte zudem rasch und wirksam wahrnehmen können. Die Kommission wird auch weiterhin dafür Sorge tragen, dass das EU-Recht ordnungsgemäß angewandt wird. Es ist allerdings von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten ihrer diesbezüglichen Verantwortung gerecht werden. Viele Gemeinschaftsvorschriften werden als Richtlinien erlassen, in denen die allgemeinen Regeln und Ziele festgeschrieben sind, wobei es Sache der Mitgliedstaaten ist darüber zu entscheiden, wie diese Ziele nach Maßgabe des EG-Vertrags und des Subsidiaritätsprinzips zu erreichen sind. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinien in innerstaatliche Rechtsvorschriften umsetzen und sind dafür verantwortlich, dass diese Rechtsvorschriften auch angewandt werden. Kommt ein Mitgliedstaat dieser Verpflichtung nicht nach, kann das rechtliche Schritte nach sich ziehen, bis hin zu Befassung des Gerichtshofs. Die Anzahl der Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, dass die angestrebte ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts viel zu oft nicht erreicht wird.

Zudem ist ein Vertragsverletzungsverfahren nicht immer der wirkungsvollste Weg, um die Probleme von Bürgern und Unternehmen zu lösen. Verbesserungen sind geboten.

Die Kommission wird verstärkt präventiv tätig werden und sich mit den Mitgliedstaaten sehr frühzeitig ins Benehmen setzen, um die ordnungsgemäße Umsetzung wichtiger Richtlinien zu erleichtern. Um die Bewertung der Umsetzung, die Nachvollziehbarkeit und die rechtliche Überprüfung zu erleichtern, wird die Kommission versuchen, die Mitgliedstaaten dafür zu gewinnen Entsprechungstabellen zu erstellen, aus denen hervorgeht, welche innerstaatlichen Vorschriften jeweils welchen Bestimmungen der Richtlinie entsprechen. Hinzu kommt, dass die mit der Durchführung von EU-Richtlinien einhergehenden Verwaltungslasten je nach Mitgliedstaat höchst unterschiedlich ausfallen können. Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um bewährte einschlägige Verfahren auszumachen und zu verbreiten.

Wenn die Prävention versagt, wird die Kommission auf eine rasche Korrektur bedacht sein.

Soweit erforderlich und eingedenk ihrer Rolle als Hüterin der Verträge wird die Kommission den Schwerpunkt auf die wichtigsten Arten von Fällen legen (Ni.htm .tteilung der Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien, Verstöße gegen die europäischen Rechtsvorschriften, die weit reichende negative Folgen für den Bürger oder die Unternehmen nach sich ziehen, Nichtbefolgung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs). Damit auf die Fragen und Probleme von Bürgern und Unternehmen rasch, effizient und sichtbar reagiert werden kann, wird sie zugleich die Arbeit mit den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Entwicklung ergänzender Problemlösungsmechanismen intensivieren und dabei auf bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten und erfolgreichen Mechanismen wie SOLVIT9 aufbauen. Sie wird systematisch über die Anwendung10 des EU-Rechts informieren. Diese Initiativen, die in einer demnächst erscheinenden Mitteilung über die Anwendung des EU-Rechts im Einzelnen dargelegt werden, bilden eine wichtige Komponente der bevorstehenden Binnenmarktuntersuchung.

III. Fortschritte im Hinblick auf eine bessere Rechtsetzung in den Mitgliedstaaten

Die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa ist ohne die Mitwirkung der Mitgliedstaaten nicht möglich. Dies gilt für die Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts ebenso wie für die Qualität der innerstaatlichen und regionalen Rechtsvorschriften. Seit der Annahme der Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung11 im März 0512 haben die Anstrengungen um eine bessere Rechtsetzung deutlich zugenommen, wie die Innerstaatlichen Reformprogramme und Fortschrittsberichte belegen.

Die meisten Mitgliedstaaten verfügen über eine Strategie für eine bessere Rechtsetzung und flankierende institutionelle Strukturen. Fortschritte wurden überwiegend bei der Berechnung der Verwaltungskosten und Verringerung der Verwaltungslasten erzielt, wobei eine Mehrheit der Mitgliedstaaten für dasselbe Berechnungsmodell optierte und eine Reihe von Mitgliedstaaten bereits Zielquoten für die Kostensenkung aufgestellt hat. Viele Mitgliedstaaten nehmen nunmehr Folgenabschätzungen vor und manche Mitgliedstaaten haben Leitlinien aufgestellt. Allerdings ist die Zahl der Länder, die neue Gesetzesvorlagen systematisch einer Folgenabschätzung unterziehen, verhältnismäßig gering. Hinzu kommt, dass die jeweiligen Ergebnisse Außenstehenden häufig nicht zugänglich sind.

Etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten hat ein umfassendes Vereinfachungsprogramm entwickelt außerdem sind etliche ad hoc Initiativen (so zum eGovernment, zu den zentralen Anlaufstellen, den so genannten One-Stop-Shops, und zum zentralen Unternehmensregister) zu verzeichnen. Die Konsultationen mit den Betroffenen nehmen in vielen Mitgliedstaaten zu, könnten aber noch deutlich verbessert werden.

Es liegt auf der Hand, dass die Verbesserung der Rechtsetzung neben Zeit, Geld und Personal auch die Anpassung der institutionellen Strukturen erfordert. Dies kann jedoch nicht ohne eine starke und nachhaltige politische Unterstützung erreicht werden.

IV. Die nächsten Schritte

Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass die EU zu ihrer Verpflichtung steht und sich um eine Verbesserung der Rechtsetzung bemüht. Allerdings kann noch mehr erreicht werden wenn Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten gemeinsam darauf hinarbeiten.

Vereinfachung der Rechtsvorschriften

Verringerung der Verwaltungslasten

Folgenabschätzung

Sichtung und Zurückziehung anhängiger Vorschläge

Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts

Kodifizierung und Aufhebung

V. Schlussfolgerung

Im Hinblick auf die Entwicklung einer besseren Rechtsetzung in der EU wurde zwar schon Vieles erreicht, allerdings muss der Fahrplan nunmehr entschlossen vorangebracht werden, damit die angestrebten Vorteile voll erreicht werden können. Die Kommission hat den festen Willen, ihren Beitrag dazu zu leisten, und trifft wichtige neue Initiativen, um ihr Folgenabschätzungssystem und ihr Vereinfachungsprogramm auszubauen. Sie schlägt außerdem einen neuartigen Weg zur Verringerung der Verwaltungslasten vor. Inwieweit das gelingt hängt allerdings nicht allein von der Kommission ab. Die Kommission ersucht daher den Europäischen Rat, die Mitgesetzgeber und die Mitgliedstaaten, die in dieser Mitteilung dargelegten Prioritäten als gemeinsame Agenda für eine bessere Rechtsetzung zu unterstützen.