Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 5. November 2004
Der Bundeskanzler

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig.

Das Gesetz dient der Umsetzung europäischen Rechts im Rahmen der Arzneimittelrisikoüberwachung, wie der Europäische Gerichtshof es in zwei Urteilen vom 15. Juli 2004 ausgelegt hat.

Aus diesen unmittelbar nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens zum Zwölften Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz ergangenen Entscheidungen ergibt sich die Notwendigkeit, zur Vermeidung eines weiteren Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof unverzüglich einen in diesem Gesetz enthaltenen Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG Inkrafttretensvorbehalt aufzuheben und damit die den Rechtsstreitigkeiten zugrundliegenden Richtlinien vorbehaltlos umzusetzen.

Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung.


Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften*)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Arzneimittelgesetzes

Das Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2031), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes

Artikel 8 Abs. 2 des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 30. Juli 2004 BGBl. I S. 2031) wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten


Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Begründung

A Allgemeiner Teil

Die Rechtsgrundlage für die Arzneimittelprüfrichtlinien und eine Registrierungsvorschrift für homöopathische Arzneimittel werden an europäisches Recht angeglichen. Im Bereich der Pharmakovigilanz dient das Gesetz der Umsetzung europäischen Rechts, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) es in zwei Urteilen vom 15.Juli 2004 in den Rechtssachen C-118/03 und C139/03 ausgelegt hat. Der in Artikel 8 Abs. 2 Nr. 4 des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes geregelte Inkrafttretensvorbehalt für in § 63b des Arzneimittelgesetzes enthaltene Pharmakovigilanzregelungen wird gestrichen. Damit sind die Richtlinien 2000/38/EG und 2000/37/EG im Sinne der o.g. Entscheidungen des EuGH vorbehaltlos umgesetzt.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 des Grundgesetzes. Der Bund kann diese konkurrierende Gesetzgebungskompetenz auch in Anspruch nehmen, denn die Änderungen der bundesgesetzlichen Regelungen sind im Sinne von Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.

Die Regelungen zum Zulassungs- und Registrierungsverfahrens für Arzneimittel in Artikel 1 Nr. 1 und 2 sollen die im Rahmen der Europäischen Union vereinheitlichten Regelungen in deutsches Recht überführen oder eine entsprechende Umsetzung ermöglichen. Diese europäischen Regelungen zielen auf die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und damit des Gesundheitsschutzes auf einem europaeinheitlichem hohen Niveau ab und tragen zugleich entscheidend zur Realisierung des Binnenmarktes im Arzneimittelbereich bei.

Mit Artikel 2 sollen mit der gleichen Zielsetzung Melde- und Dokumentationspflichten im Rahmen der Arzneimittelrisikoüberwachung (Pharmakovigilanz) vorbehaltslos in deutsches Recht überführt werden. Diese Regelungen stellen die erforderliche rechtliche Grundlage für einen Datenverbund dar, der es ermöglicht, auf der Basis von Arzneimittel-Risikoinformationen aus der gesamten Europäischen Union, d.h. auf einer breiten Beurteilungsgrundlage, eine möglichst exakte Risikoabschätzung der im Markt befindlichen Arzneimittel vorzunehmen, behördliches Handeln darauf zu gründen und damit die Gesundheit der Patientinnen und Patienten bestmöglich zu schützen.

Diese im Rahmen der Europäischen Union bis ins Detail vereinheitlichten Vorschriften erfordern zwingend entsprechende bundeseinheitliche Regelungen, um das europäische Sicherheits- und Schutzniveau umfassend und einheitlich auf Deutschland zu übertragen. Einheitliche Regelungen für die hier angesprochenen Bereiche der Zulassungs- und Registrierungsverfahren sowie die Risikoüberwachung (Pharmakovigilanz) sind europarechtlich vorgeschrieben; darüber hinaus wäre es auch aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und der Wettbewerbsbedingungen für die betroffenen Marktbeteiligten nicht hinnehmbar, wenn hierfür im Bundesgebiet unterschiedliche Anforderungen gelten würden.

Bund, Länder und Gemeinden werden durch das Gesetz nicht mit Kosten belastet. Der Wechsel der Rechtsform in § 26 AMG und die Anpassung der Registrierungsvorschriften hat keine finanziellen Auswirkungen. Ebenso ist die Grundsatzentscheidung zur Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien zur Pharmakovigilanz bereits im Rahmen des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes getroffen worden. Für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, entstehen keine zusätzlichen Kosten.

Auswirkungen dieses Gesetzes auf Systeme der sozialen Sicherung, auf die Löhne oder auf die Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Nr. 1 ( § 26 AMG)

Der bisherige § 26 Abs. 1 AMG enthält eine spezielle Ermächtigung zum Erlass Allgemeiner Verwaltungsvorschriften, die die Prüfung von Anträgen auf Zulassung eines Arzneimittels durch die zuständige Bundesoberbehörde regeln und die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen (Arzneimittelprüfrichtlinien). Die Richtlinien der EG, die die Anforderungen an Zulassungs- und Registrierungsunterlagen vorgeben (RL 2001/83/EG und RL 2001/82/EG) sind jedoch so beschaffen, dass sich ihre Umsetzung in nationales Recht nicht auf Anweisungen an die Zulassungsbehörde zur Prüfung der eingereichten Unterlagen beschränken lässt, sondern Vorschriften erfordert, die sich auch unmittelbar an den Antragsteller richten. Deshalb soll für die entsprechenden nationalen Regelungen, also die Arzneimittelprüfrichtlinien, eine Verordnungsermächtigung geschaffen werden.

Zu Artikel 1 Nr. 2 ( § 38 AMG)

Der bisherige § 38 Abs. 2 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes bestimmt, dass zu einem Antrag auf Registrierung eines homöopathischen Arzneimittels keine Unterlagen und Gutachten über die pharmakologischtoxikologische und klinische Prüfung vorzulegen sind. Der in Umsetzung des Teils III der Richtlinie 2003/63/EG neugefasste 4. Abschnitt der Arzneimittelprüfrichtlinien sieht dagegen für die Registrierung homöopathischer Arzneimittel zur Anwendung am Menschen keinen generellen Verzicht auf die Vorlage von Unterlagen zur Pharmakologie-Toxikologie vor, sondern die Möglichkeit des Verzichts auf pharmakologischtoxikologische Untersuchungen unter dem Vorbehalt einer Begründung, warum die Unbedenklichkeit des homöopathischen Arzneimittels auch ohne die jeweilige Untersuchung angenommen werden kann. Diese Annahme kann beispielsweise aus anderem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial oder einem sehr hohen Verdünnungsgrad hergeleitet werden. Die genannte Regelung ist auch für zu registrierende Homöopathika zur Anwendung bei Tieren sachgerecht und von Artikel 17 der Richtlinie 2001/82/EG gedeckt. Deshalb soll die vorgesehene Änderung des § 38 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes für die Registrierung homöopathischer Human- und Tierarzneimittel gleichermaßen vorgenommen werden.

Zu Artikel 1 Nr. 3 ( § 138 AMG)

Absatz 7 enthält eine Übergangsvorschrift von den Anforderung der Bezeichnungsangabe in Blindenschrift für solche Arzneimittel, die sich bereits in den Handelsstufen, insbesondere bei Großhändlern und Apotheken befinden. Dadurch wird ermöglicht, dass die Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen Kennzeichnungsanforderungen für die Umstellung der Kennzeichnung beim Hersteller zur Verfügung steht.

Zu Artikel 2 (Art. 8 Abs. 4 des 12. Gesetzes zur Änderung des AMG)

Mit der durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes erfolgten Einfügung des § 63b in das Arzneimittelgesetz (AMG) sind die Voraussetzungen für eine Umsetzung der Richtlinien 2000/37/EG (Pharmakovigilanz-Richtlinie Tierarzneimittel) und 2000/38/EG (Pharmakovigilanz-Richtlinie Humanarzneimittel) geschaffen worden, Teile der dort aufgeführten Regelungen zur Meldung von Nebenwirkungen (unerwünschten Arzneimittelwirkungen - UAW) stehen aber unter einem Inkrafttretensvorbehalt, der auf die europaweite Nutzbarkeit eines neuen UAW-Datenbanksystems abstellt (Artikel 8 Abs. 2 Nr. 4 des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes). Damit sollte gewährleistet werden, dass die bisher vorgeschriebenen Nebenwirkungsmeldungen aus anderen Mitgliedstaaten direkt an die deutschen Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) so lange beibehalten werden, bis derartige Meldungen aus der gemeinsamen europäischen UAW-Datenbank entnommen werden können. Grund für den Inkrafttretensvorbehalt waren Erfahrungen, wonach auch Risikomeldungen aus dem Ausland von Bedeutung für die Arzneimittelsicherheit in Deutschland sein können.

Nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens zum Zwölften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes hat der EuGH in zwei Urteilen Klagen der Europäischen Kommission gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der Richtlinien 2000/37/EG (Pharmakovigilanz-Richtlinie Tierarzneimittel) und 2000/38/EG (Pharmakovigilanz-Richtlinie Humanarzneimittel) stattgegeben (Urteile vom 15.Juli 2004 in den Rechtssachen C-118/03 und C-139/03).

Der EuGH hat in seinen o.g. Entscheidungen ausdrücklich die Funktionsfähigkeit des Datenverbundes nicht als notwendige Voraussetzung für die mit der Richtlinie vorgeschriebene Einschränkung der Meldepflichten angesehen. Der vom EuGH festgestellten vorbehaltlosen Umsetzungsverpflichtung Deutschlands steht somit der Inkrafttretensvorbehalt des Artikel 8 Abs. 2 Nr. 4 des Zwölftes Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes entgegen. Eine Änderung des Gesetzes ist deshalb zur Beachtung des europäischen Rechts, wie es der EuGH ausgelegt hat erforderlich.

Mit Aufhebung des Inkrafttretensvorbehaltes können UAW-Berichte nur aus den anderen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar ausgewertet werden, die bereits elektronisch in die gemeinsame europäische UAW-Datenbank melden. Andere UAW-Berichte können nur mittelbar in Auswertung der regelmäßigen aktualisierten Berichte der pharmazeutischen Unternehmer sowie über die etablierte europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharmakovigilanz in die Risikobewertung eines Arzneimittels in Deutschland einbezogen werden. Hinsichtlich des Aufbaus der europäischen UAW-Datenbank ist festzustellen, dass sich derzeit viele Mitgliedstaaten in der Testphase zur elektronischen Übermittlung von UAW-Meldungen in die gemeinsame europäische UAW-Datenbank befinden. Mit der Aufnahme einer routinemäßigen Übermittlung ist zeitnah zu rechnen.

Zu Artikel 3

Zur Anpassung an das europäische Recht ist ein umgehendes Inkrafttreten nach der Verkündung erforderlich.