Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Initiative "Chancen für junge Menschen" KOM (2011) 933 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 434/09 (PDF) = AE-Nr. 090365,
Drucksache 561/10 (PDF) = AE-Nr. 100703,
Drucksache 803/11 (PDF) = AE-Nr. 110966 und AE-Nr. 111132

Europäische Kommission
Brüssel, den 20.12.2011
KOM (2011) 933 endgültig

1. Ist eine verlorene Generation zu befürchten?

Mehr als 5 Millionen junge Menschen in der EU sind heute arbeitslos. Zwischen 2008 und 2010 stieg diese Zahl um 1 Million.

Abbildung 1: Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit (15 bis 24 Jahre) seit 2005

Quelle: Eurostat, monatliche Arbeitslosendaten, saisonbereinigt, ausgenommen Japan

Dies bedeutet, dass von fünf jungen Menschen eine(r) auf dem Arbeitsmarkt keinen Job findet. Die Jugendarbeitslosenquote ist (mit mehr als 20 %) doppelt so hoch wie für die gesamte Erwerbsbevölkerung und fast dreimal so hoch wie die Arbeitslosenquote der erwachsenen Erwerbspersonen. In einigen Ländern erreicht die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen nicht weniger als 40 %. Die Lage kann zwischen den Regionen eines und desselben Landes stark variieren. Darüber hinaus sind bestimmte Gruppen der jungen Bevölkerung (darunter Frauen, junge Menschen mit Behinderungen, junge Menschen mit Migrationshintergrund) besonders durch Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, frühzeitigen Schulabgang oder Erwerbslosigkeit gefährdet.1

Abbildung 2: Jugendarbeitslosenquoten (15 bis 24 Jahre, Oktober 2011)

Quelle: Eurostat, monatliche Arbeitslosendaten, saisonbereinigt

Mit steigender Arbeitslosigkeit wird es für junge Menschen immer schwieriger, Arbeit zu finden, und viele entscheiden sich deshalb, länger zu studieren oder wieder in ein Studium einzusteigen. Dies könnte eine Investition in die Zukunft sein, sofern die richtigen Kompetenzen erworben werden. Wir müssen allerdings feststellen, dass eine große Zahl junger Menschen weder in der Arbeitswelt noch in einem Studium ist.

Insgesamt sind 7,5 Millionen Menschen der Altersgruppe 15-24 Jahre weder erwerbstätig noch in der allgemeinen oder beruflichen Bildung. Dieser Anteil ist für die ganze EU von 10,8 % im Jahr 2008 auf 12,8 % im Jahr 2010 gestiegen. In Bulgarien, Estland, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Rumänien, der Slowakei und Spanien sind mehr als 14 % der jungen Generation nicht (mehr) in der Ausbildung und (noch) nicht im Erwerbsleben.

Abbildung 3: Anteil junger Menschen, die weder im Erwerbsleben stehen, noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, als Prozentsatz der Altersgruppe 15-24 Jahre, 2008 und 2010

Quelle: Eurostat, EU-Arbeitskräfteerhebung2

Dies bedeutet, dass diese jungen Menschen aus dem formalen Bildungssystem ausgeschieden sind und entweder arbeitslos - und arbeitsuchend - oder aber nicht auf dem Arbeitsmarkt sind, z.B. weil sie passive Arbeitsuchende sind oder nicht den Mut haben oder nicht willens sind, in das Erwerbsleben einzutreten, und möglicherweise familiäre oder andere private Tätigkeiten übernehmen.

Die anhaltenden Auswirkungen der Krise verschärfen für viele die bereits schwierige Situation noch. Die Langzeit-Jugendarbeitslosigkeit steigt: Im Schnitt sind 28 % der jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren seit mehr als 12 Monaten ohne Job. Dazu kommt, dass eine wachsende Zahl junger Menschen nicht aktiv auf Arbeitsuche ist. Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) schätzt, dass 2008 die Langzeitarbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit junger Menschen in den 21 Mitgliedstaaten, für die entsprechende Daten vorliegen, die Gesellschaft jede Woche mindestens 2 Mrd. EUR kostet, was 1,1 % des Gesamt-BIP entspricht.3 Durch die Eingliederung von auch nur 10 % dieser jungen Menschen ins Arbeitsleben könnten jährlich mehr als 10 Mrd. EUR eingespart werden.

Gleichzeitig wurden diejenigen jungen Menschen, die Arbeit haben, vom Rückgang der Zahl der Dauerarbeitsplätze während der Krise unverhältnismäßig stark betroffen: Sie sind unter den Inhabern befristeter Arbeitsverträge überrepräsentiert. Auch wenn befristete Verträge ein Sprungbrett zu stabileren Beschäftigungsformen sein können, ist es doch in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen der Anteil der befristeten Verträge höher ist, auch schwieriger, von einem solchen zu einem unbefristeten Vertrag überzugehen. Dies kann zu einer Segmentierung der Arbeitsmärkte führen, wobei die jungen Menschen am unteren Ende gefangen sind, mit weniger innerbetrieblicher Ausbildung, niedrigerem Arbeitsentgelt und schlechteren Aussichten auf langfristige Beschäftigung und beruflichen Aufstieg4. Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt wirken sich auch negativ auf die 25- bis 29-Jährigen mit Hochschulabschluss aus, für die es schwieriger wird, einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.

2010 und 2011 ging hohe Arbeitslosigkeit einher mit wachsenden Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Stellen.5 Dieser Trend weist auf ein steigendes Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt hin, verursacht durch ungeeignete Qualifikationen, begrenzte geografische Mobilität oder unangemessene Entlohnung, und dies über die Branchen und Regionen der EU hinweg. Zwischen heute und 2020 wird es schätzungsweise 73 Millionen neue offene Stellen geben, weil viele Arbeitnehmer das Ruhestandsalter erreichen. Für diese Stellen wird man entsprechend qualifiziertes Personal benötigen, so dass sich jungen Menschen neue Chancen eröffnen werden.

Allerdings ist derzeit in einer bereits schrumpfenden Altersgruppe ein großer Teil der jungen Generation nicht mit den Kompetenzen ausgestattet, die gebraucht würden, um nachhaltig auf den Arbeitsmarkt Fuß fassen und erfolgreich sein zu können.6 Der Anteil der frühzeitigen Schulabgänger7 liegt immer noch über 14 %; das heißt, dass einer von sechs jungen Menschen zu dieser Gruppe gehört. Dies liegt weit über dem im Rahmen der Strategie Europa 2020 vereinbarten 10-%-Ziel. Nach Schätzungen der OECD laufen rund 30-40 % der frühzeitigen Schulabgänger Gefahr, anhaltend Schwierigkeiten bei der Suche nach einem festen Arbeitsplatz zu haben8, was auf längere Sicht ein Marginalisierungsrisiko mit sich bringt.

Um diese Schwierigkeiten zu bewältigen, muss Europa in seine jungen Menschen investieren und wirksame Sofortmaßnahmen vorschlagen, um hohe Jugendarbeitslosenquoten zu verhindern und zu bekämpfen. Wachstumsfördernde Maßnahmen sind notwendig, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, könnten allein aber nicht ausreichen, um das Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu lösen. Aus diesem Grund schlägt die Kommission eine Initiative "Chancen für junge Menschen" (siehe Kasten im Abschnitt 4) vor, die sich vor allem an junge Menschen richtet, die weder im Erwerbsleben stehen noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren; dabei verfolgt die Kommission das Ziel, die konkreten Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EU mit den in der Strategie Europa 2020, in den Schlussfolgerungen des Rates zur Jugendarbeitslosigkeit vom Juni 20119 und in der Empfehlung des Rates für politische Strategien zur Senkung der Schulabbrecherquote10 festgelegten Prioritäten zu kombinieren. Die Initiative baut auf einer starken Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission auf und fördert das konzertierte Handeln der Behörden in den Mitgliedstaten, der Wirtschaft, der Sozialpartner und der EU.

2. Die zentrale Rolle der Mitgliedstaaten

Das Ausmaß der Schwierigkeiten und die Hauptursachen der Jugendarbeitslosigkeit sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, zumeist aber sind folgende Faktoren feststellbar:

Die Hauptverantwortung für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit liegt bei den Mitgliedstaaten einschließlich ihrer regionalen und kommunalen Ebenen. Ihre Behörden finanzieren Bildungs- und Sozialprogramme und verfügen über die politischen Instrumente und die Mittel, um Beschäftigungsprogramme für junge Menschen zu fördern. Die Sozialpartner auf nationaler oder Branchenebene spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, besonders in den Bereich Lehrstellen, Berufsbildung und Arbeitspraxis.

Die EU-Ebene kann unterstützend eingreifen und den Mitgliedstaaten helfen, die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation junger Menschen auf zweierlei Wegen zu verbessern:

Die Europa-2020-Leitinitiative "Eine Agenda für neue Qualifikationen und Arbeitsplätze" umfasst den Vorschlag, eine gemeinsam genutzte Schnittstelle - die europäische Klassifizierung für Fähigkeiten, Kompetenzen und Berufe - zu entwickeln, um die Bereiche Beschäftigung, Bildung und Weiterbildung näher zusammenzubringen. Besonders wichtig ist dies in Branchen mit Arbeitskräftemangel und weiterem Potential zur Schaffung von Arbeitsplätzen, wie dem Gesundheitswesen. Die Kommission ruft auch zur Reform des Systems zur Anerkennung von Berufsqualifikationen auf14 und schlägt vor, einen Europäischen Qualifikationspass zu entwickeln, der den Bürgerinnen und Bürgern helfen soll, die von ihnen erworbenen Kompetenzen auf transparente und vergleichbare Weise zu erfassen.

Fehlende Fremdsprachenkenntnisse können die Mobilität junger Menschen auf dem europäischen Arbeitsmarkt behindern. Ebenso müssen größere Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass die jungen Menschen über ausreichende IKT-Kompetenzen verfügen, was beispielsweise durch Maßnahmen im Rahmen der Europa-2020-Leitinitiative "Digitale Agenda" unterstützt wird. Auch werden unternehmerisch denkende junge Menschen mit den entsprechenden Fähigkeiten besser vermittelbar sein und größere Aussichten haben, erfolgreiche Unternehmungen zu starten. In diesem Kontext beabsichtigt die Kommission einen Teil ihrer 2013 für Forschungsaktivitäten vorgesehenen Mittel im IKT-Bereich einzusetzen, um junge Innovatoren und Unternehmer zu fördern.

Wichtig ist auch, diejenigen Arbeitsmarktreformen durchzuführen, die zur Öffnung der Arbeitsmärkte für junge Arbeitsuchende und Unternehmer beitragen können, indem ungerechtfertigte Beschränkungen bei den Unternehmensdienstleistungen und freiberuflichen Dienstleistungen, den Rechtsberufen, der buchhalterischen und technischen Beratung sowie im Gesundheits- und Sozialbereich beseitigt werden, ferner die Förderung der Selbständigkeit, auch durch wirksame Unterstützung junger Menschen bei der Unternehmensentwicklung.

3. Die Rolle der EU in der initiative "Chancen für Junge Menschen"

Als Teil der Initiative "Chancen für junge Menschen" wird vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten und die EU insbesondere ihre Anstrengungen vereinen und dabei von den beiden oben beschriebenen Handlungssträngen der EU ausgehen sollten. Zusätzlich zur intensiveren Überprüfung der nationalen Maßnahmen und Erfolge im Rahmen der Strategie Europa 2020 sollten stärkere Anstrengungen unternommen werden, die EU-Finanzhilfen und EU-Instrumente umfassend zu mobilisieren.

3.1. Stärkere Nutzung des Europäischen Sozialfonds für Beschäftigungsförderungsmaßnahmen für junge Menschen

Die nationalen Anstrengungen sollten begleitet werden durch eine bestmögliche Nutzung der EU-Finanzhilfen, die im Rahmen der Strukturfonds oder einer Reihe anderer Maßnahmen der Kommission verfügbar sind.

Im laufenden Durchführungszeitraum der Strukturfonds (2007-2013) planten die Mitgliedstaaten, zwei Drittel der im Europäischen Sozialfonds verfügbaren Mittel Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen zu widmen. Ein signifikanter Teil davon wird jungen Menschen zugute kommen. Dies macht insgesamt - unter Einbeziehung der nationalen Beiträge - 79 Mrd. EUR aus. Dazu kommen aus dem EFRE 7,2 Mrd. EUR für die Bildungsinfrastruktur und 555 Mio. EUR für die Infrastruktur zur Kinderbetreuung; Letzteres hilft vor allem jungen Müttern, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

Bis Ende 2011 stehen den Mitgliedstaaten jedoch in den ESF-Programmen noch 30 Mrd. EUR zur Verfügung, die noch nicht konkreten Aktivitäten zugewiesen worden sind. Außerdem sind die Anstrengungen, die zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit unternommen werden, häufig nicht der Schwere des Problems angemessen. Abgesehen davon, dass die Umsetzung beschleunigt werden muss, ist es, da für die Verbesserung der Beschäftigungslage junger Menschen entscheidend, auch notwendig, neue Konzepte z.B. zur Unterstützung junger Menschen bei der Teilnahme an Lehrstellen- und Praktikumsprogrammen oder zur Förderung des Unternehmergeistes unter jungen Menschen, auch in der Sozialwirtschaft, zu entwickeln. Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten liegen mit ihrer Jugendarbeitslosigkeit über dem EU-Durchschnitt. 16 Wenn auch kein Kausalitätszusammenhang nachgewiesen werden kann, zeigen die verfügbaren Daten doch, dass mehrere Mitgliedstaaten mit besonders hoher Jugendarbeitslosigkeit ihre ESF-Programme nicht in ausreichendem Maße auf junge Menschen ausrichten. Beispielsweise betrug im Juni 2010 die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland 32 %, in Italien 27 % und in Litauen 36 %, während in diesen Mitgliedstaaten die jungen Menschen nur 11 bzw. 15 bzw. 14 % der von ESF-Maßnahmen Begünstigten ausmachten.

Eine Beschleunigung der Durchführung wird entscheidend zur Verbesserung der Beschäftigungslage junger Menschen in denjenigen Mitgliedstaaten beitragen, die bei der Durchführung der Programme und bei der Jugendarbeitslosigkeit die schlechtesten Ergebnisse aufweisen (BG, EL und RO).

Die Mitgliedstaaten mit überdurchschnittlicher Jugendarbeitslosigkeit und durchschnittlicher ESF-Ausführungsquote 17 (CY, IT, PL, SE und SK) müssen sich besonders auf ihre jeweiligen Schwierigkeiten bei der Durchführung (IT) oder bei der Neuausrichtung der ESF-Maßnahmen konzentrieren, um auf ihre besonderen Bedürfnisse wie Abstimmung von Qualifikationsangebot und -nachfrage oder Anreize für Arbeitgeber und besserer Zugang zu Existenzgründerdarlehen für junge Menschen zu reagieren (PL).

Bei den Mitgliedstaaten mit einer ESF-Ausführungsquote von mehr als 40 % und einer Jugendarbeitslosigkeit über dem EU-Durchschnitt gibt es noch Raum für Verbesserungen bei der Teilnahme junger Menschen an ESF-Programmen und für eine bessere Ausrichtung auf spezifische jugendbezogene Maßnahmen (EE, ES, LT and LV).

Eine Neuausrichtung auf jugendbezogene Maßnahmen und die Beschleunigung der Durchführung könnte zu einer raschen Verbesserung der Lage bei der Jugendarbeitslosigkeit beitragen. Eine Mehrheit der Länder, für die dies gilt (BG, EE, EL, ES, IE, LV, RO, SE, SK und UK), haben die frühzeitigen Abgänger aus der schulischen und beruflichen Bildung als eine der größten Gruppen unter den arbeitslosen jungen Menschen identifiziert und sehen sie als wichtige Zielgruppe an, bei denen die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ansetzen muss.

Die Kommission wird die bessere Durchführung des ESF im Bereich der Lehrstellen/Praktika und der Existenzgründung - auch im Sozialwesen - mit Hilfe der Technischen Unterstützung im Rahmen des ESF im Hinblick auf Entwicklung und Austausch vorbildlicher Verfahren fördern.

3.2. Innovative Konzepte zur Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt

Lernen am Arbeitsplatz ist ein zentrales Element, wenn es darum geht, jungen Menschen den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt zu erleichtern und für die Zukunft qualifizierte Arbeitskräfte heranzuziehen. In den letzten Jahren hat sich zwischen Behörden, Sozialpartnern und Unternehmen ein breiter Konsens dahingehend herausgebildet, dass die Berufsausbildung aus einer Kombination von Theorie und Praxis bestehen sollte (Lehrlingsausbildung oder duale Berufsausbildung).

Trotz des allgemeinen Konsenses ist die Bereitstellung solcher Ausbildungsplätze in der EU unterschiedlich weit entwickelt. Im Rahmen der EU-weiten Zusammenarbeit bei der Berufsbildung, des so genannten Kopenhagen-Prozesses, wurde ein ehrgeiziges Programm für die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner zur Bearbeitung zentraler Fragen wie Qualität und Finanzierung der Berufsbildung aufgestellt. Das EU-Programm Leonardo da Vinci finanziert bereits praxisorientierte Projekte im Bereich der beruflichen Bildung. Die Spanne reicht von Initiativen, die Einzelpersonen eine berufliche Aus- und Weiterbildung im Ausland ermöglichen, bis hin zu umfangreichen transnationalen Kooperationsbemühungen.

In den Mitgliedstaaten muss aber auf nationaler und regionaler Ebene mehr geschehen, um mehr duale Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen, die auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts zugeschnitten sind. Nötig ist auch ein stärkeres Engagement der Unternehmen - wie auch des öffentlichen Sektors -, jungen Menschen Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, z.B. im Rahmen ihrer Strategie zur Wahrnehmung ihrer sozialen Verantwortung. Strategische Partnerschaften zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren könnten als Beispiel dienen.

Praktika können Studierenden und jungen Graduierten helfen, erste Arbeitserfahrungen zu sammeln. Eine Erweiterung des Angebots an Gelegenheiten zum Lernen am Arbeitsplatz muss Hand in Hand gehen mit einer klaren Festlegung der Bedingungen, unter denen Praktika stattfinden. 2012 wird die Kommission einen Qualitätsrahmen für Bereitstellung und Inanspruchnahme hochwertiger Praktika vorlegen, einschließlich eines EU-Panoramas über Praktika zur Verbesserung der Transparenz hinsichtlich der Bedingungen für Praktikanten in der gesamten EU.

Die Mitgliedstaaten und die Arbeitsmarktakteure können mehr tun, um die Jugendgarantie durchzuführen, mit der gewährleistet werden soll, dass alle jungen Menschen innerhalb von vier Monaten nach Verlassen der Schule eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungs- oder Weiterbildungsplatz erhalten, vor allem frühzeitige Abgänger aus der schulischen und beruflichen Bildung und andere besonders gefährdete Jugendliche. Um einer Aufforderung des Europäischen Parlaments nachzukommen, wird die Kommission 2012 eine vorbereitende Maßnahme für "Aktivierungsmaßnahmen für junge Menschen - zur Durchführung der Initiative "Jugend in Bewegung', in deren Mittelpunkt die Jugendgarantie stehen soll, ins Leben rufen und mit 4 Mio. EUR ausstatten. Die Erfahrungen mit dieser Maßnahme können als Inspirationsquelle für Programme dienen, die mit ESF-Unterstutzung realisiert werden sollen.

3.3. Unterstützung der Mobilität junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt

Erasmus, das wichtigste Programm der EU im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, ermöglicht es jährlich 250 000 Studierenden, im Ausland zu studieren und zu arbeiten. Außerdem fördert es die Zusammenarbeit von Hochschuleinrichtungen in ganz Europa. Das Programm unterstützt nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende und in der freien Wirtschaft tätige Personen, die im Ausland lehren möchten, sowie Hochschulmitarbeiter, die sich beruflich weiterqualifizieren wollen. Die Kommission wird auf dem Erfolg dieses Mobilitätsprogramms aufbauen, um Mobilität und Effizienz auf dem Arbeitsmarkt weiterhin zu unterstützen.

Um die Diskrepanzen zwischen freien Stellen und Arbeitsuchenden anzugehen, legt die Kommission mit Unterstützung des Europäischen Parlaments ein gezieltes Programm zur beruflichen Mobilität auf, um jungen Menschen zu helfen, einen Arbeitsplatz in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu finden, und den Unternehmen zu helfen, offene Stellen für Engpassberufe zu besetzen. Durch die vorbereitende Maßnahme "Dein erster EURES-Arbeitsplatz" wird die Kommission junge Menschen und Arbeitgeber (vor allem KMU) bei transnationalen Personalrekrutierungen und Arbeitsvermittlungen unterstützen.

Nicht formales Lernen kann ebenfalls dazu beitragen, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu mindern. Deshalb wird der Europäische Freiwilligendienst in den letzten beiden Jahren des laufenden Programms "Jugend in Aktion" verstärkt. Angestrebt wird, mindestens 10 000 Freiwillige zu vermitteln. Durch eine solche Arbeitserfahrung in einem anderen Mitgliedstaat können wichtige Kompetenzen erworben werden, wodurch es jungen Menschen leichter fallen kann, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gleichzeitig richtet die Kommission ein neues Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe ein, das neue Chancen für junge Europäer eröffnet.

Die Aktion "Erasmus für Unternehmer" fördert die Mobilität von Unternehmern durch grenzüberschreitenden Erfahrungsaustausch und bietet Unternehmensgründern und Jungunternehmern die Gelegenheit, von erfahrenen Gastunternehmern in anderen Mitgliedstaaten zu lernen. Als Gegenleistung können die Gastunternehmer von einem frischen, unvoreingenommen Blick auf ihr Unternehmen und von neuen Geschäftskontakten im Ausland profitieren. Mehr als 4200 Unternehmer haben sich seit Anlaufen des Programms beworben, und rund 86 % der Bewerbungen wurden angenommen. Bisher wurden 850 Austausche organisiert.

4. Nächste Schritte

In den kommenden Wochen wird die Kommission im Rahmen der Vorbereitung des Europäischen Semesters für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2012 mit jedem Mitgliedstaat die wirtschaftliche und soziale Lage erörtern. Sie wird mit den relevanten Ratsformationen und dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten, um die einzelnen Element der Initiative "Chancen für junge Menschen" rasch realisieren zu können, wie im nachfolgenden Kasten beschrieben.

Die Kommission wird mit den europäischen Sozialpartnern Kontakt aufnehmen, um sie zur aktiven und konkreten Mitwirkung an dieser Initiative zu gewinnen, und sie wird sich um die Unterstützung und die Beiträge aller interessierten Kreise bemühen.

Die neue Initiative "Chancen für junge Menschen"

Mobilisierung des ESF zur Förderung der Entwicklung von Kompetenzen und des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt

Unterstützung beim Übergang vom Bildungssystem in die Arbeitswelt

Unterstützung der Arbeitsmarktmobilität

Intensivere Politikumsetzung als Teil des Europäischen Semesters