Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2008 zu dem Jahresbericht 2007 über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten (2008/2158(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 319818 - vom 17. November 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 23. Oktober 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass der Jahresbericht 2007 über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten dem Präsidenten des Europäischen Parlaments am 10. März 2008 offiziell übermittelt wurde und in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte, Herr Nikiforos Diamandouros, seinen Bericht am 19. Mai 2008 in Straßburg dem Petitionsausschuss vorstellte,

B. in der Erwägung, dass die ursprünglich im Dezember 2000 verkündete Charta der Grundrechte der Europäischen Union am 12. Dezember 2007 von den Präsidenten des Parlaments, der Kommission und des Rates unterzeichnet und bekräftigt wurde, und in der Erwägung, dass die Verpflichtung zu einer rechtsverbindlichen Charta im zur Ratifizierung aufliegenden Vertrag von Lissabon ein Zeichen für das wachsende Bewusstsein ist, dass die Bürger in den Mittelpunkt eines transparenten, zugänglichen und ansprechbaren Europas gestellt werden sollten, das sich der Anliegen seiner Bürger bewusst ist,

C. in der Erwägung, dass Artikel 41 der Charta folgendes besagt: "Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden",

D. in der Erwägung, dass Artikel 43 der Charta folgendes vorsieht: "Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Bürgerbeauftragten der Union im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen",

E. in der Erwägung, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, dass die europäischen Organe und Institutionen die erforderlichen Haushaltsmittel uneingeschränkt nutzen, damit sie ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Bürger rasche und aussagefähige Antworten auf ihre Anfragen, Beschwerden und Petitionen erhalten, erfüllen können,

F. in der Erwägung, dass obwohl seit der Annahme der oben genannten Entschließung des Parlaments vom 6. September 2001 bezüglich der Billigung des Kodex für gute Verwaltungspraxis des Bürgerbeauftragten bereits sieben Jahre vergangen sind, die anderen großen Organe der nachdrücklichen Forderung des Parlaments, ihre Verwaltungspraxis mit den Bestimmungen dieses Kodex in Einklang zu bringen, noch nicht nachgekommen sind,

G. in der Erwägung, dass im Jahre 2007 ca. 16 % weniger Beschwerden eingereicht wurden als im Jahre 2006, dass sich die Zahl der zulässigen Beschwerden jedoch absolut und relativ gesehen von 449 (12 % der Gesamtzahl) auf 518 (16 % der Gesamtzahl) im Jahre 2007 erhöht hat,

H. in der Erwägung, dass die 348 abgeschlossenen Untersuchungen, von denen 341 im Zusammenhang mit Beschwerden und sieben aus eigener Initiative durchgeführt wurden, ergaben, dass in 95 Fällen (25,7 % der untersuchten Beschwerden) kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit festgestellt werden konnte,

I. in der Erwägung, dass sich im Jahre 2007 die Zahl der Fälle von Missständen in der Verwaltungstätigkeit, die von der Institution oder dem Organ selbst nach einer Beschwerde beim Bürgerbeauftragten beigelegt wurden (129 Fälle), verdoppelt hat, was auf eine zunehmende Bereitschaft seitens der Institutionen und Organe hindeutet, Beschwerden beim Bürgerbeauftragten als Gelegenheit zu begreifen, aufgetretene Fehler zu berichtigen und mit dem Bürgerbeauftragten zum Nutzen der Bürger zusammenzuarbeiten,

J. in der Erwägung, dass 2007 fünf Fälle abgeschlossen worden, nachdem eine einvernehmliche Lösung erzielt wurde, und dass Ende 2007 31 Vorschläge für einvernehmliche Lösungen noch in Bearbeitung waren,

K. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte 2007 damit begonnen hat, verstärkt auf informellere Verfahren zurückzugreifen, um auf flexiblere Weise zur Lösung von Problemen beizutragen, und diesen Ansatz künftig noch weiter ausbauen wird, was die Bereitschaft des Bürgerbeauftragten und der Institutionen belegt, den Bürgern zu helfen,

L. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte 2007 55 Untersuchungen mit kritischen Anmerkungen abschloss, und in der Erwägung, dass eine kritische Anmerkung für den Beschwerdeführer eine Bestätigung ist, dass seine Beschwerde gerechtfertigt ist, und dem betroffenen Organ oder der betroffenen Institution einen Hinweis darauf gibt, was es/sie falsch gemacht hat, um so künftig Missstände in der Verwaltungstätigkeit vermeiden zu helfen,

M. in der Erwägung, dass 2007 acht Empfehlungsentwürfe vorgelegt wurden, dass sieben Empfehlungsentwürfe aus dem Jahr 2006 im Jahr 2007 zu einer Entscheidung führten und dass ein Fall zur Vorlage eines Sonderberichts beim Europäischen Parlament führte,

N. in der Erwägung, dass weder die in Entscheidungen zum Abschluss von nicht zu behebenden Verwaltungsmissständen enthaltenen kritischen Anmerkungen noch Empfehlungen oder Sonderberichte des Bürgerbeauftragten verbindlich sind, da seine Befugnisse nicht soweit gehen, Missstände in der Verwaltungstätigkeit unmittelbar zu beheben, sondern dazu dienen sollen, zur Selbstregulierung seitens der Institutionen und Organe der Europäischen Union anzuregen,

O. in der Erwägung, dass ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit definitionsgemäß vorliegt, wenn das betroffene Organ oder die betroffene Institution nicht im Einklang mit Regeln oder Grundsätzen handelt, wobei dies auch gilt, wenn diese aus einer Verpflichtung seitens des Organs oder der Institution selbst resultieren, die nicht durch die Verträge oder durch abgeleitetes Recht unmittelbar vorgeschrieben ist,

P. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte die Förderung einer guten Verwaltung bei den EU-Organen und -Institutionen sowie die Unterstützung diesbezüglicher Bemühungen, die über die bloße Vermeidung rechtswidriger Verhaltensweisen hinausgehen, als vorrangiges Erfordernis festgelegt hat,

Q. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte 2007 dem Europäischen Parlament einen Sonderbericht vorlegte, und in der Erwägung, dass die Unterbreitung eines Sonderberichts vor dem Parlament ein wertvolles Instrument darstellt, durch das der Bürgerbeauftragte die politische Unterstützung des Parlaments und seines Petitionsausschusses einholen kann, um Bürgern, deren Rechte verletzt wurden, zu ihrem Recht zu verhelfen und auch die Verbesserung der Normen der EU-Verwaltung zu fördern,

R. in der Erwägung, dass das Parlament seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Nizza ebenso wie die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission das Recht hat, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des EG-Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Überschreitung von Befugnissen zu erheben,

S. in der Erwägung, dass die vom Bürgerbeauftragten im Jahresbericht 2007 geäußerte Kritik (kritische Anmerkungen, Empfehlungsentwürfe und Sonderbericht) als Grundlage dafür dienen kann, dass künftig durch Umsetzung entsprechender Maßnahmen durch die Organe und anderen Einrichtungen der Europäischen Union ein erneutes Auftreten von Fehlern und Missständen vermieden wird,

T. in der Erwägung, dass die innerhalb des Europäischen Verbindungsnetzes der Bürgerbeauftragten eingeführte Zusammenarbeit seit über 10 Jahren als flexibles System zum Austausch von Informationen und bewährten Verfahren und als Mittel zur Übermittlung der Beschwerden an die Bürgerbeauftragten oder ähnliche Einrichtungen, die am besten zur Unterstützung geeignet sind, funktioniert,

U. in der Erwägung, dass sich die Rolle des Bürgerbeauftragten als Fürsprecher der EU-Bürger in den 12 Jahren seit Schaffung dieses Amtes dank der Unabhängigkeit des Bürgerbeauftragten und der demokratischen Kontrolle des Parlaments über die Transparenz seiner Tätigkeiten weiterentwickelt hat,

V. in der Erwägung, dass die Tätigkeiten des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses weiterhin getrennt bleiben müssen und dass sie generell zwecks Vermeidung von Kompetenzkonflikten die definitive wechselseitige Überweisung ihrer entsprechenden Akten beinhalten sollten,