Antrag des Landes Hessen Entschließung des Bundesrates zum effizienten Einsatz der so genannten Zusatzjobs nach § 16 Abs. 3 SGB II

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 2. Dezember 2004

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende

zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 17. Dezember 2004 zu setzen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.


Mit freundlichen Grüßen
Roland Koch

Entschließung des Bundesrates zum effizienten Einsatz der so genannten Zusatzjobs nach § 16 Abs. 3 SGB II

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die so genannten Zusatzjobs nach § 16 Abs. 3 SGB II in der Praxis ausschließlich zur befristeten, qualifizierenden Beschäftigung genutzt werden und sie damit die ihnen zugedachte Funktion als Brücke in den allgemeinen Arbeitsmarkt auch tatsächlich erfüllen. Dazu gehört insbesondere auch, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der amtlichen Arbeitsmarktstatistik weiterhin als arbeitslos erfasst und ausgewiesen werden.

Der Bundesrat begrüßt die mit dem Vierten Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") geschaffenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Chancen erwerbsfähiger Hilfebedürftiger auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Finanzielle Anreize für die Aufnahme oder Aufrechterhaltung einer Erwerbstätigkeit werden gegenüber der bisherigen Sozialhilfepraxis spürbar verbessert, Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit der Betroffenen werden gefördert .

Der Bundesrat betont ausdrücklich, dass beim Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente die zeitnahe Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt stets im Vordergrund aller Bemühungen stehen muss. Die Verweildauer im geförderten, so genannten zweiten Arbeitsmarkt kann deshalb immer nur befristet sein.

Der Bundesrat sieht im Hinblick auf den Grundsatz des "Förderns und Forderns" in den Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB II ein geeignetes Instrument, im Wege öffentlich geförderter Beschäftigung sowohl einerseits die Arbeitsbereitschaft und Verfügbarkeit der Leistungsbezieher festzustellen, als auch andererseits Erwerbsfähigkeit und Qualifikationen zu erhalten und zu verbessern und damit den Betroffenen eine echte Integrationsperspektive zu bieten. Der Einsatz von Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB II muss allerdings dort seine Grenze finden, wo die Gefahr besteht, dass reguläre Arbeitsplätze verdrängt werden. Der Bundesrat betont deshalb ausdrücklich, dass die Zusatzjobs nach § 16 Abs. 3 SGB II das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllen und darüber hinaus stets auch im öffentlichen Interesse liegen müssen.

Der Bundesrat verfolgt mit Sorge die Tendenz, durch statistische und leistungsrechtliche Änderungen Betroffene nicht mehr als arbeitslos zu erfassen und damit das tatsächliche Ausmaß der Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu verfälschen bzw. den notwendigen Handlungsdruck zu relativieren. Im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 SGB II hat die Bundesregierung angekündigt, bundesweit rd. 600.000 Zusatzjobs schaffen zu wollen. Auch diese Personen sollen nicht mehr als arbeitslos in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit geführt werden.

Der Bundesrat sieht hier aufgrund des hohen Erwartungsdrucks an die "Hartz-IV-Reform" die reale Gefahr, dass die Vermittlung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in Zusatzjobs und der daraus resultierende statistische Rückgang der Arbeitslosigkeit bereits als arbeitsmarktpolitischer Erfolg gewertet werden. Damit droht das eigentliche Ziel - die zeitnahe Vermittlung in reguläre Beschäftigungsverhältnisse - in den Hintergrund zu rücken. Denn durch die statistische Nichterfassung der Arbeitslosigkeit bei bloßer Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit sinkt der Druck, die Betroffenen weiter zu fördern und zeitnah in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln. Fehlende Regelungen zur Befristung der Arbeitsgelegenheiten unterstützen diese bedenkliche Entwicklung.