Regelwerk, Allgemeines, Bau

Vergabegesetz für das Land Bremen
- Bremen -

Vom 17. Dezember 2002
(GBl. Nr. 66 vom 19.12.2002 S. 594)


Zur aktuellen Fassung

Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

§ 1 Ziel

Das Gesetz wirkt Wettbewerbsverzerrungen entgegen, die auf dem Gebiet des Bauwesens und des öffentlichen Personennahverkehrs durch den Einsatz von Niedriglohnkräften entstehen, und mildert Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme. Es bestimmt zu diesem Zweck, dass öffentliche Auftraggeber Aufträge über Baumaßnahmen und im öffentlichen Personennahverkehr nur an Unternehmen vergeben dürfen, die das in Tarifverträgen vereinbarte Arbeitsentgelt am Ort der Leistungserbringung zahlen.

§ 2 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz enthält Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Sinne des § 99 des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2521), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850), unabhängig von den Schwellenwerten nach § 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, sofern die Aufträge mindestens einen Wert von 10.000 Euro haben.

§ 3 Allgemeine Bindung der öffentlichen Hand

(1) Die Behörden des Landes, der Stadtgemeinden und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts haben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zusätzlich die Bestimmungen dieses Gesetzes zu beachten. Bei Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte nach § 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind § 97 Abs. 1 bis 5 und die § § 98 bis 101 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie die § § 4, 6 und 16 der Vergabeverordnung vom 9. Januar 2001 (BGBl. I S. 110), geändert durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S. 876), entsprechend anzuwenden, jedoch mit der Maßgabe, dass von der Verdingungsordnung für Leistungen und von der Verdingungsordnung für Bauleistungen jeweils nur der erste Abschnitt Anwendung findet.

(2) Für juristische Personen, an denen Stellen nach Absatz 1 beteiligt sind und die die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2, 4 oder 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfüllen, gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 4 Tariftreueerklärung

(1) Aufträge für Bauleistungen dürfen nur an solche Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistungen mindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zum tarifvertraglich vorgesehenen Zeitpunkt zu bezahlen. Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instandgehalten, geändert oder beseitigt wird. Satz 1 gilt auch für die Vergabe von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr.

(2) Gelten am Ort der Leistung mehrere Tarifverträge für dieselbe Leistung, so hat der öffentliche Auftraggeber einen repräsentativen Tarifvertrag zugrunde zu legen, der mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbart wurde. Haustarifverträge sind hiervon ausgenommen. Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, in welchem Verfahren festgestellt wird, welche Tarifverträge als repräsentativ im Sinne von Satz 1 und 2 anzusehen sind. Die Rechtsverordnung kann auch die Vorbereitung der Entscheidung durch einen Beirat vorsehen; sie regelt in diesem Fall auch die Zusammensetzung des Beirats.

(3) Gelten für eine Leistung mehrere Tarifverträge (gemischte Leistungen), ist der Tarifvertrag maßgeblich, in dem der überwiegende Teil der Leistung liegt.

§ 5 Nachunternehmereinsatz

(1) Der Auftragnehmer darf Leistungen, auf die sein Betrieb eingerichtet ist nur auf Nachunternehmer übertragen, wenn der Auftraggeber im Einzelfall schriftlich zugestimmt hat. Die Bieter sind verpflichtet, schon bei Abgabe ihres Angebotes anzugeben, welche Leistungen an Nachunternehmer weiter vergeben werden sollen. Soweit Leistungen auf Nachunternehmer übertragen werden, hat sich der Auftragnehmer auch zu verpflichten, den Nachunternehmern die für Auftragnehmer geltenden Pflichten der § § 4, 5 und 8 Abs. 2 aufzuerlegen und die Beachtung dieser Pflichten durch die Nachunternehmer zu überwachen.

(2) Die nachträgliche Einschaltung oder der Wechsel eines Nachunternehmers bedarf der Zustimmung des Auftraggebers; § 7 Absatz 2 gilt entsprechend. Die Zustimmung darf nur wegen mangelnder Fachkunde, Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers, sowie wegen Nichterfüllung der Nachweispflicht nach § 7 Absatz 2 versagt werden.

§ 6 Wertung unangemessen niedriger Angebote

(1) Erscheint ein Angebot, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, unangemessen niedrig, so hat der Auftraggeber dieses Angebot vertieft zu prüfen. Von der Vermutung dass ein unangemessen niedriges Angebot vorliegt, kann im Regelfall immer dann ausgegangen werden, wenn die rechnerisch geprüfte Angebotssumme um mindestens 20 v. H. unter der Kostenschätzung des Auftraggebers liegt oder das zu prüfende Angebot um mehr als 10 v. H. vom nächsthöheren abweicht.

(2) Im Rahmen der Angebotsprüfung nach Absatz 1 ist der Bieter zu verpflichten, seine ordnungsgemäße Kalkulation zu belegen. Kommt ein Bieter dieser Verpflichtung nicht nach, so kann sein Angebot vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

§ 7 Nachweise

(1) Ein Angebot für eine Leistung ist von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter trotz Aufforderung folgende Unterlagen nicht einreicht:

  1. aktuelle Nachweise der zuständigen in- oder ausländischen Finanzbehörde, des zuständigen in- oder ausländischen Sozialversicherungsträgers und der zuständigen in oder ausländischen Sozialkasse des Baugewerbes oder einer vergleichbaren Einrichtung über die vollständige Entrichtung von Steuern und Beiträgen.
  2. einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister, der nicht älter als sechs Monate sein darf, sowie
  3. eine Tariftreueerklärung nach § 4.

Die Angaben zu Satz 1 Nr. 1 oder 2 können durch eine Bescheinigung des ausländischen Staates nachgewiesen werden. Bei fremdsprachigen Bescheinigungen ist eine Übersetzung in deutscher Sprache beizufügen.

(2) Soll die Ausführung eines Teils der Bauleistung einem Nachunternehmer übertragen werden, so ist der Bieter zu verpflichten, nach Aufforderung und vor der Auftragserteilung durch den Auftraggeber auch die auf den Nachunternehmer lautenden Nachweise nach Absatz 1 vorzulegen. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend.

§ 8 Kontrollen

(1) Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der geforderten Vergabevoraussetzungen zu überprüfen und kann sich dabei den Organen der Verfolgungsbehörden bedienen. Er darf zu diesem Zweck Einblick in die Entgeltabrechnungen der Auftragnehmer und der. Nachunternehmer und die Unterlagen über die Abführung von Steuern und Beiträgen nach § 7 Abs. 1 sowie in die zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer abgeschlossenen Werkverträge nehmen. Der Auftragnehmer hat seine Beschäftigten auf die Möglichkeit solcher Kontrollen hinzuweisen.

(2) Der Auftragnehmer und seine Nachunternehmer haben vollständige und prüffähige Unterlagen auf der Baustelle und am Ort der Leistungserbringung nach Absatz 1 über die eingesetzten Beschäftigten bereitzuhalten. Auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers sind ihm diese Unterlagen vorzulegen.

§ 9 Sanktionen

(1) Um die Einhaltung der Verpflichtungen nach den § § 4, 5 und 8 Abs. 2 zu sichern, haben die öffentlichen Auftraggeber für jeden schuldhaften Verstoß eine Vertragsstrafe in Höhe von 1 vom Hundert, bei mehreren Verstößen bis zu 10 vom Hundert des Auftragswertes mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren. Der Auftragnehmer ist zur Zahlung einer Vertragsstrafe nach Satz 1 auch für den Fall zu verpflichten, dass der Verstoß durch einen von ihm eingesetzten Nachunternehmer oder einen von diesem eingesetzten Nachunternehmer begangen wird, es sei denn, dass der Auftragnehmer den Verstoß weder kannte, noch kennen musste. Ist die verwirkte Vertragsstrafe unverhältnismäßig hoch, so kann sie vom Auftraggeber auf Antrag des Auftragnehmers auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden.

(2) Die öffentlichen Auftraggeber vereinbaren mit dem Auftragnehmer, dass die Nichterfüllung der in § 4 genannten Anforderungen durch den Auftragnehmer oder seine Nachunternehmer sowie grob fahrlässige oder mehrfache Verstöße gegen die Verpflichtungen der § § 5 und 8 Abs. 2 den öffentlichen Auftraggeber zur fristlosen Kündigung berechtigen.

(3) Hat ein Unternehmen nachweislich mindestens grob fahrlässig oder mehrfach gegen Verpflichtungen dieses Gesetzes verstoßen, so können es die öffentlichen Auftraggeber jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich von der öffentlichen Auftragsvergabe für die Dauer von bis zu einem Jahr ausschließen.

(4) Der Senat richtet ein Register über Unternehmen ein, die nach Absatz 3 von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen worden sind. Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln:

  1. die im Register zu speichernden Daten, den Zeitpunkt ihrer Löschung und die Einsichtnahme in das Register
  2. die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, Entscheidungen nach Absatz 3 an das Register zu melden, und
  3. die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Unternehmen Auskünfte aus dem Register einzuholen.

§ 10 In-Kraft-Treten

(1) § 4 Abs. 2, Sätze 3 und 4, § 6 Abs. 2 und § 9 Abs. 4 Satz 2 treten am Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft. § 4 Abs. 2 Satz 2 tritt am 1. Januar 2005 in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. März 2003 in Kraft.

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