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Regelwerk, Arbeits- und Sozialrecht

Landesinklusionsgesetz - Landesgesetz zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
- Rheinland-Pfalz -

Vom 17. Dezember 2020
(GVBl. Nr. 48 vom 21.12.2020 S. 719)



Archiv: 2002

Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel dieses Gesetzes ist es, auf der Grundlage des Artikels 64 der Verfassung für Rheinland-Pfalz und in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1419 - 1420-) den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Rechte durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten, die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern und dabei insbesondere die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten, ihre Inklusion zu fördern und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für öffentliche Stellen, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. die Verwaltungen des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften, die ihnen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden, und
  2. die weiteren in Artikel 3 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. EU Nr. L 327 S. 1) genannten öffentlichen Stellen.

§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.

(2) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit Behinderungen oder Menschen, die von Behinderung bedroht sind, aufgrund ihrer Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft oder in ihrer selbstbestimmten Lebensführung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung umfasst jede Unterscheidung, jeden Ausschluss oder jede Beschränkung aufgrund von Behinderung und die Versagung angemessener Vorkehrungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Auch eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einer Behinderung im Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(3) Angemessene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit Anderen alle Rechte selbstbestimmt genießen und ausüben können, und sie die öffentlichen Stellen nicht unverhältnismäßig oder unbillig belasten.

(4) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Zur Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit gehört auch die Gewährleistung der Verständlichkeit von Kommunikation. Eine besondere Erschwernis liegt auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird.

(5) Verbände der Selbstvertretung und der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen sind Organisationen von Menschen mit Behinderungen, deren Mitglieder mindestens zur Hälfte aus Menschen mit Behinderungen bestehen, die von Menschen mit Behinderungen verwaltet, geführt und gelenkt werden sowie auf Grundlage des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen dem Ziel verpflichtet sind, gemeinsam für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu handeln, sich zu äußern, sie zu fördern und sie zu verteidigen.

(6) Ein universelles Design ist ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass diese von allen Menschen möglichst weitgehend ohne Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. Das universelle Design schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen nicht aus.

§ 4 Benachteiligungsverbot

(1) Öffentliche Stellen dürfen Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen nicht benachteiligen.

(2) Öffentliche Stellen haben in ihrem Verantwortungsbereich Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass es zu Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen kommt. Bestehende Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sind abzubauen.

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