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Regelwerk, Arbeitsschutz, Arbeits- und Sozialrecht

Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2103
Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen

Stand März 2005
(BArbBl. 3/2005 S. 51)


Zur Übersicht in Anlage 1 der BKV
Archiv: 1963

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Diese Erkrankungen kommen bei Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Maschinen vor, die durch Vibrationen mit vorrangig tiefen Frequenzanteilen (8-50 Hz) erzeugte Schwingungsenergie über die Handgriffe auf das Hand-Arm-Schulter-System übertragen. Längere Einwirkungen solcher "Hand-Arm-Schwingungen" können pathologische Veränderungen an den Gelenken und Knochen des Hand-Arm-Schulter-Systems verursachen.

Gefahrenquellen sind z.B. bei Arbeiten mit schlagenden Werkzeugen, Geräten oder Maschinen gegeben, zu denen u.a. Aufbruchhämmer, Abbauhämmer, schwere Meißelhämmer, Gleisstopfer, Bohrhämmer, Vibrationsstampfer und Bodenverdichter zählen, sofern die übertragenen Schwingungen in dem genannten Frequenzbereich liegen. Solche Geräte werden u.a. im Hoch- und Tiefbau, im Tunnelbau, in Steinbrüchen und bei der Steinbearbeitung, im Bergbau, in Kesselschmieden, Gussputzereien sowie im Schiffs- und Straßenbau verwendet. Für die "gleichartige Wirkung" ist es unerheblich, ob diese Geräte pneumatisch, elektrisch oder hydraulisch angetrieben werden. Dagegen ist für Arbeiten mit einfachen handgeführten Hammer- und Meißelwerkzeugen nicht generell eine "gleichartige Wirkung" zu unterstellen.

II. Pathophysiologie

Der Schädigungsmechanismus an den Knochen und Gelenken beruht vorwiegend auf gleichförmigen oder auch regellosen mechanischen Schwingungen und Stößen, sofern diese bei starker Ankoppelung (Greif-, Andruck- und Haltekräfte) der Hände an den Werkzeuggriffen tieffrequente Schwingungsenergie übertragen, so dass das Hand-Arm-System zu Schwingungen angeregt wird. Diese bewirken eine hohe mechanische Belastung der Knochen und insbesondere der Gelenke in Form von Druck- und Zugkräften, die zu einer ständigen Stauchung und Streckung der Gelenkgewebe führen. An den mechanisch belasteten Gelenkknorpelflächen kann es zu einem vermehrten Anfall von Knorpelabriebprodukten, Rissbildungen und subchondralen Knochennekrosen mit Einbruch von Geröllzysten kommen. Vermehrter Anfall von Knorpelabriebprodukten führt zu einer reaktiven Entzündung der Innenhaut der Gelenkkapsel (Membrana synovialis). Dabei werden mit den Entzündungsmediatoren zytolytische Enzyme freigesetzt, die das Gleichgewicht zwischen knorpelgewebeauf- und -abbauenden Prozessen stören, die Knorpelsubstanz schädigen und den Aufbrauch von Knorpelgewebe beschleunigen.

Vibrationsschäden können sich am Handgelenk, am Ellenbogengelenk und am Schultereckgelenk (Akromioklavikulargelenk) manifestieren. Es entwickeln sich typischerweise degenerative Veränderungen (Arthrosis deformans), wobei besonders das Ellenbogengelenk und das Handgelenk, selten auch das Schultereckgelenk betroffen sind.

Neben den degenerativen Veränderungen der Gelenke können die folgenden Sonderformen der vibrationsinduzierten Schädigungen auftreten:

Am schwingungsbelasteten Handgelenk führen die Bremswirkung der Elle gegenüber der Speiche und die Kraftübertragung von Elle zu Speiche dazu, dass die arthrotischen Veränderungen häufig das distale Ellen-Speichen-Gelenk betreffen.

Die aseptische Nekrose des Mondbeines wurde vorwiegend bei Beschäftigten nachgewiesen, die mit Drucklufthämmern arbeiteten (BETZEL, 1964). Für ihre Entstehung werden Durchblutungsstörungen sowohl durch Makro- als auch durch Mikrotraumen verantwortlich gemacht.

Am Kahnbein kann durch die anhaltende Traumatisierung bei Arbeiten mit Drucklufthämmern oder gleichartig wirkenden Geräten eine Ermüdungsfraktur entstehen.

Das Ellenbogengelenk wird durch tieffrequente Schwingungen besonders belastet, wenn es beim Halten des Werkzeugs gebeugt ist. Hierdurch erfolgt eine Änderung der Vektoren der einwirkenden Kräfte. Die von den Werkzeugen übertragenen Schwingungen können im Bereich des Ellenbogengelenkes zu Arthrosen und gelegentlich zu einer subchondralen aseptische Knochennekrose (Osteochondrosis dissecans) im Bereich der besonders belasteten Gelenkflächen führen.

Am Schultereckgelenk geht die schädigende Wirkung der Schwingungsbelastung insbesondere von Scherbewegungen aus, die bereits frühzeitig degenerative Veränderungen verursachen können. Parallel dazu finden sich Knorpeldefekte mit subchondraler Sklerosierung und Ausbildung von Randosteophyten.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Arthrotische Veränderungen im Bereich der Handgelenke

Typische Frühzeichen der beginnenden vibrationsinduzierten Erkrankung sind Schmerzen im Bereich der Handgelenke. Beweglichkeitseinschränkungen und in bildgebenden Verfahren nachweisbare arthrotische Veränderungen, oft mit einer Entrundung des Ellenköpfchens, treten immer erst viel später auf.

Differentialdiagnostisch sind Arthritiden und Arthrosen anderer Genese, insbesondere infolge posttraumatischer Fehlstellungen, auszuschließen.

Mondbeinnekrose (Lunatummalazie, Morbus Kienböck)

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